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Gericht: Bundesverfassungsgericht
Beschluss verkündet am 18.02.1998
Aktenzeichen: 1 BvR 1484/86
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 14
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1318/86 - - 1 BvR 1484/86 -

IM NAMEN DES VOLKES In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerden

1.

a) der Frau L..., b) des Herrn Dr. L...,

- Bevollmächtigte:

1. Professorr Dr. Bernd Baron von Maydell, Siebengebirgsstraße 58 a, St. Augustin,

2. Professor Dr. Christian Graf von Pestalozza, Bayernallee 12, Berlin -

- 1 BvR 1318/86 -,

2.

a) der Frau Dr. S...,

b) des Herrn S...

- Bevollmächtigte:

1. Professor Dr. Peter Lerche, Junkersstraße 13, Gauting,

2. Professor Dr. Bernd Baron von Maydell, Siebengebirgsstraße 58 a, St. Augustin,

3. Professor Dr. Christian Graf von Pestalozza, Bayernallee 12, Berlin -

- 1 BvR 1484/86 -

gegen § 58 Abs. 1 AVG und §§ 18 a und 18 b SGB IV, eingefügt durch Art. 2 Nr. 22 und Art. 7 des Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz - HEZG) vom 11. Juli 1985 (BGBl I S. 1450),

hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Seidl, der Richter Grimm, Kühling, der Richterinnen Jaeger, Haas und der Richter Hömig, Steiner

am 18. Februar 1998 beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob die durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz in das Sozialrecht eingefügten Bestimmungen über die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

I.

1. a) Vor dem 1. Januar 1986 galten für Männer und Frauen unterschiedliche Voraussetzungen für den Bezug von Witwerrente und Witwenrente. Die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz - HEZG) vom 11. Juli 1985 (BGBl I S. 1450) maßgeblichen Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) lauteten:

§ 41 (Witwenrente)

Nach dem Tode des versicherten Ehemannes erhält seine Witwe eine Witwenrente.

§ 43 Abs. 1 (Witwerrente)

Witwerrente erhält der Ehemann nach dem Tode seiner versicherten Ehefrau, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat.

b) Diese Rechtslage war wiederholt Gegenstand verfassungsrechtlicher Prüfung. Auf eine Richtervorlage hin entschied das Bundesverfassungsgericht 1963, der gemäß § 43 Abs. 1 AVG erschwerte Zugang zur Witwerrente sei mit Art. 3 Abs. 2 GG vereinbar; der Gesetzgeber habe die Grenzen zulässiger Typisierung nicht überschritten (vgl. BVerfGE 17, 1 <23>). In einem Urteil vom 12. März 1975 (BVerfGE 39, 169) stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß die unterschiedlichen Regelungen auf die Dauer nicht aufrechterhalten bleiben könnten. Es seien Wandlungen sowohl im Erwerbsverhalten der verheirateten Frauen als auch in der Bedarfslage beim Tode des Ehegatten eingetreten. In einer Übergangsphase, in der sich die Rolle der Frau in Ehe und Familie rechtlich und tatsächlich verändere, die Entwicklung aber noch nicht abgeschlossen sei, stehe der Gesetzgeber bei der Suche nach befriedigenden und praktikablen Ersatzlösungen vor einer ungewöhnlich schweren Aufgabe. Aus dem Grundgesetz leite sich für den Gesetzgeber der Verfassungsauftrag ab, langfristig eine Neuregelung zu schaffen, die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG für die Zukunft ausschließe. Auf ein bestimmtes Konzept für die Neuregelung sei er nicht festgelegt; es gebe mehrere verfassungsrechtlich denkbare Lösungsmodelle.

2. Der Gesetzgeber hat im Anschluß an dieses Urteil durch das am 1. Januar 1986 in Kraft getretene HEZG die Voraussetzungen der Witwen- und der Witwerrente angeglichen und die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei den Rentenleistungen eingeführt. Die Regelungen zur Hinterbliebenenrente wurden im Angestelltenversicherungsgesetz, in der Reichsversicherungsordnung (RVO) und im Reichsknappschaftsgesetz (RKG) übereinstimmend gefaßt. Die hier maßgebliche Regelung des § 41 AVG lautet:

(1) Nach dem Tode des versicherten Ehemannes erhält seine Witwe eine Witwenrente.

(2) Nach dem Tode der versicherten Ehefrau erhält ihr Witwer eine Witwerrente.

a) Zugleich wurde erstmals eine Vorschrift über die Anrechnung von Einkommen auf die Hinterbliebenenrente eingeführt. Die Anrechnungsregelung hatte im hier einschlägigen Angestelltenversicherungsgesetz folgenden Wortlaut:

§ 58 Abs. 1

Trifft eine Witwenrente oder Witwerrente mit Erwerbseinkommen oder Erwerbsersatzeinkommen des Berechtigten im Sinne von § 18 a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zusammen, ruht die Rente in Höhe von 40 vom Hundert des Betrages, um den das nach den §§ 18 a bis 18 e des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ermittelte monatliche Einkommen den Freibetrag übersteigt. Der Freibetrag beträgt monatlich 3,3 vom Hundert der jeweils geltenden allgemeinen Bemessungsgrundlage (§ 32 Abs. 2). Er erhöht sich für jedes waisenrentenberechtigte Kind des Berechtigten monatlich um 0,7 vom Hundert der jeweils geltenden allgemeinen Bemessungsgrundlage. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni eines Jahres ist jeweils die allgemeine Bemessungsgrundlage des voraufgegangenen Kalenderjahres maßgebend.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird die Anrechnungsregelung mit der Unterhaltsersatzfunktion der Hinterbliebenenrente gerechtfertigt (BTDrucks 10/2677, S. 23). Die Hinterbliebenenrente sichere dem überlebenden Ehegatten mindestens 60 vom Hundert der Einkünfte, die den Eheleuten zuletzt zur Verfügung standen. Der Unterhaltsbedarf eines Hinterbliebenen sei aber geringer, wenn er über Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen verfüge.

Im einzelnen ist die (nach wie vor geltende) Anrechnungsregelung wie folgt ausgestaltet:

(1) Trifft Einkommen im Sinne des 18 a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) mit der Hinterbliebenenrente zeitlich zusammen, so werden - nach dem Sterbevierteljahr - von dem den Freibetrag übersteigenden Einkommen 40 vom Hundert auf die Rente angerechnet. Insoweit ruht die Hinterbliebenenrente.

§ 18 a Abs. 2 Satz 1 SGB IV definiert den Begriff "Erwerbs-einkommen". Nur Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbare Einkommen in Sinne der §§ 14 f. SGB IV werden angerechnet, nicht aber andere Einkünfte des Berechtigten. So unterliegen Zinseinkünfte, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder sonstige Einkünfte aus dem Vermögen nicht der Anrechnung.

§ 18 a Abs. 3 Satz 1 SGB IV führt das anrechenbare Erwerbs-ersatzeinkommen abschließend auf und ordnet diesem die wesentlichen Regelleistungen aus öffentlichrechtlichen Pflichtversicherungssystemen zu. Einnahmen aus privater Altersvorsorge werden nicht erfaßt. Auch die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes werden als Zusatzleistungen nicht angerechnet (§ 18 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB IV). Ebenso bleiben Sozialleistungen, wie beispielsweise das Kindergeld und das Wohngeld, die keine Lohnersatzfunktion haben, anrechnungsfrei.

