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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 25.11.2002
Aktenzeichen: 1 B 97.1352
Rechtsgebiete: BauNVO, 18. BImSchV


Vorschriften:

BauNVO § 15 Abs. 1 Satz 2
18. BImSchV § 2
1. Gilt für die Teilfläche eines Grundstücks eine Bebauungsplanfestsetzung, auf deren Grundlage eine Enteignung dieser Fläche in Betracht kommt, dann kann der Grundstückseigentümer gegenüber dem Bauvorhaben eines Dritten auf dieser Teilfläche für die Restfläche Nachbarrechte geltend machen (Einschränkung der Auffassung im Urteil vom 27.10.1992 BayVBl 1993, 373).

2. Bei Bolzplätzen ist die Zumutbarkeitsgrenze für Lärmimmissionen durch eine Würdigung aller maßgeblichen Umstände der konkreten Situation, insbesondere der Gebietsart und der tatsächlichen Verhältnisse ("tatrichterliche Würdigung"), zu bestimmen. Die Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) sind als Anhaltspunkte heranzuziehen; die Bestimmungen über die Ermittlungs- und Beurteilungsverfahren sind entsprechend anzuwenden.

3. Bei der Ermittlung der Geräuschemission eines Bolzplatzes mit Rasenspielfeld, festen Toren und geräuschdämmendem Ballfanggitter ist kein Impulszuschlag K l, i gemäß Nr. 1.3.3 des Anhangs zur 18. BImSchV anzusetzen.


1 B 97.1352

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Baugenehmigung für einen Bolzplatz (Nachbarklage); hier: Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. Oktober 1996 Az. M 9 K 95.3102,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Waltinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Graf zu Pappenheim

ohne weitere mündliche Verhandlung am 25. November 2002 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. Oktober 1996 wird geändert. Die Klagen werden in vollem Umfang abgewiesen.

II. Die Klägerin zu 1 sowie die Kläger zu 2 und 3 tragen je die Hälfte der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Kläger zu 2 und 3 tragen ihren Teil als Gesamtschuldner.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine Baugenehmigung für einen Bolzplatz, die der Beklagte der Beigeladenen erteilt hat.

Die Klägerin zu 1 war bei Erteilung der Baugenehmigung Eigentümerin des damals ungeteilten Grundstücks Fl.Nr. 1606/17 Gemarkung U***********. Sie hat nachträglich ihren Kindern, den Klägern zu 2 und 3, eine 0,0421 ha große Teilfläche (Fl.Nr. 1606/154) übertragen. Der Eigentumsübergang erfolgte am 15. November 2001. Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin des Restgrundstücks Fl.Nr. 1606/17 - neu -. Die Grundstücke liegen in O******** südlich der P********** Straße und westlich der B********straße. Der nördliche Teil des Areals ist mit einem Hotel (P********** Straße **), der nordwestliche Teil ist mit zwei Mehrfamilienwohnhäusern bebaut (B********straße * und *); das Gebäude B********straße * steht auf dem neu gebildeten Grundstück Fl.Nr. 1606/154. Der südliche Teil des Grundstücks der Klägerin zu 1, der etwa dem früheren Grundstück Fl.Nr. 1606/21 entspricht, liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Nr. ** * B********straße", der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im Wesentlichen auf dem Grundstück der Klägerin zu 1 ist in diesem Baugebiet ein "Spielplatz für Jugendliche (Bolzplatz)" festgesetzt. Südlich davon ist ein "Kinderspielplatz für 6-12jährige" vorgesehen. Ein Normenkontrollantrag der Rechtsvorgängerin der Kläger gegen diesen Bebauungsplan blieb ohne Erfolg (BayVGH vom 23.6.1995 Az. 1 N 89.3586; BVerwG vom 1.12.1995 Az. 4 NB 31.95).

Mit Bescheid vom 1. Dezember 1988 erteilte das Landratsamt München der Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Kinderspiel- und Bolzplatzes auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1606/17, 1606/134 und 1695/4 Gemarkung U***********. Das um 0,90 m abgesenkte Rasenspielfeld des Bolzplatzes soll 44 m lang und 28 m breit werden. Die Baugenehmigung enthält folgende Nebenbestimmungen: "Der Bolzplatz darf nur täglich von 9.00 - 19.00 Uhr genutzt werden. Sonntags darf der Bolzplatz nur von 9.00 bis 12.00 Uhr und von 15.00 bis 19.00 Uhr genutzt werden." Der Widerspruch der Klägerin zu 1 gegen die Baugenehmigung blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 17.10.1989).

