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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.2006
Aktenzeichen: 1 N 04.582
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB 1998 § 1 Abs. 6
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 15
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 25
BauGB § 9 Abs. 6
BauGB § 42 Abs. 2
BauGB § 42 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

1 N 04.582

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. **

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof König, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Langer

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. Juli 2006 am 14. Juli 2006 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Der Bebauungsplan Nr. ** ("Für den Bereich **.****** Fl.St. ***/*") der Stadt B****** ist unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsteller zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. ** ("Für den Bereich **.****** Fl.St. ***/*") der Antragsgegnerin.

1. Der Antragsteller zu 1 ist seit Anfang 2002 Eigentümer des ca. 1550 qm großen Grundstücks Fl.Nr. ***/* Gemarkung B******.

Die Antragsteller zu 2 und 3 - Schwiegersohn und Tochter des Antragstellers zu 1 - beantragten unter dem 18. Dezember 2002 bei der Antragsgegnerin die Erteilung eines Vorbescheids zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Fl.Nr. ***/*. Mit Bescheid vom 13. Februar 2003 stellte die Antragsgegnerin die Entscheidung über den Vorbescheidsantrag im Hinblick auf das im Januar 2003 eingeleitete Bebauungsplanverfahren (hierzu unter 2.) gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB bis längstens zum 20. November 2003 zurück; hiergegen erhoben die Antragsteller zu 2 und 3 Widerspruch. Am 5. September 2003 erhoben die Antragsteller zu 2 und 3 (Untätigkeits-) Klage zum Verwaltungsgericht ******* mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Vorbescheidsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (positiv) zu verbescheiden (Az. M 1 K 03.4197). Am 19. November 2003 trat eine Veränderungssperre in Kraft. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2003 lehnte die Antragsgegnerin den Vorbescheidsantrag wegen der Veränderungssperre ab; die Antragsteller zu 2 und 3 erhoben hiergegen Widerspruch. Mit Beschluss vom 25. März 2004 setzte das Verwaltungsgericht das Klageverfahren - in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO - wegen Vorgreiflichkeit des inzwischen gestellten Normenkontrollantrags gegen den Bebauungsplan Nr. ** aus.

2. Der Stadtrat der Antragsgegnerin beschloss am 15. Januar 2003 die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Grundstück Fl.Nr. ***/*. Der Bebauungsplan Nr. ** wurde am 10. Dezember 2003 als Satzung beschlossen und trat mit seiner ortsüblichen Bekanntmachung am 12. Januar 2004 in Kraft.

Der Bebauungsplan hat ausweislich des Aufstellungsbeschlusses und der Begründung zum Ziel, das dem Landschaftsschutzgebiet "S*******" und dem Naherholungsgebiet zugeordnete Grundstück Fl.Nr. ***/* langfristig als deren Bestandteil zu sichern und - im Interesse der Erhaltung von Natur und Landschaft sowie der historischen Struktur (ehemals Gastgarten der benachbarten Gaststätte **.******) - einer Bebauung dauerhaft zu entziehen. Von den standortprägenden, zum Teil 200 bis 300 Jahre alten Winterlinden seien von den ursprünglich 22 Bäumen noch 9 Bäume vorhanden; 8 Bäume seien in weiter zurückliegender, 5 Bäume in jüngster Zeit gefällt worden. Durch Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft solle der bisherige Charakter wiederhergestellt und weiterentwickelt und eine Grünflächenverbindung zu den im Norden und Westen angrenzenden Hangflächen hergestellt werden.

Zu diesem Zweck setzt der Bebauungsplan das gesamte Grundstück als private Grünfläche fest. Außerdem setzt der Bebauungsplan durch Planzeichen das Anpflanzen von insgesamt 13 Winterlinden mit einem Stammumfang von 30 bis 35 cm sowie Bindungen für die Erhaltung eines weiteren Baums und der Sträucher am westlichen, südlichen und östlichen Grundstücksrand fest. Der Bebauungsplan gibt ferner die Grenze des Landschaftsschutzgebiets "S*******" (Verordnung des Landkreises A******* vom 8.8.1977) für die nähere Umgebung wieder.

3. Mit dem am 2. März 2004 gestellten Normenkontrollantrag machen die Antragsteller die Unwirksamkeit des Bebauungsplans aus formellen und materiellen Gründen geltend.

