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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 14.09.2005
Aktenzeichen: 12 BV 03.2572
Rechtsgebiete: SGB XI, AGPflegeVG, AVPflegeVG


Vorschriften:

SGB XI § 9
SGB XI § 36 Abs. 1 Satz 1
SGB XI § 37
SGB XI § 71
SGB XI § 72 Abs. 3 Satz 1
AGPflegeVG § 8 Abs. 1
AGPflegeVG § 13 Abs. 1 Nr. 1
AVPflegeVG § 27 Abs. 2
AVPflegeVG § 28 Abs. 1 Satz 1
AVPflegeVG § 31 Abs. 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

12 BV 03.2571 12 BV 03.2572 12 BV 03.2573

In den Verwaltungsstreitsachen

wegen Sozialrecht;

hier: Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. September 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 12. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Werner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. September 2005

am 14. September 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Urteile des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. September 2003 werden abgeändert und erhalten in Nr. I. jeweils folgende Fassung:

"Es wird festgestellt, dass der Beklagte bei der Gewährung der Investitionszuschüsse für die Klagepartei in den Kalenderjahren 1996 und 1997 verpflichtet ist, bei unveränderter Investitionspauschale von 3.000 DM alle Beschäftigten, die Leitungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinn des § 36 SGB XI erbringen, zu berücksichtigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen".

II. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

III. Die Kosten der Verfahren in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Regelungen in Ziffern 5.2.1a und 5.2.2 der Richtlinien des Beklagten zur Förderung von Investitionen der ambulanten Pflegedienste rechtmäßig sind.

Die Kläger betreiben ambulante Pflegedienste. Sie beantragten beim Beklagten die Förderung von Investitionskosten für die Jahre 1996 und 1997. Hierbei reichten sie je zwei Anträge ein, wobei sich jeweils einer (Anträge A) an den Richtlinien des Beklagten orientierte. Die Alternativanträge (Anträge B), die nach Ansicht der Kläger ihre Rechte wahren, enthalten Veränderungen bei zwei Berechnungsansätzen: Zum einen wurden beim Verhältnis der Erlöse zwischen SGB V und SGB XI nicht nur Erlöse aus Kasseneinnahmen (Kranken- bzw. Pflegekasse), sondern auch Erlöse von Selbstzahlern der Bereiche SGB V und SGB XI (z.B. Privatversicherte, Pflegegeldbezieher) berücksichtigt. Zum anderen wurden neben den Fachkräften weitere Kräfte (geringfügig Beschäftigte, Verwaltungspersonal) einbezogen, weil auch dieses Personal Leistungen zur Durchführung des SGB XI erbringe.

Mit Bescheiden vom 22., 23., 29. und 30. Juni 1998 gewährte der Beklagte den Klägern Investitionszuschüsse für die Kalenderjahre 1996 und 1997 entsprechend seinen Richtlinien.

Gegen diese Förderbescheide erhoben die Kläger Widerspruch, die mit Widerspruchsbescheiden vom 5. März 2001 der Regierung von O. als unbegründet zurückgewiesen wurden.

2. Am 2. April 2001 erhob der Kläger im Verfahren Az. 12 BV 03.2572, am 12. April 2001 die Klägerin im Verfahren 12 BV 03.2573 und am 18. Mai 2001 der Kläger im Verfahren 12 BV 03.2571 jeweils Klage zum Sozialgericht Regensburg, die mit Beschluss vom 15. Oktober 2001 an das Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen wurden.

Jeder der Kläger beantragte,

unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide des Beklagten diesen zu verpflichten, ihm einen Investitionszuschuss für das Kalenderjahr 1996 und 1997 gemäß seinem Antrag "B" zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht gab den Klagen mit Urteilen vom 11. September 2003 insoweit statt, als es den Beklagten verpflichtete, den Klägern für die Kalenderjahre 1996 und 1997 Investitionszuschüsse zu gewähren unter Berücksichtigung

1. aller Beschäftigten, die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinn der §§ 36 und 37 SGB XI erbringen und

2. aller Erlöse, die aufgrund von Leistungen im Sinne der §§ 36 und 37 SGB XI erzielt werden.