Auf Klage der Klägerin zu 1 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts München vom 1. Dezember 1998 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 17. Oktober 1989 auf, soweit die Errichtung eines Bolzplatzes genehmigt worden ist. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Es könne offenbleiben, ob sich die Klägerin zu 1 als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. 1606/17 gegen die Baugenehmigung zur Errichtung eines Bolzplatzes auf diesem Grundstück wenden könne. Da ein Teil des Bolzplatzes und der Kinderspielplatz auf dem Grundstück Fl.Nr. 1695/4 errichtet werden solle, sei die Klägerin zu 1 jedenfalls Nachbarin und damit klagebefugt. Die Baugenehmigung für den Bolzpatz sei rechtswidrig, weil dieser unmittelbar an ihr Grundstück grenze. Stelle man auf die künftigen Grundstücksgrenzen ab, dann sei die Baugenehmigung rechtswidrig, weil sie keine Angaben darüber enthalte, in welcher Höhe und in welcher Ausführung das an der Nord- und Ostseite des Bolzplatzes vorgesehene Ballfanggitter ausgeführt werden soll. Bei besonders einfacher Konstruktion des Ballfanggitters sei nicht auszuschließen, dass der maßgebende Immissionsrichtwert bei einem häufigen Auftreffen des Balles auf das Ballfanggitter erheblich überschritten werde. Das Ballfanggitter sei wesentlicher Teil des Bolzplatzes. Deshalb sei die Baugenehmigung hinsichtlich des Bolzplatzes insgesamt aufzuheben. Die Klage gegen die Baugenehmigung für den Kinderspielplatz sei unbegründet.

Am 16. Januar 1997 legte die Beigeladene gegen den der Klage stattgebenden Teil des Urteils Berufung ein.

Mit Bescheid vom 6. November 1997 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen eine bauaufsichtliche Ergänzungsgenehmigung für die Errichtung eines Ballfanggitters. Das Gitter soll an der Stirnseite (Nordseite) des Bolzplatzes 32 m lang und 6 m hoch, an der Längsseite (Ostseite) 52,50 m lang und 4 m hoch werden. Es soll bis zur Höhe von 2 m eine Maschenweite von 5 cm x 20 cm, dann eine Maschenweite von 10 cm x 20 cm aufweisen und mit geräuschdämmenden Kunststoffhalterungen an den Pfosten befestigt werden.

Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 26.3.1998) erhob die Klägerin zu 1 gegen den Ergänzungsbescheid Klage. Mit Schriftsatz vom 19. April 1999 bezog sie den Ergänzungsbescheid auf Anregung des Verwaltungsgerichtshofs in das Berufungsverfahren ein. Die Kläger zu 2 und 3 haben den Rechtsstreit hinsichtlich des Anwesens B********straße * übernommen.

Zur Begründung der Berufung bestreitet die Beigeladene, dass die Klägerin zu 1 als Eigentümerin des Grundstücks, auf dem der größte Teil des Bolzplatzes errichtet werden soll, klagebefugt sei. Folglich hätten durch die Veräußerung einer Teilfläche dieses Grundstücks an die Kläger zu 2 und 3 keine Nachbarrechte übergehen können. Die Baugenehmigung in der Fassung der Ergänzungsgenehmigung verletzte keine Rechte der Kläger. Es sei nicht zu erwarten, dass das genehmigte Vorhaben bei den Wohngebäuden und dem Hotel der Kläger zu unzumutbaren Lärmbelästigungen führen werde.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. Oktober 1996 zu ändern und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid des Landratsamts München vom 1. Oktober 1988 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 6. November 1997 sowie die Widerspruchsbescheide der Regierung von Oberbayern vom 17. Oktober 1989 und vom 26. März 1998 aufgehoben werden.

Sie machen geltend, dass sie im Hinblick auf die drohende Enteignung der für den Bolzplatz benötigten Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. 1606/17 als Eigentümer des Restgrundstücks in baurechtlicher Hinsicht "Nachbarn" des Baugrundstücks seien. Das Hotel, insbesondere aber das Wohngebäude B********straße *, werde durch den Bolzplatz unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt. Außerdem wahre das Ballfanggitter nicht die erforderlichen Abstandsflächen.

Der Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat am 25. April 2001 eine Ortseinsicht durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Ferner wurde gemäß Beweisbeschluss vom 11. Mai 2000 ein schalltechnisches Gutachten der Sachverständigen S*************** und gemäß Beweisbeschluss vom 15. Januar 2002 ein ergänzendes Gutachten dieser Sachverständigen eingeholt. In der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2002 wurde die Sachverständige zur Erläuterung ihrer Gutachten vernommen. Bei diesem Termin haben die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen, über die gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden kann, hat Erfolg. Die Klagen, deren Partei und deren Gegenstand sich während des Berufungsverfahrens geändert haben, sind zwar zulässig (1.), aber nicht mehr begründet (2.).