Der Stadtrat sei zu der Sitzung am 17. September 2003, in der statt des angekündigten Satzungsbeschlusses nur ein Änderungsbeschluss gefasst worden sei, nicht ordnungsgemäß geladen worden; auch sei gegen das Gebot der offenen Abstimmung verstoßen worden. Im Hinblick auf diese Vorgehensweise werde bestritten, dass eine ordnungsgemäße Ladung des Stadtrats zu den übrigen den Bebauungsplan betreffenden Sitzungen erfolgt sei. Die Frist des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB sei nicht eingehalten worden. Es habe keine gesonderte Abstimmung über die Begründung des Bebauungsplans stattgefunden; vielmehr sei nur (gemeinsam mit dem Bebauungsplan) über die Begründung des Aufstellungsbeschlusses abgestimmt worden. Außerdem bestünden Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausfertigung des Bebauungsplans.

Inhaltlich seien die Eigentumsposition und die privaten Belange der Antragsteller nicht zutreffend berücksichtigt und gewichtet. Der Baumbestand, um deren Erhalt es der Antragsgegnerin gehe, sei marode, umsturz- und bruchgefährdet und jedenfalls nicht schutzwürdig. Das Grundstück Fl.Nr. ***/* liege im Bebauungszusammenhang des Ortsteils **.****** und mithin im Innenbereich. Die umliegenden Grundstücke seien bebaut, wobei im Falle der Grundstücke Fl.Nrn. ***** und ***** die Baugenehmigung nach § 34 BauGB erteilt worden sei. Das Grundstück Fl.Nr. ***/* selbst weise Reste früherer Bebauung (Kellergewölbe, Mauer einer abgebauten Kegelbahn) sowie eine Trafo-Station auf. Bei der Beurteilung des Bebauungszusammenhangs seien auch die das Grundstück umgebenden Verkehrswege (H******straße, G*****straße, Z******berg bzw. -weg) sowie die topographischen Verhältnisse zu berücksichtigen. Soweit der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan das Grundstück als private Grünfläche darstelle, könne dies der Bebaubarkeit des Innenbereichsgrundstücks nicht entgegengesetzt werden. Es werde (unter Hinweis auf ein Urteil des Amtsgerichts A******* vom 28.8.2003 in einer Ordnungswidrigkeitensache) bestritten, dass das Grundstück Fl.Nr. ***/* wirksam in den räumlichen Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung "S*******" einbezogen sei; selbst wenn das der Fall sei, könne dies allenfalls die Einzelheiten der Ausführung eines Bauvorhabens, nicht aber die Bebaubarkeit als solche berühren. Soweit es sich bei der Darstellung der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets im Bebauungsplan um eine Festsetzung handeln solle, sei zudem die Kompetenz der Antragsgegnerin fraglich. Im Übrigen widerspräche eine solche Festsetzung, die in Richtung einer öffentlichen Grünfläche tendiere, der Festsetzung als privater Grünfläche; dem Planungsziel der Antragsgegnerin hätte deshalb richtigerweise eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB entsprochen. Das Grundstück sei ferner nicht dem in der Bebauungsplanbegründung angeführten Naturraum und Naherholungsgebiet zuzuordnen, die erst nördlich von Fl.Nrn. ***** und ***** begännen. Der Bebauungsplan diene letztlich nur dem Ausschluss einer baulichen Nutzungsmöglichkeit; dagegen fehle die gebotene konkrete Ausformung, wie die private Grünfläche - positiv - genutzt werden könne. Der Bebauungsplan verstoße deshalb gegen das Verbot der Negativplanung. Er sei schließlich auch kein taugliches Instrument, um die Pflanzgebote durchzusetzen.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan Nr. ** ("Für den Bereich **.****** Fl.St. ***/*") der Stadt B****** für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie tritt, unter Hinweis auf die Akten und ergänzend vorgelegte Aktenstücke, den Einwendungen der Antragsteller gegen das Verfahren bei der Aufstellung des Bebauungsplans entgegen.