(2) § 18 b SGB IV bestimmt die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens. Ausgehend vom Bruttoeinkommen wird das verfügbare Einkommen nach Absatz 5 der Vorschrift durch einen Pauschalabzug ermittelt. Dieser ist an der durchschnittlichen Steuer- und Beitragslast der jeweiligen Einkommensart ausgerichtet. Wegen der unterschiedlichen Belastung wird bei der Höhe des Pauschalabzugs zwischen den verschiedenen Einkommensarten differenziert. Der Pauschalabzug beträgt bei Arbeitsentgelt aus versicherungspflichtiger Beschäftigung 35 vom Hundert, bei Bezügen aus einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis und bei Renten aus berufsständischer Versorgung 27,5 vom Hundert sowie bei der beamtenrechtlichen Versorgung 37,5 vom Hundert.

(3) Das so ermittelte Einkommen führte nur insoweit zur Anrechnung, als es monatlich den Freibetrag von 3,3 vom Hundert der allgemeinen Bemessungsgrundlage überstieg (§ 58 Abs. 1 Satz 2 AVG). Die allgemeine Bemessungsgrundlage war beim Inkrafttreten des HEZG im Jahre 1985 auf 27.099 DM festgesetzt. Hieraus errechnete sich für das erste Halbjahr 1986 ein Freibetrag von monatlich 894,27 DM (3,3 vom Hundert von 27.099 DM). Dieser erhöhte sich jeweils zum 1. Juli eines Jahres entsprechend dem Anstieg der allgemeinen Bemessungsgrundlage. Für jedes waisenrentenberechtigte Kind wurde der Freibetrag zusätzlich um 0,7 vom Hundert der allgemeinen Bemessungsgrundlage erhöht (§ 58 Abs. 1 Satz 3 AVG), um der besonderen wirtschaftlichen Belastung des überlebenden Ehegatten Rechnung zu tragen, der nach dem Tode des Versicherten Kinder zu unterhalten hat (vgl. BTDrucks 10/3519, S. 14 zu § 590).

Das den Freibetrag übersteigende Einkommen wurde in Höhe von 40 vom Hundert angerechnet (§ 58 Abs. 1 Satz 1 AVG). Das Ruhen der Witwer- und Witwenrenten infolge der Einkommensanrechnung ließ das Rentenstammrecht unberührt. Änderungen der Einkommensverhältnisse waren vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an zu berücksichtigen (§ 18 d Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Der Zahlbetrag der Hinterbliebenenrente wurde gegebenfalls angepaßt.

b) Das neue Recht der Hinterbliebenenversorgung wurde von Übergangsregelungen begleitet (vgl. Art. 5 Nr. 2 und 5 HEZG). Danach galt die Neuregelung erst für die nach Inkrafttreten des HEZG eingetretenen Versicherungsfälle; Bestandsrenten wurden nicht berührt. Für die ab 1. Januar 1986 eintretenden Versicherungsfälle gab es Sonderregelungen.

(1) Art. 2 § 17 a Abs. 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) in der Fassung des HEZG eröffnete Ehepaaren die Möglichkeit, sich für die Anwendung des alten, vor dem 1. Januar 1986 geltenden Rechts zu entscheiden, wenn zu diesem Zeitpunkt die Ehe bestand und beide Ehepartner älter als 50 Jahre waren. Das Wahlrecht war von den Ehegatten bis zum 31. Dezember 1988 gemeinsam auszuüben. Machten sie davon keinen Gebrauch, so blieb es bei der Anwendung des neuen Rechts.

(2) Ansprüche auf Witwenrente unterlagen in der Zeit vom 1. Januar 1986 bis 31. Dezember 1995 gemäß Art. 2 § 22 b Abs. 2 AnVNG nur eingeschränkt der Anrechnung, wenn die Ehe vor dem 1. Januar 1986 geschlossen worden war. Im ersten Jahr nach dem Tod des Ehemannes wurde das Einkommen der Witwe nicht, im zweiten Jahr mit 10 vom Hundert, im dritten Jahr mit 20 vom Hundert und im vierten Jahr mit 30 vom Hundert des Einkommens angerechnet. Erst nach fünf Jahren wurde der volle Anrechnungssatz erreicht.

c) Durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) wurde das Recht der Rentenversicherung der Arbeiter, Angestellten und Bergleute im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusammengeführt, das am 1. Januar 1992 in Kraft trat. Das Recht der Hinterbliebenenrenten blieb materiell unverändert. Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch spricht allerdings von "Renten wegen Todes" statt von Hinterbliebenenrenten. Gemäß § 46 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente, wenn der Versicherte die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) erfüllt hatte.

Die Einkommensanrechnung auf die Renten wegen Todes ergibt sich aus § 97 SGB VI. Der Höhe nach entspricht der monatliche Freibetrag der Vorgängerregelung (vgl. BTDrucks. 11/4124, S. 175 zu § 96). Er lag im ersten Halbjahr 1992 bei 1.094,01 DM und im ersten Halbjahr 1997 bei 1.232,09 DM.

Die Übergangsregelungen sind in § 314 SGB VI zusammengefaßt. Es bleibt für Versicherungsfälle vor dem 1. Januar 1986 bei der Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Rechts. Dies gilt auch für Personen, die durch Ausübung ihres Wahlrechts für das alte Recht votiert haben. Falls der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1996 eingetreten ist, kommt es zu einer zeitlich abgestuften Einkommensanrechnung.

II.

Die beschwerdeführenden Ehepaare wenden sich unmittelbar gegen § 58 Abs. 1 AVG sowie §§ 18 a und 18 b SGB IV jeweils in der Fassung des HEZG.

1. a) Die 1943 geborene Beschwerdeführerin zu 1 a ist als beamtete Lehrerin tätig. Sie unterbrach diese Tätigkeit von 1970 bis 1975 und ist seitdem mit ermäßigter Stundenzahl im Schuldienst beschäftigt. Nach ihrem Eintritt in den Ruhestand hat sie Anspruch auf Beamtenversorgung.

Der 1936 geborene Beschwerdeführer zu 1 b ist als Rechtsanwalt tätig. Von 1960 bis 1965 war er im juristischen Vorbereitungsdienst, später im richterlichen Dienst tätig und wurde bei seinem Ausscheiden aus dem Richterdienstverhältnis in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Von Juli bis Dezember 1965 wurden für ihn Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten nachentrichtet. Danach war er wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungsfrei. Bei Wegfall dieser Grenze am 1. Januar 1968 wurde er wieder versicherungspflichtig. Am 1. Januar 1985 trat er dem neu errichteten Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen bei und ließ sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien (§ 7 Abs. 2 AVG). In der Folgezeit entrichtete er als freiwillig Versicherter den Mindestbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung (§ 10 Abs. 1 AVG).

b) Überlebt der Beschwerdeführer seine Ehefrau, erhält er Witwerpension, auf die sein Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen nicht angerechnet wird. Im umgekehrten Fall erhält die Beschwerdeführerin Hinterbliebenenrente aus der berufsständischen Versorgung und aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Auf letztere muß sie sich ihre Beamtenbezüge oder ihre Beamtenversorgung nach Abzug des Freibetrags und des Pauschalabzugs anrechnen lassen.

c) Die Beschwerdeführer zu 1 rügen eine Verletzung von Art. 14, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG.

