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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 18.04.2007
Aktenzeichen: 12 B 06.2380
Rechtsgebiete: BAföG, SGB X


Vorschriften:

BAföG § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BAföG § 28 Abs. 2
SGB X § 45 Abs. 1
SGB X § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2
SGB X § 45 Abs. 4
SGB X § 50 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

12 B 06.2380

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausbildungs- und Studienförderungsrechts;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 2. Juni 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat, durch

den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. April 2007

am 18. April 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2. Juni 2006 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 13. Mai 1982 geborene Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung eines von ihr vor der erstmaligen Beantragung von Ausbildungsförderung auf ihren Vater übertragenen Sparguthabens in Höhe von 9.388,77 Euro auf ihren Bedarf und die dadurch bedingte Rückforderung von 7.538,74 Euro zuviel gezahlter Ausbildungsförderung.

1. Am 31. Juli 1989 eröffnete die Mutter der Klägerin auf den Namen ihrer Tochter das Sparkonto Nr. 154 311 815 bei der Sparkasse Dingolfing-Landau. Kurz nach ihrer Immatrikulation an der Technischen Universität M. für den Diplomstudiengang Maschinenbau im Wintersemester 2001/2002 löste die Klägerin das Sparkonto am 2. Oktober 2001 auf und überwies das bis dahin angesparte Guthaben in Höhe von 18.362,84 DM (9.388,77 Euro) auf das Konto ihres Vaters. Anschließend beantragte sie am 2. November 2001 beim Beklagten Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2001 bis Oktober 2002. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie über Bauspar- und Bankguthaben in Höhe von insgesamt 7.970,54 DM.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2002 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Bewilligungszeitraum November 2001 bis September 2002 Ausbildungsförderung in Höhe von Euro 362,34 pro Monat.

Am 15. November 2002 beantragte die Klägerin Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis Oktober 2003. Ihr Vermögen bestand damals aus Bauspar- und Bankguthaben in Höhe von insgesamt 3.927,91 Euro. Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 19. März 2003 für den Bewilligungszeitraum November 2002 bis September 2003 Ausbildungsförderung in Höhe von Euro 323 pro Monat.

Am 31. März 2003 beantragte die Klägerin Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum 2003 bis Oktober 2004. Sie verfügte zu diesem Zeitpunkt über Bauspar- und Bankguthaben in Höhe von 4.277,99 Euro.

2. Im Rahmen eines im August 2003 durchgeführten Datenabgleichs mit dem Bundesamt für Finanzen erfuhr der Beklagte, dass die Klägerin im Jahre 2001 Kapitalerträge in Höhe von mindestens DM 1.651 erzielt hatte. Daraufhin berechnete er mit Bescheiden vom 4. Februar 2004 die Ausbildungsförderung für die Bewilligungszeiträume November 2001 bis September 2002 und November 2002 bis September 2003 neu und lehnte eine Bewilligung von Ausbildungsförderung jeweils ab. Für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 bewilligte der Beklagte Ausbildungsförderung in Höhe von 61 Euro pro Monat. Zugleich setzte er einen Erstattungsanspruch in Höhe von 7.538,74 Euro fest, rechnete in Höhe von 305 Euro gegen den Nachzahlungsanspruch der Klägerin auf und erklärte hinsichtlich des verbleibenden Erstattungsbetrags in Höhe von 7.233,74 Euro die Aufrechnung gegen den Anspruch auf laufende Leistungen bis zu 10 % des Bedarfssatzes, höchstens 50 % des Förderbetrags.

Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half der Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 2004 insoweit ab, als er die teilweise Verrechnung der Rückforderung aus den Zeiträumen 2001/2002 und 2002/2003 mit Leistungen für den laufenden Zeitraum 2003/2004 aufhob und infolge dessen die Rückforderung auf 7.538,74 Euro erhöhte. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2004 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 4. Februar 2004, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 5. Mai 2004 abgeholfen wurde, und den Widerspruch gegen den Bescheid vom 5. Mai 2004 als unbegründet zurück. Auf die Gründe des Widerspruchsbescheids wird Bezug genommen.

