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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 1 N 03.845
Rechtsgebiete: VwGO, GO, BauGB, BauGB 1997


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
GO Art. 26 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 2 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 10 Abs. 3
BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 17 Abs. 1
BauGB § 214 Abs. 4
BauGB § 233 Abs. 2 Satz 1
BauGB 1997 § 17 Abs. 2
BauGB 1997 § 17 Abs. 3
BauGB 1997 § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
BauGB 1997 § 215 a Abs. 1 Satz 1
BauGB 1997 § 215 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 N 03.845

Im Namen des Volkes

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit der Veränderungssperre für die Aufstellung des Bebauungsplans *** *************;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Waltinger, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller

ohne mündliche Verhandlung am 10. Mai 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass eine inzwischen außer Kraft getretene Veränderungssperre der Antragsgegnerin unwirksam war. Die Veränderungssperre sicherte die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. **/H******. Der von der Antragstellerin gleichfalls mit einem Normenkontrollantrag angefochtene Bebauungsplan überplant im Gemeindeteil H****** im Wesentlichen das inzwischen in sieben Parzellen aufgeteilte Gelände des ehemaligen G*********** (Fl.Nr. **** alt), das nordöstlich angrenzende Grundstück Fl.Nr. **** und das vom Grundstück Fl.Nr. **** alt durch die Seeuferstraße getrennte, unmittelbar am Starnberger See gelegene Grundstück Fl.Nr. ****. Die Antragstellerin möchte die Grundstücke des ehemaligen G*********** bebauen und hat entsprechende Vorbescheide beantragt. Für das Grundstück Fl.Nr. **** liegt ein Vorbescheid für die Errichtung eines Wohngebäudes vor.

1. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 13. Juli 1999 die Aufstellung eines Bebauungsplans Nr. **/H******. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 4. November 1999 bekannt gemacht.

Am 30. November 1999 beschloss der Gemeinderat für die Grundstücke Fl.Nrn. **** alt und **** eine Veränderungssperre mit der gesetzlichen Geltungsdauer von zwei Jahren. Die Satzung wurde am 6. Dezember 1999 ausgefertigt und am 9. Dezember 1999 bekannt gemacht (Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999).

Am 6. März 2001 wurde auch für das Grundstück Fl.Nr. **** eine Veränderungssperre mit einer Geltungsdauer von zwei Jahren beschlossen. Diese Satzung wurde am 6. März 2001 ausgefertigt und am 21. März 2001 bekannt gemacht (Veränderungssperre vom 6. März 2001).

Am 16. Oktober 2001 beschloss der Gemeinderat eine Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999 um ein Jahr. Die Bekanntmachung dieses Satzungsbeschlusses erfolgte am 8. November 2001. Eine Urkunde der Verlängerungssatzung befindet sich nicht bei den Akten.

Am 19. November 2002 beschloss der Gemeinderat, für den gesamten geplanten Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ** erneut eine Veränderungssperre zu erlassen. Die Satzung wurde am 21. November 2002 ausgefertigt und bekannt gemacht (Veränderungssperre vom 21. November 2002). Gleichzeitig machte die Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss vom 13. Juli 1999 noch einmal bekannt.

Mit Bescheid vom 10. November 2003 stimmte das Landratsamt *** ******************* der Veränderungssperre vom 21. November 2002 nachträglich zu. In den Gründen des Bescheides führte die Behörde aus, dass die Antragsgegnerin am 16. Oktober 2001 zwar eine (erste) Verlängerung der Veränderungssperre beschlossen habe, dass eine "Verlängerungs-Satzung" aber nicht erlassen worden sei.

In der Sitzung vom 20. November 2003 "genehmigte" der Gemeinderat mit einem neuen Satzungsbeschluss den Erlass der Veränderungssperre vom 21. November 2002 "mit rückwirkender Inkraftsetzung". Die Bekanntmachung der am 20. November 2003 ausgefertigten Satzung erfolgte am 21. November 2003 (Veränderungssperre vom 20. November 2003). In derselben Sitzung wurde der Bebauungsplan Nr. **/H****** als Satzung beschlossen. Auch dieser Satzungsbeschluss wurde am 21. November 2003 bekannt gemacht.