(1) Die angegriffenen Bestimmungen des HEZG verletzten sie selbst, gegenwärtig und unmittelbar in diesen Grundrechten. Insbesondere seien sie durch die gesetzliche Anrechnungsregelung veranlaßt, aktuell Dispositionen im Hinblick auf ihre Hinterbliebenenversorgung zu treffen.

(2) Der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung werde von Art. 14 GG geschützt. Die Hinterbliebenenrente beruhe auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Versicherten. Der Versicherte entrichte die Beiträge zugunsten des Hinterbliebenen; sie seien daher eigenen Beiträgen gleichzustellen. Die Rechtslage entspreche der des Vertrags zugunsten Dritter. Auch hier verliere der Anspruch des Begünstigten nicht dadurch an eigentumsrechtlicher Qualität, daß der Versicherungsnehmer als Dritter die Prämien zahle. Die Witwen- oder Witwerrente diene auch der Existenzsicherung des Hinterbliebenen.

Durch die Anrechnung des Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommens werde in das Renteneigentum eingegriffen. Gerade die Versorgung der Hinterbliebenen sei für den Beschwerdeführer ein entscheidender Grund gewesen, 1968 seine Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung fortzusetzen und sich nicht befreien zu lassen. Nun werde seine Anwartschaft durch die Anrechnungsregelung im Wert herabgesetzt. Der Beschwerdeführer könne die Anwartschaft im Falle seines Todes der Ehefrau nicht mehr uneingeschränkt zugute kommen lassen. Damit werde gleichzeitig in eine Rechtsposition des Erbrechts eingegriffen.

Auch die Beschwerdeführerin habe vor Eintritt des Versicherungsfalls eine durch Art. 14 GG geschützte Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente. Die Ehe begründe einen Anspruch beider Partner auf Beteiligung an der in der Ehe erworbenen Rentenanwartschaft. Dies zeige sich beim Versorgungsausgleich. Diese Anwartschaft sei der Beschwerdeführerin privatnützig zugeordnet.

(3) Der gesetzgeberische Eingriff in die eigentumsgeschützte Position überschreite die Grenzen einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung. Das ergebe sich schon aus der Intensität des Eingriffs, der dazu führen könne, daß die Hinterbliebenenrente vollständig entfalle. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Spielraum bereits deshalb überschritten, weil er eine systemwidrige Bestimmung getroffen habe. Die Beziehung zwischen Beitrag und Leistung im Sinne einer Globaläquivalenz sei nicht gewahrt. Zwar werde das Äquivalenzprinzip durch das Prinzip des sozialen Ausgleichs modifiziert, die Anrechnung anderweitigen Einkommens diene aber nicht dem sozialen Ausgleich. Durch die Einkommensanrechnung werde nicht dem sozial Schwächeren eine im Verhältnis zur Beitragsleistung höhere Rente gewährt. Vielmehr werde die Leistung desjenigen gekürzt, der anderweitiges Einkommen beziehe. Die Anrechnung sei nicht mit dem Unterhalts-prinzip zu rechtfertigen, denn dieses sei vom Gesetzgeber nicht konsequent durchgeführt. Der Unterhaltsbedarf werde durch Einkommen jeder Art beeinflußt, während nach den angegriffenen Vorschriften nur Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen angerechnet würden.

(4) Die angegriffene Anrechnungsregelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Beschwerdeführerin werde gegenüber verschiedenen Personengruppen willkürlich schlechter gestellt. So müsse sie sich auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Einkommen anrechnen lassen, während für die beamtenrechtlichen Hinterbliebenenbezüge eine Anrechnungsregelung nicht gelte. Es fehle zudem ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen anrechenbaren und nicht anrechenbaren Einkommensarten. Die Hinterbliebenen innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung seien auch gegenüber den geschiedenen Ehepartnern benachteiligt, denn diese erhielten bei der Scheidung im Wege des Versorgungsausgleichs eine eigenständige Sicherung, während im Falle der Hinterbliebenen deren Sicherung vom Versicherten abgeleitet werde.

Schließlich sei Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Die Neuregelung greife in die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer ein. Die Einkommensanrechnung verlange wirtschaftliche Vorkehrungen zum Ausgleich der eintretenden Nachteile.

2. a) Die Beschwerdeführerin zu 2 a ist 1938 geboren. Sie hat sich als Ärztin niedergelassen. Seit 1964 ist sie Mitglied der Bayerischen Ärzteversorgung und hatte bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von monatlich etwa 3.500 DM aufgebaut. Der 1928 geborene Beschwerdeführer zu 2 b ist in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Er hatte zur selben Zeit eine Rentenanwartschaft von monatlich 1.268,50 DM erworben.

b) Überlebt der Beschwerdeführer seine Ehefrau, so erhält er ungekürzt Witwergeld aus der Bayerischen Ärzteversorgung ausbezahlt (60 vom Hundert der Anwartschaft); sein Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen wird nicht angerechnet. Überlebt ihn die Beschwerdeführerin, so erhält sie Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Auf diese muß sie sich ihre Erwerbseinkünfte oder das Ruhegeld aus der Bayerischen Ärzteversorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anrechnen lassen, wodurch die Witwenrente ganz oder teilweise ruhen wird.

c) Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer zu 2 eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1, Art. 3 und Art. 2 Abs. 1 GG. Der Vortrag entspricht im wesentlichen dem der Beschwerdeführer zu 1.

III.

Zu den Verfassungsbeschwerden haben das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung namens der Bundesregierung, ferner die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung Stellung genommen.

1. Das Bundesministerium hält die angegriffenen Regelungen für mit dem Grundgesetz vereinbar. Mit der Neuordnung der Hinterbliebenenrente in der gesetzlichen Rentenversicherung sei der Gesetzgeber dem Auftrag aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 1975 nachgekommen. Er habe sich dabei für das Anrechnungsmodell mit Freibetrag entschieden. Das HEZG schaffe für Witwen und Witwer gleiche Zugangsvoraussetzungen zur Hinterbliebenenrente. Nunmehr werde das eigene Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen beider Personengruppen auf die Hinterbliebenenrente angerechnet.

a) Die Neuregelung verstoße nicht gegen Art. 14 GG. Es könne offen bleiben, ob die Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente dem Schutz des Art. 14 GG unterstehe und wem sie gegebenenfalls als Eigentum zuzuordnen sei. Die Regelung halte sich jedenfalls in den Grenzen einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung. Sie sei nicht unverhältnismäßig. Der erhöhte soziale Bezug der Leistung und der geringe personale Anteil, den der Versicherte und sein Ehepartner zur Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente beitrügen, ließen dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Das Anrechnungsmodell mit Freibetrag berücksichtige den Unterhaltsersatzcharakter der Hinterbliebenenrente. Der Unterhaltsbedarf des hinterbliebenen Ehegatten entscheide über die Höhe seiner Rente.