3. Am 20. September 2004 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München, mit der sie zuletzt beantragte, die Bescheide vom 4. Februar 2004 und den Bescheid vom 5. Mai 2004 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2004 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihr für den Zeitraum Oktober 2003 bis September 2004 Ausbildungsförderung ohne Anrechnung von Vermögen zu leisten. Sie machte geltend, dass das am 2. Oktober 2001 aufgelöste Sparkonto von ihren Eltern eingerichtet und "angefüllt" worden sei. Die Überweisung sei erfolgt, um den Eltern in einer finanziellen Notsituation zu helfen, da sie für eine dringende erforderliche Reparatur an der Heizung ihres Hauses Geld benötigt hätten (Kosten von ca. 30.000 Euro).

4. Mit Urteil vom 2. Juni 2006 hob das Verwaltungsgericht die Bescheide des Beklagten vom 4. Februar 2004 und 5. Mai 2004 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2004 auf, soweit darin eine Vermögensanrechnung erfolgt ist und ein Erstattungsanspruch geltend gemacht wird. Der Beklagte wurde verpflichtet, der Klägerin für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 Ausbildungsförderung ohne Anrechnung von Vermögen zu gewähren. Bei dem Sparkonto Nr. 154 311 815 habe es sich zunächst um Vermögen der Klägerin gehandelt, da es von der Mutter der Klägerin am 31. Juli 1989 auf deren Namen angelegt worden sei. Nach dem erkennbaren Willen der Mutter habe damit die Klägerin Gläubigerin der Bank werden sollen. In dem für die Wertbestimmung des Vermögens maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung sei das Sparguthaben bereits rechtswirksam auf den Vater der Klägerin übertragen und ihr somit grundsätzlich nicht mehr zurechenbar gewesen. Die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze über die Anrechnung eines vom Auszubildenden rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögens ließen sich im vorliegenden Fall nicht anwenden. Aufgrund der mündlichen Verhandlung stehe fest, dass der Klägerin ein rechtsmissbräuchliches Verhalten bei der Sparbuchübertragung nicht unterstellt werden könne. Aus dem Umstand, dass sie ihren BAföG-Antrag nicht im ersten Ausbildungsmonat, d.h. im Oktober 2001, gestellt habe, sondern erst im November 2001, könne nicht auf eine rechtsmissbräuchliche Absicht geschlossen werden, weil die Klägerin nicht nur den Antrag vom 2. November 2001 verspätet gestellt habe, sondern auch den Antrag vom 15. November 2002. Der allenfalls für eine rechtmissbräuchliche Absicht sprechende zeitliche Zusammenhang zwischen der am 2. Oktober 2001 getätigten Überweisung und dem einen Monat später am 2. November 2001 gestellten BAföG-Antrag ändere wegen der übrigen Umstände der Sparbuchübertragung daran nichts. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass das übertragene Sparbuch wie die entsprechenden Sparbücher ihrer drei jüngeren Geschwister von den Eltern auf ihren Namen angelegt und für sie verwaltet worden sei. Schon im Alter von 14 Jahren hätten die Eltern ihr mitgeteilt, dass das Guthaben für bauliche Maßnahmen vorgesehen sei. Auch wenn es sich zivilrechtlich um Vermögen der Klägerin gehandelt habe, habe sie angesichts dieser Umstände davon ausgehen dürfen, dass das Sparbuch ihr nicht "wirklich" gehört habe, d.h. in erster Linie nicht ihren eigenen Zwecken, sondern denen der Eltern zu dienen bestimmt gewesen sei. Daher sei es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Klägerin das Sparguthaben den Eltern zur Deckung eines dringenden Geldbedarfs wieder zur Verfügung gestellt habe. Diesen dringenden Geldbedarf für die Renovierung der Heizung habe die Klägerin überzeugend dargelegt. Es erscheine deshalb naheliegend, dass die Eltern - auch wenn sie über eventuell belastbaren Immobilienbesitz verfügten - auf das Vermögen zurückgriffen, das sie formal auf den Namen der Kinder für bauliche Maßnahmen angespart hätten. Auch die übrigen Geschwister hätten ihre Sparguthaben den Eltern zur Verfügung gestellt. Es wäre geradezu lebensfremd, von der Klägerin in einer derartigen Situation zu verlangen, dass sie sich im Hinblick auf ihr bevorstehendes Studium dem Vermögenszugriff der Eltern widersetze. Noch viel weniger könne ihr eine rechtsmissbräuchliche Absicht unterstellt werden.

