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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 18.01.2005
Aktenzeichen: 3 W 120/04
Rechtsgebiete: BGB, FGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1805
BGB § 1805 S. 1
BGB § 1899 Abs. 1
BGB § 1908 b Abs. 1 S. 1
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 24
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 69 g
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftszeichen 3 W 120/04

In dem Betreuungsverfahren

betreffend Herrn D. W. geb. am Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 22.11.2004 wird der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 15.11.2004 - 5 T 353/04 - teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:

Der Beschluss des Amtsgerichts Parchim vom 20.08.2004 wird aufgehoben und die Beteiligte zu 2) bleibt als Betreuerin für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Geltendmachung von Ansprüchen auf Rentenversorgung und Sozialhilfe, Vertretung gegenüber Körperschaften, Gerichten und Behörden und Vermögenssorge und Vermögenssorge.

Die Kosten der Beschwerde und die der weiteren Beschwerde werden der Landeskasse auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Plau am See ordnete mit Beschluss vom 08.04.1994 die Betreuung für den Betroffenen an und bestellte die Beteiligte zu 2), dessen Mutter, zur Betreuerin. Als Aufgabenkreise bestimmte das Gericht die Sorge für die Gesundheit des Betroffenen, die Vermögenssorge, die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rentenversorgung und Sozialhilfe sowie die Vertretung gegenüber Körperschaften, Gerichten und Behörden. Mit Beschluss vom 10.06.1999 verlängerte das Amtsgericht Parchim das bestehende Betreuungsverhältnis unter Aufrechterhaltung der für die Betreuerin bestehenden Aufgabenkreise.

Der Betroffene verfügt über Einkünfte aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente i. H. v. mtl. 216,88 Euro. Er lebt zusammen mit seiner Mutter in deren Haushalt, die eine monatliche Rente von 488,82 Euro bezieht. Beide Renten werden auf ein Konto der Betreuerin überwiesen. Der Betroffene besitzt ein Sparguthaben von ca. 2.300,00 € bei der Sparkasse P. Das entsprechende Sparbuch wird auf seinen Namen geführt.

Mit Schreiben vom 09.09.2002 teilte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Parchim der Betreuerin mit, aus den eingereichten Unterlagen sei zu ersehen, dass der Betroffene kein eigenes Konto führe. Da er Rente beziehe, sei diese Verfahrensweise nicht zulässig. Gem. § 1805 BGB sei das Einkommen des Betroffenen und des Betreuers zu trennen. Das Amtsgericht forderte die Betreuerin auf, für den Betroffenen ein eigenes Girokonto einzurichten und die Rente auf dieses Konto überweisen zu lassen. Dem kam die Betreuerin nicht nach. Dies begründete sie damit, dass sie dann überlegen müsse, wieviel sie von ihrem Konto abheben könne, es sei passiert, dass sie das Konto überzogen habe, da sie nur ein niedriges Einkommen habe. Im Übrigen fielen bei Einrichtung eines weiteren Kontos unnötige Kontoführungsgebühren an. Das Amtsgericht beharrte auf die Einrichtung eines Rentenkontos für den Betroffenen und drohte der Betreuerin Zwangsgelder an. Trotzdem kam die Betreuerin der Aufforderung des Amtsgerichtes nicht nach. Mit Schreiben vom 31.03.2004 teilte sie dem Amtsgericht mit, sie wolle die Betreuung aufheben bzw. beenden, da sie bei ihrer Unterschriftsleistung nicht gewusst habe, was auf sie zukomme. Als möglichen neuen Betreuer benannte sie einen Bruder des Betroffenen. Dieser lehnte die Übernahme der Betreuung ab.

Mit Beschluss vom 20.08.2004 entließ das Amtsgericht Parchim die Beteiligte zu 2) und bestellte statt ihrer den Beteiligten zu 3) als Berufsbetreuer zum neuen Betreuer, da die Eignung der bisherigen Betreuerin nicht mehr gewährleistet sei und sie ihre Entlassung beantragt habe.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen legte am 30.08.2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 20.08.2004 Beschwerde ein. Zur Begründung führte er aus, die bisherige Betreuerin sei für den Fall, dass der Bruder des Betroffenen die Betreuung nicht übernehmen wolle, selbstverständlich zur Weiterführung der Betreuung bereit gewesen. Der Betroffene lehne ausdrücklich die Bestellung eines Berufsbetreuers für ihn ab und wünsche, dass seine Mutter wie bisher seine Betreuung wahrnehme.