Unter Berücksichtigung der Funktion des Eigentums als Element der Sicherung persönlicher Freiheit könne der Schutz des Art. 14 GG nur darin bestehen, mit der Rentenanwartschaft den Lebensstandard zu sichern. Als Folge der Einkommensanrechnung könne die Hinterbliebenenrente zwar vollständig zum Ruhen kommen. Dieser Fall trete jedoch nur ein, wenn das Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen so hoch sei, daß ein Unterhaltsbedarf nicht vorliege. Der Leistungsanspruch werde in keinem Fall völlig entzogen; das Rentenstammrecht bestehe fort. Die Hinterbliebenenrente setze wieder ein, sobald das anrechenbare Einkommen wesentlich absinke. Im Sterbevierteljahr betrage die Hinterbliebenenrente im übrigen hundert Prozent der Versichertenrente.

b) Die angegriffene Regelung berücksichtige auch ausreichend die Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes. Es sei zweifelhaft, ob bei Inkrafttreten der Neuordnung das Vertrauen der Betroffenen noch schutzwürdig gewesen sei, da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die die Neuordnung der Hinterbliebenenrente ausgelöst habe, zehn Jahre vor der Verkündung des Gesetzes ergangen sei. Die Einkommensanrechnung sei jedenfalls durch Freibetrag, Pauschalabzug und Anrechnungsquote schonend ausgestaltet. Dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz werde durch langfristig angelegte Übergangsregelungen Rechnung getragen.

c) Die Anrechnungsregelung mit Freibetrag verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie sei nicht systemwidrig, weil sie sich am Unterhaltsersatzcharakter der Hinterbliebenenrente ausrichte. Die Auswahl der zu berücksichtigenden Einkommen sei sachgerecht erfolgt. Die Beschränkung der Anrechnung auf Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen sei aus Gründen der Systematik und der Verwaltungspraktikabilität geboten. Die Anrechnung erfasse nur die Regelleistungen aus öffentlichrechtlichen Systemen. Ausgeklammert blieben der private Vorsorgesektor und die Zusatzversorgung. Danach sei es gerechtfertigt, auch die Beamtenversorgung in die Anrechnung einzubeziehen. Dem Umstand, daß diese teilweise Zusatzcharakter habe, sei durch einen besonders hohen Pauschalabschlag Rechnung getragen worden.

Art. 3 Abs. 1 GG fordere nicht, daß der Gesetzgeber das Anrechnungsmodell des HEZG in das Beamtenversorgungsrecht übertrage. Die unterschiedliche Versorgungssituation sei eine Konsequenz aus den Unterschieden der beiden Alterssicherungssysteme. Im übrigen kenne das Beamtenversorgungsrecht vergleichbare Ruhens- und Anrechnungsvorschriften. Ebenso beruhe die Anrechnung der Leistungen aus der berufsständischen Versorgung auf sachlichen Gründen. Die berufsständische Versorgungseinrichtung sei als öffentlichrechtlicher Zwangsverband organisiert und im Beitrags- und Leistungsgefüge ähnlich strukturiert wie die gesetzliche Rentenversicherung.

2. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung vertreten die Auffassung, die Verschonung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der betrieblichen Altersversorgung von der Anrechnung beruhe auf sachlichen Erwägungen. Der betrieblichen Altersversorgung komme - wie auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe (BVerfGE 65, 196 <212>) - als zweiter Säule der Alterssicherung ein fester Platz im staatlichen Sozialgefüge zu. Beide Arten von Leistungen würden zum Zwecke der Verbesserung des Lebensstandards im Alter bezahlt, während die nach dem HEZG anrechenbaren Leistungen der Grundsicherung dienten.

B.

Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.

Die Beschwerdeführer zu 1 b und 2 b sind als Versicherte durch die angegriffenen gesetzlichen Bestimmungen in einer eigenen Rechtsposition betroffen. Sie wenden sich gegen die gesetzliche Kürzung der Versorgung ihrer Hinterbliebenen. Falls der Anspruch auf Hinterbliebenenrente bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls verfassungsrechtlich geschützt ist, steht dieser Schutz als Teil der rentenrechtlichen Position (vgl. BVerfGE 58, 81 <109>) den Beschwerdeführern als Versicherten zu. Die zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellten Vorschriften belasten die Beschwerdeführer, weil sie den Anspruch auf Hinterbliebenenrente unter den Vorbehalt der Einkommensanrechnung stellen. Sie wirken sich auch gegenwärtig und unmittelbar aus, weil sie bereits vor dem Versicherungsfall Anlaß zu vorsorgenden Dispositionen geben (vgl. BVerfGE 60, 360 <372>; 65, 1 <37>; 72, 39 <44 f.>; 75, 78 <95>). Die Beschwerdeführer haben schließlich hinreichend dargetan, daß sie durch die Verschlechterung der versicherungsrechtlichen Position in Grundrechten verletzen sein können.

Ob auch die Beschwerdeführerinnen zu 1 a und 2 a hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung bereits eine Rechtsposition innehaben, kann offen bleiben. Sie haben die Möglichkeit einer Verletzung ihrer Grundrechte jedenfalls insoweit ausreichend dargelegt, als sie einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Vorschrift geltend machen, deren Wegfall für sie unmittelbar vorteilhaft wäre (vgl. auch BVerfGE 49, 1 <7 ff.>). Insoweit sind sie - ebenso wie die Versicherten selbst - gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

C.

Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.

I.

Die angegriffenen Anrechnungsregelungen berühren die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Die Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung über die Hinterbliebenenversorgung begründen keine Rechtsposition, die dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterliegt.

1. Zu den von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen können grundsätzlich auch öffentlichrechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören (vgl. BVerfGE 53, 257 <289 f.>). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfGE 53, 257 <290 f.>; 69, 272 <300>). Ob auch die Ansprüche auf Versorgung der Hinterbliebenen dem Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen, hat das Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen (vgl. BVerfGE 55, 114 <131 f.>; 69, 272 <299>).

2. Diese Frage ist zu verneinen. Die Voraussetzungen, unter denen eine sozialversicherungsrechtliche Position Eigentumsschutz genießt, sind nicht erfüllt.

a) Nach der Konzeption des Gesetzgebers ist die Hinterbliebenenversorgung dem Versicherten nicht als Rechtsposition privatnützig zugeordnet. Die Leistung erstarkt gemäß § 41 AVG - ebenso wie nach § 46 Abs. 1 SGB VI - nicht mit Ablauf der Wartezeit und Eintritt des Versicherungsfalls zum Vollrecht. Sie steht vielmehr unter der weiteren Voraussetzung, daß der Versicherte zu diesem Zeitpunkt in gültiger Ehe lebt. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich das versicherte Risiko verwirklicht, bei verheirateten Versicherten deutlich erhöht. Es bleibt aber bei einer bloßen Aussicht auf die Leistung, die mit der Auflösung der Ehe oder dem Vorversterben des Partners entfällt.

b) Die Hinterbliebenenversorgung beruht auch nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung (vgl. BVerfGE 53, 257 <291 f.>; 69, 272 <301 f.>; 92, 365 <405>).

Zwar wurde ursprünglich die Einführung der Hinterbliebenenversorgung in der Arbeiterrentenversicherung durch eine Erhöhung des Reichszuschusses finanziert (vgl. RTDrucks 12/II/Nr. 340 vom 12. März 1910, S. 362). Heute jedoch ist der aus Steuermitteln aufgebrachte Bundeszuschuß nicht auf eine staatliche Mitfinanzierung der Hinterbliebenenversorgung ausgerichtet (vgl. § 213 SGB VI; früher § 116 Abs. 1 AVG). Die Hinterbliebenenrenten werden vielmehr wie alle Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aus den Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber sowie aus dem Bundeszuschuß finanziert. Der auf die Hinterbliebenenrenten entfallende Anteil an den Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung entsprach 1985 ca. 5,1 Prozentpunkten aus einem Beitragssatz zur Rentenversicherung von 18,5 vom Hundert; 1996 lag er nach Angaben des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger bei 4,2 Prozentpunkten aus dem Beitragssatz von 19,2 vom Hundert.