Der Bebauungsplan sei auch materiell rechtmäßig. Das Grundstück Fl.Nr. ***/* befinde sich nach der wörtlichen Beschreibung in § 1 der Schutzgebietsverordnung ebenso wie nach der kartenmäßigen Darstellung eindeutig im Landschaftsschutzgebiet "S*******", auch wenn es dort jeweils als Fl.Nr. *** bezeichnet sei. Das Grundstück liege ferner nicht im Innen-, sondern im Außenbereich. Es werde durch die westlich und östlich gelegenen Gebäude nicht derart eingeklammert, dass es an dem einen oder dem anderen Bebauungszusammenhang teilnehme. Bei den Gebäuden westlich der H******straße handele es sich um eine bis etwa 1920 entstandene Splittersiedlung im Außenbereich. Die Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. *****, das zudem nicht im Landschaftsschutzgebiet liege, resultiere daraus, dass sich nördlich davon ein inzwischen abgebrochenes städtisches Betriebsgebäude befunden habe. Auch wenn das Grundstück Fl.Nr. ***/* ursprünglich der benachbarten Gaststätte (Fl.Nr. *****) als Wirtsgarten gedient habe, bestehe ein derartiger baulicher oder betrieblicher Zusammenhang seit langem nicht mehr. Der Bebauungsplan stelle auch keine unzulässige Negativplanung dar. Er ziehe, wie der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan und wie die Landschaftsschutzverordnung, bewusst und sinnvoll eine Grenze zwischen Innen- und Außenbereich; er setze das seit der Aufstellung des Flächennutzungsplans im Jahre 1970 verfolgte Konzept fort, das W******becken, in dessen Vorfeld sich das Grundstück Fl.Nr. ***/* befinde, als Erholungslandschaft für die Bevölkerung ungeschmälert zu erhalten. Ziel des Bebauungsplans sei dabei, das Grundstück als private Grünfläche zu erhalten und - nach rechtswidriger Beseitigung des Baumbestandes durch die Antragsteller - mit Bäumen neu zu bepflanzen. Die Festsetzung als private Grünfläche sei, auch im Hinblick auf die Pflanz- und Erhaltungsgebote, hinreichend konkret.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt und eine Stellungnahme des Landratsamts A******* zum Zustand und zur Entwicklung des Baumbestandes auf dem Grundstück der Antragsteller vorgelegt.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des ausgesetzten Verfahrens M 1 K 03.4197, auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Bebauungsplanakten, auf die vom Landratsamt übergebene Ausfertigung der Verordnung des Landkreises A******* über das Landschaftsschutzgebiet "S*******" samt zugehöriger Karten sowie auf die Niederschriften über den Ortstermin am 18. Mai 2006 und die mündliche Verhandlung am 4. Juli 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag hat Erfolg. Der Bebauungsplan Nr. ** ("Für den Bereich **.****** Fl.St. ***/*") der Antragsgegnerin ist unwirksam.

Eine abschließende Überprüfung der - im Ergebnis wohl unbegründeten - Einwendungen der Antragsteller gegen die Art und Weise der Beschlussfassung über den Bebauungsplan und gegen die Ordnungsmäßigkeit seiner Ausfertigung ist nicht erforderlich. Der angefochtene Bebauungsplan ist jedenfalls aus Gründen des materiellen Rechts ungültig.

Zwar sind die in dem Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen von den Ermächtigungsgrundlagen des § 9 BauGB gedeckt (1.). Auch genügt die Planung der Antragsgegnerin dem Erforderlichkeitsgrundsatz (2.). Die Festsetzung einer das gesamte Grundstück Fl.Nr. ***/* einnehmenden privaten Grünfläche und die damit verbundenen Festsetzungen zum Anpflanzen und zur Erhaltung von Bäumen und Sträuchern sind jedoch unwirksam, weil sie auf rechtlich erheblichen Fehlern bei der Abwägung der privaten Belange der Antragsteller beruhen (3.).

1. Die Festsetzung einer privaten Grünfläche (A.9.2) findet ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, die Festsetzungen zur Bepflanzung (A.13.2) in § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB und die Darstellung der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets "S*******" (A.13.3) in § 9 Abs. 6 BauGB.

