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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.10.2007
Aktenzeichen: 14 B 06.30315
Rechtsgebiete: Genfer Konvention, Richtlinie 2004/83/EG AufenthG, AsylVfG


Vorschriften:

Genfer Konvention
Richtlinie 2004/83/EG Präambel Abs. 1
Richtlinie 2004/83/EG Präambel Abs. 4
Richtlinie 2004/83/EG Präambel Abs. 6
Richtlinie 2004/83/EG Präambel Abs. 7
Richtlinie 2004/83/EG Präambel Abs. 16
Richtlinie 2004/83/EG Präambel Abs. 17
Richtlinie 2004/83/EG Art. 2c
Richtlinie 2004/83/EG Art. 9 Abs. 1
Richtlinie 2004/83/EG Art. 9 Abs. 2
Richtlinie 2004/83/EG Art. 10 Abs. 1b
Richtlinie 2004/83/EG Art. 38
AufenthG § 60 Abs. 1
AsylVfG § 77 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

14 B 06.30315

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Verfahrens nach dem AsylVfG (Iran);

hier: Berufung des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 27. Februar 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 14. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zimniok, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Oktober 2007

am 23. Oktober 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste im Jahr 2001 nach Deutschland ein und beantragte am 27. August 2001 politisches Asyl. Zur Begründung trug er vor, dass er sich seit ca. einem Jahr vom Islam abgewandt und zum Christentum hingezogen gefühlt habe. Ein legaler Übertritt zum Christentum sei jedoch im Iran nicht möglich. Nach Deutschland sei er gekommen, um zum Christentum zu konvertieren. Weitere Asylgründe habe er nicht.

Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 7. Dezember 2001 ab. Am 20. Dezember 2001 erhob der Kläger dagegen Klage, auf die hin das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 26. April 2002 den Bescheid des Bundesamtes vom 7. Dezember 2001 aufhob und die Beklagte verpflichtete festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG zu gewähren, weil er aufgrund seiner Konversion zum Christentum befürchten müsse, im Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein.

Auf die vom Senat zugelassene Berufung des Beteiligten zu 1 hin wies der Verwaltungsgerichtshof nach Beweiserhebung durch Einholung von Auskünften des Auswärtigen Amtes und des Deutschen Orient-Instituts zur Gefahr der Verfolgung von Apostaten, die in den Iran zurückkehren, mit Beschluss vom 30. Mai 2005 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage ab. Er halte - auch im Lichte der aktuellen Auskunftsklage - an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach der Abfall vom islamischen Glauben im Iran kein Straftatbestand sei und als religiöses beziehungsweise gesellschaftliches Fehlverhalten angesehen werde, das zu entsprechender Isolierung und Benachteiligungen führen könne. Eine Gefährdung durch Dritte sei erst bei einer über den bloßen Besuch öffentlicher Gottesdienste hinausgehenden, öffentlichkeitswirksamen religiösen Betätigung oder bei missionierender Tätigkeit zu befürchten, wobei diese von der Religionsfreiheit - weil über den Kernbereich der Religionsausübung im Sinn des so genannten religiösen Existenzminimums hinausgehend - grundsätzlich nicht geschützt sei.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hob das Bundesverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beteiligte nunmehr vor, es sei schon fraglich, ob sich der Kläger dem mit seiner Konversion übernommenen Glaubensverständnis noch verpflichtet fühle, jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass er sich nach seiner Abwendung vom Islam in exponierter Weise für seinen neuen Glauben eingesetzt hätte.

Eine relevante Gefährdung zurückkehrender Konvertiten in Anknüpfung an die Apostasie lasse sich nicht bejahen. Hinsichtlich Todesfällen von Konvertiten lägen nur Berichte zu besonders gelagerten Ereignissen vor, die tatsächlichen Motive und Hintergründe lägen in aller Regel im Dunkeln. Die Täter seien unbekannt. Trotz zunehmender Missionstätigkeit seitens christlicher, freikirchlicher Gruppen gebe es keine Mitteilungen zu Referenzfällen. Eine Zunahme von Berichten über Verfolgungsmaßnahmen wegen Missionierung sei nicht erkennbar.

