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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 06.10.2004
Aktenzeichen: XII ZB 133/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 3
BGB § 1587 Abs. 4
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3
Anrechte bei der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B, sind nach der ab 1. Januar 2001 geltenden Änderung der für sie geltenden Satzung der Bahnversicherungsanstalt im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 und vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - zur Veröffentlichung bestimmt).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XII ZB 133/04

vom 6. Oktober 2004

in der Familiensache

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, und Dose

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 2 werden der Beschluß des 17. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 3. Mai 2004 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüneburg vom 10. Februar 2004 in Ziff. II (Versorgungsausgleich) dahingehend abgeändert, daß der Ausgleichsbetrag zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B, nicht 43,15 €, sondern 71,20 € beträgt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 571,80 €

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 4. Februar 1983 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 21. August 1956) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 15. Oktober 1946) am 26. August 2003 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bahnversicherungsanstalt Abteilung A (BVA/A; weitere Beteiligte zu 2) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Hannover (LVA; weitere Beteiligte zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 253,23 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, übertragen hat. Ferner hat es zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Bahnversicherungsanstalt Abteilung B (BVA/B; weitere Beteiligte zu 2) im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 43,15 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, begründet. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht die Entscheidung im Ergebnis dahin abgeändert, daß im Wege des Quasisplittings Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 118,85 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, begründet werden.

Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 von ehezeitlichen (1. Februar 1983 bis 31. Juli 2003; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Antragstellerin bei der LVA in Höhe von 199,46 € und für den Antragsgegner bei der BVA/A in Höhe von 705,92 €, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit, ausgegangen. Die für den Antragsgegner bei der BVA/B bestehenden Anwartschaften hat das Oberlandesgericht als volldynamisch bewertet und daher in Höhe von 237,70 € ungekürzt dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchten der Antragsgegner und die weitere Beteiligte zu 2 die Anwartschaften des Antragsgegners bei der BVA/B als im Anwartschaftsstadium statisch bewertet wissen. Die Antragstellerin und die LVA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässigen Rechtsbeschwerden des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten zu 2 sind begründet.

Das Oberlandesgericht hat die für den Antragsgegner bei der BVA/B bestehenden Anwartschaften als volldynamisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL und der ZVK nach der Neufassung von deren jeweiligen Satzungen zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 und vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - zur Veröffentlichung bestimmt).

2. Ebenso sind die Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der BVA/B nach der Neufassung der Satzung der Bahnversicherungsanstalt zum 1. Januar 2001 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten.

Die BVA/B hat - wie die VBL und die ZVK - mit Wirkung ab 1. Januar 2001 ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sogenanntes "Punktemodell" eingeführt. Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der BVA/B im Anwartschaftsstadium nach § 157 Abs. 1 Satz 1 a), Satz 2, Abs. 2 der Satzung der BVA grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1. Januar 2001 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 €, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 156 Abs. 1 der Satzung der BVA dann dadurch, daß die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Meßbetrag von 4 € multipliziert wird. Wie bei der VBL und der ZVK ist in § 157 Abs. 3 der Satzung der BVA während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 157 Abs. 1 Satz 1 b), c), 158, 187 der Satzung der BVA noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.ä.) und durch Bonuspunkte erworben werden. Daß die BVA/B bisher solche Überschüsse erzielt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der BVA/B nach § 160 der Satzung jeweils zum 1. Juli jährlich um 1 % erhöht.

Danach entspricht die Zusatzversorgung bei BVA/B strukturell denjenigen bei der VBL und der ZVK, so daß Versorgungsanrechte bei der BVA/B ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. im Einzelnen Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2004 und 8. September 2004, aaO).

3. Damit ergibt sich folgende Berechnung:

Bei der Umwertung der BVA/B-Anwartschaften in eine dynamische Versorgung kommt Tabelle 1 zu § 2 Abs. 2 BarwertVO zur Anwendung. Dies führt zur Erhöhung des sich daraus ergebenden Faktors 6,6 (Alter des Antragsgegners bei Ende der Ehezeit: 56 Jahre) um 65 % auf 10,89 (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 BarwertVO). Aus der Jahresrente von 2.852,40 € errechnet sich demnach ein Barwert von 2.852,40 € x 10,89 = 31.062,64 €. Nach Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung für 2003 von 0,0001754432 ergeben sich 5,4497 Entgeltpunkte und nach weiterer Multiplikation mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ehezeitende von 26,13 € eine dynamische Rente von 142,40 €.

Der in der Ehezeit erworbenen Versorgung der Antragstellerin in Höhe von 199,46 € stehen somit Anwartschaften des Antragsgegners in Höhe von insgesamt 705,92 € + 142,40 € = 848,32 € gegenüber, so daß sich eine Ausgleichspflicht des Antragsgegners in Höhe von 324,43 € errechnet (848,32 € ./. 199,46 € = 648,86 €; 648,86 € : 2 = 324,43 €).

Nach §§ 1587 b Abs. 1 BGB, 1 Abs. 3 VAHRG hat der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting in Höhe von 253,23 € und durch analoges Quasisplitting in Höhe von 71,20 € zu erfolgen. Die Entscheidung des Amtsgerichts war daher lediglich hinsichtlich des Quasisplitting abzuändern.

Ende der Entscheidung

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