Die für die Festsetzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB erforderliche eigene städtebauliche Funktion und Zweckbestimmung der Grünfläche liegt vor. Die Antragsgegnerin verfolgte mit ihrer Planung den - als solches legitimen - Zweck, das Grundstück Fl.Nr. ***/* mit den Mitteln des Bauplanungsrechts langfristig als Bestandteil des Landschaftsschutzgebiets "S*******" und des damit verbundenen Naherholungsgebiets zu sichern und den bisherigen, durch den Baumbestand geprägten Charakter des Grundstücks zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Dass kein über den allgemeinen Nutzungszweck als "private Grünfläche" hinausgehender spezieller Nutzungszweck - etwa im Sinne der in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB aufgeführten Beispiele - festgesetzt wurde, sondern sich die Zweckbestimmung der Grünfläche vor allem aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt, macht die Regelung nicht unwirksam (vgl. BVerwG vom 23.4.1998 NVwZ 1998, 1179). Im Übrigen liegt das von der Antragsgegnerin verfolgte Ziel der Planung auch den Festsetzungen zur Bepflanzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB zugrunde, die insofern mittelbar die Zweckbestimmung der privaten Grünfläche konkretisieren.

Nicht zu beanstanden ist auch die Darstellung der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets "S*******" im Bebauungsplan. Mit der nachrichtlichen Übernahme von "nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffenen Festsetzungen" entspricht die Gemeinde der Soll-Vorschrift des § 9 Abs. 6 BauGB. Dass der Bebauungsplan den Grenzverlauf des Landschaftsschutzgebiets nicht ausdrücklich als "nachrichtlich übernommen" kennzeichnet, ist unschädlich. Davon abgesehen bestimmt sich die Wirksamkeit solcher Regelungen ausschließlich nach der "anderen gesetzlichen Vorschrift", aufgrund derer sie getroffen wurden, und wird durch die (bloß informatorische) Darstellung im Bebauungsplan nicht berührt.

2. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen den Grundsatz, dass Bauleitpläne nur aufgestellt werden dürfen, sobald und soweit sie für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich sind (§ 1 Abs. 3 BauGB).

Die Antragsgegnerin verfolgt mit dem Bebauungsplan das (eben genannte) positive städtebauliche Ziel, das Grundstück Fl.Nr. ***/* in seiner ursprünglichen Prägung als Bestandteil des Landschaftsschutz- und Naherholungsgebiets zu erhalten. Dass sich als Kehrseite dieser planerischen Zielsetzung - durch die Grünflächenfestsetzung - ein Ausschluss von Bebauungsmöglichkeiten ergibt, macht die Konzeption der Antragsgegnerin nicht zu einer unzulässigen "Negativ-" oder "Verhinderungsplanung".

Erforderlichkeitsmängel bestehen auch nicht deshalb, weil einzelne Festsetzungen nicht geeignet wären, das mit ihnen verfolgte Ziel zu erreichen. Insbesondere sind die nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB getroffenen Festsetzungen zur Bepflanzung des Grundstücks mit den Mitteln des Bauplanungsrechts durchsetzbar (§ 178 BauGB).

3. Die Festsetzung einer das gesamte Grundstück Fl.Nr. ***/* einnehmenden privaten Grünfläche und die damit verbundenen Festsetzungen zur Bepflanzung führen jedoch zu einer unverhältnismäßigen und damit abwägungsfehlerhaften (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998) Einschränkung des Grundeigentums.

Die Antragsgegnerin hat die Eigentumsbelange der Antragsteller bei der Abwägung nicht mit dem Gewicht berücksichtigt, das ihnen aufgrund der Lage des Grundstücks im planungsrechtlichen Innenbereich zukommt (a). Das Gewicht der Eigentumsbelange wird insbesondere nicht dadurch in einer den vollständigen Entzug des Baurechts rechtfertigenden Weise gemindert, dass die baulichen Nutzungsmöglichkeiten nicht innerhalb der Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 und 3 BauGB ausgeübt wurden (b) und dass das Grundstück möglicherweise im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung liegt (c). Die Abwägungsmängel sind rechtlich erheblich und führen zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (d).

a) Bei der Festsetzung einer privaten Grünfläche muss die Gemeinde die damit verfolgten Belange des Gemeinwohls und die schutzwürdigen Interessen der Eigentümer unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Gleichheitssatzes im Rahmen der Abwägung in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Dabei hat die Gemeinde zu beachten, dass die mit einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB verbundene Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums an den überplanten Grundstücken (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) die Eigentümerbefugnisse weitgehend einschränkt. Besteht auf dem betroffenen Grundstück ein Recht zur Bebauung, kommt dem Interesse des Eigentümers an der Aufrechterhaltung dieses Rechts erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Dabei ist in die Abwägung einzustellen, dass sich der Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine (Teil-) Enteignung auswirken kann (vgl. zum Ganzen BVerfG vom 19.12.2002 NVwZ 2003, 727).