Die Klägerin habe das Sparguthaben ihren Eltern nicht nur darlehensweise zur Verfügung gestellt. Das Guthaben sei von den Eltern für eigene Zwecke angespart worden. Deshalb könne bei der Rückübertragung kein Rechtsbindungswille zum Abschluss eines Darlehensvertrages angenommen werden, zumal es auch an einer entsprechenden schriftliche Abrede fehle.

Ohne Anrechnung des übertragenen Sparguthabens liege das Vermögen der Klägerin in den drei Bewilligungszeiträumen jeweils unterhalb des Vermögensfreibetrags von Euro 5.200, so dass die Bewilligungsbescheide vom 19. Juni 2002 und 19. März 2003 rechtmäßig ergangen seien. Ihre Rücknahme und die Rückforderung der geleisteten Ausbildungsförderung seien somit rechtswidrig. Im Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 sei der Klägerin zu Unrecht Vermögen auf ihren Bedarf angerechnet worden.

5. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung des Beklagten. Er trägt im Wesentlichen vor, dass die von der Klägerin vorgebrachten Gründe der Einordnung der Vermögensübertragung als rechtsmissbräuchlich nicht entgegenstünden. Das Verwaltungsgericht gehe von der falschen Vorstellung aus, dass die Klägerin an dem fraglichen Guthaben wirtschaftlich gar nicht berechtigt gewesen sei und es die Eltern für eigene Zwecke angespart hätten. Die 18.362,84 DM seien bis zum 1. Oktober 2001 als Vermögen der Klägerin anzusehen, die darüber ohne weiteres hätte verfügen können. Mit der Überweisung dieses Betrages an ihre Eltern habe die Klägerin freiwillig Vermögenswerte weggegeben, die ihren Ausbildungsbedarf für mehr als zwei Jahre gedeckt hätten. Es habe sich dabei um keine unabweisbar notwendige, die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ausschließende Verfügung gehandelt. Das Verwaltungsgericht berücksichtige nicht, dass die Eltern der Klägerin über ein offenbar schuldenfreies Familienheim, weiteren Grundbesitz und ein Lebensversicherungsguthaben verfügt hätten. Unter diesen Umständen sei die Notwendigkeit eines Zugriffs auf das Sparvermögen der Klägerin im Oktober 2001 nicht nachgewiesen.

Das Verwaltungsgericht habe auch einen Rückforderungsanspruch der Klägerin gegen ihre Eltern unberücksichtigt gelassen, der auch dann bestanden hätte, wenn ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht festzustellen wäre. Denn die Klägerin habe ihren Eltern die 18.362,84 DM entweder geliehen oder geschenkt. Auch wenn man einen Rechtsbindungswillen zum Abschluss eines Darlehensvertrages verneinen wolle, müsse sich die Klägerin einen Schenkungsrückforderungsanspruch i.S.v. § 528 Abs. 1 BGB entgegenhalten lassen. Die Klägerin habe auch damit rechnen müssen, dass ihr die Weggabe eines Großteils ihres Vermögens keinen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen verschaffen könne. Sie wäre deshalb gehalten gewesen, vor der Überlassung des Guthabens an ihre Eltern beim Beklagten Rat zu suchen oder spätestens mit der Antragstellung ihre Situation darzulegen. Dass dies unterblieben sei, rechtfertige zumindest den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe richtigerweise nicht nur auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Antragstellung und der Vermögensübertragung abgestellt, sondern weitere sowohl für als auch gegen eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung sprechende Anhaltspunkte ermittelt. So sei das Vorliegen eines dringenden Geldbedarfs ihrer Eltern rechtsfehlerfrei bejaht worden. Da der Geldbedarf für die Renovierung der Heizung 18.000 DM überstiegen habe, seien auch die Sparguthaben ihrer Geschwister für erforderliche Renovierungsarbeiten aufgelöst worden. Sie habe die Erneuerung und Renovierung damit nicht allein finanziert, sondern wie ihre Geschwister einen Beitrag zur Finanzierung geleistet. Insbesondere habe das Gericht berücksichtigt, dass sowohl das formal auf ihren Namen als auch die auf den Namen ihrer Geschwister angelegten Guthaben nach dem Willen der Eltern bei dringendem Geldbedarf für bauliche Maßnahmen am Wohnhaus der Familie verwendet werden sollten. Sie habe daher davon ausgehen müssen, dass das Sparguthaben nicht "ihr" Vermögen gewesen sei.