Es müsse Zweifeln begegnen, ob die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, die sog. Qualifikationsrichtlinie, den Schutz von Flüchtlingen vor Verfolgung wegen religiöser Betätigung über das "forum internum" hinaus erweitert habe. Ein grundsätzlicher Perspektivenwechsel habe insoweit nicht stattgefunden. Jedenfalls seien religiöse Handlungen, die in erheblich den öffentlichen Frieden störender Weise in die Lebenssphäre anderer Bürger eingriffen oder mit dem ordre public nicht vereinbar seien, nicht schutzbegründend. Der Schutz beschränke sich auf solche Tätigkeiten, die aus religiöser Sicht glaubensprägend bzw. unverzichtbar geboten seien. Die in Art. 10 Abs. 1 Buchstabe b genannte Formulierung "im ....öffentlichen Bereich" beziehe sich allein auf die vorgehend angeführte Teilnahme (bzw. Nichtteilnahme) an religiösen Riten, nicht aber auf den eigenständigen Verfolgungsgrund sonstiger religiöser Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen, worunter insbesondere etwaige Missionierungsbemühungen fallen würden. Dies könne nur so zu verstehen sein, dass insoweit eine öffentliche Betätigung, die über die eigene Glaubensgemeinschaft hinausgreife, als Grundlage für einen Anspruch auf einen Flüchtlingsstatus auszuscheiden habe. Die traditionellen christlichen Religionsgemeinschaften im Iran verzichteten auf Missionierung, die deshalb gerade nicht zum nötigen eigenen Glaubensleben zähle. Im Übrigen fehle es an der notwendigen Intensität der zu befürchtenden Eingriffe.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils vom 12. Dezember 2001 abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt insbesondere vor, dass er nunmehr Mitglied der Freien Christen Gemeinde in Hof sei und dort aktiv mitarbeite. Außerdem sei er Mitglied einer charismatischen Jugendgruppe in der evangelischen Kirche. Er habe immer wieder versucht, Muslime zum christlichen Glauben zu führen. Sein Engagement könnten viele Zeugen bestätigen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17. Oktober 2007, den Schriftwechsel im vorliegenden Berufungsverfahren sowie die übrigen beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Beklagte im Ergebnis zu Recht verpflichtet festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, jetzt die des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegen. Dem Kläger drohen im Falle seiner Rückkehr in den Iran wegen seiner infolge des Glaubenswechsels christlich ausgerichteten Lebensführung Verfolgungsmaßnahmen, die nach nunmehriger Rechtslage einen Anspruch auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gemäß Art. 2 Buchst. c und d der Richtlinie 2004/83/EG des Rates begründen.

Wie schon in dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgehobenen Beschluss vom 30. Mai 2005 geht der Senat weiter - mit dem Verwaltungsgericht - davon aus, dass der Kläger in Deutschland aufgrund einer echten Glaubensentscheidung vom Islam zum Christentum konvertiert ist. Dies wird von seinem (schriftsätzlichen) Vortrag bestätigt, an dessen Wahrheit zu zweifeln kein Anlass besteht. Er zeigt, dass sich der Kläger seiner Glaubensentscheidung weiterhin verpflichtet fühlt. Das lässt insbesondere erwarten, dass der Kläger auch im Fall einer Rückkehr in den Iran seiner gewonnenen Glaubensüberzeugung folgen wird, sich offen dazu bekennen und dafür werben wird, soweit dies die äußeren Umstände zulassen.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist für die hier zu treffende Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend. Nach Art. 38 Richtlinie 2004/83/EG ist die Frist für die Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Richtlinie mit dem 10. Oktober 2006 abgelaufen. Soweit die Richtlinie nicht oder nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt ist, können sich die Betroffenen unmittelbar auf sie berufen (vgl. EuGH vom 19.11.1991, DVBl 1992, 1017). Unbestimmte Rechtsbegriffe in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sind im Licht der Richtlinie auszulegen. Das gilt sowohl hinsichtlich der relevanten Verfolgungshandlungen als auch im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Verfolgungsgründe. Dazu zählt gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als auch nach Art. 2 Buchstabe c Richtlinie 2004/83/EG die Religionszugehörigkeit.

Nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts (vom 1.7.1987 BVerfGE 76, 143/158 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (vom 20.1.2004 BVerwGE 120, 16/19 f.), der sich der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen hat, war die Religionsausübung nur insoweit geschützt, als sie nicht über deren Kernbereich im Sinn des sog. religiösen Existenzminimums hinausgegangen ist. Nicht geschützt waren deshalb bisher eine über den bloßen Besuch öffentlicher Gottesdienste hinausgehende, öffentlichkeitswirksame religiöse Betätigung oder missionierende Tätigkeit. Demgegenüber und auch - jedenfalls in der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht - gegenüber der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 erweitert Art. 10 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2004/83/EG den Bereich geschützter religiöser Betätigung.

Dies folgt aus dem Zweck der Qualifikationsrichtlinie. Gemäß Absatz 1 der Präambel ist Ziel, eine gemeinsame Asylpolitik der in der Europäischen Union verbundenen Mitgliedstaaten zu schaffen. Mittels eines gemeinsamen Asylsystems sollen die einzelstaatlichen Bestimmungen über die Zuerkennung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft einander angenähert werden (Präambel Abs. 4 Richtlinie 2004/83/EG). Wesentliches Ziel der Qualifikationsrichtlinie ist es, ein Mindestmaß an Schutz von Flüchtlingen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten (Präambel Abs. 6 Richtlinie 2004/83/EG), auch um die Sekundärmigration von Asylbewerbern zwischen den Mitgliedstaaten, soweit sie auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften beruht, einzudämmen (Präambel Abs. 7 Richtlinie 2004/83/EG). Nach den Absätzen 16 und 17 der Präambel sollen Mindestnormen für die Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und ihre Merkmale festgelegt werden, um die jeweiligen innerstaatlichen Stellen der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Konvention zu leiten und gemeinsame Kriterien für die Anerkennung von Asylbewerbern als Flüchtlinge im Sinne von Art. 1 der Genfer Konvention einzuführen. Die Qualifikationsrichtlinie bestimmt den Umfang des mit dem Flüchtlingsstatus verbundenen Schutzes deshalb unabhängig von der jeweiligen Auslegung der Genfer Konvention in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Gegenüber dem religiösen Existenzminimum, dem sog. forum internum, umfasst der Begriff der Religion in diesem Sinn nunmehr die Teilnahme an religiösen Riten in der Öffentlichkeit, aber auch sonstige Betätigungen, Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Dazu zählen insbesondere das offene, nicht nur an die Mitglieder der eigenen Religionsgemeinschaft gewandte Bekenntnis der persönlichen religiösen Überzeugung wie auch die Darstellung ihrer Verheißungen und damit auch missionarische Betätigung, die gerade darin besteht, Nicht- oder Andersgläubigen vor Augen zu führen, welches Heil den die jeweiligen Lehren beachtenden Gläubigen im Gegensatz zu der Verdammnis Ungläubiger erwartet. Eine Beschränkung dieses Bekenntnisses und der Verkündigung auf den Bereich der eigenen Glaubensgemeinschaft kann weder dem Wortlaut noch der Systematik dieser Vorschrift entnommen werden. Es sind vielmehr alle Betätigungen, Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen erfasst, die sich auf eine ernst zu nehmende religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Dem entspricht das Bedürfnis des Gläubigen, sich gegenüber anderen Menschen zu bekennen und für seine Überzeugung zu werben. Ihre Grenze finden solche religiösen Handlungen, wenn sie in einer erheblich den öffentlichen Frieden störenden Weise in die Lebenssphäre anderer Bürger eingreifen oder mit dem Grundbestand des ordre public nicht vereinbar sind. Innerhalb dieser Grenzen ist nicht nur derjenige geschützt, der seine religiösen Überzeugungen ohne Rücksicht auf Verfolgungsmaßnahmen nach außen vertritt, sondern auch derjenige, der unter dem Zwang der äußeren Umstände aus Furcht vor Verfolgung seine religiösen Bedürfnisse nur abseits der Öffentlichkeit oder gar heimlich auslebt. Maßstab können auch nicht die im Iran traditionell beheimateten christlichen Konfessionen sein, die um ihrer Existenz willen auf Missionsarbeit verzichten.