Das Grundstück Fl.Nr. ***/* liegt im planungsrechtlichen Innenbereich und war damit zum für die Abwägung maßgebenden Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) nach Maßgabe von § 34 BauGB grundsätzlich bebaubar. Zwar gibt es einzelne Gesichtspunkte, die für die von der Antragsgegnerin bei der Planung in erster Linie angenommene Außenbereichslage des Grundstücks sprechen. Hierzu zählt vor allem die Tatsache, dass zwischen dem Grundstück Fl.Nr. ***/* und sowohl den bebauten Grundstücken auf der westlichen Seite (Fl.Nr. *** und *****) als auch einem Teil der bebauten Grundstücke auf der östlichen Seite (Fl.Nrn. ***** und *****) ein deutlicher Höhenunterschied besteht, während sich der Übergang zu dem nördlich gelegenen Außenbereichsgrundstück Fl.Nr. ***, was die Topographie betrifft, "organischer" darstellt. Nach dem vom Senat beim Ortstermin gewonnenen Eindruck ändern diese Geländeverhältnisse jedoch nichts daran, dass das Grundstück Fl.Nr. ***/* vor allem von der Bebauung geprägt wird, die es an drei Seiten umgibt und die ihrerseits jeweils zweifelsfrei Teil des im Zusammenhang bebauten Ortsteils **.****** ist. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Doppelhaus auf den Grundstücken Fl.Nrn. ***** und *****, durch das die Verbindung zur "freien" Landschaft nach Osten hin abgeschnitten wird. Das Grundstück Fl.Nr. ***/* ist nicht groß genug, um trotz dieser "Einbettung" in die seine Fläche fast hufeisenförmig umschließende Bebauung nicht als Teil des Bebauungszusammenhangs, sondern noch als Fortsetzung des Außenbereichs zu erscheinen. Diese Beurteilung gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auf dem Grundstück zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch ein Teil der alten Linden stand, welche die Antragsteller - zum Teil wohl ohne triftigen Grund - bis auf einen Baum in der Nordwestecke vollständig entfernt haben. Der Eindruck der Zugehörigkeit zum Bebauungszusammenhang wird dadurch verstärkt, dass auf der Nordseite des Grundstücks Fl.Nr. ***/* zunächst die - zwar schmale und wenig befahrene, aber doch eine Zäsur schaffende - Fahrstraße Z******berg (Fl.Nr. *****) verläuft und erst dann die im Außenbereich gelegenen Flächen anschließen.

Die Antragsgegnerin hat die Lage des Grundstücks im Innenbereich bei der Aufstellung des Bebauungsplans zwar insofern berücksichtigt und in ihre Erwägungen einbezogen, als sie den Bebauungsplan ausdrücklich und unverändert auch für den Fall beschlossen hat, dass das Grundstück nach § 34 BauGB bebaubar gewesen sein sollte (Begründung des Bebauungsplans unter "Planungskonzept"). Sie hat die Eigentumsbelange der Antragsteller jedoch nicht mit dem Gewicht in die Abwägung (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998) eingestellt, das ihnen aufgrund der - auch grundrechtlich geschützten (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) - Bebaubarkeit des Grundstücks zukommt. Der im Rahmen der Abwägung zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, öffentliche und private Belange in einen - deren jeweiligem Gewicht entsprechenden - angemessenen Ausgleich zu bringen. Die von der Antragsgegnerin mit der Planung verfolgten Zwecke (oben 1.) könnten danach Einschränkungen rechtfertigen, die sich auf das "Wie" der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks, also etwa auf das Nutzungsmaß oder die überbaubare Grundstücksfläche, beziehen. Die Festsetzung der gesamten Fläche des Grundstücks Fl.Nr. ***/* als private Grünfläche und die damit verbundenen Festsetzungen zur Bepflanzung haben jedoch zur Folge, dass eine Bebauung mit einem Wohngebäude vollständig ausgeschlossen ist. Der absolute Vorrang, der auf diese Weise den öffentlichen Belangen eingeräumt wird, wird jedoch dem Gewicht, das den privaten Eigentumsbelangen aufgrund der Baulandqualität des Grundstücks zukommt. Der vollständige Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten stellt deshalb eine unverhältnismäßige Einschränkung des Grundeigentums dar, die die planerische Abwägung der Antragsgegnerin fehlerhaft macht.

b) Das Gewicht der Eigentumsbelange der Antragsteller wird auch nicht dadurch in einer den vollständigen Entzug des Baurechts rechtfertigenden Weise gemindert, dass die baulichen Nutzungsmöglichkeiten nicht innerhalb der Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 und 3 BauGB ausgeübt wurden.