Klagepartei ist nicht mehr nur die Klägerin zu 1. Soweit Rechte für das während des Berufungsverfahrens neu gebildete Grundstück Fl.Nr. 1606/154 geltend gemacht werden, sind die Kläger zu 2 und 3 als Rechtsnachfolger an die Stelle der Klägerin zu 1 getreten (§ 173 VwGO in Verbindung mit § 266 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Gegenstand der Anfechtungsklagen ist im Berufungsverfahren nicht mehr, wie zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Baugenehmigung vom 1. Dezember 1988, sondern dieser Bescheid in der Fassung der Ergänzungsgenehmigung vom 6. November 1997. Diese Fassung haben die Kläger im Berufungsverfahren in zulässiger Weise zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Ob es sich hierbei um einen Fall des (über § 173 VwGO anwendbaren) § 264 Nr. 2 ZPO oder um eine Klageänderung handelt, kann offen bleiben. Auch eine Klageänderung wäre gemäß § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig, weil sie von den übrigen Beteiligten gebilligt wurde und im Übrigen auch sachdienlich ist.

1. Die Kläger können sich darauf berufen, dass die Baugenehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Unerheblich ist, dass es sich bei der Fläche, auf der sich das Hotel und die beiden Wohnhäuser befinden, und bei der Fläche, auf welcher der größte Teil des Bolzplatzes errichtet werden soll, bei Erteilung der Baugenehmigung und der Ergänzungsgenehmigung nicht um verschiedene Grundstücke im grundbuchrechtlichen Sinn, sondern um ein im Eigentum der Klägerin zu 1 stehendes Grundstück (Fl.Nr. 1606/17 - alt -) handelte. Baurechtlicher Nachbar kann zwar grundsätzlich nur der Eigentümer eines benachbarten, d. h. eines anderen Grundstücks als des Baugrundstücks, sein (vgl. Art. 78 Abs. 1 Satz 1 BayBO 1994 / Art. 71 Abs. 1 Satz 1 BayBO 1998). Gilt jedoch für die Teilfläche eines Grundstücks eine Bebauungsplanfestsetzung, auf deren Grundlage eine Enteignung dieser Fläche in Betracht kommt, dann kann der Grundstückseigentümer gegenüber dem Bauvorhaben eines Dritten auf dieser Teilfläche für die Restfläche Nachbarrechte geltend machen. Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor.

Die Teilfläche des Grundstücks der Klägerin zu 1, auf welcher der Bolzplatz geplant ist, ist im Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Bolzplatz" festgesetzt ist. Es ist möglich, dass der Klägerin zu 1 das Eigentum an dieser Teilfläche auf der Grundlage dieser Festsetzung durch Enteignung entzogen wird (vgl. § 85 Abs. 1 Nr. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Durch diese Änderung der Grundstücksverhältnisse würde aber gebenüber der früher erlassenen Baugenehmigung kein Anfechtungsrecht entstehen. Maßgebend sind nämlich die Verhältnisse bei Erteilung der Baugenehmigung (BVerwG vom 23.4.1998 NVwZ 1998, 1179). Im Hinblick hierauf hält es der Senat im Interesse eines effizienten Rechtschutzes für geboten, den Grundstückseigentümer in einer solchen Situation bereits bei Erteilung einer Baugenehmigung für die von einer Enteignung bedrohte Teilfläche hinsichtlich der Restfläche als Nachbarn im baurechtlichen Sinn zu behandeln. Soweit dem das Urteil vom 27. Oktober 1992 (BayVBl 1993, 373) entgegensteht, gibt der Senat die dort vertretene Auffassung auf. Die Klägerin zu 1 konnte damit als Eigentümerin des nördlichen Teils des Grundstücks Fl.Nr. 1606/17 - alt - Nachbarrechte geltend machen. Diese Rechtsstellung ist bezüglich des neu gebildeten Grundstücks Fl.Nr. 1606/154 (Wohnhaus B********straße * ) auf die Kläger zu 2 und 3 als Rechtsnachfolger übergegangen.