Am 4. September 2004 beschloss der Gemeinderat eine Änderung der Veränderungssperre vom 20. November 2003. In die Regelung über den räumlichen Geltungsbereich wurden die Grundstücke Fl.Nrn. ****/**, ****/** und **** T aufgenommen. Mit Bescheid vom 27. September 2004 stimmte das Landratsamt der "Berichtigungssatzung" zu, die nach ihrem § 2 rückwirkend zum 21. November 2002 in Kraft tritt. Die Ausfertigung erfolgte am 4. Oktober 2004 und die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 13. Oktober 2004 (Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004).

2. Zur Begründung des am 1. April 2003 eingegangenen Normenkontrollantrags macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend: Bei der Veränderungssperre vom 20. November 2003 handele es sich um eine erstmalige Veränderungssperre für ein geändertes Planungskonzept, das nicht von dem Aufstellungsbeschluss vom 13. Juli 1999 gedeckt sei. Schon aus diesem Grund sei die Veränderungssperre unwirksam. Die Satzung sei aber auch dann unwirksam, wenn man diese Frage anders beurteile. In diesem Fall handle es sich um eine erneute Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 3 BauGB. Diese sei schon deswegen unwirksam, weil die Bekanntmachung vor dem Außerkrafttreten der ersten - verlängerten - Veränderungssperre erfolgt sei. Gegen die Wirksamkeit der ersten Verlängerungssatzung vom 16. Oktober 2001 bestünden entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keine Bedenken. Der Satzungsbeschluss liege vor; die Bekanntmachung sei erfolgt. Als erneute Veränderungssperre erfülle die Satzung außerdem nicht die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB ("besondere Umstände"). Diese müssten auch vorliegen, wenn eine Veränderungssperre anstelle einer zweiten Verlängerung erneut erlassen werde. Die nach § 17 Abs. 3 BauGB 1997 erforderliche Zustimmung des Landratsamts habe nicht vorgelegen. Dieser Mangel habe nicht durch erneute Bekanntmachung rückwirkend geheilt werden können, weil die Voraussetzungen des § 215 a Abs. 2 BauGB 1997 nicht erfüllt seien; es handle sich um einen materiellen Mangel.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

festzustellen, dass die für die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. **/H****** erlassene Veränderungssperre der Gemeinde M****** vom 20. November 2003, geändert durch Satzung vom 4. Oktober 2004, unwirksam war.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es handle sich um eine wirksame erneute Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 3 BauGB. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB hätten nicht vorliegen müssen, weil die Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999 nicht wirksam verlängert worden sei. Es fehle eine Satzungsurkunde. Die individuelle Sperrwirkung aufgrund einer "faktischen" Verlängerung sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die erneute Veränderungssperre sei zwar ohne die nach § 17 Abs. 3 BauGB 1997 erforderliche Zustimmung in Kraft gesetzt worden. Dieser Mangel sei aber behoben worden. Nach der Zustimmung des Landratsamts habe die Antragsgegnerin die erneute Veränderungssperre am 20. November 2003 erneut als Satzung beschlossen und anschließend mit Rückwirkung zum 21. November 2002 in Kraft gesetzt. § 215 a Abs. 2 BauGB 1997 sei anwendbar gewesen, weil es sich beim Fehlen der Zustimmung um einen Mangel nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB 1997 handele. Welche Folgen der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellte Widerspruch zwischen der Beschreibung des Geltungsbereichs im Textteil der Satzung und der Darstellung des Geltungsbereichs in der Karte gehabt habe, könne dahinstehen. Wenn dieser Widerspruch zu einer (Teil-)Unwirksamkeit der Veränderungssperre geführt haben sollte, so sei dieser Fehler durch die Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 rückwirkend geheilt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat am 3. August und 7. Dezember 2004 mündlich verhandelt. Auf eine weitere mündliche Verhandlung haben die Beteiligten verzichtet. Die Akten des Verfahrens 1 N 03.3427 wurden beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Gegenstand des Antrags ist nur die Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 20. November 2003 in der Fassung durch die Änderungsatzung vom 14. Oktober 2004. Die Veränderungssperre vom 21. November 2002 ist nicht Gegenstand des Verfahrens, weil sie durch die angefochtene Veränderungssperre ersetzt wurde. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind ferner die Veränderungssperren vom 6. Dezember 1999 und vom 6. März 2001. Diese Satzungen wurden nicht angefochten. Ihre Wirksamkeit wird auch von keiner Seite in Zweifel gezogen.