Auch ein gemäß § 42 Abs. 3 BauGB entschädigungsfreier Eingriff ist nicht voraussetzungslos zulässig; er ist entschädigungsfrei, wenn er zulässig ist, aber er ist nicht schon deshalb zulässig, weil er entschädigungsfrei wäre. Auch wenn den Antragstellern - auf der Ebene des Sekundärrechtsschutzes - also im Falle eines zulässigen Eingriffs keine Entschädigung zustünde, bedeutet das nicht, dass sie sich - auf der Ebene des Primärrechtsschutzes - gegen die Aufhebung bestehender Nutzungsmöglichkeiten nicht auf die Eigentumsgarantie berufen können. Ob an der im Urteil des Senats vom 3. September 2002 (BayVBl. 2003, 273) vertretenen Auffassung festzuhalten ist, dass sich die Wertungen des Planungsschadensrechts auf die Beurteilung von Festsetzungen eines Bebauungsplans zumindest in der Weise auswirken, dass sich das Gewicht privater Eigentumsbelange nach Ablauf der Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 und 3 BauGB verringert, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch wenn man von einer solchen "Vorwirkung" des Planungsschadensrechts zulasten der Antragsteller ausgeht, könnte dies allenfalls - wie eben dargelegt (3.a) - Einschränkungen hinsichtlich der Art und Weise der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks, nicht aber den vollständigen Entzug jeglichen Baurechts rechtfertigen. Soweit man - ohne Rücksicht auf die Fristen des § 42 Abs. 2 und 3 BauGB - auf im Laufe der Zeit eingetretene Veränderungen der Gründstückssituation abstellen wollte, wäre zudem zu berücksichtigen, dass die um 1996 erfolgte Bebauung der Nachbargrundstücke Fl.Nrn. ***** und ***** die Gewichte zugunsten der Eigentumsbelange der Antragsteller verschoben hat.

c) Der vollständige Ausschluss baulicher Nutzungsmöglichkeiten wird schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass das Grundstück möglicherweise im Geltungsbereich der Verordnung des Landkreises A******* über das Landschaftsschutzgebiet "S*******" vom 8. August 1977 liegt.

Der Senat neigt zu der Auffassung, dass sich das Grundstück Fl.Nr. ***/* innerhalb der in § 1 Abs. 2 der Verordnung beschriebenen Grenzen des Landschaftsschutzgebiets befindet. Zwar können jedenfalls die vom Landratsamt in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Karten und Blaupausen, nach denen das Grundstück Fl.Nr. ***/* im Schutzgebiet liegt, nicht zur Bestimmung des Grenzverlaufs herangezogen werden; bei keiner dieser Darstellungen handelt es sich um die von § 1 Abs. 3 der Verordnung in Bezug genommene, am 28. Juni 1976 ausgefertigte Karte. Die kartenmäßige Darstellung ist jedoch nur dann maßgebend, wenn die wörtliche Grenzbeschreibung hiervon abweichen sollte (§ 1 Abs. 4 der Verordnung). Nach der wörtlichen Beschreibung gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung verläuft die Grenze des Schutzgebiets "das Grundstück Fl.Nr. *** in den Schutzbereich einbeziehend ... der H******straße entlang und trifft auf die Südwestecke des Grundstücks Fl.Nr. ***" (Seite 5 Zeilen 12 bis 15 der Ausfertigung der Verordnung). Nach dieser Formulierung spricht Überwiegendes dafür, dass mit dem Grundstück Fl.Nr. *** das Grundstück Fl.Nr. ***/* gemeint ist und das Grundstück trotz der ungenügenden Flurnummernangabe aufgrund der weiteren Elemente der Grenzbeschreibung (noch) hinreichend bestimmt bezeichnet ist.

