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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.10.2004
Aktenzeichen: X ZR 156/03
Rechtsgebiete: VO (EG) Nr. 1768/95


Vorschriften:

VO (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 i.d.F. der VO (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 Art. 5

Entscheidung wurde am 29.03.2005 korrigiert: der Veröffentlichungsvermerk zu BGHZ wurde korrigiert
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist dem Erfordernis für die Bemessung einer Nachbauentschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95, sie müsse "deutlich niedriger" als der Betrag sein, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird, auch dann genügt, wenn die Vergütung pauschal mit 80% dieses Betrages bemessen wird?

2. Enthält Art. 5 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine wertmäßige Festlegung für die Höhe der Nachbauentschädigung bei gesetzlicher Veranlagung?

Falls ja: Gilt diese Festlegung als Ausdruck eines allgemeinen Gedankens auch für Nachbauhandlungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 erfolgten?

3. Schließt die Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und Landwirten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ein, daß diese bei gesetzlicher Veranlagung in ihren wesentlichen Kernelementen (Berechnungsparameter) auch dann übernommen wird, wenn dem Sortenschutzinhaber bei der Berechnung der gesetzlichen Vergütung nicht alle in der Sphäre des Nachbauers liegenden für die Berechnung auf Grundlage der Vereinbarung erforderlichen Parameter bekannt sind und ihm insoweit auch ein Anspruch auf Mitteilung der entsprechenden Tatsachen gegen den Landwirt nicht zusteht?

Falls ja: Setzt eine solche Vereinbarung, soweit sie Leitlinienfunktion in diesem Sinne ausüben soll, für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 bestimmten Anforderungen auch dann voraus, wenn sie vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen wurde?

4. Setzt Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine obere Grenze der Entschädigung für vertragliche und/oder gesetzliche Entschädigungsregelungen?

5. Kann eine Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen als Leitlinie im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 herangezogen werden, wenn sie den Entschädigungssatz von 50% des Betrages gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 überschreitet?


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ZR 156/03

vom 11. Oktober 2004

in dem Rechtsstreit

Nachbauentschädigung

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

am 11. Oktober 2004

beschlossen:

Tenor:

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist dem Erfordernis für die Bemessung einer Nachbauentschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95, sie müsse "deutlich niedriger" als der Betrag sein, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird, auch dann genügt, wenn die Vergütung pauschal mit 80% dieses Betrages bemessen wird?

2. Enthält Art. 5 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine wertmäßige Festlegung für die Höhe der Nachbauentschädigung bei gesetzlicher Veranlagung?

Falls ja: Gilt diese Festlegung als Ausdruck eines allgemeinen Gedankens auch für Nachbauhandlungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 erfolgten?

3. Schließt die Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und Landwirten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ein, daß diese bei gesetzlicher Veranlagung in ihren wesentlichen Kernelementen (Berechnungsparameter) auch dann übernommen wird, wenn dem Sortenschutzinhaber bei der Berechnung der gesetzlichen Vergütung nicht alle in der Sphäre des Nachbauers liegenden für die Berechnung auf Grundlage der Vereinbarung erforderlichen Parameter bekannt sind und ihm insoweit auch ein Anspruch auf Mitteilung der entsprechenden Tatsachen gegen den Landwirt nicht zusteht?

Falls ja: Setzt eine solche Vereinbarung, soweit sie Leitlinienfunktion in diesem Sinne ausüben soll, für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 bestimmten Anforderungen auch dann voraus, wenn sie vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen wurde?

4. Setzt Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine obere Grenze der Entschädigung für vertragliche und/oder gesetzliche Entschädigungsregelungen?

5. Kann eine Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen als Leitlinie im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 herangezogen werden, wenn sie den Entschädigungssatz von 50% des Betrages gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 überschreitet?

Gründe:

I. Beim Bundesgerichtshof sind vier Verfahren anhängig, bei denen es jeweils um die Angemessenheit der für den Nachbau sortenschutzrechtlich geschützten Saatguts zu zahlenden Entschädigung geht. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um folgendes:

Die Klägerin ist eine in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Vereinigung von Sortenschutzberechtigten; sie ist von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Schutzrechte, insbesondere mit der Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen in eigenem Namen, beauftragt worden.

Der im Verlauf des Rechtsstreits verstorbene ursprüngliche Beklagte baute in seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Wirtschaftsjahr 1998/1999 Wintergerste der Sorte "Theresa" sowie Winterweizen der Sorten "Bandit", "Contur" und "Titmo" nach. Bei diesen Sorten handelt es sich um nach europäischem Recht geschützte Wintergetreidesorten.

Über diesen Nachbau erteilte der Beklagte der Klägerin Auskunft. Den Abschluß einer Nachbauvereinbarung gemäß dem am 3. Juni 1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. geschlossenen und am 16. August 1999 im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlichten Kooperationsabkommen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung (im folgenden: Kooperationsabkommen 1996) lehnte der Beklagte ab. Im Jahr 2000 schlossen die Berufsverbände ein neues Kooperationsabkommen, das für die Zeit ab dem Anbau zur Ernte 2001 gelten sollte und eine Vergütung bis zur Höhe von 60% der jeweils festgelegten Lizenzgebühr für zertifiziertes Saatgut (Z-Lizenzgebühr) vorsah.