Im Falle seiner Rückkehr in den Iran hätte der Kläger nach der Überzeugung des Senats auch Verfolgungshandlungen i.S. des Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2004/83/EG zu befürchten. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchstaben a, b und c Richtlinie 2004/83/EG zählen dazu die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche und bzw. oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden oder auch unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung. Solche Maßnahmen stellen eine relevante Verfolgung auch dann dar, wenn sie nicht vom Staat, sondern von Dritten ausgehen, sofern der Staat oder diesen beherrschende Organisationen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren (§ 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG).

Es ist richtig, dass Berichte über Todesfälle von Konvertiten nur zu spezifisch gelagerten Einzelfällen vorliegen und tatsächliche Motive und Hintergründe für deren Tötung, vor allem aber die Täter unbekannt sind. Dem Beteiligten zu 1 ist auch zuzugeben, dass außer den eben genannten Berichten keine Referenzfälle bekannt sind, nach denen missionierende Mitglieder christlicher, freikirchlicher Gruppen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Allerdings gehen sowohl das Auswärtige Amt (an Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 12.4.2007) wie auch das Deutsche Orient-Institut in der vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten gutachtlichen Stellungnahme davon aus, dass Mitglieder religiöser Minderheiten, zu denen zum Christentum konvertierte Muslime gehören, staatlichen Repressionen ausgesetzt sein können, wobei es insbesondere auf das öffentlich erkennbare Engagement des Betroffenen ankommt. Nach den Erkenntnissen des Deutschen Orient-Instituts (gutachtliche Stellungnahme vom 22.11.2004 an den Verwaltungsgerichtshof) müssen Angehörige christlicher Religionsgemeinschaften mit Verfolgung insbesondere auch durch Dritte rechnen, wenn Gottesdienste im privaten Bereich bekannt werden. Insbesondere haben danach Apostaten ungeachtet der Strafbarkeit des Abfalls vom Islam in solchen Fällen regelmäßig andere Formen der Bestrafung zu gegenwärtigen, worauf das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 27. Januar 2006 hinweist. Insbesondere aber gilt aus islamisch iranischer Sicht ein absolutes Missionierungsverbot für Christen. Der Bruch dieses Tabus ist regelmäßig mit Sanktionen verbunden (Deutsches Orient-Institut a.a.O.). Dies bestätigt die in dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgehobenen Beschluss vom 30. Mai 2005 geäußerte Auffassung des Senats, dass eine Gefährdung insbesondere durch Dritte bei einer über den bloßen Besuch öffentlicher Gottesdienste hinausgehenden, öffentlichkeitswirksamen religiösen Betätigung oder bei missionierender Tätigkeit zu befürchten ist. Dem ist auch der Beteiligte zu 1 in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gefolgt. Auch wenn Referenzfälle nicht bekannt sind, besteht zwischen den sachverständigen Stellen Einigkeit darüber, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei öffentlichkeitswirksamer Glaubensbetätigung oder gar Missionierung asylrelevante Maßnahmen seitens staatlicher Stellen oder auch Dritter zu erwarten sind. Die Einholung weiterer gutachtlicher Stellungnahmen hat sich dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht aufgedrängt.

Nachdem der Asylerstantrag des Klägers inmitten des Verfahrens steht, ist die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich beim Glaubenswechsel des Klägers um einen subjektiven Nachfluchtgrund handelt. § 28 Abs. 1 a AsylVfG stellt klar, dass die zur Anerkennung eines Abschiebungsschutzes gemäß § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG führende Verfolgungsgefahr grundsätzlich auch auf Ereignissen und Aktivitäten beruhen kann, die nach der Ausreise aus dem Herkunftsland entstanden bzw. durchgeführt worden sind (Begründung zu Art. 3 Nr. 21 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union - EUAufhAsylRUG BT-Drs. 16/5065). Damit werden auch subjektive Nachfluchtgründe erfasst, die im Falle eines Folgeantrags gemäß § 28 Abs. 2 AsylVfG in der Regel die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht rechtfertigen. Ohne dass dies von entscheidungserheblicher Bedeutung wäre, sei darauf hingewiesen, dass die Konversion des Klägers Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Ausrichtung ist, nachdem er nach seinem glaubwürdigen Vortrag allein deshalb aus dem Iran ausgereist ist, um seine bereits im Heimatland entstandene Abwendung vom Islam und Hinwendung zum Christentum zu vollziehen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs.1 und 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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