Selbst wenn sie zur Übertragung des Sparguthabens auf ihre Eltern nicht berechtigt gewesen sein sollte, scheide eine Rückforderung der Ausbildungsförderung aus, da sie auf den Bestand der Bescheide vertraut habe und ihr Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig sei. Ihr könne nicht vorgeworfen werden, dass sie beim Amt für Ausbildungsförderung nicht nachgefragt habe, ob sie das auf ihre Eltern übertragene Sparguthaben als Vermögen angeben müsse, weil sie es nicht als ihr Vermögen angesehen habe.

Sie habe gegen ihre Eltern auch keinen Schenkungsrückforderungsanspruch nach § 528 BGB. Bereits das Vorliegen einer Schenkung sei mangels Schenkungsabrede zu verneinen. Sie sei davon ausgegangen, dass ihr das von ihren Eltern angesparte Sparguthaben nicht wirklich gehört habe. Bei Überlassung des Sparguthabens habe sie demnach nicht einen Teil ihres Vermögens auf ihre Eltern übertragen wollen, sondern sei davon ausgegangen, dass sie Geld der Eltern diesen wieder zur Verfügung gestellt habe.

Es fehle auch an der Unentgeltlichkeit der Zuwendung, da sie im Oktober 2001 noch im Haus der Eltern und auch nach Beginn des Studiums am Wochenende und in den Semesterferien im Elternhaus gewohnt habe. Die Hingabe des Sparguthabens zur Renovierung des Elternhauses sei somit auch ihr zugute gekommen.

Eine Rückforderung sei jedenfalls nach § 534 BGB ausgeschlossen. Sie habe ihren Eltern ein ausschließlich von ihnen angefülltes Sparguthaben in der Situation zur Verfügung gestellt, in der die Eltern dringend Geld für erforderliche Reparaturen an ihrem Haus benötigten. In einer intakten Familie sei ein solches Vorgehen selbstverständlich. Für das Umfeld ihrer Familie wäre es nicht verständlich gewesen, wenn sie im Hinblick auf ihr bevorstehendes Studium den Eltern die Verwendung des Geldes für die dringend erforderliche Renovierung verweigert hätte. Auch die Eltern hätten erwarten dürfen, dass sie im Hinblick auf ihre Einbindung in die Familie damit einverstanden wäre, dass das Sparguthaben für die Renovierung des Elternhauses verwendet werde.

In der mündlichen Verhandlung machte die Klägerin weitere Angaben zur Verwendung der Sparguthaben ihrer drei Geschwister und der Renovierung der Heizungsanlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen (§ 125 Abs. 1, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die Bescheide des Beklagten vom 4. Februar 2004 und 5. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2004 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin für den Bewilligungszeitraum Oktober 2003 bis September 2004 Ausbildungsförderung ohne Anrechnung von Vermögen zu gewähren. Denn zum einen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung ohne Berücksichtigung des sich aus der Übertragung ihres Sparguthabens in Höhe von 18.362,84 DM auf ihren Vater ergebenden Schenkungsrückforderungsanspruchs (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); zum anderen sind die hierauf beruhenden Rücknahme- und Rückforderungsbescheide des Beklagten rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.1 Der Beklagte durfte seine Bewilligungsbescheide vom 19. Juni 2002 und 19. März 2003 nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X zurücknehmen und gemäß § 50 Abs. 1 SGB X die bereits erbrachten Leistungen zurückfordern. Die Bewilligungsbescheide waren rechtswidrig, weil sich bei Berücksichtigung des Schenkungsrückforderungsanspruchs der Klägerin gegen ihren Vater für die beiden Bewilligungszeiträume ein Vermögen der Klägerin ergab, dass bei einer Anrechnung auf den Bedarf (§ 11 Abs. 1 und 2 BAföG) nach Abzug des Freibetrags (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG) und Teilung durch jeweils 11 Monate (§ 30 BAföG) zusammen mit dem anzurechnenden Elterneinkommen der Gewährung von Ausbildungsförderung entgegenstand.