Die jeweiligen Sortenschutzberechtigten haben die Klägerin zur Geltendmachung der Nachbauentschädigung ermächtigt. Die Klägerin bemißt diese für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 bei Landwirten, die keine Nachbauvereinbarung geschlossen haben, auf 80% der damaligen Lizenzgebühr. Auf der Grundlage der vom Beklagten erteilten Auskunft verlangte sie mit Rechnung vom 22. November 1999 von diesem eine Nachbaugebühr in Höhe von insgesamt 2.317,19 DM (= 1.184,76 EUR).

Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weiter-gehenden Klage zur Zahlung von 1.003,35 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin, mit der diese Zahlung weiterer 181,41 EUR nebst Zinsen verlangt hat, zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

II. Vor der Entscheidung über den Rechtsstreit ist gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 EGV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu den im Beschlußtenor gestellten Fragen einzuholen. Die Vorlage an den Gerichtshof ist geboten, weil es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht (Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 vom 3. Dezember 1998) geht und von ihr die Sachentscheidung im vorliegenden Rechtsstreit abhängt.

1. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage u.a. eine angemessene Entschädigung für die von dem Beklagten in dem Wirtschaftsjahr 1998/1999 nachgebauten Wintergetreidesorten, die nach europäischem Recht geschützt sind.

Der gemeinschaftliche Sortenschutz hat die Wirkung, daß allein der Rechtsinhaber befugt ist, Sortenbestandteile oder Erntegut der geschützten Sorte zu erzeugen, zu vermehren, zum Zweck der Vermehrung aufzubereiten, zum Verkauf anzubieten oder auf sonstige Weise in Verkehr zu bringen und zu diesen Zwecken aufzubewahren (Art. 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 27. Juli 1994 - ABl. L 227 S. 1 - in der Fassung der VO vom 25. Oktober 1995 - ABl. L 258/3 - GSortVO). Hiervon macht Art. 14 Abs. 1 GSortVO für Landwirte insoweit eine Ausnahme, als sie befugt sind, im Feldanbau im eigenen Betrieb Erzeugnisse zu verwenden, die sie im eigenen Betrieb durch Anbau von Vermehrungsgut einer geschützten Sorte gewonnen haben. Zum Ausgleich der Nachbaubefugnis hat der nachbauende Landwirt dem Inhaber des Sortenschutzes eine angemessene Entschädigung zu zahlen (Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO). Die individuelle Zahlungspflicht des Landwirts entsteht im Zeitpunkt der tatsächlichen Nutzung des Ernteguts zu Vermehrungszwecken im Feldanbau. Der Sortenschutzinhaber kann Zeitpunkt und Art der Zahlung bestimmen, wobei er keinen Zahlungstermin bestimmen darf, der vor dem Entstehungszeitpunkt der Pflicht liegt (Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 - ABl. L 173/14 - NachbauVO 1995).

Die Höhe der zu zahlenden angemessenen Entschädigung kann zwischen dem Sortenschutzinhaber und dem nachbauenden Landwirt vertraglich vereinbart werden (Art. 5 Abs. 1 NachbauVO 1995). Eine solche Individualvereinbarung hat der ursprüngliche Beklagte nicht geschlossen. Wird ein solcher Vertrag nicht geschlossen, so ist der Landwirt auf "gesetzlicher" Grundlage zu veranlagen, wovon die Parteien im Streitfall ausgehen.

2. Grundlage für die Bemessung der geschuldeten angemessenen Entschädigung im gesetzlichen Veranlagungsverfahren ist Art. 5 Abs. 2 Satz 1 NachbauVO 1995. Danach muß der Entschädigungsbetrag "deutlich niedriger" sein als der Betrag, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie verlangt wird.

In den folgenden Absätzen der Vorschrift werden Maßstäbe für die Bemessung der Entschädigungshöhe genannt. Nach Abs. 3 gilt die Höhe der Entschädigung als deutlich niedriger im Sinne des Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO,

"wenn sie nicht den Betrag übersteigt, der erforderlich ist, um als ein das Ausmaß der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung bestimmender Wirtschaftsfaktor ein vernünftiges Verhältnis zwischen der Lizenznutzung von Vermehrungsmaterial und dem Nachbau des Ernteguts der betreffenden, dem gemeinschaftlichen Sortenschutz unterliegenden Sorte herbeizuführen oder zu stabilisieren. Dieses Verhältnis ist als vernünftig anzusehen, wenn es sicherstellt, daß der Sortenschutzinhaber insgesamt einen angemessenen Ausgleich für die gesamte Nutzung seiner Sorte erhält".