I.

Der Normenkontrollantrag ist als Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig.

Im Normenkontrollverfahren ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag zulässig, wenn der Normenkontrollantrag zulässig war, wenn die angefochtene Rechtsvorschrift während des Verfahrens außer Kraft getreten ist und wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Norm hat (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in entsprechender Anwendung). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt, weil sie mit nicht von vorneherein von der Hand zu weisenden Gründen geltend macht, dass die im Wesentlichen ihre Grundstücke betreffende Veränderungssperre unwirksam war. Damit ist die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinn von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreichend dargelegt.

Die streitgegenständliche Veränderungssperre ist nach Eingang des Normenkontrollantrags gemäß § 17 Abs. 5 BauGB mit der Bekanntmachung des Bebauungsplans am 21. November 2003 - unabhängig von dessen Wirksamkeit (BVerwG vom 28.2.1990 NVwZ 1990, 656) - außer Kraft getreten.

Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der außer Kraft getretenen Veränderungssperre ergibt sich daraus, dass die Gültigkeit der Norm für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über Sekundäransprüche von Bedeutung sein kann (vgl. BVerwG vom 2.9.1983 E 68, 12 = NJW 1984, 881 = BayVBl 1984, 154; NdsOVG vom 5.12.2001 BauR 2002, 594). Die Antragstellerin hat hinreichend substantiiert dargelegt, dass ihr wegen der auf die Veränderungssperre gestützten negativen Beurteilung ihrer Vorbescheidsanträge durch die Antragsgegnerin und das Landratsamt Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche zustehen können.

II.

Der Antrag ist unbegründet.

1. Bei der Veränderungssperre vom 20. November 2003 in der Fassung der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 handelte es sich im größten Teil ihres Geltungsbereichs um eine erneute Veränderungssperre (1.1.) und im Übrigen um eine erste Verlängerung der Veränderungssperre vom 6. März 2001 (1.2.).

1.1. Hinsichtlich der aus dem Grundstück Fl.Nr. **** (alt) gebildeten sieben Grundstücke, hinsichtlich des Seeufergrundstücks Fl.Nr. **** und hinsichtlich der im Geltungsbereich liegenden Verkehrsflächen handelte es sich bei der streitgegenständlichen Satzung vom 20. November 2003 um eine erneute Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 3 des Baugesetzbuches in der damals maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BGBl I S. 2141, BGBl I 1998 S. 137) - BauGB 1997 - und nicht um eine zweite Verlängerung der für diese Grundstücke erlassenen Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999.

Eine zweite Verlängerung einer Veränderungssperre setzt eine wirksame erste Verlängerung voraus. Diese Voraussetzung war nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin wollte die Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999, deren (gesetzliche) Geltungsdauer mit dem 8. Dezember 2001 ablief (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB), zwar mit der am 16. Oktober 2001 beschlossenen Satzung um ein Jahr verlängern. Die Verlängerung war aber nicht wirksam geworden, weil die Antragsgegnerin kein (ausgefertigtes) Satzungsoriginal hergestellt hatte.