Die Klägerin hatte gegen ihren Vater im maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung von Ausbildungsförderung (§ 28 Abs. 2 BAföG) einen sich aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebenden Schenkungsrückforderungsanspruch in Höhe des ihm übertragenen Sparguthabens, der nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG als Forderung zu ihrem Vermögen gehörte. Gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Schenker, soweit er nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Bei der Übertragung des fraglichen Sparguthabens auf ihren Vater am 2. Oktober 2001 handelte es sich um eine Schenkung der Klägerin. Die Behauptung der Klägerin, dass wegen fehlender Schenkungsabrede keine Schenkung vorliege, trifft nicht zu. Nach § 516 Abs. 1 BGB ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, eine Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Das Guthaben auf dem Sparkonto Nr. 154 311 815 gehörte zum Vermögen der Klägerin, weil es von ihrer Mutter auf den Namen der Klägerin angelegt worden ist, als sie noch minderjährig war, und die Klägerin darüber nach Erreichen der Volljährigkeit frei verfügen konnte. Eine Beschränkung ihrer Verfügungsbefugnis ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin dieses Sparguthaben, das aus Mitteln ihrer Eltern angespart worden war, nicht als ihr eigenes Vermögen angesehen hat, ändert an der rechtlichen Zuordnung zu ihrem Vermögen nichts. Der Klägerin war auch klar, dass die Überweisung des Sparguthabens auf ihren Vater von ihr selbst als Kontoinhaberin vorgenommen werden musste, nachdem sie ihren Eltern keine Vollmacht für dieses Konto erteilt hatte.

Die Klägerin und ihr Vater waren auch darüber einig, dass die Zuwendung des Sparguthabens unentgeltlich erfolgt. Das ist dann der Fall, wenn die Zuwendung unabhängig von einer Gegenleistung geschieht (BGH vom 11.11.1981 NJW 1982, 436). Die Übertragung des Sparguthabens geschah unabhängig von einer Gegenleistung. Insbesondere wurde für die Klägerin die Wohnmöglichkeit im Haus ihrer Eltern - soweit ersichtlich - nicht davon abhängig gemacht, dass sie ihrem Vater das Guthaben überwies. Das Gleiche gilt für den Umstand, dass mit dem übertragenen Sparguthaben ein Teil der Kosten für die Renovierung der Heizung bezahlt wurde, die auch dem bisher nur elektrisch beheizten Zimmer der Klägerin im Wohnhaus ihrer Eltern zugute kam. Denn auch insoweit bestand kein Abhängigkeitsverhältnis von Leistung und Gegenleistung.

Da sich die Klägerin durch die Schenkung des Sparguthabens an ihren Vater außerstande gesetzt hat, ihren Ausbildungsbedarf für mindestens zwei Jahre zu finanzieren, sind die Voraussetzungen des § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB für einen Rückforderungsanspruch der Klägerin erfüllt.

1.2 Demgegenüber beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf die Vorschrift des § 534 BGB, nach der Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, nicht der Rückforderung und dem Widerruf unterliegen. Das Vorliegen einer dieser beiden Voraussetzungen könnte im vorliegenden Fall nur dann angenommen werden, wenn die Eltern der Klägerin dringend Geld für unbedingt notwendige Reparaturen an dem Haus, insbesondere der Heizungsanlage, gebraucht hätten. Das ist von der Klägerin zwar behauptet, aber nicht schlüssig dargelegt worden. Zum einen ist nicht ersichtlich, weshalb die Erneuerung und Reparatur der Heizung gerade im Oktober 2001 besonders eilbedürftig gewesen sein soll, nachdem die Abgaswerte der Heizung bereits seit 1995 nicht mehr den gesetzlichen Werten entsprochen haben und sich die Reparatur- bzw. Renovierungsmaßnahmen an der Heizungsanlage offenbar über einen Zeitraum von Sommer 2001 bis April 2003 erstreckten. Dies muss man jedenfalls aus der von der Klägerin vorgelegten Ausgabenaufstellung für Heizung und Toilette/Dusche vom 19. November 2004 schließen, die Einzelausgaben mit Daten vom 31. Juli 2001 bis 7. April 2003 aufführt.