In den Erwägungsgründen zur NachbauVO 1995 heißt es, die Kommission sehe sich gegenwärtig außerstande, die Höhe der angemessenen Entschädigung festzusetzen. Jedoch sollten die Anfangshöhe sowie die Regelung für spätere Anpassungen so bald wie möglich und spätestens bis zum 1. Juli 1997 festgelegt werden.

Die durch Verordnung (EG) Nr. 2605/98 vom 3. Dezember 1998 (NachbauVO 1998) in Art. 5 eingefügten Abs. 4 und 5 bestimmen:

"(4) Ist im Falle von Abs. 2 die Höhe der Entschädigung durch Vereinbarungen zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und von Landwirten - mit oder ohne Beteiligung von Aufbereitervereinigungen - festgesetzt, die in die Gemeinschaft auf gemeinschaftlicher, nationaler oder regionaler Ebene niedergelassen sind, so werden die vereinbarten Beträge in den betreffenden Gebieten und für die betreffenden Arten als Leitlinien für die Festsetzung der Entschädigung verwendet, wenn diese der Kommission zusammen mit den einschlägigen Bedingungen schriftlich von bevollmächtigten Vertreten der entsprechenden Vereinigungen mitgeteilt und daraufhin im 'Amtsblatt' des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurden.

(5) Liegt im Falle von Abs. 2 keine Vereinbarung im Sinne von Abs. 4 vor, so beläuft sich die Entschädigung auf 50% des Betrags, der für die Erzeugung des Vermehrungsmaterials in Lizenz gemäß Abs. 2 verlangt wird. ..."

In den Erwägungsgründen wird darauf hingewiesen, daß inzwischen in mehreren Mitgliedstaaten Vereinbarungen zwischen Vereinigungen von Züchtern und von Landwirten geschlossen worden seien, die unter anderem die Höhe der Entschädigung beträfen. Es sei zu gewährleisten, daß die Vereinbarungen in den betreffenden Gebieten und für die betreffenden Arten als Gemeinschaftsleitlinien für die Höhe der Entschädigung gälten. In Gebieten oder für Arten, die keiner solchen Vereinbarung unterlägen, belaufe sich die Entschädigung im "Prinzip auf 50% der Beträge", die für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt werde. Sie sei in geeigneter Weise zu staffeln, sofern eine solche Staffelung hinsichtlich der jeweiligen einzelstaatlichen Sortenschutzrechte festgelegt werde.

3. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Höhe der angemessenen Entschädigung habe sich am Markt zu orientieren. Der europäische Verordnungsgeber habe zwar in Art. 14 Abs. 3 GSortVO und Art. 5 der NachbauVO 1995 zunächst auf die Z-Lizenz abgestellt. Nachdem die Praxis aber gezeigt habe, daß sich taugliche Lizenzwerte durch Vereinbarungen herausgebildet hätten, knüpfe der europäische Verordnungsgeber in Art. 1 NachbauVO 1998 unmittelbar an diese Vereinbarungen an und gebe ihnen eine Leitfunktion.

Die Entschädigung für die von dem Beklagten im Wirtschaftsjahr 1998/1999 nachgebauten EG-Wintergetreidesorten sei gemäß Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 mit 50% der Z-Lizenzgebühr zu bemessen, weil zu diesem Zeitpunkt noch kein wirksames Abkommen vorgelegen habe. Hierfür komme es nicht nur auf das Bestehen des Abkommens an, sondern auf dessen Publikation im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts. Nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 sei die Leitlinienfunktion eindeutig nur für auf bestimmte Weise publizierte Abkommen festgelegt. Die Erwägungsgründe zur Verordnung sprächen dafür, daß Art. 5 Abs. 5 immer nur dann anzuwenden sei, wenn kein publiziertes Abkommen bestehe, weil sonst ein durch die genannten Vorschriften nicht geregelter Bereich bleibe.

4. Die Revision beanstandet diese Ausführungen als fehlerhaft. Sie meint, Landwirte, die sich nach dem Gesetz veranlagen ließen, schuldeten den Sortenschutzinhabern eine Nachbauentschädigung in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr. Nach Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995 sei die für den Nachbau zu zahlende Entschädigung ausdrücklich an den Betrag geknüpft, der in demselben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt bzw. vereinbart werde. Die von der Klägerin verlangten 80% der Z-Lizenzgebühr seien im Sinne von Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995 "deutlich niedriger" als die übliche Lizenzgebühr.

Bei der Bemessung der Entschädigung für den Nachbau der nach der GSortVO geschützten Wintergetreidesorten komme Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 nicht zur Anwendung, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Kooperationsabkommen vom 3. Juni 1996 bereits wirksam vorgelegen habe. Für Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 sei die Existenz, nicht aber die Publizierung des Abkommens entscheidend. Es könne nicht angenommen werden, daß die schon bei Inkrafttreten der NachbauVO 1998 (24. Dezember 1998) begründete Sperrwirkung der Nachvereinbarung durch die NachbauVO auch nur für eine Übergangszeit außer Kraft gesetzt werden sollte.