Das Landgericht Schwerin hörte den Betroffenen und die Beteiligte zu 2) im Beschwerdeverfahren an. In der Anhörung sicherte diese zu, die Kontoeröffnung für den Betroffenen vorzunehmen und ein fehlendes Vermögensverzeichnis bis Ende September 2004 bei dem Amtsgericht einzureichen. Sie gab den Jahresbericht und das Vermögensverzeichnis für den Zeitraum Juni 2002 bis Mai 2003 im Oktober 2004 beim Amtsgericht ab. Ein Konto für den Betroffenen wurde jedoch nicht eingerichtet. Das Amtsgericht monierte, dass das Vermögensverzeichnis unvollständig sei, Belege über das Konto der Mutter seien nicht beigefügt gewesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss ordnete das Landgericht an, dass die Beteiligte zu 2) weiterhin Betreuerin für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Geltendmachung von Ansprüchen auf Rentenversorgung und Sozialhilfe sowie Vertretung gegenüber Körperschaften, Gerichten und Behörden bleibe und der Beteiligte zu 3) nur Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge. Zur Begründung führte die Kammer aus, die Voraussetzung für die teilweise Entlassung der Beteiligten zu 2) als Betreuerin für den Aufgabenkreis Vermögenssorge seien gegeben, weil sie nicht willens oder nicht in der Lage sei, ein vollständiges Vermögensverzeichnis sowie einen Jahresbericht zu erstellen. Außerdem sei im Hinblick auf das Vermögen des Beschwerdeführers und die Belange der Beteiligten zu 2) eine Interessenkollision gegeben. Die Beteiligte zu 2) lebe von dem Geld des Beschwerdeführers mit. Außerdem verfüge der Beschwerdeführer trotz Aufforderung des Amtsgerichts noch immer nicht über ein eigenes Girokonto, so dass eine Vermischung mit Geldmitteln der Beteiligten zu 2) zu befürchten sei und die Gefahr bestehe, dass die Rente des Beschwerdeführers nicht ausschließlich für seine Belange verwendet werde.

Gegen diese Entscheidung legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen am 24.11.2004 weitere Beschwerde ein. Zur Begründung führt er aus, der Betroffene bestehe darauf, dass die Beteiligte zu 2) die allumfassende Betreuung für ihn übernehme, d. h. auch den Aufgabenkreis der Vermögenssorge. Eine Interessenkollision bestehe nicht. Die Beteiligte zu 2) lebe nicht vom Einkommen oder Vermögen des Betroffenen mit, sondern versorge ihn von ihrem schmalen Einkommen. Lediglich aus Sparsamkeitsgründen habe sie für den Betroffenen kein eigenes Girokonto angelegt, um doppelte Kontoführungsgebühren zu vermeiden. Sie habe trotzdem nach der Anhörung vom 15.09.2004 versucht, am 16.09.2004 für den Betroffenen ein Konto bei der Sparkasse Lübz anzulegen. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen, da zu dieser Zeit ihr Betreuerausweis abgelaufen gewesen sei.

Mit Schreiben vom 05.01.05 lehnte der Beteiligte zu 3) die Betreuung ab.

II.

Die gem. den §§ 27 Abs. 1, 20 Abs. 1 i.V.m. § 69 g FGG zulässige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist begründet. Der Senat hat als Rechtsbeschwerdegericht gem. § 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO die angefochtene Entscheidung eingeschränkt lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Dies ist hier der Fall. In materiell-rechtlicher Hinsicht hat das Landgericht die Vorschrift des § 1908 b Abs. 1 S. 1 BGB nicht rechtsfehlerfrei angewandt. Danach hat das Vormundschaftsgericht den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Die mangelnde Eignung kann sich insbesondere aus Pflichtverletzungen des Betreuers, einer Überforderung etwa im Zusammenhang mit einer Vermögensverwaltung oder der Gefahr erheblicher konkreter Interessenkonflikte ergeben. Bezieht sich die mangelnde Eignung eines Betreuers nur auf einen von mehreren Aufgabenkreisen, so kann im Wege einer teilweisen Entlassung nur dieser Aufgabenkreis entzogen und hierfür ein weiterer Betreuer gem. § 1899 Abs. 1 BGB bestellt werden (OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 09.07.2003 - 20 W 114/03, m. w. N.).

