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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 29.05.2006
Aktenzeichen: 12 U 186/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GVG


Vorschriften:

ZPO § 265 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 322 Abs. 1
BGB § 242
BGB §§ 1018 ff.
GVG § 17a
Rechtspositionen, die aus einem Rezess herrühren, sind öffentlich-rechtlicher Natur. Die Aufhebung eines so begründeten Wegerechts, das ähnlich wie ein Notwegerecht aufgrund einer Baulast wirkt, kann nur durch Hoheitsakt erfolgen. Es gibt diesbezüglich keinen zivilrechtlichen Anspruch des Eigentümers eines dienenden Grundstücks gegen den Eigentümer eines herrschenden Grundstücks auf Erklärung des Verzichts aus die öffentlich-rechtlich begründeten Notwegerechte.

Eine Grunddienstbarkeit kann erlöschen, wenn der Vorteil für das herrschende Grundstück infolge grundlegender Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse oder der rechtlichen Grundlage objektiv oder endgültig weggefallen ist. Ein verbliebener Vorteil kann für das herrschende Grundstück aber schon darin bestehen, dass die Grunddienstbarkeit für seinen Eigentümer Annehmlichkeiten begründet oder ästhetische Interessen wahrt.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 186/05

Verkündet am 29.05.2006,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Anspruchs auf Erklärung des Verzichts auf eine öffentlich-rechtlich begründete Dienstbarkeit.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 25. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Kläger gegen den Beklagten auf Erklärung des Verzichts auf Dienstbarkeiten, die aufgrund eines Rezesses im Rahmen eines Umlegungsverfahrens im Jahre 1937 entstanden waren.

Die Kläger sind Eigentümer der Parzellen 60, 61 und 63 in der Flur 18 in W.... Das Hausgrundstück der Parzelle 60 grenzt an die H...strasse. Daran schließen sich in nordöstlicher Richtung die Parzelle 61 und danach die Parzelle 63 an. Der Beklagte war bis zum April 2004 Eigentümer der Parzelle 58/2, die nördlich der klägerischen Flurstücke belegen ist und früher keine direkte Verbindung mit der H...strasse aufwies, aber seit einem späteren Umlegungsverfahren im Jahre 1978 an das von der H...strasse abzweigende Strassengrundstück 149 grenzt. Auf dem Flurstück 58/2 steht ein Wohnhaus, dessen Vorderfront nach Süden in Richtung der klägerischen Parzellen und der H...strasse ausgerichtet ist. Außerdem befinden sich dort ein früher als Pension genutztes Gebäude sowie Wirtschaftsgebäude. Die Pension wird seit Jahren nicht mehr betrieben. Wasserleitungen und Abflussrohre vom früheren Haus des Beklagten zur H...strasse führen über das frühere Grundstück des Beklagten.

Im Jahre 1935 kam es zu einem Rezess über die Umlegung der Grundstücke im Gemeindebezirk W.... Dabei wurde das Flurstück 60 mit einem "Dienstbarkeitsweg" zugunsten des Grundstücks des Rechtsvorgängers des Beklagten belastet. Für das Flurstück 61 wurde ein Bebauungsverbot aufgestellt; diese letztere Belastung wurde im Grundbuch von W... Band 39 Blatt 1445 Abt. II Nr. 2 eingetragen. Die Kläger begehren den Verzicht des Beklagten auf die beiden Dienstbarkeiten aus dem Rezess.

Das Hausgrundstück 58/2 wurde vom Beklagten nach Rechtshängigkeit der vorliegenden Sache an die Eheleute S... veräußert, die nun als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen sind.