Das Erfordernis einer Originalurkunde als Wirksamkeitsvoraussetzung einer Satzung ergibt sich für Gemeindesatzungen aus dem Ausfertigungsgebot des Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO. Durch die Ausfertigung wird die Originalurkunde hergestellt (BayVGH vom 4.4.2003 NVwZ-RR 2003, 669 = BayVBl 2004, 22). Die Originalurkunde ist Grundlage und Voraussetzung der Verkündung der Satzung (Ziegler, DVBl 1987, 280/281). Ohne Originalurkunde kann das Satzungsverfahren nicht abgeschlossen werden (vgl. - für förmliche Bundesgesetze - Brenner in: von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 82 RdNr. 15). Dies wird besonders deutlich, wenn eine städtebauliche Satzung - wie die Veränderungssperre vom 20. November 2003 - im Wege der "Ersatzverkündung" gemäß § 10 Abs. 3 BauGB (in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 2 BauGB) bekannt gemacht wird. Das Inkrafttreten gemäß § 10 Abs. 3 BauGB erfordert nämlich neben der ortsüblichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses als zweite Wirksamkeitsvoraussetzung, dass die Gemeinde die Satzung mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereit hält und über den Inhalt auf Verlangen Auskunft gibt (§ 10 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Auch dieser Anforderung kann nur entsprochen werden, wenn ein Satzungsoriginal hergestellt wurde.

Dies ist nach den von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten bei der am 16. Oktober 2001 beschlossenen Verlängerung der Veränderungssperre unterblieben. Während sich zu allen anderen in dieser Angelegenheit beschlossenen Satzungen Originalurkunden bei den Akten befinden, fehlt diese bei der ersten Verlängerung. Weder die Niederschrift über die Gemeinderatssitzung, in der die Verlängerung beschlossen wurde, noch der Auszug aus dieser Niederschrift, der sich bei den Akten befindet, vermögen das Satzungsoriginal zu ersetzen. Der Auszug wurde zwar vom ersten Bürgermeister unterzeichnet; die Unterschrift dient aber nur dem Zweck, "die Vollständigkeit und Richtigkeit des Auszugs" zu bestätigen.

Der Auffassung, dass das Vorliegen eines Satzungsoriginals Voraussetzung für einen wirksamen Abschluss eines Satzungsverfahrens ist, steht die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Ansicht, dass die Unterschrift auf der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung, in der der Satzungsbeschluss gefasst wurde, als Ausfertigung einer städtebaulichen Satzung angesehen werden kann (zuletzt: BayVGH vom 3.9.2004 - 25 B 01.3116), nicht entgegen. Denn in den Verfahren, in denen diese Auffassung vertreten wurde, lag ein als Satzungsoriginal geeignetes Schriftstück vor. Es fehlte nur die Unterschrift auf diesem Schriftstück, die nach Auffassung des erkennenden Senats gerade deswegen erforderlich ist, weil nur auf diese Weise ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Satzungsoriginal hergestellt werden kann (BayVGH vom 4.4.2003 BayVBl 2004, 22 = NVwZ-RR 2003, 669).

1.2. Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. **** wirkte die Veränderungssperre vom 20. November 2003 in der Fassung der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 als erste Verlängerung der für dieses Grundstück erlassenen, am 21. März 2001 in Kraft getretenen Veränderungssperre vom 6. März 2001. Denn die zweijährige Geltungsdauer dieser Veränderungssperre war zum Zeitpunkt des (rückwirkenden) Inkrafttretens der streitgegenständlichen Veränderungssperre am 21. November 2002 noch nicht abgelaufen.

2. Die Veränderungssperre vom 20. November 2003 in der Fassung der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 war wirksam. Soweit nach § 17 Abs. 3 BauGB 1997 eine Zustimmung erforderlich war, lag sie vor (2.1.). Die Satzung verstieß nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2.). Die allgemeinen Voraussetzungen einer Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) waren erfüllt (2.3.). Die besonderen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB 1997 mussten auch insoweit nicht eingehalten werden, wie es sich um eine erneute Veränderungssperre gehandelt hat (2.4.). Keine Bedenken gegen die Wirksamkeit bestanden schließlich, soweit durch die streitgegenständliche Satzung die Veränderungssperre vom 6. März 2001 verlängert wurde (2.5.).