Die entgegenstehenden Bescheide des Beklagten sowie der Widerspruchsbescheid der Regierung der O. vom 5. März 2001 wurden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung widersprechen. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Klagen ab.

Die zulässigen Klagen seien insoweit begründet, als den Klägern durch die Berücksichtigung lediglich ihrer sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie der direkten Erlöse von der Pflegekasse geringere Investitionszuschüsse bewilligt worden seien, als dies der Fall wäre, wenn der Förderung alle in der Pflege gemäß SGB XI tätigen Beschäftigten sowie auch die weiteren Erlöse für Leistungen gemäß SGB XI zugrunde gelegt worden wären. Im Übrigen seien die Klagen unbegründet. Die ambulanten Pflegedienste der Kläger entsprächen den in § 28 Abs. 1 Satz 1 AVPflegeVG genannten Voraussetzungen und seien somit förderfähig im Sinne der gesetzlichen Regelungen. Der Umfang der Förderung ergebe sich aus § 31 Abs. 5 AVPflegeVG. Nach dem Gesetzeswortlaut sei auf den rechnerischen Faktor abzustellen, der sich aus der Summe der Arbeitsstunden der Beschäftigten errechne, die häusliche Pflegehilfe nach dem SGB XI erbringen. Nach § 36 SGB XI hätten Pflegebedürftige bei häuslicher Pflege Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung, die das Gesetz ausdrücklich als "häusliche Pflegehilfe" bezeichne. Entscheide sich der Pflegebedürftige anstelle von Sachleistungen für Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegepersonen im Sinne des § 37 Abs. 1 SGB XI, so werde nicht durch die Pflegekasse, sondern durch den Pflegebedürftigen selbst vergütet. Allein die unterschiedliche Art der Vergütung rechtfertige es nicht, diese Leistung einer vertragsfähigen Einrichtung anders zu beurteilen, als Leistungen, die als Sachleistungen abgerechnet werden. Die Pflegeeinsätze im Rahmen der Pflege durch selbst beschaffte Pflegehilfen dienten der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und Beratung der häuslich Pflegenden (§ 37 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Mit ihnen werde das gleiche Ziel der Sicherstellung sachgerechter Pflege verfolgt, wie dies beim Bezug von Sachleistungen vorauszusetzen sei.

Nicht auszunehmen von den zu berücksichtigenden Arbeitsstunden der Beschäftigten seien auch die Leistungen der ambulanten Pflegeeinrichtung, die ohne Einschaltung der Pflegekasse direkt mit dem Pflegegeldempfänger abgerechnet werden. Daraus folge, dass in den Rechnungsfaktor Vollzeitkraft alle Beschäftigen einzubeziehen seien, die häusliche Pflegehilfe im Sinne der §§ 36 und 37 SGB XI leisten, und zwar unabhängig davon, ob sie der Sozialversicherungspflicht unterfallen oder nicht. Eine andere Auslegung lasse sich auch nicht mit der Verpflichtung der Leistungserbringung rund um die Uhr sowie der Unterstützung der Pflegebedürftigen und ihrer Betreuungspersonen durch Beratung und fachliche Hilfe begründen, der unabhängig von der Sozialversicherungspflicht der Beschäftigten entsprochen werden könne, zumal sichergestellt sein müsse, dass alle Beschäftigten unter entsprechender fachlicher Anleitung tätig werden müssten (vgl. § 71 Abs. 1 SGB XI).

Aus § 31 Abs. 5 AVPflegeVG folge weiter, dass die Beschäftigten nicht einzubeziehen seien, die bei der Erbringung dieser Hilfe lediglich mittelbar mitwirkten. Somit blieben die Mitarbeiter unberücksichtigt, die Verwaltungsaufgaben erfüllen. Nicht einzubeziehen in den Rechnungsfaktor Vollzeitkraft seien des weiteren die Pflegeleistungen, die Bedienstete der Pflegeeinrichtung außerhalb des Anwendungsbereichs des SGB XI erbringen. Hierzu zählten die Selbstzahler, die keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI haben, z.B. weil sie keiner Pflegestufe unterfielen.