Die Beteiligte zu 2) für den Bereich der Vermögenssorge als Betreuerin abzuberufen, ist nicht geboten. Sie ist nach wie vor geeignet, die Angelegenheiten des Betreuten auch im Bereich der Vermögenssorge zu übernehmen. Dafür spricht, dass sie seit der Betreuerbestellung bis zum Jahre 2004 die Betreuung ohne Beanstandungen führte und die Angelegenheiten des Betreuten auch im Vermögensbereich wahrnahm.

Sie musste für den Betreuten kein besonderes Girokonto anlegen. Aus § 1805 S. 1 BGB folgt dies nicht. Diese Vorschrift will Zugriffe des Betreuers auf das Vermögen des Betreuten verhindern; daher sind das Vermögen des Betreuten und das des Betreuers sind getrennt zu halten (Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., Rn 1 zu § 1805). Die Gefahr einer Vermischung der Vermögen und eines Zugriffs der Beteiligten zu 2) auf das Vermögen des Betreuten besteht nach den Feststellungen des Landgerichts nicht. Da die unter dem Sozialhilfesatz liegende Rente des Betreuten nicht annähernd zur Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse ausreicht, liegt es fern, dass die Beteiligte zu 2) seine Renteneinkünfte für sich selbst verwendet. Vielmehr ist er auf ihre Unterhaltsleistungen angewiesen. Aus seinen Renteneinkünften kann der Betreute kein Vermögen bilden, das von dem der Betreuerin getrennt zu halten wäre und auf das die Beteiligte zugreifen kann. Die Gefahr erheblicher konkreter Interessenkonflikte (vgl. dazu OLG Zweibrücken BtPrax 1997, 64) besteht somit nicht. Es ist im Gegenteil anzunehmen, dass die Beteiligte zu 2) ihr eigenes Einkommen teilweise für den Betroffenen aufwendet. Ihre Argumentation, eine gesondertes Rentenkonto verursache unnötige Kosten, ist nicht von der Hand zu weisen.

Ersparnisse des Betreuten legte die Betreuerin pflichtgemäß getrennt von ihrem eigenen Vermögen an.

Die verspätete Einreichung des Vermögensverzeichnisses des Betroffenen im Jahre 2004 bedeutet nicht, dass die Betreuerin nicht mehr zur Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet ist. Es ist zwar anerkannt, dass dem Betreuer die persönliche Eignung fehlt, wenn er seiner Verpflichtung zur Rechnungslegung ungenügend oder nur verzögerlich nachkommt (OLG Zweibrücken NJW-FER 1998, 130 = OLG Rep 1998, 261). Im vorliegenden Fall ist jedoch offenkundig, dass bei den geringfügigen Einkünften des Betroffenen kein erhebliches Vermögen gebildet werden kann. Der Einreichung des Vermögensverzeichnisses kommt deswegen nicht die in sonstigen Fällen gegebene Bedeutung zu.

Die formal gerechtfertigt scheinende Vorgehensweise des Amtsgerichts erscheint ist nach allem angesichts der hier vorliegenden Vermögensverhältnisse unangebracht. Hier kommt hinzu, dass die Bestellung eines Berufsbetreuers für die Vermögenssorge mit weiteren Kosten, die außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stünden, verbunden wäre.

Dass die Beteiligte zu 2) nach dem Beschluss des Amtsgerichts kein gesondertes Konto einrichtete, kann ihr nicht vorgeworfen werden, denn mit dem Beschluss war sie als Betreuerin entlassen und nicht mehr in der Lage, für den Betreuten zu handeln. Der Beschluss des Amtgerichts entfaltete gem. § 24 FGG mit seiner Zustellung sofortige Wirkung. Die Einlegung der Beschwerde hatte darauf zunächst keinen Einfluss (BayObLGZ 1964, 267, 271; LG Düsseldorf MittRhNotK 1964,651, 654).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 2 S. 1 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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