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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: III ZB 32/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZB 32/04

vom 28. Oktober 2004

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 31. März 2004 - 1 S 14/04 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 2.470,77 €

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Provisionszahlung für die Vermittlung von Versicherungsverträgen in Anspruch. Gegen das ihre Klage abweisende Versäumnisurteil des Amtsgerichts hat die Klägerin Einspruch eingelegt und am Abend vor dem angesetzten Verhandlungstermin durch Telefax dem Amtsgericht angezeigt, die Parteien hätten sich darauf verständigt, daß der Verhandlungstermin beiderseits nicht wahrgenommen werde; die Parteien würden einen außergerichtlichen Güteversuch unternehmen. In der Sitzung des Amtsgerichts am nächsten Morgen war die Klägerin nicht vertreten. Auf Antrag der Beklagten ist gegen sie ein zweites Versäumnisurteil ergangen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, wegen der ausdrücklichen Abrede zwischen ihrem Prozeßbevollmächtigten und dem Geschäftsführer der Beklagten, daß der Verhandlungstermin beiderseits nicht wahrgenommen werde, habe ein Fall schuldhafter Säumnis nicht vorgelegen. Die Beklagte hat eine solche Vereinbarung bestritten. Das Landgericht hat die Berufung wegen nicht hinreichender Begründung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Klägerin mit ihrer Berufung in ausreichendem Maße begründet, warum ein Fall schuldhafter Säumnis nicht vorgelegen habe (§ 514 Abs. 2 ZPO). Richtig ist zwar, daß die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil in dieser Hinsicht eine schlüssige Darlegung voraussetzt (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98 - NJW 1999, 724). Dem ist die Klägerin jedoch nachgekommen, indem sie eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen ihrem Prozeßbevollmächtigten und dem Geschäftsführer der Beklagten des Inhalts behauptet hat, wegen eines Versuchs zur außergerichtlichen Einigung beiderseits den Verhandlungstermin nicht wahrzunehmen. Auf eine derartige Zusage der Beklagten - die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt - durfte der Anwalt der Klägerin vertrauen; daß sie in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, hätte daher ein Verschulden der Klägerin ausgeschlossen (vgl. dazu LG Mönchengladbach NJW-RR 1998, 1287; LAG Köln AnwBl. 1984, 159; s. auch OLG Karlsruhe NJW 1974, 1096, 1097).

Das Landgericht überspannt die Anforderungen an die Darlegung eines derartigen Entschuldigungsgrunds, wenn es über die von der Klägerin in der Berufungsbegründung nicht weiter ausgeführte Behauptung einer entsprechenden Einigung hinaus zur Schlüssigkeit eine Erläuterung verlangt, auf welchen Umständen im einzelnen diese Verständigung beruhe. Mit Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Sachvortrag erheblich ist, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind (beispielsweise BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97 - NJW 1999, 1859, 1860; Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01 - NJW-RR 2003, 69, 70). Diese Grundsätze lassen sich auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Die Behauptung einer ausdrücklichen Abrede mit der Beklagten war darum zur Begründung der Berufung ausreichend; auf die näheren Umstände dieser Vereinbarung oder deren Wahrscheinlichkeit kommt es erst im Rahmen einer Beweiserhebung und Beweiswürdigung an. Dem Landgericht bleibt es unbenommen, bei der Beweisaufnahme den von der Klägerin angebotenen Zeugen nach allen Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit seiner Bekundung erforderlich erscheinen. Es kann aber diese Einzelheiten nicht wegen möglicher Zweifel schon von der beweispflichtigen Partei verlangen (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 aaO).

Infolgedessen ist der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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