Die Kläger haben vorgetragen, im Hinblick auf das Strassengrundstück 149 bestehe kein Bedarf mehr für ein Wegerecht des Beklagten über ihr Grundstück; insoweit habe sich die Lage gegenüber der Situation zur Zeit des Rezesses aufgrund des Umlegungsverfahrens im Jahre 1978 geändert. Sie könnten ihr dienendes Grundstück nicht nach Belieben nutzen, weil der Beklagte die Wegebenutzung reklamiere. So könnten sie weder ihr Grundstück einzäunen, noch ein Fahrzeug oder Gartenmöbel dort abstellen. Der Beklagte habe hingegen sein früheres Wohnhaus auch seitlich von dem Strassengrundstück 149 her betreten können. Eine Verlegung der Wasserleitungen sei mit verhältnismäßig geringem Aufwand möglich. Auch vor dem Hintergrund zahlreicher Streitigkeiten um die Wegebenutzung sei ihnen deren weitere Duldung nicht mehr zuzumuten. Nachdem sich keine für ihr Anliegen zuständige Behörde gefunden habe, sei auf die Zivilgerichte zurückzugreifen. Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, auf die Dienstbarkeiten aus dem Rezess in Form des Dienstbarkeitswegerechtes und des Bebauungsverbots zu verzichten.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben bestritten, dass eine grundlegende Änderung der Situation gegenüber derjenigen zur Zeit des Rezesses eingetreten sei. Der Bedarf für die Wegenutzung und das Leitungsrecht beziehungsweise das Bebauungsverbot sei nicht entfallen. Der Aufwand der Verlegung der Wasserleitungen sei ihm nicht zuzumuten. Der Fortbestand der Dienstbarkeiten sei schließlich in dem Verfahren 12 S 200/97 des Landgerichts Koblenz zu seinen Gunsten entschieden worden.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer vom 25. Januar 2005 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Grundstücksveräußerung nach Rechtshängigkeit sei gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO unerheblich. In der Sache sei davon auszugehen, dass der Rezess die Wirkung eines Vertrages und einer gerichtlichen Urkunde habe. Die hierdurch geschaffenen Dienstbarkeiten seien auch ohne Grundbucheintragung wirksam und nach §§ 1018 ff. BGB zu beurteilen. Der Vorteil für das begünstigte Grundstück sei nicht endgültig entfallen. Es sei nur ein Anspruch auf Verzicht auf die Dienstbarkeiten nach § 242 BGB zu prüfen, der aber nur dann eingreife, wenn es dem Eigentümer des belasteten Grundstücks nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar sei, daran festgehalten zu werden. Dazu müssten sich die tatsächlichen Verhältnisse so verändert haben, dass die Nachteile für das dienende Grundstück außer Verhältnis zu den Vorteilen für das herrschende Grundstück stünden. Das sei hier nicht der Fall. Aus Lichtbildern und aus den Feststellungen in Urteilen zu den Vorprozessen ergebe sich, dass der seitliche Zugang zu dem Wohnhaus auf der Parzelle 58/2 dem Eingang auf der Vorderseite nicht gleichwertig sei. Die Erschließung des Hauses sei über die Vorderfront vorgesehen, die den Grundstücken der Kläger zugewandt sei. Zudem schließe das Dienstbarkeitswegerecht auch ein Recht zum Befahren ein; eine vergleichbare Zufahrt sei über das Strassengrundstück 149 nicht gewährleistet. Die Belastungen für das Grundstück der Kläger seien durch Vergleich in dem Verfahren 10 O 538/00 des Landgerichts Koblenz begrenzt worden, so dass die weiteren Bedenken der Kläger gegen die Zumutbarkeit der Duldung der Wegenutzung nicht durchgreifend seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger. Sie bemängeln, dass das Landgericht keine Ortsbesichtigung durchgeführt habe. Deshalb habe es die tatsächlichen Verhältnisse nicht richtig gewichtet. Die Wasserleitungen seien nur provisorisch verlegt worden und könnten mit geringem Aufwand anderweitig angebracht werden. Die Frontausrichtung des Hauses auf der Parzelle 58/2 sei kein durchgreifender Grund zur Annahme, dass nur von dort aus eine wegemäßige Anbindung an eine öffentliche Strasse zu erfolgen habe.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und meint, die Kläger vermischten öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Institute. Entstehung und Bestand der Rechte aus dem Rezess unterlägen dem öffentlichen Recht. Daher könne auch nur eine Behörde den Rezess durch Hoheitsakt aufheben. Das Zivilgericht dürfe nicht in die öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingreifen. Zudem sei der Bedarf für die Dienstbarkeiten nicht entfallen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Für die Prüfung der Frage, ob mit Blick auf die öffentlich-rechtliche Natur des Rezesses im Umlegungsverfahren als Grundlage der Begründung der Dienstbarkeiten der Rechtsweg zu den Zivil- oder Verwaltungsgerichten eröffnet ist, bleibt gemäß § 17a GVG hier kein Raum (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1993, 571, 572).

2. Der Prüfung der Beendigung der öffentlich-rechtlich begründeten Dienstbarkeiten nach zivilrechtlichen Maßstäben ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Allerdings hat das Landgericht im Vorprozess durch Urteil vom 8. Oktober 1998 - 14 S 200/97 - der Störungsunterlassungsklage des Beklagten gegen Gisela Metzen mit einer Einschränkung für die Wegebenutzung durch Pensionsgäste stattgegeben und dabei ausgeführt, das Wegerecht sei durch Hoheitsakt begründet worden. Eine Aufhebung oder ein Wegfall dieses Rechts könne nur durch Entscheidung der zuständigen Behörde erfolgen. Damit ist die hier zu entscheidende Frage aber nicht bindend entschieden. Die Rechtskraft jenes Urteils bezieht sich gemäß § 322 Abs. 1 ZPO nur auf den erhobenen Anspruch. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom Streitgegenstand (vgl. BGHZ 34, 337, 339; 36, 365, 367; 117, 1, 5) wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht; vielmehr ist Gegenstand des Rechtsstreits der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Die damals erhobene Störungsunterlassungsklage und die nunmehr zu beurteilende Klage auf Verzicht auf die Dienstbarkeiten sind nicht identisch.