5. Von der Auslegung des Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 NachbauVO 1995/1998 hängt es ab, wie im Streitfall über das Begehren der Klägerin zu entscheiden ist.

a) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur hat sich zu der Frage, was unter einem "deutlich niedrigeren" Entgelt im Sinne von Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995 zu verstehen und nach welchen Maßstäben die Entschädigung zu bemessen ist, bislang keine einheitliche Linie entwickelt. Neben dem Berufungsgericht in den angefochtenen Entscheidungen, die Gegenstand der Vorlagen sind, ist auch das LG Frankfurt am Main (Urt. v. 19. Juni 2002 - 2/6 O 17/02) zu dem Ergebnis gelangt, die 50%-Regelung des Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 sei zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs "deutlich niedriger" heranzuziehen. Daß diese Bestimmung zum maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten gewesen sei, stehe ihrer Anwendung nicht entgegen (Umdruck S. 7; im Ergebnis ebenso Schulte, Patentgesetz, 6. Aufl. Anhang 7, Rdn. 19; Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, Bd. 1 Rdn. 364 und wohl auch Keukenschrijver, Sortenschutzgesetz, § 10 a Rdn. 27 Fn. 42). Demgegenüber haben das LG Düsseldorf (Urt. v. 5. April 2001 - 4 O 267/00, InstGE 1, 61 und Urt. v. 23. August 2001 - 4a O 131/01 unveröff.), das LG Bad Kreuznach (Urt. v. 14. November 2001 - 3 O 337/00) und das LG München I (Urt. v. 16. Januar 2003 - 7 O 1027/02) die Auffassung vertreten, ein Entgelt in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr sei "deutlich niedriger" im Sinne der gesetzlichen Vorschriften. Anhaltspunkte für die Höhe der Nachbauvergütung liefere die NachbauVO 1998, auch wenn sie nicht unmittelbar auf Nachbauhandlungen anzuwenden sei, die vor deren Inkrafttreten erfolgt seien. Da Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 auf das Kooperationsabkommen 1996 verweise, sei es unter dessen Heranziehung sachgerecht, bei der gesetzlichen Veranlagung einen Vergütungssatz in Höhe von 80% der Z-Lizenzgebühr zugrundezulegen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Vereinigungen der Züchter und Landwirte im Januar 2000 ein neues Abkommen geschlossen hätten, da diesem ausdrücklich keine Rückwirkung zukomme. Zu demselben Ergebnis gelangen das LG München I (Urt. v. 3. September 2002 - 7 O 22433/01 unveröff.) und das OLG München (Urt. v. 22. Mai 2003 - 6 U 1574/03, OLG-Report München 2003, 346) in einem Verfahren, das ebenfalls vor dem Senat anhängig (X ZR 85/03), aber nicht Gegenstand einer der Vorlagen des Senats zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist.

b) aa) Art. 5 NachbauVO regelt nicht, wem in dem Fall, daß ein Vertrag zwischen dem Sortenschutzberechtigten und dem nachbauenden Landwirt nicht zustande kommt, die Befugnis der Bestimmung der Entschädigung zustehen soll. Da der Sortenschutzinhaber nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 NachbauVO 1995 den Zeitpunkt und die Art der Zahlung bestimmen kann, könnte anzunehmen sein, daß ihm auch die Befugnis obliegt, die Höhe der Entschädigung zu bestimmen. Dies würde bedeuten, daß dem Sortenschutzinhaber ein gewisser Spielraum zugestanden wird, innerhalb dessen er die Entschädigung festsetzen kann, und ferner, daß das Gericht die Angemessenheit der Entschädigung nur dahin überprüfen kann, ob bei der Bestimmung die Maßstäbe des Art. 5 NachbauVO 1998 sowie der Billigkeit eingehalten worden sind.

bb) Nach Art. 5 Abs. 1 NachbauVO 1995 schuldet der Beklagte für den Nachbau der Wintergetreidesorten im Wirtschaftsjahr 1998/1999 eine angemessene Entschädigung, die mangels einer Vereinbarung zwischen den Parteien nach Abs. 2 deutlich niedriger sein muß als der Betrag, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie verlangt wird. Als "deutlich niedriger" gilt nach Abs. 3 der Bestimmung eine Entschädigung, wenn sie nicht den Betrag übersteigt, der erforderlich ist, um ein vernünftiges Verhältnis zwischen Lizenznutzung von Vermehrungsmaterial und Nachbau des Ernteguts herbeizuführen, und der sicherstellt, daß der Sortenschutzinhaber einen angemessenen Ausgleich für die gesamte Nutzung seiner Sorte erhält. "Deutlich niedriger" bedeutet stets einen fühlbaren Abschlag gegenüber den üblichen Lizenzsätzen. Es ist geltend gemacht, im Wirtschaftsleben werde die Herabsetzung eines Entgelts um 20% als erheblicher Nachlaß angesehen.

cc) Dies führt zu der Frage, nach welchen Maßstäben die Angemessenheit der Entschädigung bei gesetzlicher Veranlagung zu bemessen ist. In Betracht kann die Heranziehung der Regeln des Art. 5 Abs. 4 und 5 NachbauVO1998 kommen. Da die Verordnung am 24. Dezember 1998 in Kraft getreten ist, die Aussaat der geschützten Wintergetreidesorten, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, aber im Herbst 1998 vor Inkrafttreten der Verordnung lag, könnte diese im Streitfall nur Anwendung finden, wenn die Regelungen in den Abs. 4 und 5 als Ausdruck einer allgemeinen Wertung zu verstehen wären, die bereits vor Inkrafttreten Überzeugung der betroffenen Kreise gewesen war, aber erst in der NachbauVO 1998 ihren Niederschlag gefunden hat.