Hinsichtlich des von der Klägerin angeführten dringenden Geldbedarfs ihrer Eltern für die Renovierung der Heizungsanlage ist zum anderen nicht ersichtlich, dass diese Kosten gerade mit ihrem Sparguthaben finanziert werden mussten. Die Eltern verfügten am 1. Oktober 2001 über eine Lebensversicherung mit einem Zeit- und Rückkaufswert von jeweils 12.531,98 Euro, die sie zur Finanzierung der Renovierungsmaßnahmen hätten einsetzen können. Weshalb dies nicht geschah, wurde von der Klägerin nicht erklärt. Unklar ist auch, weshalb die Kosten der Heizungsrenovierung nicht zum Teil mit den Sparguthaben der drei Geschwister der Klägerin finanziert werden konnten, die damals noch Schüler waren. Schließlich ist die Höhe der Gesamtkosten der Heizungsrenovierung unklar, da für sie mehrfach unterschiedliche Beträge angegeben wurden. So wurden in dem Schreiben des Vaters der Klägerin vom 24. Januar 2004 Gesamtkosten von ca. 45.000 DM genannt, von denen nur 18.869,18 DM durch Rechnungen belegt wurden. In der Klagebegründung vom 8. Mai 2006 werden dagegen 30.000 Euro genannt und in der Aufstellung vom 19. November 2004, die die Klägerin in der mündlichen Verhandlung übergeben hat, ein Betrag von 26.193,09 Euro.

Nach alledem war der der Klägerin zustehende Schenkungsrückforderungsanspruch nicht gemäß § 534 BGB ausgeschlossen.

1.3 Die Klägerin hätte diesen Anspruch deshalb sowohl in ihrem Antrag auf Ausbildungsförderung vom 2. November 2001 als auch in den Folgeanträgen als ihr zustehendes Recht in Zeile 97 ("Sonstige Forderungen und Rechte") angeben müssen.

Schließlich kann sich die Klägerin entgegen ihrem Vorbringen nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil die Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhten, die sie zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Mit dem Unterlassen von Angaben zu dem ihr zustehenden Schenkungsrückforderungsanspruch hat die Klägerin die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X). Teilt der Antragsteller wesentliche Tatsachen nicht mit, obwohl im Antragsformblatt danach gefragt wird, ist in der Regel grobe Fahrlässigkeit anzunehmen (st. Rspr. des BayVGH, z.B. Beschluss vom 26.9.2005, Az. 19 ZB 05.1170; vom 30. Juni 2006, Az. 12 CE 06.1225).

Dass unter die im Antragsformblatt abgefragten "Sonstigen Forderungen und Rechte" auch der der Klägerin zustehende Schenkungsrückforderungsanspruch fällt, hätte der Klägerin klar sein müssen. Denn sie konnte nicht annehmen, dass die einen Monat zuvor erfolgte unentgeltliche Übertragung eines Großteils ihres Vermögens auf ihren Vater keine Auswirkungen auf die Entscheidung über ihren Antrag auf Ausbildungsförderung haben würde. Zumindest aber hätte sie sich vor dem Ausfüllen des Antragsformblattes beim Beklagten nach der Bedeutung der unentgeltlichen Übertragung des Sparguthabens erkundigen müssen.

Bestehen daher gegen die Rücknahme des Bewilligungsbescheids keine Bedenken und ist auch das Verschweigen des Schenkungsrückforderungsanspruchs als grob fahrlässig einzustufen, kann die Ermessensausübung durch den Beklagten nicht beanstandet werden.

Auf die von den Parteien streitig diskutierte Frage, ob im vorliegenden Fall eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung durch die Klägerin vorliegt, kommt es somit für die Entscheidung nicht mehr an.

Nach alledem war der Berufung des Beklagten stattzugeben und die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten verzichtet, weil er davon ausgeht, dass der Beklagte nicht beabsichtigt, seine außergerichtlichen Kosten vor Eintritt der Rechtskraft zu vollstrecken.

3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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