2. Die Klagen sind unbegründet, denn die Baugenehmigung verletzt in der Fassung der Ergänzungsgenehmigung keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die auch dem Schutz der Kläger dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Ergänzungsbescheids vom 6. November 1997. Bei der Anfechtungsklage eines Dritten ist grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage auszugehen, die bei Erlass der Baugenehmigung bestanden hat; Änderungen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie für den Bauherrn günstig sind. Wird die angefochtene Baugenehmigung in wesentlichen Punkten geändert, dann ist auf den Zeitpunkt des Änderungsbescheids abzustellen. So ist es hier. Das mit dem Ergänzungsbescheid genehmigte Ballfanggitter ist ein wesentlicher Teil des Bolzplatzes.

a) Es kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen ein außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans liegender Grundstücksnachbar einen Anspruch auf Wahrung des Gebietscharakters geltend machen kann. Das Vorhaben der Beigeladenen entspricht nämlich, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, den Festsetzungen des Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung und wahrt somit den Gebietscharakter. Der Bebauungsplan ist gültig. Dies steht aufgrund des zwischen der Rechtsvorgängerin der Kläger und der Beigeladenen geführten Normenkontrollverfahrens für die Kläger verbindlich fest.

b) Das Bauvorhaben verstößt nicht gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO geregelte Gebot der Rücksichtnahme. Nach dieser Vorschrift sind in den Baugebieten an sich zulässige bauliche und sonstige Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind.

Diese Vorschrift ist anwendbar, denn der Bebauungsplan regelt die Konflikte, die sich aus der Benutzung des Bolzplatzes für die Nachbarschaft ergeben, nicht abschließend. Der Bebauungsplan setzt zwar die Lage und die Größe des Bolzplatzes fest. Er enthält aber keine Festsetzungen zum Ballfanggitter und zu den übrigen Einrichtungen des Bolzplatzes, insbesondere zur Lage und Größe der Fußballtore. Damit ist ein Teil der im Bebauungsplan möglichen Konfliktbewältigung der "Feinabstimmung" durch § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO überlassen worden. Regelungen zu einer mit Rücksicht auf die Nachbarschaft erforderlichen Begrenzung des Spielbetriebs sind im Bebauungsplan ohnehin nicht möglich.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist jedoch nicht verletzt, denn es ist nicht zu erwarten, dass die Gebäude der Kläger, insbesondere das Wohngebäude B********straße * der Kläger zu 2 und 3, bei bestimmungsgemäßer Nutzung des Bolzplatzes unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt sein werden.

Bei Bolzplätzen ist die Zumutbarkeitsgrenze der Lärmimmissionen grundsätzlich durch eine Würdigung aller maßgeblichen Umstände der konkreten Situation, insbesondere der Gebietsart und der tatsächlichen Verhältnisse, zu bestimmen (BayVGH vom 26.2.1993 NVwZ-RR 1994, 246/247; OVG Berlin vom 22.4.1993 NVwZ-RR 1994, 141/142; VGH BW vom 16.4.2002 BauR 2002, 1366/1368). Die Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) sind als Anhaltspunkte heranzuziehen (OVG SH vom 4.5.1994 NVwZ 1995, 1019/1020; HessVGH vom 30.11.1999 DÖV 2000, 787 [nur LS] zu einem Bolzplatz für höchstens vierzehnjährige Kinder); die Werte können jedoch je nach Lage des Falles im Rahmen der "tatrichterlichen Würdigung" geringfügig über- oder unterschritten werden (vgl. BayVGH vom 16.2.1987 NVwZ 1987, 986 = BayVBl 1987, 398 = BRS 47 Nr. 176). Die Regelungen des Anhangs der 18. BImSchV über die Ermittlungs- und Beurteilungsverfahren sind auf Bolzplätze entsprechend anzuwenden.

Entgegen der Auffassung der Kläger und einer in der Literatur verbreiteten Meinung (Ketteler, BauR 1997, 959; Herr, Sportanlagen in Wohnnachbarschaft, 1998, S. 149 f.; Arndt, NuR 2001, 445) sind die Bestimmungen der 18. BImSchV auf Bolzplätze nicht unmittelbar anwendbar. An Bolzplätze sind zwar bauplanungsrechtlich keine strengeren Anforderungen zu stellen als an Anlagen für sportliche Zwecke (BVerwG vom 3.3.1992 NVwZ 1992, 884 = BayVBl 1992, 411); sie sind aber nicht zur "Sportausübung" im Sinn des § 1 Abs. 2 der 18. BImSchV bestimmt. Bolzplätze dienen der spielerischen und sportlichen Betätigung Jugendlicher und junger Erwachsener. Von Fußballplätzen unterscheiden sie sich vor allem durch ihre Größe. Fußballfelder sind zwischen 90 m und 120 m lang und zwischen 45 m und 90 m breit. Bolzplätze sind viel kleiner. Der streitbefangene Bolzplatz soll mit einer 44 m langen und 28 m breiten Rasenspielfläche vergleichsweise groß werden. Er wird aber immer noch weniger als ein Fünftel der Größe eines normalen Fußballfeldes (105 m x 68 m) haben. Anders als bei einem Fußballplatz sind bei einem Bolzplatz weder Schiedsrichterpfiffe noch Beifalls- oder Missfallenskundgebungen von Zuschauern noch Lärm- und Abgasbelästigungen durch einen An- und Abfahrtsverkehr von Zuschauern zu erwarten. Wegen ihrer Zweckbestimmung können Bolzplätze zwar nicht in jeder Hinsicht mit Kinderspielplätzen gleichgesetzt werden, die auch im reinen Wohngebiet grundsätzlich zulässig sind (BVerwG vom 3.3.1992 NVwZ 1992, 884 = BayVBl 1992, 411). Sie sind aber in höherem Maße als Anlagen für sportliche Zwecke wohngebietsverträglich und damit in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich zulässig (BayVGH vom 16.2.1987 NVwZ 1987, 986 = BayVBl 1987, 398 = BRS 47 Nr. 176); dies sogar dann, wenn der Bolzplatz an ein reines Wohngebiet grenzt (BVerwG vom 3.3.1992 NVwZ 1992, 884 = BayVBl 1992, 411; VGH BW vom 16.4.2002 BauR 2002, 1366/1368).