Diese Vorschriften könnten für den Streitfall wertmäßige Anhaltspunkte für die Höhe der Nachbauentschädigung enthalten. Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 macht bei Fehlen einer vertraglichen Festlegung der Entschädigung durch die Parteien das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen zur Bestimmung der Entschädigung dienstbar, indem er dieser Vereinbarung eine Leitlinienfunktion zuerkennt. Dies könnte dahin aufgefaßt werden, daß der Verordnungsgeber die im gesetzlichen Veranlagungsverfahren zu bestimmende angemessene Entschädigung weitgehend an die vereinbarte Entschädigungsregelung angleichen will, zugleich aber eine unmittelbare Umsetzung der Regeln der Vereinbarung vermeiden möchte, weil die vereinbarte Berechnungsmethode von der gesetzlichen Bestimmung abweichen kann. Hätte der Verordnungsgeber eine unmittelbare Übernahme gewollt, wäre zu erwarten gewesen, daß er dies entsprechend zum Ausdruck bringt. Aus der Heranziehung der Vereinbarung als Leitlinie könnte demnach zu folgern sein, daß dem Sortenschutzinhaber bei der Bestimmung der Entschädigung ein gewisser Rahmen vorgegeben ist, innerhalb dessen sich die vom nicht gebundenen Landwirt zu entrichtende Entschädigung zu halten hat, ohne daß die einzelnen Bemessungsregeln übernommen werden müßten.

Daraus könnte im Streitfall folgen, daß auch bei Heranziehung des Kooperationsabkommens 1996, das für beide Parteien als Leitlinie maßgeblich sein könnte, der von der Klägerin als Vertreterin der Sortenschutzinhaber verlangte Satz von 80% der Z-Lizenz als angemessen angenommen werden könnte. Denn das Abkommen sieht vor, daß Landwirte, die bei dem Nachbau einen Saatgutwechsel von 0 - 20% vornehmen (das heißt bei der Aussaat 80 bis 100% Nachbaumaterial vermischt mit 0 - 20% neu erworbenen Z-Lizenz-Saatguts verwenden), eine vertragliche Nachbaugebühr in Höhe von 80% einer der in dem Abkommen festgelegten pauschalierten Lizenzsätze zu entrichten haben. Geht demnach das Kooperationsabkommen selbst von einem Höchstsatz von 80% aus, könnte dieser zwischen den Vertretern der beteiligten Berufsgruppen einvernehmlich festgelegte Satz für den Nachbau noch im Rahmen des Bestimmungsermessens des Sortenschutzinhabers liegen und daher jedenfalls nicht unangemessen sein.

dd) Andererseits könnte aus der Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen auch gefolgert werden, daß auch bei der gesetzlichen Veranlagung die wesentlichen Kernelemente (Berechnungsparameter) übernommen werden sollen. Dies würde dazu führen, daß sich im Ergebnis zwischen der Berechnung auf der Grundlage der Vereinbarung und der Berechnung auf Grund des Gesetzes keine wesentlichen Unterschiede ergäben.

Gegen diese Auslegung könnte allerdings sprechen, daß der gesetzlichen Entschädigung und dem Kooperationsabkommen 1996 unterschiedliche Berechnungsmethoden zugrunde liegen.

(1) Die auf Grund des Gesetzes zu zahlende Entschädigung orientiert sich als Ausgleich für die dem Landwirt gewährte Befugnis zum Nachbau in erster Linie nach den im gesetzlichen Verfahren geschuldeten Auskünften. Nach Art. 8 Abs. 2 bis 6 NachbauVO 1995 hat der Landwirt, der sich mit dem Sortenschutzinhaber nicht gemäß Abs. 1 über den Inhalt seiner Auskunftspflicht vertraglich geeinigt hat, dem Sortenschutzinhaber Informationen zu geben. Vor allem hat er eine Aufstellung relevanter Informationen zu liefern, die nach Buchst. a) bis f) insbesondere Angaben über die Verwendung des Ernteerzeugnisses der geschützten Sorten auf einer oder mehreren Flächen seines Betriebes, sowie Angaben über die Menge des nachgebauten Saatguts und zu dem Saatgut selbst enthalten müssen. Die Angaben über die Nachbaumenge pro geschützter Sorte in Gewicht reichen zwar aus, zusammen mit der Z-Lizenz den Entschädigungsbetrag auf der gesetzlichen Basis zu errechnen; sie genügen jedoch nicht, um nach der Berechnungsmethode des Kooperationsabkommens vorzugehen. Vielmehr wären weitere Angaben zu Anbauflächen und Saat-/Pflanzgutwechsel erforderlich, wollte man die in dem Kooperationsabkommen vereinbarte Veranlagung nach bestimmten Pauschalen pro bebautem Hektar durchführen. Daß die Instanzgerichte im Streitfall letztendlich in der Lage waren, die Entschädigung nach dem Höchstsatz des Kooperationsabkommens zu errechnen, beruht darauf, daß der Beklagte der Klägerin freiwillig Angaben über die Größe seiner Anbauflächen gemacht hat, zu denen er auf Grund des Gesetzes nicht verpflichtet war.