Hinsichtlich der Frage, ob die Bemessung der Förderung alleine von dem Erlös aus Pflegekasseneinnahmen unter Außerachtlassung der Erlöse von Selbstzahlern und Pflegegeldbeziehern im Rahmen des § 37 Abs. 3 SGB XI abhängig gemacht werden dürfe, sei wie folgt zu differenzieren:

Da zu den in § 31 Abs. 5 AVPflegeVG genannten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nicht nur die Leistungen nach § 36 SGB XI, sondern auch die im Rahmen des § 37 SGB XI erbrachten Leistungen gehörten, dürften die Erlöse aus diesen Leistungen nicht unberücksichtigt bleiben. Etwas anderes gelte für die Erlöse, die außerhalb des Anwendungsbereichs des SGB XI erzielt würden. Es sei nicht veranlasst, diese Leistungen einer Förderung nach dem SGB XI zugrunde zu legen. Soweit die Richtlinien des Beklagten zur Förderung von Investitionen der ambulanten Pflegedienste den gesetzlichen Vorgaben widersprächen, seien sie rechtswidrig. Dementsprechend habe der Kläger einen Anspruch auf entsprechend höhere Investitionszuschüsse, wobei zum einen alle Beschäftigten, die in der häuslichen Pflege tätig seien sowie alle Erlöse aus dem Anwendungsbereich des SGB XI berücksichtigt werden müssten.

Der Beklagte könne sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm bei der Art und Weise der Förderung ein weites Ermessen zur Seite stehe. Dies bestehe nur insoweit, als das höherrangige Recht einen entsprechenden Spielraum eröffne, wie das z.B. bei der konkreten Höhe der Förderleistung je rechnerischer Vollzeitkraft im Sinne des § 31 Abs. 5 AVPflegeVG, sowie bei der Festlegung weiterer fachlich oder wirtschaftlich begründeter Voraussetzungen gemäß § 28 Abs. 3 AVPflegeVG der Fall sei. Bezüglich der hier streitigen Fördervoraussetzungen sei ein derartiges Ermessen nicht eingeräumt.

3. Gegen diese Urteile richten sich die vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufungen des Beklagten. Er trägt im Wesentlichen vor, dass es seiner Finanzhoheit unterliege, welches Finanzvolumen er für die Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung mit bedarfsgerechten, leistungsfähigen ambulanten Pflegeeinrichtungen zur Verfügung stelle. Die Richtlinien zur "Förderung von Investitionen der ambulanten Pflegedienste" seien erlassen worden, um alle im Kreisgebiet zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtungen nach den gleichen Kriterien zu fördern und die Höhe des hierfür jährlich im Kreishaushalt bereitzustellenden Finanzvolumens zu begrenzen. Bei den zu berücksichtigenden Vollzeitkräften habe er die nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (geringfügig Beschäftigte) ausschließen dürfen. Diese Regelung solle dazu beitragen, das in Art. 1 AGPflegeVG genannte Ziel einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Versorgung der Bevölkerung mit ambulanten Pflegeeinrichtungen zu gewährleisten. Durch zu zahlreich eingesetzte geringfügig Beschäftigte würden die Pflegebedürftigen mit ständig wechselnden Pflegepersonen konfrontiert, so dass das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und den Pflegekräften nur unzureichend geschaffen werden könne. Zu häufiger Personalwechsel beeinträchtige die Qualität der Pflege.

Die Regelung, dass beim Verhältnis der Erlöse aus SGB V und SGB XI nur die Erlöse aus Kasseneinnahmen zu berücksichtigen seien, entspreche den zwischen dem Bayerischen Landkreistag und den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege abgestimmten Musterrichtlinien. Die Spitzenverbände hätten gegen diese verwaltungsvereinfachende Berechnungsgrundlage keine Einwendungen erhoben. Insbesondere werde dadurch die Nachprüfung umgangen, ob die Pflegedienste in ihre Förderanträge Selbstzahler mit einbezögen, die keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI hätten.