Den Bolzplatzgeräuschen am stärksten ausgesetzt ist das nunmehr den Klägern zu 2 und 3 gehörende Wohnhaus B********straße *. Der Senat ist der Auffassung, dass es den Klägern zu 2 und 3 zumutbar ist, an diesem Immissionsort tagsüber außerhalb der Ruhezeiten (gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 der 18. BImSchV) Lärmimmissionen bis zu einem Wert von 57 dB(A) hinzunehmen. Maßgebend hierfür sind folgende Erwägungen:

Nach der Konzeption der 18. BImSchV hängt der maßgebliche Immissionsrichtwert von der Art des Gebietes ab, in dem die schutzwürdige Bebauung liegt. Gemäß § 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 der 18. BImSchV beträgt in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten der Immissionsrichtwert tags außerhalb der Ruhezeiten 60 dB(A), in allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten 55 dB(A). Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 der 18. BImschV sind Gebiete, für die keine Festsetzungen bestehen, nach Absatz 2 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Diese Regelung lässt für Gemengelagen Zwischenwerte zu (Ketteler, NVwZ 2002, 1070/1073; Schink, DVBl 1992, 512/522; Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Aufl., § 1 RdNr. 48.16; verneinend Rodewoldt/Wagner, VBlBW 1996, 365/368 f.; Uechtritz, NVwZ 2000, 1006/1008).

Das Wohnhaus B********straße * liegt im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) an der Grenze zu dem im Bebauungsplan Nr. 10 B festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Der nicht überplante Teil der für die Bestimmung des Gebietscharakters und damit der Zumutbarkeitsgrenze maßgeblichen näheren Umgebung wird im Westen durch den Volksfestplatz, im Norden durch die Bebauung beiderseits der P********** Straße und im Osten durch die H*****straße begrenzt. Der Augenschein hat ergeben, dass die Eigenart dieses Bereichs einem allgemeinen Wohngebiet (§ 4 BauNVO) nahe kommt, ihm aber wegen einer Reihe von Gewerbebetrieben (Hotel der Klägerin zu 1, Ladengeschäft für Farben, Tapeten und Computer im Anwesen P********** Straße **, Schuhgeschäft auf Fl.Nr. 1607/4), die Elemente eines Mischgebiets darstellen, nicht völlig entspricht. Der Zwischenwert, der dieser Situation angemessen ist, beträgt 57 dB(A). Er liegt näher bei dem Wert von 55 dB(A) für ein allgemeines Wohngebiet als bei dem Wert von 60 dB(A) für ein Mischgebiet.

Der Lärmpegel, der an dem Wohnhaus B********straße * zu erwarten ist, liegt unter dem Immissionsrichtwert von 57 dB(A).

Zwar kommt die gerichtliche Sachverständige in ihrem Gutachten vom 10. Juli 2000 zu dem Ergebnis, dass sich nach der 18. BImSchV an Werktagen (außerhalb der Ruhezeiten) ein Beurteilungspegel von 61,7 dB(A) und an Sonn- und Feiertagen (außerhalb der Ruhezeiten) ein Beurteilungspegel von 61,4 dB(A) errechne. Diese Berechnungen sind jedoch - trotz der Erläuterungen, die die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2002 hierzu gegeben hat - korrekturbedürftig.