2.1. Die nach § 17 Abs. 3 BauGB 1997 erforderliche Zustimmung lag vor.

Soweit es sich bei der Veränderungssperre um eine erneute Sperre gehandelt hat (vgl. II.1.1.), bedurfte sie nach § 17 Abs. 3 BauGB 1997, § 2 Abs. 6 ZustVBau der Zustimmung des Landratsamts. Diese lag zwar bei der Veränderungssperre vom 21. November 2002 nicht vor. Diesen Mangel, der gemäß § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB 1997 nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Unwirksamkeit der Satzung zur Folge hatte, hat die Antragsgegnerin jedoch wirksam behoben. Sie hat die Zustimmung nachträglich eingeholt (Bescheid des Landratsamts vom 10.11.2003), die Veränderungssperre (vorsorglich) am 20. November 2003 erneut als Satzung beschlossen, diese am selben Tag ausgefertigt und mit Bekanntmachung vom 21. November 2003 rückwirkend zum 21. November 2002 in Kraft gesetzt.

Keinen Bedenken begegnet es, dass die Bekanntmachung an dem Tag erfolgte, am dem die Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 5 BauGB außer Kraft trat, weil der gleichzeitig bekannt gemachte Bebauungsplan gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB in Kraft trat. Eine Fehlerbehebung durch ein ergänzendes Verfahren kommt sogar dann noch in Betracht, wenn die Geltungsdauer der mangelhaften Satzung abgelaufen ist oder wenn diese aufgehoben worden ist (BVerwG vom 3.12.1998 NVwZ 1999, 419). Die Rückwirkung war nach der damals noch maßgeblichen Vorschrift des § 215 a Abs. 2 BauGB 1997 zulässig, weil es sich bei dem Fehlen einer Zustimmung um die Verletzung einer der in § 214 Abs. 1 BauGB 1997 bezeichneten Vorschriften gehandelt hat. Die Zustimmung gemäß § 17 Abs. 2 und 3 BauGB 1997 entsprach einer Genehmigung im Sinn von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB 1997 (Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 214 RdNr. 34; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 214 RdNr. 82). Gründe des Vertrauensschutzes standen dem rückwirkenden Inkraftsetzen nicht entgegen. Bei Form- und Verfahrensfehlern müssen die Betroffenen jederzeit mit einer - auch rückwirkenden - Fehlerbehebung rechnen (BVerwG vom 10.8.2000 NVwZ 2001, 203/205).

2.2. Die Veränderungssperre genügte den Anforderungen an die Bestimmtheit von Satzungen. Soweit die Satzung vom 20. November 2003 in dieser Hinsicht zu Zweifeln Anlass gab, hat die Antragsgegnerin die Mängel durch die Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 behoben.

In der Satzung vom 20. November 2003 war die Regelung über den Geltungsbereich der Veränderungssperre (§ 2) widersprüchlich. Die Grundstücke Fl.Nrn. ****/**, ****/** und **** (Teilfläche) waren in der Aufzählung der von der Sperre erfassten Grundstücke nicht aufgeführt. Nach dem der Satzung beigefügten Lageplan, auf den in § 2 zusätzlich Bezug genommen worden war, lagen diese Grundstücke aber im Geltungsbereich. Diesen Widerspruch hat die Antragsgegnerin ausgeräumt, indem sie die Vorschrift über den Geltungsbereich in der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 mit einem eindeutigen Regelungsgehalt neu gefasst und die Änderungssatzung rückwirkend zum 21. November 2002 in Kraft gesetzt hat.

Gegen die Wirksamkeit der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 bestanden keine Bedenken.

