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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 29.10.1997
Aktenzeichen: 1 BvL 4/93
Rechtsgebiete: GG, SGB V


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
SGB V § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alternative 2, Abs. 6 und 7
SGB V § 122 Abs. 4 Satz 1 und 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvL 4/93 -

In dem Verfahren

zur verfassungsrechtlichen Prüfung,

ob die Vorschriften von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alternative 2, Abs. 6 und 7, § 122 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) und § 85 Abs. 2 a Satz 1 und 2, § 122 Abs. 4 Satz 1 und 4 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266) insofern mit dem Grundgesetz unvereinbar waren, als eine Bedürfnisprüfung mit Vergütungsausschluß solcher Leistungen eingeführt wurde, die mit nicht in die Standortplanung einbezogenen medizinisch-technischen Großgeräten erbracht wurden, und die Mitbenutzung durch andere Antragsteller zu gestatten war

- Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Sozialgerichts München vom 20. Januar 1993 (S 32 Ka 24/92) -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Kühling, die Richterin Jaeger und den Richter Steiner gemäß § 81 a BVerfGG am 29. Oktober 1997 einstimmig beschlossen:

Die Vorlage ist unzulässig.

G r ü n d e :

I.

1. Gegenstand der Vorlage ist die Frage, ob die Bestimmungen von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alternative 2, Abs. 6 und 7, § 122 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) und § 85 Abs. 2 a Satz 1 und 2, § 122 Abs. 4 Satz 1 und 4 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266), die bis zum 30. Juni 1997 die Vergütung von mit medizinisch-technischen Großgeräten erbrachten Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung regelten, mit dem Grundgesetz vereinbar waren.

2. Die Vorschriften des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alternative 2, Abs. 6 und 7 sowie § 122 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes regelten für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Standortplanung für medizinisch-technische Großgeräte sowie den Ausschluß der Vergütung für solche Leistungen, die mit nicht in die Standortplanung einbezogenen medizinisch-technischen Großgeräten erbracht wurden. Durch das Gesundheitsstrukturgesetz wurde § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alternative 2 und Abs. 6 SGB V gestrichen, § 122 SGB V neu gefaßt und in § 85 Abs. 2 a Satz 1 und 2 SGB V Regelungen über die Vergütung getroffen.

§ 85 Abs. 2 a Satz 1 und 2 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes hatte folgenden Wortlaut:

§ 85 Gesamtvergütung (1) bis (2) ... (2 a) Die Vergütung ärztlicher Leistungen, die mit nicht nach § 122 abgestimmten medizinisch-technischen Großgeräten erbracht werden, ist in der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen. Medizinisch-technische Großgeräte, die von Kassen- oder Vertragsärzten vor dem 15. Mai 1992 erworben wurden und mit denen diese bis zum Ablauf des 2. Quartals 1992 Leistungen erbracht haben, gelten bis zum 31. Dezember 1998 als abgestimmt im Sinne des § 122, wenn sie bis zum 31. März 1993 dem Großgeräteausschuß mit Nachweisen über Erwerb und Leistungserbringung gemeldet worden sind. ... ...

§ 122 Abs. 4 Satz 1 und 4 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes lauteten:

§ 122 Medizinisch-technische Großgeräte (1) bis (3) ... (4) Die Beteiligten im Großgeräteausschuß stimmen einvernehmlich den Standort eines Großgerätes und eine Mitnutzung durch Dritte ab. ... Um einen gleichmäßigen Zugang zur Großgerätenutzung sicherzustellen, kann der Großgeräteausschuß bestimmen, daß die Mitnutzung durch andere Antragsteller im Rahmen der vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten zu gestatten ist. (5) ...

Mit Wirkung zum 1. Juli 1997 wurden die Vorschriften des § 85 Abs. 2 a und § 122 SGB V durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz - 2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl I S. 1520) ersatzlos gestrichen.

3. Der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein zur kassen- bzw. vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Urologe, behandelte im Quartal II/91 eine in der gesetzlichen Krankenversicherung bei einer Ersatzkasse Versicherte mit einem Nieren-Lithotripter zur extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung verweigerte die Vergütung dieser Leistung, da der Kläger aufgrund der fehlenden Abstimmung des Gerätes im Sinne von § 122 Abs. 4 SGB V nicht über die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung dieser Leistung verfügte (Bescheid vom 10. Juli 1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 1991). Vor dem Sozialgericht München beantragte der Kläger, die Bescheide aufzuheben, die Beklagte zu verurteilen, ihm die mit diesem Gerät seit seiner kassen- bzw. vertragsärztlichen Zulassung erbrachten Leistungen zu vergüten und festzustellen, daß das mit einem Honorarausschluß verbundene Abstimmungsverfahren sowie eine Mitbenutzungsmöglichkeit durch Dritte auch über den 31. Dezember 1998 hinaus rechtswidrig sei.