Mit der Sachverständigen ist davon auszugehen, dass die Lärmimmission von Bolzplätzen davon abhängt, in welcher Weise der Platz im Einzelfall genutzt wird. Als Regelfall kann angenommen werden, dass gleichzeitig fünf Kinder auf dem Bolzplatz Fußball spielen. Auf dieser Grundlage kommt die Sachverständige zu folgendem Ansatz:

Schallleistungspegel pro Kind (Schreien) 87 dB(A), Schallleistungspegel für alle fünf Kinder gemeinsam 94 dB(A), Impulszuschlag K l,i 7 dB(A), Taktmaximal-Schalleistungspegel (inklusive Impulszuschlag) 101 dB(A), Beurteilungspegel bei einer Einwirkung während der gesamten in der Baugenehmigung zugelassenen Nutzungszeit tags, werktags außerhalb der Ruhezeiten 61,7 dB(A), tags, sonn- und feiertags, außerhalb der Ruhezeiten 61,4 dB(A), zu erwartender Spitzenpegel 71,4 dB(A), zulässiger Spitzenpegel 85,0 dB(A).

Entgegen der Berechnung der gerichtlichen Sachverständigen ist ein Impulszuschlag K l, i von 7 dB(A) nicht zu berücksichtigen, weil die Voraussetzungen der Nr. 1.3.3 des Anhangs zur 18. BImSchV ("Ermittlungs- und Beurteilungsverfahren") nicht vorliegen. Bei der Ermittlung der Geräuschemission eines Bolzplatzes mit Rasenspielfeld, festen Toren und geräuschdämmendem Ballfanggitter ist nämlich kein Impulszuschlag anzusetzen.

Im Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen ist überzeugend ausgeführt, dass der Zuschlag nicht durch Klapper-Geräusche gerechtfertigt ist, die entstehen, wenn die Ballfanggitter und/oder die Tore in schalltechnisch ungünstiger Bauart erstellt werden (vgl. Nr. 1.3.3 Abs. 1 des Anhangs zur 18. BImSchV). Gemäß den Vorgaben in der Ergänzungsgenehmigung vom 6. November 1997 sollen die Tore nämlich in einer massiven Stahlkonstruktion aufgestellt werden; die Ballfanggitter sollen über eine "geräuschdämmende Kunststoffhalterung" an den Pfosten befestigt werden. Zu dieser Frage sind gegen das Gutachten substantiierte Einwendungen nicht erhoben worden. Einer Beweiserhebung durch ein weiteres Sachverständigengutachten bedarf es deshalb nicht.

Der Zuschlag ist auch nicht für das Schreien und Rufen der Spieler anzusetzen. Bei Geräuschen durch die menschliche Stimme ist nämlich, soweit sie nicht technisch verstärkt sind, kein Zuschlag anzuwenden (Nr. 1.3.3 Abs. 2 des Anhangs zur 18. BImSchV). Diese Regelung, die eine Entscheidung des Normgebers für als sozial adäquat hinzunehmende Lebensäußerungen darstellt, ist hier zu berücksichtigen, denn bei den Spielen auf Bolzplätzen werden üblicherweise keine Lautsprecher eingesetzt. Auch hierzu bedarf es keines weiteren Beweises, weil die Nichtanrechnung unmittelbar aus der genannten Vorschrift folgt.

Schließlich ist der Zuschlag auch nicht für Ball- und Klatschgeräusche anzusetzen. Die gerichtliche Sachverständige hat zwar in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2002 geäußert, dass der von ihr angesetzte Impulszuschlag durch Ball- und Klatschgeräusche gerechtfertigt sei. Diese nachträgliche Begründung überzeugt den Senat aber nicht.

Die Ballgeräusche (Geräusche beim Abstoßen und Abstoppen des Balles) treten jedenfalls auf einem Rasenspielfeld, das hier geplant ist, gegenüber den Zurufen der Spieler deutlich in den Hintergrund. Sie sind nicht so impulshaltig, dass sie bei der Ermittlung des Schallleistungspegels einen Zuschlag rechtfertigen. Wenn schon bei einem lärmgedämmten Ballfanggitter für das Aufprallen des Balles auf das Gitter ein Impulszuschlag nicht zu vergeben ist, dann erst recht nicht für die beim Spielen des Balles auftretenden Geräusche.

Für Klatschgeräusche ist kein Impulszuschlag anzusetzen, weil sie für das Spiel auf einem Bolzplatz nicht typisch sind. Bei Fußballspielen ist es die seltene Ausnahme, dass Spieler Beifall klatschen. Dies gilt nicht nur für das Spiel auf Fußballplätzen, sondern auch für das auf Bolzplätzen. Ein Beifallklatschen ist zwar von Zuschauern zu erwarten. Für das Spiel auf Bolzplätzen ist aber typisch, dass keine oder nur wenige Zuschauer zugegen sind. Hinzu kommende Personen sind eher interessiert, sich am Spiel zu beteiligen als ihm zuzuschauen.