Sollten in die Berechnung der jährlichen Investitionsförderung auch sozialversicherungsfreie Beschäftigte einzubeziehen und bei der Aufteilung der Erlöse aus SGB V und SGB XI auch die Erlöse von Selbstzahlern zu berücksichtigen sein, würde sich bei einem gleich bleibenden Förderbetrag von 3.000 DM je rechnerischer Vollzeitkraft die finanzielle Gesamtbelastung des Beklagten ändern. Diesen unzulässigen Eingriff in seine Finanzhoheit habe das Verwaltungsgericht offensichtlich nicht bedacht, als es den Klägern höhere Investitionszuschüsse zugebilligt habe, die auf einer von den Förderrichtlinien abweichenden Ermittlung der SGB XI-Erlöse und der Zahl der Beschäftigten beruhten. Wenn der Faktor "rechnerische Vollzeitkraft" in der Berechnung gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 AVPflegeVG erfüllt werde, müsse nach § 27 Abs. 2 AVPflegeVG dem Beklagten das Recht eingeräumt werden, den Förderbetrag von 3.000 DM als zweiten Faktor entsprechend zu vermindern, um die Größe des Finanzvolumens und damit die Belastungen für den Kreishaushalt gleichzuhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. September 2003 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

es wird festgestellt, dass der Beklagte bei der Gewährung der Investitionszuschüsse für die Kläger in den Jahren 1996 und 1997 verpflichtet ist, bei unveränderter Investitionspauschale von 3.000 DM

1. alle Beschäftigten, die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne der §§ 36 und 37 SGB XI erbringen und

2. alle Erlöse, die aufgrund von Leistungen im Sinne der §§ 36 und 37 SGB XI erzielt werden,

zu berücksichtigen

und die Berufungen zurückzuweisen.

Die Befürchtung des Beklagten, der Einsatz zahlreicher geringfügig beschäftigter Pflegekräfte habe zur Folge, dass die Pflegebedürftigen mit ständig wechselnden Pflegepersonen konfrontiert würden und dadurch die Qualität der Pflege beeinträchtigt werde, vermöge den in Ziffer 5.2.1 a der Förderrichtlinien vorgesehenen Ausschluss der nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei der Ermittlung der "rechnerischen Vollzeitkräfte" nicht zu begründen.

Die Qualität der Pflege sei dadurch ausreichend gesichert, dass nach § 72 Satz 3 SGB XI nur solche Pflegedienste Versorgungsverträge mit den Pflegekassen abschließen dürften, die den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen, wobei bei Abschluss der Versorgungsverträge mit unmittelbar verbindlicher Wirkung auch die Rahmenverträge zu beachten seien, in denen u.a. Maßstäbe und Grundsätze für eine am Versorgungsauftrag orientierte personelle Ausstattung der Pflegeeinrichtungen geregelt seien (§ 75 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB XI). Es bestehe daher kein Bedarf, die personelle Zusammensetzung eines ambulanten Pflegedienstes, der Leistungen nach dem SGB XI erbringe, unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung mit Hilfe der Investitionsförderung zu steuern.

Die Regelung in Ziff. 5.2.2 der Förderrichtlinien sei ebenfalls nicht rechtmäßig.

§ 31 Abs. 5 AVPflegeVG bestimme "die Leistungen der häuslichen Pflege nach dem SGB XI ohne abrechnungstechnische verwaltungsvereinfachende Einschränkungen zur Berechnungsgrundlage für die Investitionsförderung".

Der Hinweis des Beklagten, eine Investitionsförderung nach Maßgabe der angefochtenen Urteile habe zur Folge, dass der verfügbare Förderetat nur dann eingehalten werden könne, wenn die Förderpauschale entsprechend vermindert werde, vermöge eine Beibehaltung der rechtswidrigen Handhabung des Beklagten nicht zu begründen. Es sei dem Beklagten in der Zukunft unbenommen, den pauschalen Förderbetrag je rechnerischer Vollzeitkraft auf weniger als 3.000 DM festzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässigen Berufungen des Beklagten sind nur teilweise begründet.

1.1 Keinen Erfolg haben die Berufungen, soweit sie sich gegen die Verpflichtung des Beklagten wenden, bei der Gewährung der Investitionszuschüsse für die Kläger in den Kalenderjahren 1996 und 1997 bei unveränderter Investitionspauschale von 3.000 DM alle Beschäftigten, die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe erbringen, zu berücksichtigen. Insoweit ist gemäß dem von den Klägern im Berufungsverfahren gestellten Klageantrag diese Verpflichtung des Beklagten festzustellen. Die in dem Übergang von der bisherigen Verpflichtungsklage zur Feststellungsklage liegende Klageänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof sie für sachdienlich hält und der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht auch nicht die Vorschrift des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, nach der die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (Subsidiarität der Feststellungsklage). Denn bei beklagten öffentlich-rechtlichen Körperschaften bedarf es nicht der unmittelbaren Rechtsgestaltung oder des Vollstreckungsdrucks aufgrund eines Leistungs- oder Gestaltungsurteils, weil sie auch eine bloße gerichtliche Feststellung beachten und die gebotenen Konsequenzen ziehen werden (BVerwGE 51, 69/75; BGH NJW 1984, 1118/1119).