(2) Gleiches gilt für die in dem Kooperationsabkommen vereinbarte Abstufung nach Nachbauquoten und die Berechnung nach der pauschal bemessenen Z-Lizenz und pauschalen Aussaatstärken. Nach Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 und 3 NachbauVO 1995 ist Grundlage für die Bemessung der Nachbaugebühr bei einer Veranlagung nach dem Gesetz allein diejenige Vergütung, die im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird. Demgegenüber steht die nach dem Kooperationsabkommen zu zahlende Nachbaugebühr, ausgehend von einem pauschalierten Lizenzsatz, in Abhängigkeit von einer in dem Abkommen pauschalierten Aussaatstärke und ist danach gestaffelt, in welchem Maße der nachbauende Landwirt dem Nachbau neu hinzuerworbenes Saatgut beimischt. Das Kooperationsabkommen 1996 gibt für die einzelnen Fruchtsorten pauschale Aussaatstärken pro Hektar an. Zur maßgeblichen Berechnungsgröße wird dadurch die Anbaufläche, auf der Nachbau betrieben wird. Auf den so ermittelten Betrag wird ein Rabatt von 20 - 100% gewährt, dessen Höhe im Einzelfall davon abhängt, in welchem Umfang (frisches) Z-Saatgut beigemischt wird. Um die Entschädigung nach diesem System berechnen zu können, verpflichtet sich der nachbauende Landwirt dazu, Angaben über die mit Nachbausaatgut bebauten Flächen und den Saatgutwechsel zu erteilen. Diese Berechnungsmethode läßt sich im gesetzlichen Veranlagungsverfahren nicht anwenden. Der Landwirt schuldet keine Angaben zu der Größe der bebauten Flächen und zu dem von ihm betriebenen Saat-/Pflanzgutwechsel.

(3) Gegen die Übernahme der Berechnungsparameter des Kooperationsabkommens 1996 könnten weiter grundsätzliche Erwägungen ins Feld geführt werden: Es erscheint schwer vorstellbar, daß die Verordnung eine Veranlagung auf gesetzlicher Basis auf der Grundlage von Parametern vorgibt, auf deren Mitteilung der Sortenschutzinhaber keinen Anspruch hat. Damit hinge die Höhe der nach dem Gesetz geschuldeten Nachbauentschädigung davon ab, insoweit ein Landwirt freiwillige Auskünfte erteilt. Dies widerspräche dem Wesen des Auskunftsanspruchs, der nach deutschem Rechtsverständnis regelmäßig als Hilfsanspruch der Vorbereitung des Hauptanspruchs dient und sich deshalb stets auf diejenigen Auskünfte erstreckt, die zur Berechnung des Hauptanspruchs erforderlich sind (Melullis, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., Rdn. 1101a; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Kap. 38 Rdn. 5, 7, jeweils m.w.N.). Zudem handelt es sich bei den im Rahmen der Abrechnung auf der Grundlage der Vereinbarung zu berücksichtigenden Parametern vielfach um solche, die eine Ermäßigung der Vergütung zur Folge haben. Werden sie nicht mitgeteilt, könnte das dadurch aufgefangen werden, daß ihre Berücksichtigung zugunsten des Landwirts unterbleibt mit der Folge, daß eine höhere Vergütung zu leisten ist.

ee) Diese Überlegungen setzen allerdings voraus, daß das Kooperationsabkommen 1996 Leitlinie für die Festsetzung der Entschädigung ist. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn es sich bei diesem Vertragswerk um eine Vereinbarung im Sinne des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO handelte. Danach kann eine Vereinbarung berufsständischer Vereinigungen nur dann für die Festsetzung der Entschädigung verwendet werden, wenn diese der Kommission zusammen mit den einschlägigen Bedingungen schriftlich von bevollmächtigten Vertretern der entsprechenden Vereinigung mitgeteilt und daraufhin im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurde. Das Kooperationsabkommen 1996 wurde unstreitig erst am 16. August 1999 im Amtsblatt und damit jedenfalls nach dem im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Wirtschaftsjahr 1998/1999 veröffentlicht.