Da also ein Impulszuschlag nicht zu berücksichtigen ist, ergibt sich ein Gesamt-Schallleistungspegel von 94 dB(A).

Dem steht nicht entgegen, dass es nach der erst im April 2002 verbindlich gewordenen VDI-Richtlinie über die Emissionskennwerte von Sport- und Freizeitanlagen (VDI 3770), Tabelle 16, für die planerische Beurteilung von Bolzplätzen zweckmäßig ist, die Spielfläche als Flächenschallquelle mit einem Schallleistungspegel von 101 dB aufzufassen. Denn hier geht es nicht darum, die von dem Bolzplatz ausgehenden Immissionen im Rahmen einer vorsorgenden bauleitplanerischen Abwägung angemessen zu erfassen, sondern um die Bestimmung der Grenze, ab der die Geräusche für die Nachbarn nicht mehr zumutbar sind. Aus diesem Grund stellt auch das von der Klägerin zu 1 in Auftrag gegebene Gutachten der Sachverständigen S******* vom 15. Dezember 1999 keine geeignete Beurteilungsgrundlage dar. Denn in diesem Gutachten wird die Lärmbelastung auf der Grundlage des Entwurfs der genannten Planungsempfehlung ermittelt.

Auch die von der Klägerin zu 1 in Auftrag gegebene Schallmessung durch die A**** GmbH vom 14. Juni 2002 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die auf dem provisorischen Spielfeld südlich des geplanten Bolzplatzes an einem Tag durchgeführten vier Messungen sind nicht repräsentativ. Für den geplanten Bolzplatz können sie nicht herangezogen werden, weil nach Nr. 1.3.1 Abs. 4 des Anhangs zur 18. BImSchV für die Beurteilung von Geräuschen bei neu zu errichtenden Sportanlagen die Geräuschimmissionen nach dem Prognoseverfahren zu errechnen und nicht durch Messung zu bestimmen sind.

Der Schallleistungspegel von 94 dB(A) entspricht dem Wert, den der von der Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren beauftragte Sachverständige M***** in seinem Gutachten vom März 1995 unter Bezugnahme auf Probst in der Veröffentlichung "Geräuschentwicklung von Sportanlagen und deren Quantifizierung für immissionsschutztechnische Prognosen" des Bundesinstituts für Sportwissenschaft für den Bolzplatz während der Spiele angesetzt hat. Er deckt sich ferner mit dem Wert, der nach der VDI 3770 für die 22 Spieler auf einem Fußballplatz anzusetzen ist (vgl. Nr. 5.3 der Richtlinie).

Auch der Umweltingenieur des Landratsamts kommt in seinen Stellungnahmen vom 18. April 2002 und 25. Juli 2002 zu dem Ergebnis, dass ein Schallleistungspegel von 94 dB(A) anzunehmen sei und dass die gerichtliche Sachverständige zu Unrecht einen Impulszuschlag von 7 dB(A) berücksichtigt habe.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist ein höherer Beurteilungspegel auch nicht deswegen anzusetzen, weil die in der Baugenehmigung geregelten Öffnungszeiten nicht durchsetzbar seien und somit der Beurteilung ein längerer Zeitraum zu Grunde gelegt werden müsse. Die Nutzungszeiten von werktäglich 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr und sonntäglich von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 19.00 Uhr sind nicht lediglich vorgeschoben, um das Vorhaben gerade noch genehmigungsfähig zu machen; sie lassen vielmehr einen praxisgerechten Spielbetrieb zu. Den Klägern ist einzuräumen, dass es in den Sommermonaten besonderer Anstrengungen der Beigeladenen und der Behörden bedürfen könnte, die Einhaltung der Öffnungszeiten am Abend sicher zu stellen. Dass dies von vornherein nicht möglich sein wird, kann aber nicht angenommen werden. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf die Verhältnisse auf dem provisorischen Spielfeld verweisen und hierzu Beweis anbieten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass von diesen Verhältnissen nicht auf den Spielbetrieb auf dem Bolzplatz geschlossen werden kann. Denn Maßnahmen zur Durchsetzung der Öffnungszeiten, die bei dem Bolzplatz in Betracht kommen, wie etwa die Überwachung durch einen von der Beigeladenen beauftragten Wachdienst (vgl. VGH BW vom 16.4.2002 BauR 2002, 1366), können bei dem provisorischen, relativ kleinen Spielfeld nicht erwartet werden.