Ausgangspunkt für die rechtliche Beurteilung des von den Klägern geltend gemachten Feststellungsanspruchs ist § 9 SGB XI. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind die Länder verantwortlich für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur. Das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen wird durch Landesrecht bestimmt (§ 9 Satz 2 SGB XI). Hierzu bestimmt Art. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Elften Buchs (XI) Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (AGPflegeVG) vom 7. April 1995 (GVBl 1995 S. 153), dass die Landkreise und die kreisfreien Gemeinden als zuständige Aufgabenträger die Pflicht haben, darauf hinzuwirken, dass bedarfsgerechte Pflegedienste im Sinn des § 71 Abs. 1 SGB XI rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 AGPflegeVG sind die Landkreise und kreisfreien Gemeinden im Rahmen dieser Hinwirkungsverpflichtung zur Förderung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen von bedarfsgerechten Pflegeeinrichtungen verpflichtet.

Durch Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 AGPflegeVG wurde die Staatsregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zusammensetzung, die Höhe sowie die Bedingungen und die Voraussetzungen der Förderung von Investitionen für Pflegeeinrichtungen zu regeln. Von dieser Ermächtigung hat die Bayerische Staatsregierung durch die Verordnung zur Ausführung des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) - Soziale Pflegeversicherung (AVPflegeVG) vom 10. Januar 1995 (GVBl 1995 S. 3), geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 1995 (GVBl 1995, 884), Gebrauch gemacht.

Nach § 27 Abs. 2 AVPflegeVG gewähren die nach Art. 5, 6 und 7 AGPflegeVG zuständigen Aufgabenträger nach Maßgabe dieses Abschnitts und ihrer allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen Zuwendungen für die Finanzierung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen bei bedarfsgerechten Pflegediensten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie Einrichtungen der Kurzzeitpflege. Zu den Fördervoraussetzungen bestimmt § 28 Abs. 1 Satz 1 AVPflegeVG, dass nach den Vorschriften des Abschnitts III der Verordnung bedarfsgerechte Pflegeeinrichtungen, die aufgrund eines Vertrags mit den Pflegekassen Pflegeleistungen nach dem SGB XI erbringen, gefördert werden, wenn sie den Qualitätsvorgaben des SGB XI und den darauf beruhenden Vorschriften sowie den fachlichen Zielen des Landes und dem Grundsatz der Vernetzung entsprechen. Zur Höhe der Förderung bestimmt § 31 Abs. 5 Satz 1 AVPflegeVG, dass die kommunale Investitionsförderung für Pflegedienste bis zu 5.000 DM (jetzt 2.560 €) je rechnerischer Vollzeitkraft beträgt, die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach dem SGB XI erbringt, im Kalenderjahr. Nach Satz 2 der Vorschrift "soll" dabei die Investitionspauschale so bemessen werden, dass die betriebsnotwendigen Investitionskosten damit vollständig gedeckt sind. Mit all den genannten Vorschriften sind das Ob und das Wie der Förderung durch Gesetz und Verordnung im Einzelnen festgelegt worden, wobei die Landkreise und kreisfreien Gemeinden zwar auf die Höhe der Förderung durch entsprechende Festlegung der Investitionspauschale Einfluss nehmen können, hierbei jedoch die Sollvorschrift des § 31 Abs. 5 Satz 2 AVPflegeVG beachten müssen. Die Regelung in Ziffer 5.2.1a der Förderrichtlinien des Beklagten, nach der bei der Berechnung des Investitionszuschusses nur die Kräfte berücksichtigt werden, die der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegen, ist mit § 31 Abs. 5 Satz 1 AVPflegeVG nicht vereinbar. Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff der rechnerischen Vollzeitkraft lässt keine Beschränkung auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einen damit einhergehenden Ausschluss der geringfügig Beschäftigten zu. Vielmehr stellt er einen Rechnungsfaktor dar, der auf die Summe der Arbeitsstunden aller Beschäftigten abstellt, die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach dem SGB XI erbringen. Der Verwaltungsgerichtshof folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen.