Dies führt zu der weiteren Frage, welche Anforderungen Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 an das Vorliegen einer Vereinbarung stellt, die vor Inkrafttreten der Verordnung von den Vereinigungen der Züchter und Landwirte abgeschlossen worden ist. Außer Zweifel steht, daß die formalen Voraussetzungen für Vereinbarungen gelten, die nach Inkrafttreten der NachbauVO 1998 abgeschlossen worden sind. Hingegen erscheint es bedenklich, die formalen Anforderungen des Art. 5 Abs. 4 auch auf Kooperationsabkommen anzuwenden, die bereits vor Inkrafttreten der NachbauVO 1998 nach nationalem Recht wirksam zustande gekommen sind. Die Verordnung enthält keinen Hinweis auf eine rückwirkende Erfassung aller bereits bestehenden Abkommen. Freilich bedeutet dies nicht, daß mangels formaler Voraussetzungen zwangsläufig dem Kooperationsabkommen 1996 auch die Leitlinienfunktion bei der Bemessung der Nachbauentschädigung abzusprechen wäre. Vielmehr könnte aus der Regelung und dem ersichtlichen Bestreben des Verordnungsgebers, Vereinbarungen zwischen den Parteien oder zwischen den berufsständischen Vereinigungen den Vorrang zu geben, geschlossen werden, daß den bestehenden, wirksam geschlossenen Abkommen für die Zwischenzeit bis zum Inkrafttreten der NachbauVO 1998 Leitlinienfunktion zuerkannt wird.

ff) Wäre davon auszugehen, daß eine Vereinbarung im Sinne des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 nicht vorliegt, so würde sich die Entschädigung nach Abs. 5 seinem Wortlaut entsprechend auf 50% der Z-Lizenz belaufen. Dies würde bedeuten, daß der Beklagte lediglich diesen Betrag schuldete.

Art. 5 Abs. 5 NachbauVO 1998 läßt sowohl den Schluß zu, daß mit 50% ein Mindestbetrag gemeint ist, als auch umgekehrt, daß der Bemessungssatz die oberste Grenze einer angemessenen Entschädigung darstellt, und zwar unabhängig davon, ob die Entschädigung entsprechend Art. 5 Abs. 4 NachbauVO 1998 nach einem Kooperationsabkommen oder unmittelbar nach Abs. 5 zu berechnen ist. Diese letztere Deutung könnte zur Folge haben, daß Vereinbarungen, welche den Entschädigungssatz von 50% der Z-Lizenz unter- bzw. überschreiten, als Leitlinie im Sinne des Art. 5 Abs. 4 NachbauVO ausfielen. Dagegen könnte allerdings sprechen, daß, wie die Erwägungsgründe verdeutlichen, der Verordnungsgeber der Vereinbarung zwischen Vereinigungen der Züchter und Landwirte den Vorrang eingeräumt und nur bei Fehlen einer solchen Vereinbarung die Entschädigung in Gebieten oder für Arten "im Prinzip" auf 50% der Z-Lizenzgebühr festgelegt hat.

c) Auf das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung für die unterschiedliche Höhe der Entschädigung, die sich bei der einen Auslegung zwischen der Berechnung nach dem gesetzlichen und der nach dem vertraglichen Veranlagungsverfahren ergibt, läßt sich eine Entscheidung für eine der denkbaren Interpretationen nicht mit zwingendem Ergebnis stützen; insoweit sind sachliche Gründe für eine ggf. auftretende unterschiedliche Behandlung denkbar.

aa) Eine Rechtfertigung könnte die mit der Verneinung einer Bindung an die Höchstsätze des Art. 5 Abs. 4 und 5 NachbauVO verbundene Besserstellung der Landwirte, die dem Kooperationsabkommen 1996 beigetreten sind, gegenüber gesetzlich veranlagten Landwirten dadurch erfahren, daß sich diese weitergehenden Offenbarungs-, Nachweis- und Kontrollpflichten unterworfen haben. So verpflichtet sich der vertraglich gebundene Landwirt, neben den konkreten Sortenbezeichnungen und entsprechenden Sortenschlüsseln die mit zertifiziertem Saat- und Pflanzgut bestellte Anbaufläche in Hektar, die zertifizierte Saat- und Pflanzgutmenge pro Abrechnungseinheit (nebst Belegen), die mit Nachbausaat- und Pflanzgut bestellte Anbaufläche in Hektar, die Nachbausaat- und Pflanzgutmenge pro Abrechnungseinheit sowie Namen und Anschriften der Aufbereiter von Nachbausaatgut anzugeben. Weiterhin obliegt dem Landwirt die Pflicht, Stichprobenkontrollen zuzulassen und dabei geeignete Nachweise, wie zum Beispiel Rechnungen über Käufe von Z-Saatgut zu erbringen. Dementsprechend kann der Sortenschutzinhaber die dem Kooperationsabkommen beigetretenen Landwirte hinsichtlich des von ihnen betriebenen Nachbaus wesentlich einfacher und mit wesentlich weniger wirtschaftlichen Aufwendungen kontrollieren als den Landwirt, der sich für das gesetzliche Veranlagungsverfahren entschieden hat. Dies läßt es im Gegenzug gerechtfertigt erscheinen, den vertraglich gebundenen Landwirt gegenüber dem nach Gesetz veranlagten Landwirt, der die Auskunftsleistungen nicht in entsprechendem Umfang erbringt, anders zu behandeln und ihm auf Grund seiner freiwilligen Mitwirkung Vergünstigungen in Form von Pauschalbeträgen sowie Nachlässen einzuräumen. Aus denselben Gründen ist es deshalb auch nicht ohne weiteres zu beanstanden, daß die nach dem gesetzlichen Veranlagungsverfahren zu zahlende Vergütung anhand der Z-Lizenz und nicht anhand der niedrigeren Pauschallizenz, die Grundlage der vertraglichen Abrechnung bilden, errechnet wird.