3. In der Sache trifft die - nach dem oben Gesagten nur mangels Rechtskraftwirkung nicht bindende - Ansicht des Landgerichts Koblenz in dem Urteil vom 8. Oktober 1998 - 14 S 200/97 - aber zu, dass eine Aufhebung des öffentlich-rechtlich begründeten Wegerechts hier nur durch einen weiteren Hoheitsakt in Betracht komme. Die Kläger haben daher gegen den Beklagten keinen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erklärung des Verzichts auf die dienstbarkeitsähnlichen Rechte. Diese Rechtspositionen können nach ihrer Entstehung durch Hoheitsakt zugunsten des jeweiligen Eigentümers des herrschenden Grundstücks nicht durch die Erklärung des Verzichts des Eigentümers zum Erlöschen gebracht werden; denn dies würde dem öffentlich-rechtlichen Entstehungsgrund zuwider laufen.

Eine Dienstbarkeit kann im Umlegungsverfahren durch Verwaltungsakt begründet werden; das gilt gleichermaßen nach heutigem und dem früheren, auf dem preußischen AGBGB vom 20. September 1899 sowie der preußischen Umlegungsordnung vom 21. September 1920 (GS 1920, 453) und vom 3. Dezember 1935 (GS 1935, 143) beruhenden und nach Art. 113, 128 EGBGB unberührt bleibenden Recht (vgl. LG Köln Urt. vom 19. März 2004 - 18 O 281/02). Entstehung und Erlöschen der Rechte aus dem Rezess sind dann öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. RGZ 79, 46, 51) und deshalb einer rein materiell-zivilrechtlichen Bewertung entzogen. Dies folgt, soweit es um das Wegerecht geht, auch daraus, dass das Wegerecht nicht im Grundbuch eingetragen worden ist (vgl. Art. 12 Abs. 2 AGGBO RPL, GVBl. 1968 Sondernummer S 56). Aus demselben Grund fehlt eine Eintragungsbewilligung, die sonst zur Ermittlung des ursprünglichen Inhalts einer Dienstbarkeit herangezogen werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 11. April 2003 - V ZR 323/02). Mangels konstitutiver Grundbucheintragung lassen sich Entstehung und Erlöschen des durch den Rezess begründeten Wegerechts nicht in den grundbuchrechtlichen Formen vollziehen. Insoweit gilt der Sache nach Ähnliches wie für eine Baulast. Die Begründung etwa eines Notwegs als Baulast begründet einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Nutzung des Weges (OLG Naumburg Urt. vom 7. Mai 1998 - 7 U 2128/97, JMBl ST 1999, 178 f.) und die Baulast entsteht oder erlischt nur durch Hoheitsakte. Die rechtliche Möglichkeit, die Art und Weise der Ausübung des zunächst einmal öffentlich-rechtlich begründeten Rechts entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Dienstbarkeiten zu beurteilen, ändert nichts am Charakter des Entstehungstatbestands. Dieser beeinflusst sodann auch den möglichen Erlöschenstatbestand, der selbst für privatrechtlich begründete Wegedienstbarkeiten nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist.

Die aus der Zeit vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches stammende Erläuterung des preußischen Wegerechts von G... (Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, S. 319), der dem "Separationsrezess" für Zwecke der Rechtsdurchsetzung "die Wirkung einer gerichtlichen Urkunde" beigemessen hat, zwingt nicht zu einer anderen Bewertung. Sie besagt nichts über die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Qualifikation des Entstehungs- und Erlöschenstatbestands hinsichtlich eines durch Hoheitsakt begründeten Wegerechts.

Dass sich generell keine zuständige Behörde mehr finde, so dass nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 GG die Zivilgerichte zur Durchsetzung des Anliegens der Kläger - gegebenenfalls auch sachlich-rechtlich mit Mitteln des Zivilrechts - berufen seien, steht nicht fest. Die Flurbereinigungsbehörde hat nur darauf verwiesen, dass ein derzeitiges Flurbereinigungsverfahren räumlich begrenzt durchgeführt werde (vgl. Bl. 9 GA). Sie hat damit nicht allgemein ihre Kompetenz für einen Hoheitsakt verneint, der den Rezess aufheben würde.