Die Änderungssatzung durfte rückwirkend in Kraft gesetzt werden. § 214 Abs. 4 BauGB 2004 des Baugesetzbuches in der am 20. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl I S. 2414) - BauGB 2004 - lässt ein rückwirkendes Inkraftsetzen bei allen (formellen und materiellen) Mängeln zu, die in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können. Die Vorschrift ist nach der Überleitungsregelung des § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 auf die noch auf der Grundlage des Baugesetzbuches 1997 in Kraft getretene Veränderungssperre vom 20. November 2003 entsprechend anzuwenden. Auch insoweit hinderten Gründe des Vertrauensschutzes das rückwirkende Inkraftsetzen nicht. Ein Vertrauen der Antragstellerin auf eine "veränderungssperrenfreie" Zeit ab dem 21. November 2002 wäre in Anbetracht des Rechtsscheins einer gültigen Regelung, der durch die Satzung vom 21. November 2002 erzeugt worden war, nicht schützenswert.

2.3. Die allgemeinen Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre (§ 14 Abs. 1 BauGB) waren erfüllt.

Nach dieser Vorschrift darf eine Veränderungssperre nur erlassen werden, wenn die Gemeinde mit einem gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB bekannt gemachten und damit bauplanungsrechtlich beachtlichen Aufstellungsbeschluss ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet hat (BVerwG vom 15.4.1988 E 79, 200/205 = NVwZ 1988, 916). Außerdem muss die Planung beim Erlass der Veränderungssperre so weit konkretisiert sein, dass die Erforderlichkeit einer Sicherung gemäß den §§ 14 ff. BauGB beurteilt werden kann. Diese Voraussetzungen müssen auch dann erfüllt sein, wenn eine Veränderungssperre verlängert oder erneuert wird.

Die Veränderungssperre vom 20. November 2003 in der Fassung der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 genügte diesen Anforderungen.

Die Voraussetzung eines beim Inkrafttreten der Veränderungssperre ortsüblich bekannt gemachten Aufstellungsbeschlusses war erfüllt. Die Antragsgegnerin hatte den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. ** bereits am 4. November 1999 bekannt gemacht. Außerdem hat sie die Bekanntmachung vorsorglich - am 21. November 2002 - wiederholt, als sie die Veränderungssperre vom 21. November 2002 bekannt gemacht hat. Mit dieser gleichzeitigen Bekanntmachung von Aufstellungsbeschluss und Veränderungssperre wurde der gesetzlichen Anforderung erneut entsprochen (VGH BW vom 9.2.1998 BauR 60 Nr. 60; Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 14 RdNr. 6; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 14 RdNr. 38).

Die Voraussetzung einer hinreichend konkretisierten Planung war auch während der Geltungsdauer der streitgegenständlichen Veränderungssperre noch erfüllt.

Eine Veränderungssperre darf nicht aufrechterhalten, verlängert oder erneuert werden, wenn die Gemeinde die gesicherte Planung grundlegend ändert. In diesem Fall muss die Sperre durch einen neuen Aufstellungsbeschluss und dessen ortsübliche Bekanntmachung erneut legitimiert werden (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 14 RdNrn. 50 ff.). Eine solche Veränderung des Grundkonzepts der Planung hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber nicht stattgefunden.

Im Aufstellungsbeschluss vom 13. Juli 1999 hat die Antragsgegnerin als Planungsziel angegeben, dass das damals noch ungeteilte Grundstück Fl.Nr. **** (alt) und das Grundstück Fl.Nr. **** als reines Wohngebiet und das Ufergrundstück Fl.Nr. **** als private Grünfläche ausgewiesen werden sollen. Diese Vorstellung über die künftige Art der baulichen Nutzung genügte, um die Planung im erforderlichen Maß zu konkretisieren (BVerwG vom 19.2.2004 NVwZ 2004, 984). Mit dem am 1. Juli 2003 gefassten Beschluss, den G********* zu erhalten und das Seeufergrundstück als Sondergebiet auszuweisen, hat die Antragsgegnerin zwar das ursprüngliche Konzept teilweise geändert. Außerdem hat sie am 29. Juli 2003 den - am 23. Oktober 2003 wieder rückgängig gemachten - Beschluss gefasst, für das Ufergrundstück ein gesondertes Planverfahren durchzuführen. Durch diese Änderungen wurde aber das Grundkonzept der Planung, das Areal des ehemaligen G********** einer Wohnbebauung zuzuführen, nicht in Frage gestellt.