Die Hinterbliebenenrenten beruhen aber nicht auf einer dem einzelnen Versicherten individuell zurechenbaren Leistung, die eine Zuordnung der zugrunde liegenden gesetzlichen Ansprüche zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie rechtfertigen könnte. Es fehlt der hinreichend personale Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente. Das System der gesetzlichen Rentenversicherung ist zwar auch durch das Versicherungsprinzip geprägt und gerechtfertigt. Dieses Prinzip wird aber durch soziale Gesichtspunkte modifiziert. Denn die gesetzliche Rentenversicherung beruht im wesentlichen auf dem Gedanken der Solidarität ihrer Mitglieder sowie des sozialen Ausgleichs und enthält von jeher ein Element sozialer Fürsorge. Auch die Hinterbliebenenrente ist eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung, weil sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird (vgl. BVerfGE 76, 256 <300 f.>).

Während der Versichertenrente Beiträge zugrunde liegen, wird die Hinterbliebenenrente ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt. Der Gedanke des sozialen Ausgleichs wird dadurch betont, daß die Vorsorge für die eigenen Angehörigen bei der individuellen Beitragsbemessung des Versicherten unberücksichtigt bleibt. Vielmehr trägt jeder Versicherte über seinen Beitrag zugleich auch zur Versorgung aller Hinterbliebenen von Versicherten bei. Auch wer keine unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, zahlt gleiche Beiträge (vgl. BVerfGE 48, 346 <357 f.>).

II.

Art. 2 Abs. 1 GG ist - auch in Verbindung mit dem Vertrauensschutzprinzip - nicht verletzt.

1. Die durch die angegriffenen Vorschriften bewirkte Umgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Rechtspositionen zum Nachteil der Beschwerdeführer ist am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG zu messen. Dessen Schutzbereich ist berührt, wenn der Gesetzgeber einerseits durch die Anordnung von Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflichten in einem öffentlichrechtlichen Verband der Sozialversicherung die allgemeine Betätigungsfreiheit des Einzelnen durch Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht unerheblich einengt (vgl. BVerfGE 78, 320 <329>; 89, 365 <376>; 92, 53 <68 f.>), andererseits dem Versicherten gesetzlich zugesagte und beitragsfinanzierte Leistungen dieses Verbandes wesentlich vermindert. So liegt es hier.

2. Allerdings ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nur in den Schranken des Art. 2 Abs. 1 Halbsatz 2 GG gewährleistet. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, auch in das Leistungsgefüge der Sozialversicherung ordnend einzugreifen. Art. 2 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn die Eingriffsnormen formell und materiell verfassungsgemäß sind, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 65, 1, <44>; 75, 108 <154 f.>) und den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzprinzips (vgl. BVerfGE 40, 65 <75 f.>; 78, 214 <229>) entsprechen. Dies ist hier der Fall.

a) Die angegriffenen Vorschriften dienen der Umsetzung des Regelungsauftrags, den das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 12. März 1975 dem Gesetzgeber erteilt hat (vgl. BVerfGE 39, 169 <194 f.>). Das Recht der Hinterbliebenenrente sollte in der Weise neu geordnet werden, daß es dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau besser Rechnung trägt als die bisherige Rechtslage (vgl. BTDrucks 10/2677, S. 22 f.). Der Gesetzgeber hat mit der von ihm gewählten Anrechnungsregelung das Ziel verfolgt, die erforderliche Neuordnung ohne zusätzliche Kosten für die Versichertengemeinschaft zu erreichen. Dieses Ziel trägt einem wichtigen öffentlichen Interesse Rechnung, indem es zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung beiträgt (vgl. BVerfGE 53, 257 <293 f.>; 58, 81 <110>; 74, 203 <214>; 75, 78 <98>).

b) Mit der Berücksichtigung eigenen Einkommens des Hinterbliebenen bei der Bemessung der Hinterbliebenenrenten hat der Gesetzgeber einen sachgerechten Anknüpfungspunkt gewählt.

Die Hinterbliebenenrente ersetzt in der Person der Berechtigten nicht früheres eigenes Einkommen, sondern den Unterhalt, den der verstorbene Versicherte vordem aus seinem Einkommen geleistet hat. Sie hat Unterhaltsersatzfunktion (vgl. BVerfGE 17, 1 <10>; 39, 169 <186 f.>; 48, 346 <359>; 66, 66 <76>; 75, 78 <107>). Bei der Witwerrente war das besonders deutlich. Sie stand bis zur Neuregelung unter dem Vorbehalt der Unterhaltsgewährung durch die versicherte Ehefrau. Entsprechendes galt zunächst auch für die Witwenrente aus der Arbeiterrentenversicherung. Als auf diese Anknüpfung ab 1957 vollständig verzichtet wurde, ging der Gesetzgeber typisierend von der Unterhaltsgewährung an die Ehefrau des Versicherten aus (vgl. BVerfGE 17, 1 <22>; 48, 346 <359>). Der Unterhaltsersatzfunktion der Hinterbliebenenrente entspricht es auch, daß der Anspruch durch das Eingehen einer neuen Ehe entfällt.

c) Die Regelung ist auch erforderlich. Der Gesetzgeber hat unterschiedliche Modelle und ihre Auswirkungen auf die individuellen Ansprüche der Versicherten und der Versicherungsträger geprüft (vgl. Vorschläge zur sozialen Sicherung der Frau und der Hinterbliebenen, Gutachten der Sachverständigenkommission vom 21. Mai 1979, veröffentlicht durch die Bundesregierung, 1979). Einschneidende Einwirkungen auf die Rechtspositionen der Beteiligten und die Haushalte der Versicherungsträger waren unvermeidlich (vgl. etwa zur Teilhaberente: BTDrucks 10/2677, S. 22 ff.). Es ist nicht ersichtlich, daß dem Gesetzgeber insgesamt weniger einschränkende Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um sein Ziel zu erreichen.

d) Die Regelung belastet die Beschwerdeführer nicht unzumutbar. Sie steht in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck.

Die Beschwerdeführer können sich bei der in diesem Zusammenhang gebotenen Abwägung auf ihr Interesse daran berufen, daß die jeweiligen Ehefrauen mit einer Witwenrente in Höhe von 60 vom Hundert der Versichertenrente ohne Anrechnung von Einkommen versorgt bleiben. Durch die Neuregelung wird die Aussicht der Beschwerdeführer auf Versorgung ihrer jetzigen Ehefrauen allerdings weitgehend entwertet. Angesichts der Einkommensverhältnisse der beschwerdeführenden Ehefrauen werden die Witwenrenten vollständig zum Ruhen kommen (sogenannter Nullfall), weil sie mit einem den Freibetrag übersteigenden Einkommen der Hinterbliebenen zusammentreffen.

Aber schon diese auf den Jetztzeitpunkt verengte Betrachtung wird dem - auch nach der Neuregelung - verbliebenen Umfang der Hinterbliebenenversorgung nicht gerecht. Denn die Versicherten können auch noch eine spätere Ehefrau (nach dem Tod der ersten oder nach Scheidung) absichern. Die Kürzung der Witwenrente infolge der Anrechnung von Einkommen bezieht sich nicht auf die jeweiligen Ehejahre, in denen tatsächlich kein Unterhalt geschuldet war, sondern wirkt sich erst im Todesfall entsprechend dem dann aktuellen Bedarf der jeweiligen Hinterbliebenen aus. Die Versorgung setzt auch keine bestimmte Ehedauer voraus.