4. Das angefochtene Urteil ist auch sonst zutreffend. Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Kläger gegen den Eigentümer des dienenden Grundstücks auf Erklärung des Verzichts auf die Dienstbarkeiten liegen nicht vor.

a) Eine Grunddienstbarkeit kann erlöschen, wenn der Vorteil für das herrschende Grundstück infolge grundlegender Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse oder der rechtlichen Grundlage objektiv und endgültig weggefallen ist. Ein solcher Vorteil kann für das herrschende Grundstück aber schon darin bestehen, dass die Grunddienstbarkeit für seinen Eigentümer Annehmlichkeiten begründet, ästhetische Interessen wahrt und anderes mehr (PfzOLG Zweibrücken OLG-Report Zweibrücken 2004, 399 f.). Nach diesem Maßstab liegt hier kein Wegfall des Vorteils vor.

b) Es kommt daher nur der weitere Erlöschenstatbestand der Erklärung des Verzichts durch den Eigentümer des herrschenden Grundstücks in Betracht. Darauf haben die Kläger aber auch materiell-zivilrechtlich keinen Anspruch. Zunächst liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben, wie erwähnt, grundsätzlich nicht vor, wenn der Beklagte an einer öffentlich-rechtlich begründeten Rechtsposition - auch zugunsten seiner Rechtsnachfolger - festhalten will. Aber auch unabhängig davon kann ein Verzichtsanspruch der Kläger aus den Geboten von Treu und Glauben (vgl. Staudinger/J. Mayer, BGB § 1018 Rn. 182) hier nicht hergeleitet werden. Dabei sind - wie in Fällen des § 242 BGB stets - die Gesamtumstände zu berücksichtigen.

aa) Von Bedeutung ist im Fall der Klage auf Erklärung des Verzichts auf das Wegerecht, dass selbst im Fall einer nachträglich entstandenen weiteren Straßenanbindung des Hinterliegergrundstücks sich für dieses weiterhin ein nicht ganz unbeachtlicher Vorteils ergibt. Dieser besteht darin, dass aufgrund des Wegerechts eine direkte Anbindung der zu den Grundstücken der Kläger gewandten Hausfront an die öffentliche Strasse ein "besserer" Zugang besteht als über die Seitenfront. Die Ausrichtung des Hauses zu dieser öffentlichen Strasse ist unstreitig; auf den von der Berufung vermissten Augenscheinsbeweis kommt es nicht an (vgl. BGHR ZPO § 371 Ermessen 1). Das angefochtene Urteil hat ferner darauf verwiesen dass eine Zufahrt mit Kraftfahrzeugen nicht in vergleichbarer Weise wie über das Grundstück der Kläger auch über das Strassengrundstück 149 möglich sei. Darauf geht die Berufung nicht ein. Andererseits besteht die Belastung der Kläger als Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht uneingeschränkt. Durch Vergleich in der Sache 10 O 538/00 des Landgerichts Koblenz wurde die Art und Weise der Wegenutzung geklärt und beschränkt. Wägt man diese Umstände ab, dann ergibt sich, dass kein Anspruch der Kläger auf Erklärung des Verzichts auf das Wegerecht durch den Beklagten, auch mit Wirkung gegen seine Rechtsnachfolger als Eigentümer des herrschenden Grundstücks, besteht. Dazu müsste nämlich die Interessenlage zugunsten der Kläger nachträglich ein erhebliches Übergewicht erlangt haben, so dass ein Unterlassen der Verzichtserklärung durch den Beklagten als Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen wäre. Ein derart erhebliches Übergewicht ist nicht festzustellen.

bb) Zur Frage des Anspruchs der Kläger gegen den Beklagten auf Erklärung des Verzichts auf das im Grundbuch eingetragene Bebauungsverbot ist nicht dargetan worden, welche Gründe zur Schaffung dieser Rechtsposition durch Hoheitsakt geführt haben und weshalb das Festhalten am Bebauungsverbot treuwidrig sein soll. Damit ist auch der Einwand des Beklagten, eine Bebauung auf dem belasteten Grundstück der Kläger sei auch aus baurechtlichen Gründen ausgeschlossen, von den Klägern nicht ausgeräumt worden. Ein Anspruch der Kläger gegen den Beklagten auf Erklärung des Verzichts auf das Bebauungsverbot ist daher gleichfalls nicht begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Die - von RGZ 79, 46, 51 abgesehen - noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage der Qualifizierung des Erlöschenstatbestands nach der öffentlich-rechtlichen Begründung einer Dienstbarkeit im Rahmen eines Umlegungsverfahrens ist nicht notwendigerweise tragend für die vorliegende Entscheidung. Hinsichtlich des in der Rechtsprechung geklärten Maßstabs zur Prüfung eines Verzichtsanspruchs des Klägers aus § 242 BGB bedarf es nicht der Klärung einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung oder der Verhinderung einer Divergenz. Es geht im Kern darum, ob das Festhalten an den Dienstbarkeiten im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.100 Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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