2.4. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB 1997 mussten auch in den Teilen des Geltungsbereichs nicht eingehalten werden, hinsichtlich deren es sich um eine erneute Veränderungssperre gehandelt hat (vgl. II.1.1.).

Nach der (insoweit nicht geänderten) Vorschrift des § 17 Abs. 2 BauGB 1997 darf eine bereits um ein Jahr verlängerte Veränderungssperre nur dann noch einmal bis zu einem weiteren Jahr verlängert werden, wenn besondere Umstände dies erfordern. Diese besonderen Anforderungen sind auch dann zu beachten, wenn die Veränderungssperre nicht ein zweites Mal verlängert, sondern - nach Ablauf einer einmal verlängerten Sperre - erneut beschlossen wird. Die streitgegenständliche Veränderungssperre musste § 17 Abs. 2 BauGB 1997 aber nicht entsprechen, weil sie, wie bereits ausgeführt wurde, wegen der Unwirksamkeit der ersten Verlängerung nicht eine zweite Verlängerung der Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999 ersetzte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der durch die fehlgeschlagene erste Verlängerung erzeugte Rechtsschein für die Antragstellerin wie eine Veränderungssperre gewirkt haben dürfte (faktische Veränderungssperre). Zwar sind auf die Geltungsdauer einer Veränderungssperre gegenüber dem einzelnen Betroffenen (konkrete Geltungsdauer) nicht nur - gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB - die Zeiten einer Zurückstellung (§ 15 BauGB) anzurechnen, sondern - in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB - auch die Zeiten einer faktischen Zurückstellung oder einer faktischen Veränderungssperre (BVerwG vom 11.11.1970 NJW 1971, 445 = BayVBl 1971, 424). Für die Frage, ob eine Veränderungssperre wegen besonderer Umstände im Sinn von § 17 Abs. 2 BauGB ein zweites Mal verlängert oder nach einer Geltungsdauer von drei Jahren erneuert werden darf, ist aber nicht die konkrete, sondern die allgemeine Geltungsdauer der Veränderungssperre maßgeblich (BVerwG vom 30.10.1992 NVwZ 1993, 474; vgl. auch BVerwG vom 6.8.1992 NVwZ 1993, 471). Diese betrug nur drei Jahre, nämlich zwei Jahre Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 6. Dezember 1999 (9.12.1999 bis 8.12.2001) und ein Jahr Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 20. November 2003 (21.11.2002 bis 20.11.2003).

2.5. Die Veränderungssperre vom 20. November 2003 in der Fassung der Änderungssatzung vom 4. Oktober 2004 war auch insoweit wirksam, wie durch sie - im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. **** - die Veränderungssperre vom 6. März 2001 mit Wirkung ab dem 21. November 2002 um ein Jahr verlängert wurde (vgl. II.1.b). Da es sich um eine erste Verlängerung (§ 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB) handelte, mussten keine besonderen Umstände im Sinn von § 17 Abs. 2 BauGB 1997 vorliegen. Dass die Verlängerung bereits rund dreieinhalb Monate vor dem Ablauf der Geltungsdauer der Sperre vom 6. März 2001 erfolgte, ist unschädlich. § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB lässt auch eine vorzeitige erste Verlängerung zu. Erforderlich ist lediglich, dass die Notwendigkeit einer weiteren Sicherung zum Zeitpunkt der Verlängerung bereits abzusehen ist (Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 17 RdNr. 1). Diese Voraussetzung war erfüllt.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht gemäß der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 des Gerichtskostengesetzes in der Fassung vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718) - GKG n. F. - auf § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 des Gerichtskostengesetzes in der Fassung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047) - GKG a. F.. Sie orientiert sich an Nr. II.7.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der hier heranzuziehenden Fassung von 1996 (NVwZ 1996, 553).

Ende der Entscheidung

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