Die Frage, ob das Grundstück Fl.Nr. ***/* wirksam in das Schutzgebiet "S*******" einbezogen ist, kann jedoch letztlich offen bleiben, weil auch dann, wenn das der Fall sein sollte, die öffentlichen Belange des Umwelt- und Naturschutzes und der Landschaftspflege keinen gleichsam automatischen oder unbedingten Vorrang vor den Eigentumsbelangen der Antragsteller beanspruchen könnten. Allein die Lage eines Innenbereichsgrundstücks im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung schließt ein auf dem Grundstück bestehendes Baurecht nicht aus. Es genügt daher nicht, wenn sich die Antragsgegnerin zur Rechtfertigung ihrer Planung insoweit allein oder doch tragend darauf beruft, dass sich das Grundstück Fl.Nr. ***/* innerhalb der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets befindet, was im Übrigen auch für das benachbarte bebaute Innenbereichsgrundstück Fl.Nr. *** zutrifft. Die Antragsgegnerin hätte im Rahmen der planerischen Abwägung unter Beteiligung des Landratsamts zumindest weiter prüfen müssen, ob für ein Bauvorhaben auf dem Grundstück eine Erlaubnis oder eine Befreiung erteilt werden könnte (§ 3 Abs. 2 Buchstabe a) aa), § 3 Abs. 3 bzw. § 5 Abs. 1 Buchstabe b) der Verordnung); wäre das zu bejahen, so spräche es erheblich zugunsten der Eigentumsbelange der Antragsteller auch im Rahmen der planerischen Abwägung. Bei dieser Prüfung wäre auch zu berücksichtigen, dass eine Landschaftsschutzverordnung ihrerseits den allgemeinen verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmende Norm (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) zu entsprechen hat; auch sie muss die von ihr verfolgten Interessen mit den Belangen der Grundeigentümer in einen gerechten Ausgleich bringen und darf die Eigentümerbefugnisse nicht stärker einschränken, als es durch ihren Zweck gerechtfertigt ist. Dies gilt auch für die Auslegung und Anwendung der Norm; eine die Erteilung einer Befreiung rechtfertigende, offenbar nicht beabsichtigte Härte kann - nach den Umständen des Einzelfalls - insbesondere dann vorliegen, wenn die materiellen Anforderungen der Landschaftsschutzverordnung eine nach § 34 BauGB zulässige Bebauung völlig ausschließen würden (BayVGH vom 27.9.1991 Az. 1 B 91.738 NVwZ-RR 1992, 341; vgl. auch BVerwG vom 11.1.2001 BVerwGE 112, 321 = NVwZ 2001, 1040 zum Verhältnis zwischen § 34 BauGB und den Vorschriften des naturschutzrechtlichen Artenschutzes). Dass die Antragsgegnerin eine Prüfung nach den vorstehenden Grundsätzen nicht vorgenommen hat, macht die planerische Abwägung (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998) auch aus diesem Grund fehlerhaft.

d) Die Mängel im Abwägungsvorgang sind rechtlich erheblich, weil sie offensichtlich und von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sind (§ 233 Abs. 2 Satz 1, § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB). Offensichtlich sind die Fehler, weil sich die für die Abwägung maßgeblichen Umstände und die von der Antragsgegnerin angestellten Überlegungen und Gewichtungen aus der Begründung des Bebauungsplans und aus den in der Bebauungsplanakte enthaltenen Niederschriften über die Beschlussfassung ergeben. Die Fehler hatten auch Einfluss auf das Abwägungsergebnis, weil anzunehmen ist, dass die Antragsgegnerin die Festsetzung einer privaten Grünfläche und die damit verbundenen Festsetzungen zur Bepflanzung zumindest in einem geringeren Umfang getroffen hätte, wenn sie die vorstehenden Gesichtspunkte bei der Abwägung berücksichtigt hätte.

Die Festsetzung einer privaten Grünfläche (A.9.2) und die Festsetzungen zur Bepflanzung (A.13.2) machen den wesentlichen Inhalt des Bebauungsplans aus. Ihre Unwirksamkeit führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nr. I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils ebenso veröffentlichen wie der Bebauungsplan bekannt zu machen wäre (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG n. F., § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 GKG a.F. und orientiert sich an Nr. 7.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 1996 (NVwZ 1996, 563).



Ende der Entscheidung

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