bb) Es könnte ferner von Bedeutung sein, daß das mit den Nachbauvorschriften erstrebte Ziel, die sich gegenüberstehenden Interessen der Sortenschutzinhaber einerseits und der Landwirte andererseits angemessen auszugleichen (vgl. Art. 2 NachbauVO 1995), nicht mehr erreicht werden könnte, wenn die im Kooperationsabkommen enthaltenen Vergütungsregelungen in gleicher Weise im gesetzlichen Veranlagungsverfahren angewendet würden. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat in der Einleitung der NachbauVO 1995 zum Ausdruck gebracht, daß er sich gegenwärtig außerstande sieht, im Rahmen des durch Art. 14 Abs. 3 GSortVO gewährten Ermessensspielraums die Höhe der angemessenen Entschädigung festzusetzen. Er hat sich deshalb in Art. 5 NachbauVO 1995 zu einem Entschädigungssystem entschlossen, das der vertraglichen Regelung (Art. 5 Abs. 1 NachbauVO 1995) gegenüber der gesetzlichen (Art. 5 Abs. 2 NachbauVO 1995) den Vorrang eingeräumt, zugleich sich aber veranlaßt gesehen, ausschließlich hinsichtlich der im gesetzlichen Veranlagungsverfahren festzusetzenden Entschädigung anzuordnen, daß diese deutlich niedriger sein müsse als die Z-Lizenz, die von den Vermehrern von Saatgut zu entrichten ist, die dieses nicht als Saatgut für den eigenen Betrieb, sondern zum Zwecke der Veräußerung erzeugen. Daraus könnte zu folgern sein, der Gemeinschaftsgesetzgeber habe damit bewußt in Kauf genommen, daß die Höhe der Entschädigung und der Festsetzungsmodus je nach Art des Veranlagungsverfahrens differieren können.

cc) Unter diesem Gesichtspunkt könnte eine unterschiedliche Behandlung der Landwirte, die dem Kooperationsabkommen beigetreten sind, und denen, die das gesetzliche Veranlagungsverfahren gewählt haben, nicht zu beanstanden sein. Die gesetzlichen Bestimmungen wie auch das Kooperationsabkommen zielen im Interesse aller Beteiligten darauf ab, möglichst flächendeckend vertragliche Vereinbarungen zu schließen, um eine möglichst gleichmäßige Behandlung gleicher Fälle in den jeweiligen Gebieten zu erreichen. Dies wird dem Sortenschutzinhaber ohne einen umfassenden Auskunftsanspruch schwer fallen, weil er nicht in der Lage sein wird, seinen Anspruch auf Zahlung der Nachbauvergütung gemäß Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO wirksam durchzusetzen; denn eine Pflanze kann nicht daraufhin überprüft werden, ob sie im Wege des Nachbaus oder mit Hilfe erworbenen Saatguts erzeugt worden ist. Dem trägt das Kooperationsabkommen Rechnung, indem es über die Zielsetzung der gesetzlichen Bestimmungen des Art. 14 Abs. 3 vierter Spiegelstrich GSortVO in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 und 3 NachbauVO, durch die Verbesserung des Schutzes für Pflanzenzüchter einen Anreiz für die Züchtung und Entdeckung neuer Sorten zu schaffen (vgl. Erwägungsgründe zur GSortVO, vgl. auch Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, Bd. 1 Rdn. 364 ff.), hinausgehend einerseits der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Z-Saat-/Pflanzgut (Kooperationsabkommen Teil A Ziffer 1 und Teil B Ziffer 1) und der Kontrollmöglichkeiten dient, andererseits aber die Interessen der Landwirte an niedrigen Kosten für das nachgebaute Vermehrungsmaterial durch pauschale Aussaatstärken sowie die Gewährung und Staffelung von Rabatten nach Saatgutwechsel je Fruchtart wahrt. Landwirten, die sich - gegebenenfalls aus guten Gründen - für eine Veranlagung nach den gesetzlichen Regeln entschieden haben, gleiche Tarife einzuräumen, ohne daß sie ihrerseits Auskünfte in vergleichbarem Umfang erbringen, erscheint nicht ohne weiteres geboten oder sachgerecht.

Ende der Entscheidung

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