Außerdem haben die mit der Regelung verfolgten öffentlichen Belange, die eine Stütze in Art. 3 Abs. 2 GG finden, ein Gewicht, das den Betroffenen die Anrechnung eines Teils ihres Einkommens auf die Hinterbliebenenrente zumutbar erscheinen läßt. Im übrigen ist in den hier zu entscheidenden Fällen die freiheitssichernde Funktion der sozialversicherungsrechtlichen Leistungen herabgesetzt. Der erwerbstätige Partner ist schon zu Lebzeiten des Versicherten von dessen Unterhaltsleistungen weitgehend unabhängig. Sein Lebensstandard bleibt im Umfang von mindestens 60 vom Hundert der Versichertenrente gewährleistet (vgl. BTDrucks 10/2677, S. 25).

3. Der Gesetzgeber hat Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht dadurch verletzt, daß er in den Anwendungsbereich der Anrechnungsregelung solche Personen wie die Beschwerdeführer einbezog, deren Familienangehörige im Zeitpunkt des Inkrafttretens des HEZG für den Fall des Todes des Versicherten nach der bis dahin geltenden Gesetzeslage mit einer nicht durch die Anrechnung des eigenen Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommens gekürzten Witwenrente rechnen durften. Zwar hat der Gesetzgeber damit auf eine gesetzliche Leistung mit Wirkung für die Zukunft zum Nachteil der Betroffenen eingewirkt. Jedoch sind Regelungen, die eine solche unechte Rückwirkung herbeiführen, verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfGE 30, 392 <402 f.>; stRspr). Die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen nicht die Veränderungsgründe des Gesetzgebers.

a) Der Gesetzgeber war durch Art. 3 Abs. 2 GG gehalten, im Rahmen der zeitlichen Vorgaben durch das Bundesverfassungsgericht Witwenrente und Witwerrente in einer dem Gleichberechtigungsgrundsatz entsprechenden Weise einander anzupassen. Dazu gehört, daß die von ihm gewählte Regelung grundsätzlich auf alle nach ihrem Inkrafttreten eintretenden Versicherungsfälle anwendbar ist. Dabei war eine gleichzeitige Anwendung der - im Verhältnis zu der vordem bestehenden Rechtslage - begünstigenden Regelung für Witwer und der belastenden Regelung für Witwen schon mit Rücksicht auf die Finanzlage der Sozialversicherung (vgl. BVerfGE 69, 272 <309 f.> erforderlich. Nur auf diese Weise waren Leistungseinsparungen bei der Gewährung von Witwenrente zu erzielen, die der Finanzierung der nunmehr "unbedingt" gewährten Witwerrente zugute kommen konnten.

b) Die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung ergibt, daß der Gesetzgeber die Grenzen, die seiner Gestaltungsfreiheit durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gezogen sind, durch die Anrechnungsvorschriften des HEZG nicht überschritten hat. Zwar ist das Interesse der Beschwerdeführer am Fortbestand eines über lange Zeit bestehenden Rechtszustandes grundsätzlich hoch einzuschätzen. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung führt erst langfristig zu Versicherungsleistungen. Daher wird in diesem Bereich besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungen begründet (vgl. BVerfGE 69, 272 <309>; 76, 256 <348>). Andererseits ist gerade in der Rentenversicherung von vornherein die Möglichkeit zur Anpassung an geänderte Verhältnisse angelegt (BVerfGE 58, 81 <110>; 70, 101 <111>). Im vorliegenden Fall erfolgte die Neuordnung der Rechtsverhältnisse sogar in Erfüllung eines Verfassungsauftrags aus Art. 3 Abs. 2 GG.

Zudem war die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall aus besonderen Gründen vermindert. Zwar ist das Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts in der Regel geschützt, bis der Gesetzgeber ein Änderungsgesetz beschließt (vgl. BVerfGE 31, 222 <227>; stRspr). Ein solcher Regelfall liegt aber nicht vor. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 12. März 1975 entschieden hatte, daß das Recht der Hinterbliebenenrente neu zu regeln ist, konnten die Beschwerdeführer nicht mehr auf den Fortbestand der Rechtslage vertrauen. Sie mußten mit einer rechtlichen Umgestaltung der Hinterbliebenenversorgung rechnen.

Im übrigen hat der Gesetzgeber dem Vertrauensschutzinteresse der Versicherten durch langfristig angelegte Übergangsregelungen genügt. Die Bestandsrenten blieben von Eingriffen verschont. Die nach dem 31. Dezember 1985 eintretenden Versicherungsfälle wurden durch die Übergangsregelungen schonend in das neue Recht überführt. Vor allem wurde den älteren Versicherten, die sich erst nach ihrem 40. Lebensjahr auf die sich ab 1975 abzeichnenden Veränderungen einstellen konnten, eine Option zugunsten des alten Rechts eingeräumt (Art. 2 § 17 a AnVNG). Wer das alte Recht nicht wählte, hatte zumindest den Vorteil, daß sich bei Versicherungsfällen zwischen 1986 und 1995 der Anrechnungssatz erst allmählich von 10 vom Hundert auf 40 vom Hundert steigerte (Art. 2 § 22 b AnVNG).

III.

Die Beschwerdeführer werden durch die angegriffenen Vorschriften auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

1. Aus dem allgemeinen Gleichheitsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Da nach dieser Vorschrift in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindert werden soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann, was insbesondere im Hinblick auf die Zwangsmitgliedschaft von Versicherten, deren allgemeine Handlungsfreiheit hierdurch eingeschränkt wird, von Bedeutung ist. Außerhalb des so umschriebenen Bereichs läßt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber jedoch weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte je nach dem Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln. Die Grenze bildet insoweit allein das Willkürverbot (vgl. BVerfGE 92, 53 <68 f.> m.w.N.).

2. a) Danach war der Gesetzgeber nicht gehindert, die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf anrechenbares Einkommen abweichend von anderen Rentenleistungen zu regeln. Insoweit handelt es sich nicht einmal um eine Systemwidrigkeit, die einen Gleichheitsverstoß indizieren könnte (vgl. BVerfGE 81, 156 <207>); stRspr). Denn die Hinterbliebenenrenten unterscheiden sich von den Versichertenrenten auch systematisch, weil sie nicht dem Lohnersatz, sondern dem Unterhaltsersatz dienen. Deshalb gab es für das Zusammentreffen von Hinterbliebenenrenten und eigenen Renten immer schon spezielle Ruhensvorschriften (vgl. § 1280 RVO a.F. = § 57 AVG a.F.). Auch bei den verlängerten Waisenrenten war stets Voraussetzung, daß die Kinder nicht imstande waren, sich selbst zu unterhalten. Später führten auch bei ihnen Einkünfte zur Minderung oder zum Wegfall des Anspruchs (§ 1267 RVO = § 44 AVG). Der Hinterbliebenenrenten ist somit die Berücksichtigung einer typisierten Bedarfslage oder die genauere Festlegung eines individuellen Bedars unter Berücksichtigung des jeweiligen Einkommens eigen.

b) Damit ist zugleich die unterschiedliche Behandlung der Hinterbliebenen mit eigenem oder ohne eigenes Einkommen gerechtfertigt. Bezieht der Witwer oder die Witwe ein den Freibetrag übersteigendes Einkommen, sinkt oder entfällt der am bisherigen Lebensstandard ausgerichtete Bedarf an wirtschaftlicher Sicherung. Ohne eine an diesem Bedarf ausgerichtete Begrenzung der Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung als Ausgleich für den verbesserten Rentenzugang der Witwer wäre andererseits das Ziel der weitgehenden Kostenneutralität der Neuregelung nicht erreicht worden. Auch das im System der Sozialversicherung angelegte Prinzip des sozialen Ausgleichs rechtfertigt die Anrechnungsregelung, die einen kleinen Teil aller Hinterbliebenenrenten voll zum Ruhen bringt, um den sozial Schwächeren eine relativ höhere Sicherung zukommen zu lassen.