4. Das Sozialgericht München hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Vorschriften des § 85 Abs. 2 a Satz 1 und 2 sowie des § 122 Abs. 4 Satz 1 und 4 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes insofern mit dem Grundgesetz unvereinbar seien, als eine Bedürfnisprüfung mit Vergütungsausschluß solcher Leistungen eingeführt werde, die mit nicht abgestimmten medizinisch-technischen Großgeräten erbracht werden, und die Mitbenutzung durch andere Antragsteller zu gestatten sei, sowie darüber, ob die Vorschriften des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alternative 2, Abs. 6 und 7 SGB V sowie § 122 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes insofern mit dem Grundgesetz unvereinbar seien, als eine Bedürfnisprüfung mit Vergütungsausschluß solcher Leistungen eingeführt wurde, die mit nicht in die Standortplanung einbezogenen medizinisch-technischen Großgeräten erbracht wurden.

Die vorgelegten Fragen seien entscheidungserheblich. Der zulässigen Klage auf Vergütung der im Quartal II/91 erbrachten Leistung könne nicht bereits aufgrund der Regelung des § 85 Abs. 2 a Satz 2 SGB V n.F. stattgegeben werden, da wegen der haushaltsrechtlich unvorhersehbaren Nachforderungen davon auszugehen sei, daß nur nach dem Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Januar 1993 erbrachte Leistungen zu vergüten seien.

Die vorgelegten Regelungen seien verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoßen, weil er aufgrund der Vorschriften des SGB V a.F. den Bundesausschuß gezwungen habe, eine Bedürfnisprüfung einzuführen, obwohl dessen Richtlinien allein eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zum Ziele hätten. Diese Frage sei entscheidungserheblich, weil bei einer Unzulässigkeit dieser Regelung die sogenannte "Standortplanung" in sich zusammenfiele. Durch die Schaffung des Großgeräteausschusses als neuem Gremium zur Entscheidung über die standortrechtliche Bedürfnisprüfung und die Letztentscheidungsbefugnis der Landesbehörde habe der Gesetzgeber gegen das Verbot verstoßen, unnötige und ungeeignete Eingriffsregelungen zu unterlassen. Die vorgelegten Regelungen widersprächen einer für die Verwirklichung der Berufsfreiheit erforderlichen angemessenen Verfahrensgestaltung. Sie seien widersprüchlich und unnötig. Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG seien verletzt. Denn statt des Abstimmungserfordernisses mit Genehmigungsvorbehalt und gegebenenfalls der Verpflichtung, Dritten die Mitnutzung zu gestatten, wäre es sinnvoll, ausreichend und gerecht gewesen, vorrangig im Krankenhaussektor sowie bei den pharmazeutischen Leistungsanbietern und dem Verwaltungsaufwand der Krankenkassen zu sparen. Dies wäre - verglichen mit der Beeinträchtigung der Großgerätebetreiber - mit geringeren Eingriffen für die Betroffenen verbunden. Auch wäre es dem Gesetzgeber möglich, den Versicherten ein größeres Kostenbewußtsein zu vermitteln. Eine ähnlich gerechte, sinnvolle und ausreichende Kostendämpfungsmaßnahme wäre daneben eine effektivere Wirtschaftlichkeitsprüfung aller Kassenärzte und Krankenhäuser. Anstelle von Honorarbegrenzungsmaßnahmen käme auch die ärztliche Versorgung der Versicherten generell durch Vertragsärzte oder angestellte Ärzte, beschränkt jedoch auf eine bloße Basisversorgung der Bevölkerung, in Betracht.

Die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 14. Mai 1992 (BSGE 70, 285 ff. = SozR 3-2500 § 122 Nr. 3) vorgenommene "verfassungskonforme" Auslegung der Vorschriften des SGB V a.F. sei nicht möglich. Ein klar geäußerter gesetzgeberischer Wille, der jedoch zu einer verfassungswidrigen Verwaltungspraxis führe, dürfe durch vorgebliche "verfassungskonforme Auslegung" nicht so "harmonisiert" werden, daß die Verwaltungspraxis verfassungsgemäß werde. Denn eine verfassungskonforme Auslegung sei dann nicht möglich, wenn der Wille des Gesetzgebers im Wortlaut bzw. in "Wort und Sinn" genügend Ausdruck gefunden habe. Auch sei sie dann ausgeschlossen, wenn mehrere Möglichkeiten beständen, einen verfassungskonformen Zustand herzustellen.

II.

Die Vorlage ist unzulässig.

1. Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muß das vorlegende Gericht darlegen, daß seine Entscheidung von der Gültigkeit der vorgelegten Norm abhängt. Die Entscheidungserheblichkeit muß im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht noch gegeben sein (vgl. BVerfGE 85, 191 <203>). Zudem muß es seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm begründen. Insoweit bedarf es der Auseinandersetzung mit naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegung (vgl. BVerfGE 86, 52 <57>; 88, 198 <201>; 89, 329 <336 f.>). Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine mit der Verfassung vereinbar ist, so ist diese geboten (vgl. BVerfGE 83, 201 <214 f.>; 88, 145 <166>). Für eine Vorlage bleibt in diesem Fall mangels Entscheidungserheblichkeit kein Raum (vgl. BVerfGE 85, 329 <333 f.>; 90, 145 <170>).

2. Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht. Es kann dahinstehen, ob die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Normen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch gegeben ist, nachdem sie durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz inzwischen aufgehoben wurden. Denn die Vorlage ist bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht erkennen läßt, daß die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung hinsichtlich des im Ausgangsverfahren geltend gemachten Vergütungsanspruchs für das Quartal II/91 geprüft worden ist, weil sie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung durch die Gerichte und zur Gestaltungsfreiheit und zum Einschätzungs- und Prognosevorrang des Gesetzgebers nicht berücksichtigt und schließlich das Ausmaß der denkbaren Beeinträchtigung für den betroffenen Grundrechtsträger weder tatsächlich festgestellt noch in die nach Art. 12 Abs. 1 GG gebotene Abwägung eingestellt hat.

a) Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs für das Quartal II/91 hat das Gericht nicht geprüft, ob eine verfassungskonforme Auslegung des § 85 Abs. 2 a Satz 2 SGB V möglich ist. Bestünde aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung ein Anspruch auf Vergütung, wäre der Klage insoweit bereits deshalb stattzugeben. Auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften, die nach Auffassung des Gerichts ebenfalls zu einem Vergütungsanspruch des Klägers führen würde, käme es dann nicht mehr an.

b) Hinsichtlich des Antrages, festzustellen, daß das mit einem Honorarausschluß verbundene Abstimmungsverfahren und die Gestattung der Mitnutzung durch Dritte über den 31. Dezember 1998 hinaus rechtswidrig ist, ist dem Vorlagebeschluß nicht zu entnehmen, daß das Gericht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Möglichkeiten einer verfassungskonformen Auslegung in hinreichender Weise berücksichtigt hat. Zwar findet eine verfassungskonforme Auslegung dort ihre Grenzen, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde; im Wege der Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. BVerfGE 54, 277 <299 f.> m.w.N.; 71, 81 <105>). Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck jedoch mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (vgl. BVerfGE 83, 201 <215>; 88, 145 <166>). Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation ist dabei von der Verfassung nicht vorgeschrieben. Denn Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte "nach Gesetz und Recht" zu entscheiden. Eine teleologische Reduktion von Vorschriften entgegen ihrem Wortlaut gehört daher ebenfalls zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (vgl. BVerfGE 88, 145 <166 f.>). Das Gericht hat diese Grundsätze nicht berücksichtigt, als es die vom Bundessozialgericht vorgenommene verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften des SGB V a.F. im Urteil vom 14. Mai 1992 (BSGE 70, 285 ff. = SozR 3-2500 § 122 Nr. 3) als rechtspolitisch verfehlt abgelehnt hat.

Auch ist dem Vorlagebeschluß nicht zu entnehmen, daß sich das Gericht bei der Prüfung der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften hinreichend mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinandergesetzt hat, nach der dem Gesetzgeber bei der vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geforderten Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung des angestrebten Zwecks sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren ein Beurteilungsspielraum zusteht, der nur in begrenztem Umfang überprüfbar ist (vgl. BVerfGE 76, 1 <51> m.w.N.: 90, 145 <173>). Dies hätte jedoch nahegelegen. Denn die Verfassungswidrigkeit der Vorschriften wird im wesentlichen mit einer vom Gesetzgeber abweichenden eigenen Einschätzung der tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes begründet. Das vorlegende Gericht hält sie zudem für widersprüchlich, unnötig und ungeeignet, soweit es um die Schaffung des Großgeräteausschusses und das Letztentscheidungsrecht der Landesbehörde geht, und für ungeeignet und nicht erforderlich, soweit die mit einem Honorarausschluß und einer Mitbenutzungsmöglichkeit durch Dritte verbundene Bedürfnisprüfung geregelt wird. Die verfassungsrechtlichen Darlegungen beschränken sich sowohl hinsichtlich des alten Rechts als auch hinsichtlich der aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts durch den Gesetzgeber geänderten Vorschriften des SGB V n.F. weitgehend auf Ausführungen dazu, welche anderen Kostendämpfungsmaßnahmen sinnvoll, ausreichend und schon deshalb gerechter wären, weil sie für die Betroffenen - verglichen mit den Beeinträchtigungen der Großgerätebetreiber - mit einem geringeren Eingriff verbunden seien.

c) Schließlich ist dem Vorlagebeschluß auch nicht zu entnehmen, daß das vorlegende Gericht geprüft und erwogen hat, wie intensiv die Regelungen im konkreten Fall in Grundrechte des Arztes eingreifen. Hierauf kann es jedoch für die verfassungsrechtliche Prüfung ankommen. Zum einen bestand aufgrund der Regelung des § 85 Abs. 2 a Satz 2 SGB V selbst nach Auffassung des Gerichts möglicherweise ab 1. Januar 1993 ein Vergütungsanspruch. Zum anderen hängt die Verfassungsmäßigkeit der Verpflichtung des Großgeräteinhabers, Dritten die Mitnutzung zu ermöglichen, auch davon ab, welche tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Auswirkungen sich für ihn selbst ergeben. Dazu hätte es der Aufklärung darüber bedurft, von welcher Art die Belastungen für den Großgeräteinhaber sind, die durch das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren eintreten.

Kühling Jaeger Steiner Steiner

Ende der Entscheidung

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