Dem Schallleistungspegel von 94 dB(A) entsprechen nach dem Ergänzungsgutachten der gerichtlichen Sachverständigen vom 19. Februar 2002 folgende Beurteilungspegel:

tags, werktags außerhalb der Ruhezeiten 54,7 dB(A), tags, sonn- und feiertags, außerhalb der Ruhezeiten 54,4 dB(A).

Diese Werte liegen unter dem Wert von 57 dB(A). Damit kann offen bleiben, ob geringere Beurteilungspegel anzunehmen sind, weil Bolzplätze üblicherweise nicht während der gesamten Dauer ihrer Öffnungszeit, insbesondere nicht an Vormittagen von Schultagen und an Tagen mit schlechtem Wetter, benutzt werden.

Besonders ungünstige Umstände, die es im Rahmen der Würdigung der Besonderheiten der konkreten Situation gebieten würden, die Belastung trotz Unterschreitung der Zumutbarkeitsgrenze als rechtswidrig anzusehen, liegen nicht vor. Die dem Bolzplatz zugekehrte Südwand des Wohnhauses B********straße * ist eine fensterlose Brandwand, die vom nördlichen Rand des geplanten Rasenspielfeldes 15,6 m und vom Ballfanggitter 11 m entfernt ist. Es ist auch nicht zu erwarten, dass der Bolzplatz einen über die Umgebung hinausgehenden Einzugsbereich haben wird. Wie die Kläger nämlich zutreffend dargelegt haben, gibt es in der Gemeinde eine Reihe anderer Bolzplätze, nämlich die Bolzplätze am H*********, an der E*******straße, an der B******straße, an der P********** Straße nähe B******* und an der L****** Straße. Die Beigeladene könnte zwar den Bolzplatz verkleinern, ohne seine Funktion wesentlich zu beeinträchtigen. Damit würde gegenüber den Anwesen der Kläger ein größerer Abstand eingehalten. Dieser Gesichtspunkt hat aber bei der Würdigung der sonst noch zu berücksichtigenden Umstände kein solches Gewicht, dass sich die Zumutbarkeitsgrenze zugunsten der Kläger entscheidungserheblich verschieben würde.

Die Klagen könnten auch dann keinen Erfolg haben, wenn man mit den Klägern annehmen wollte, dass die Bestimmungen der 18. BImSchV auf Bolzplätze dieser Größenordnung unmittelbar anwendbar sind und dass die Anwesen der Kläger in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB, § 4 BauNVO) liegen. Dann beträgt der von der Klägern gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV tags, außerhalb der Ruhezeiten hinzunehmende Immissionsrichtwert 55 dB(A). Die zu erwartenden Beurteilungspegel liegen aber mit - werktags - 54,7 dB(A) und - sonn- und feiertags - 54,4 dB(A) darunter.

c) Das Bauvorhaben verstößt auch nicht gegen Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO. Es kann offen bleiben, ob das 6 m hohe nördliche Ballfanggitter als Anlage anzusehen ist, von der Wirkungen wie bei Gebäuden ausgehen (Art. 6 Abs. 9 BayBO 1994/1998), und ob diese Wirkung nur bei dem 2 m hohen Teil mit einer Maschenweite von 5 cm x 20 cm oder auch für den übrigen Teil mit einer Maschenweite von 10 cm x 20 cm besteht. Die maximal 6 m tiefe Abstandsfläche würde nämlich in jedem Fall innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans eingehalten; sie läge zum Teil auf dem Bolzplatzgrundstück und im Übrigen auf der südlichen Hälfte des im Bebauungsplan festgesetzten Fußwegs, der abstandsflächenrechtlich zur Hälfte dem Bolzplatz zuzurechnen wäre (vgl. Art. 6 Abs. 7 BayBO 1994 / 1998). Der nördliche Teil des Grundstücks Fl.Nr. 1606/17 - alt -, in Bezug auf den die Klägerin zu 1 als Nachbarin im baurechtlichen Sinn anzusehen war, wäre nicht betroffen. Damit wären auch gegenüber dem neu gebildeten Grundstück Fl.Nr. 1606/154 die Abstandsflächen gewahrt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 ZPO sowie § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Klägern auch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da sich diese im Klageverfahren durch eigene Antragstellung, im Übrigen durch Einlegung der Berufung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 30. Oktober 1996 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 10.225,84 Euro (20.000 DM) festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; sie orientiert sich an Nr. II.7.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563 = DVBl 1996, 605). Der Streitwert entspricht schätzungsweise der von den Klägern geltenden gemachten Grundstückswertminderung für das Hotel und die beiden Mehrfamilienwohnhäuser. Die Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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