Der Umfang der Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatz-einkommen auf die Hinterbliebenenrente gemäß § 18 b Abs. 5 SGB IV bedarf allerdings der Überprüfung durch den Gesetzgeber.

Ausgangspunkt der Berechnung ist das monatliche Bruttoeinkommen des Berechtigten (vgl. § 18 b Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Zur Vermeidung einer unangemessenen Anrechnung, ist es erforderlich, die hierauf entfallenden Steuern und Beiträge für soziale Sicherheit abzuziehen. Dabei hat sich der Gesetzgeber gegen die Berücksichtigung der individuellen Abgabenlast entschieden (vgl. BTDrucks 10/2677 S. 46). Das verfügbare Einkommen wird vielmehr über einen Pauschalabzug ermittelt, der bei Pflichtversicherten 35 vom Hundert des Erwerbseinkommens beträgt (§ 18 b Abs. 5 Nr. 1 SGB IV). Dieses Verfahren ist nicht zu beanstanden. Es dient der Verwaltungsvereinfachung und ermöglicht eine zügige Feststellung der Höhe des Anrechnungsbetrags. Bei der Berechnung kann an die durchschnittliche Steuer- und Beitragslast angeknüpft werden, solange die Grenzen zulässiger Typisierung nicht überschritten sind (vgl. BVerfGE 90, 226 <237 f.>).

Diese Grenzen waren nicht überschritten, als der Gesetzgeber die Vorschrift erließ. Bei der Festlegung des Pauschalabzugs wurde die durchschnittliche Steuerlast auf die Erwerbseinkommen mit 17 vom Hundert sowie der Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen mit 17,55 vom Hundert (Stand 1985) berücksichtigt; der so gefundene Wert wurde auf 35 vom Hundert aufgerundet (BTDrucks 10/2677, S. 46). Entsprechend wurden die Pauschalabzüge für die anderen Einkommensarten ermittelt.

Knüpft eine Pauschalierung im grundrechtserheblichen Bereich an statistisch ermittelte Daten an, so muß der Gesetzgeber die weitere Entwicklung beobachten, um wesentlichen Veränderungen rechtzeitig Rechnung tragen zu können. Im vorliegenden Fall haben sich die Grundlagen für die Festsetzung des Pauschalabzugs inzwischen geändert. Der Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen ist auf durchschnittlich 21 vom Hundert (Stand 1997) gestiegen; er liegt damit um fast 3,5 vom Hundert über dem Wert von 1985. Die durchschnittliche steuerliche Belastung der Erwerbseinkommen war schon 1992 auf 17,9 vom Hundert angewachsen (vgl. Statistisches Bundesamt <Hrsg.>, Datenreport 1997, Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland, S. 241). Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Einkommen aus sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit, sondern auch die anderen Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen.

Der Pauschalabzug gemäß § 18 b Abs. 5 SGB IV entspricht damit nicht mehr der gesetzgeberischen Vorgabe einer Kürzung des Einkommens um die durchschnittliche Abgabenlast. Wegen des in §§ 58 Abs. 1 AVG, 1281 Abs. 1 RVO und 97 Abs. 2 SGB VI gewährten Freibetrags wirkt sich der zu geringe Pauschalabzug zwar nicht unmittelbar auf den durch die Hinterbliebenenrente gewährleisteten Lebensstandard aus. Die rechnerische Auswirkung ist aber andererseits auch nicht so geringfügig, daß sie vernachlässigt werden kann. Für den Gesetzgeber besteht daher Anlaß, die Höhe des Pauschalabzugs für die Zukunft zu überprüfen und an die tatsächliche Entwicklung anzupassen. Eine Verfassungswidrigerklärung der Regelung im gegenwärtigen Zeitpunkt folgt daraus jedoch nicht.

3. Die in § 18 a SGB IV getroffene Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen verletzt den Gleichheitssatz nicht. Die Abgrenzung erfolgt nach sachgerechten Kriterien (vgl. BVerfGE 87, 1 <36>; 94, 241 <260>).

a) Der Gesetzgeber hat die für die Anrechnung von Einkommen maßgebenden Merkmale in § 18 a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB IV bestimmt. Danach wird das Einkommen erfaßt, das der Hinterbliebene aus dem Einsatz seiner Arbeitskraft erzielt. Als Erwerbsersatzeinkommen sind gemäß § 18 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 SGB IV die Lohnersatzleistungen aus öffentlichrechtlichen Systemen anzurechnen. Dagegen werden Leistungen der Zusatzversorgung sowie Leistungen aus privatrechtlichen Systemen einschließlich der betrieblichen Altersversorgung von der Anrechnung verschont (vgl. BTDrucks 10/2677, S. 43).

b) Diese Unterscheidung begegnet im Ergebnis keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, nach der am Prinzip des Unterhaltsersatzes orientierten Grundentscheidung für die Einkommensanrechnung die Kriterien für die Auswahl der zu berücksichtigenden Einkommen enger zu fassen, sofern dies nur sachgerecht geschieht. Die Anrechnungsregelung betrifft allein die Leistungen der ersten Säule der Alterssicherung, während die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, und die dritte Säule der Alterssicherung, die private Vorsorge, unangetastet bleiben (vgl. zum Drei-Säulen-Konzept: BVerfGE 65, 196 <212>).

c) Es war auch verfassungsrechtlich nicht geboten, Einkünfte aus Vermögen, wie Mieteinnahmen oder Zinseinkünfte, auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen. Der Gesetzgeber konnte ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG die Berücksichtigung solcher Einkünfte mit der Begründung ablehnen, das System der gesetzlichen Rentenversicherung sei auf die Sicherung des Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommens begrenzt. An diesem Sicherungsziel sind sowohl die Beiträge als auch die Leistungen ausgerichtet.

Allerdings bestimmen zunehmend auch Einnahmen aus dem Vermögen den individuellen Bedarf an sozialer Sicherung. Nach den vorliegenden Schätzungen wird in den nächsten Jahren der Teil der Bevölkerung zunehmen, der seinen Lebensunterhalt nicht überwiegend aus dem Arbeitseinkommen, sondern aus dem Vermögen bestreitet. Grundlage dieser Einschätzung ist die allgemeine Erwartung, daß infolge von Schenkungen und Erbfällen Vermögenswerte in Höhe von mehr als 200 Mrd. DM jährlich übergehen werden (vgl. etwa Felix, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 1996, S. 410 <412> mit Nachweis). Der Gesetzgeber hat mit Rücksicht auf seine Bindung an den Gleichheitssatz diese Entwicklung zu beobachten, um auf wesentliche Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können. Sollte sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes das Vermögen verstärkt zur Grundlage der Sicherung des Lebensbedarfs entwickeln und in dieser Funktion das Arbeitseinkommen zurückdrängen, so wäre die Frage der Belastungsgleichheit zwischen den Beziehern von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen einerseits und den Beziehern von Einkommen aus Vermögen andererseits neu zu prüfen und gegebenenfalls anders zu beantworten, als dies das geltende Recht tut.

4. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, die Anrechnung von Einkommen auf Versorgungsleistungen für die Alterssicherungssysteme "gesetzliche Rentenversicherung" und "Beamtenversorgung" in gleicher Weise zu regeln.

Abgesehen vom Ziel der angemessenen Sicherung des Lebensstandards im Alter bestehen zwischen beiden Systemen Unterschiede von solchem Gewicht, daß sie verschiedene Regelungen zur Anrechnung von Einkommen in beiden Rechtsgebieten rechtfertigen. Die Beamtenversorgung geht vom Prinzip der amtsangemessenen Alimentation aus. Sie wird aus Steuern finanziert und vom Dienstherrn geleistet. Verfassungsrechtlich ist sie in Art. 33 Abs. 5 GG verankert (vgl. BVerfGE 76, 256 <298 f.>). Dagegen ist die gesetzliche Rentenversicherung eine Zwangsversicherung, die von öffentlichrechtlichen Körperschaften durchgeführt wird. Ihre Ansprüche werden durch die Beiträge der Versicherten gedeckt und sind vom Gedanken des sozialen Ausgleichs geprägt (vgl. BVerfGE 76, 256 <304 f.>). Im übrigen bleiben auch Ansprüche aus der Beamtenversorgung nicht von einer Anrechnung anderer Leistungen verschont (vgl. § 53 a bis § 55 BeamtVG). Diese unterliegt jedoch anderen Voraussetzungen als die Anrechnung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Derartige Unterschiede bleiben innerhalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.

5. Auch innerhalb der Personengruppen, die eine Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen hinzunehmen haben, hat der Gesetzgeber sachgerecht differenziert. Die Pauschalabzüge berücksichtigen einerseits die Steuer- und Beitragslast, nehmen aber bei der Beamtenversorgung auch Rücksicht darauf, daß diese für sich allein in einer Höhe gewährt wird, die die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes erst mit Hilfe ihrer Zusatzversorgung erreichen. Dem wurde durch den erhöhten Pauschalabzug von 37,5 vom Hundert bei Ruhestandsbezügen (§ 18 b Abs. 5 Nr. 3 SGB IV) gegenüber 27,5 vom Hundert bei den Bezügen aktiver Beamten (§ 18 b Abs. 5 Nr. 1 SGB IV) Rechnung getragen (vgl. BTDrucks 10/2677, S. 26 und 46). Eine solche Pauschalierung kann der Gesetzgeber vornehmen. Die damit in Ausnahmefällen verbundenen, nicht vermeidbaren Härten sind hinzunehmen (BVerfGE 84, 348 <359 f.>; 87, 234 <255 f.>; stRspr). Dafür, daß die Erhöhung des Pauschalabzugs um 10 Prozentpunkte typischerweise der Funktion als Zusatzversorgung nicht gerecht würde, ist im Verfahren nichts hervorgetreten. Sofern in Zukunft die Entwicklung, die der Gesetzgeber zu beobachten hat, eine Anpassung der Pauschalabzüge gebieten sollte, wird dies nicht ohne Auswirkung auf die entsprechende Festsetzung des Pauschalabzugs für Ruhestandsbezüge bleiben können.

6. Die Einbeziehung der Leistungen der berufsständischen Versorgungswerke in die Anrechnungsregelung (vgl. § 18 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 7 SGB IV) läßt Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung nicht sachwidrig außer acht (vgl. BVerfGE 94, 241 <260>).

a) Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers werden den Hinterbliebenen Leistungen angerechnet, die von öffentlichrechtlichen Regel- oder Sondersystemen der Alterssicherung erbracht werden. Dagegen kommen Leistungen aus privatrechtlichen Versorgungssystemen und solche aus Einrichtungen der Zusatzversorgung auf die Hinterbliebenenrente nicht zur Anrechnung (vgl. BTDrucks 10/2677 S. 25 f.). Auf der Grundlage dieser Unterscheidung wurden Leistungen aus der berufsständischen Versorgung in den Katalog der anrechenbaren Erwerbsersatzeinkommen (vgl. § 18 a Abs. 3 Nr. 7 SGB IV) einbezogen. Dies ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die berufsständische Versorgung läßt sich nicht dem privaten Vorsorgesektor zurechnen, sondern ist der gesetzlichen Rentenversicherung in ihren Rechtsgrundlagen und Strukturen vergleichbar. Zwar ist die Alterssicherung in öffentlichrechtlichen Systemen in der Zielsetzung mit der privaten Vorsorge vergleichbar. Die berufsständische Versorgung ist jedoch ein öffentlichrechtlich organisierter Teil der sozialen Sicherung, der für abhängig Beschäftigte die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ermöglicht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Ihr ist die öffentliche Aufgabe einer übergreifenden Altersversorgung für bestimmte Berufsgruppen übertragen (vgl. BVerfGE 10, 354 <368 f.>). Falls dieser Zweig der öffentlichrechtlichen Versorgung daneben eine spezifisch berufsständische Aufgabe erfüllen sollte, tritt dieser Aspekt jedenfalls gegenüber der Versorgungsaufgabe zurück.

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht darin, daß Leistungen aus der berufsständischen Versorgung auf die Hinterbliebenenrente nach dem HEZG angerechnet werden, während bei den Leistungen der berufsständischen Versorgung an Hinterbliebene nach den für deren Einrichtungen geltenden Vorschriften Einkommen nicht berücksichtigt wird. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Wechselbezüglichkeit der Anrechnung nicht. Eine an sachgerechten Kriterien ausgerichtete Regelung der gesetzlichen Rentenversicherung muß trotz grundsätzlicher Eignung nicht auf andere Rechtsgebiete übertragen werden, damit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügt ist. Die für die Rechtssetzung jeweils zuständigen Organe können ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auf den verschiedenen Gebieten der sozialen Sicherung von Hinterbliebenen unterschiedliche Konzepte verwirklichen, sofern sie nur in sich sachgerecht sind.

7. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet schließlich auch keine Angleichung der Sicherung von Hinterbliebenen an die Sicherung geschiedener Ehepartner in der Form des Versorgungsausgleichs. Der Gesetzgeber hat den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung darüber, wie er die rentenrechtlichen Folgen der Scheidung und des Todes des Versicherten ausgestaltet, nicht überschritten. Die Ausgestaltung der Hinterbliebenenrente als abgeleitete Sicherung liegt sachlich darin begründet, daß es beim Tod des Versicherten anders als bei der Scheidung keinen Bedarf für einen rentenrechtlichen Ausgleich zwischen den Ehepartnern gibt. Art. 3 Abs. 1 GG schränkt andererseits die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nicht auf die vom HEZG für das Hinterbliebenenrecht gewählte Lösung ein. Er hätte statt der von ihm getroffenen Regelung auch andere Konzepte verfolgen können (vgl. etwa BVerfGE 87, 1 <41>).

Ende der Entscheidung

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