Ein Ausschluss der nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von den zu berücksichtigenden Vollzeitkräften kann auch nicht mit dem in Art. 1 Abs. 1 AGPflegeVG festgelegten Ziel einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Versorgung der Bevölkerung mit ambulanten Pflegeeinrichtungen begründet werden. Die Erreichung dieses Gesetzeszwecks wird auch beim Einsatz einer größeren Zahl geringfügig Beschäftigter dadurch gewährleistet, dass nach § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden dürfen, die den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen (Nr. 1), die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten (Nr. 2) und sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 80 SGB XI einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiter zu entwickeln (Nr. 3). Durch diese gesetzlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Versorgungsverträgen der Pflegekassen mit ambulanten Pflegediensten ist die Qualität der Pflege hinreichend gesichert. Eine einschränkende Auslegung des Begriffs der rechnerischen Vollzeitkraft in § 31 Abs. 5 Satz 1 AVPflegeVG kann deshalb mit der gesetzlichen Zielsetzung der Sicherung der Pflegequalität nicht gerechtfertigt werden.

Bei der erforderlichen Neuberechnung der den Klägern zu gewährenden Investitionszuschüsse für die Jahre 1996 und 1997 ist die damalige Investitionspauschale von 3.000 DM zugrunde zu legen, weil die hier nicht streitgegenständlichen Kriterien für den Vollzug des Haushaltsplans des Beklagten nicht im nachhinein rückwirkend zu Lasten nur der Kläger geändert werden dürfen. Im Übrigen hat sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch nur vorbehalten, die Pauschale in Zukunft anzupassen. Einig sind sich die Beteiligten auch, dass mit der gemäß dem Urteil zu erwartenden Erhöhung der Förderung das Maß der jeweils betriebsnotwendigen Investitionen nicht überschritten wird.

1.2 Die Berufungen des Beklagten sind dagegen begründet, soweit sie sich gegen die Verpflichtung wenden, bei der Gewährung der Investitionszuschüsse für die Kalenderjahre 1996 und 1997 alle Erlöse zu berücksichtigen, die aufgrund von Leistungen im Sinne der §§ 36 und 37 SGB XI erzielt werden. Ziffer 5.2.2 der Förderrichtlinien des Beklagten sieht insoweit vor, dass die Summe der Ist-Einnahmen zu berücksichtigen ist, die nach dem Ergebnis des Erlösnachweises nach SGB V (mit den Krankenkassen) und nach SGB XI (mit den Pflegekassen) im Vorjahr angerechnet worden sind, unabhängig von sonstigen Kostenträgern (z.B. Selbstzahler, Sozialhilfeträger). Diese Regelung in den Förderrichtlinien verstößt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben. Die bei der Berechnung der Investitionszuschüsse zu berücksichtigenden Erlöse bestimmen sich ebenfalls nach Art. 31 Abs. 5 Satz 1 AVPflegeVG, der auf "die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach dem SGB XI" abstellt. Die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe sind in § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XI definiert. Danach haben Pflegebedürftige bei häuslicher Pflege Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach dem SGB XI liegen somit nur vor, wenn die häusliche Pflege als Sachleistung erbracht wird. Die mit dem Pflegegeld nach § 37 SGB XI selbst beschafften Pflegehilfen können Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nicht gleichgestellt werden, weil sie nicht als Sachleistungen erbracht werden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Grund für eine derartige Gleichstellung, weil § 31 Abs. 5 Satz 1 AvPflegeVG nach seinem eindeutigen Wortlaut von Leistungen der häuslichen Pflege nach dem SGB XI spricht und damit auf die in § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XI enthaltene Definition der häuslichen Pflegehilfe als Sachleistung abstellt.

Den Berufungen des Beklagten war deshalb insoweit stattzugeben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 155 Abs. 1 Satz 1, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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