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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: 15 ZB 05.1025
Rechtsgebiete: VwGO, KG, Kostenverzeichnis, Tarifstelle


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
KG Art. 5 Abs. 1
KG Art. 5 Abs. 2 Satz 1
KG Art. 5 Abs. 4
Kostenverzeichnis Tarif-Nr. 2.I.1
Tarifstelle 1.24.1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 ZB 05.1025

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Baugenehmigungsgebühren;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. Januar 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Grau, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Ebersperger

ohne mündliche Verhandlung am 30. Januar 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 95.350,82 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist zur Begründung ihres Zulassungsantrags hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

a) Die Klägerin trägt zur Begründung vor, das Verwaltungsgericht habe mit seiner Auslegung der Tarif-Nr. 2.I.1 Tarifstelle 1.24.1.1.1 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (Kostenverzeichnis - KVz) vom 12. Oktober 2001 (GVBl S. 766) den Wortlaut der Regelung missachtet und zu Unrecht darauf abgestellt, welcher bauplanungsrechtliche Genehmigungstatbestand angewandt wurde. Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung dürfe nur vorgenommen werden, wenn dies nach anderen Auslegungskriterien geboten sei. Das Verwaltungsgericht habe insoweit auf einem "erkennbaren Willen des Verordnungsgebers" abgestellt, der angeblich zwischen zwei Gebührentatbeständen mit unterschiedlichem Verwaltungsaufwand differenzieren wolle, ohne diesen Willen belegen zu können.

Dieses Vorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Nach dem Wortlaut der Tarifstelle 1.24.1.1 beträgt die Gebühr für die Erteilung einer Baugenehmigung für den bauplanungsrechtlichen Teil dann, wenn das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes gemäß § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB ausgeführt wird, eins vom Tausend der Baukosten, mindestens 12,50 Euro (Tarifstelle 1.24.1.1.1), in allen anderen Fällen zwei vom Tausend der Baukosten, mindestens 12,50 Euro (1.24.1.1.2).

Im vorliegenden Fall wurde das Bauvorhaben der Klägerin zwar im Geltungsbereich des § 30 Abs. 1 BauGB erlassenen Bebauungsplanes Nr. 847 A der Beklagten ausgeführt. Nach dessen Festsetzungen wäre es aber nicht genehmigungsfähig gewesen, so dass für dieses Baugebiet ein weiterer Bebauungsplan aufgestellt wurde, um der Klägerin eine Bebauung zu ermöglichen (Bebauungsplan-Nr. 847 D). Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde der Klägerin nach § 33 BauGB erteilt.

Die Tarifstelle 1.24.1.1.1 geht von dem Normalfall aus, dass die Baugenehmigung für ein im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gemäß § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB ausgeführtes Vorhaben nach dessen Festsetzungen erteilt wird. Dies ergibt sich insbesondere aus der Systematik des Kostenverzeichnisses. Entsprechend seiner Regelung für den bauplanungsrechtlichen Teil differenziert es in der Tarifstelle 1.24.1.2 für den bauordnungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung (einschließlich der Prüfung sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften) zwischen der Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 73 BayBO (Nr. 1.24.1.2.1) und allen anderen Fällen (Nr. 1.24.1.2.2). Der Verordnungsgeber ging bei der Einführung dieser beiden Tarifstellen im Jahr 1994 offensichtlich davon aus, dass sowohl für den bauplanungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung als auch für den bauordnungsrechtlichen Teil die Gebühr zu verringern ist, wenn die Baugenehmigung aufgrund einer vereinfachten Prüfung erteilt wird. Grund für die Verringerung der Gebühr ist in beiden Fällen, dass sie typischerweise mit einem verringerten Verwaltungsaufwand verbunden sind. Denn auch die Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB geben der Bauaufsichtsbehörde verbindliche planungsrechtliche Vorgaben, die eine eigene Ermittlung des bauplanungsrechtlichen Sachverhalts, wie sie sonst erforderlich wäre, erübrigen. Hierauf hat der Vertreter des öffentlichen Interesses zu Recht hingewiesen.

Daraus folgt, dass es für die Anwendung der Tarifstelle 1.24.1.1.1 nicht entscheidend ist, ob das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB liegt, sondern darauf ankommt, ob das Vorhaben nach § 30 Abs. 1 oder 2 genehmigt wird.

b) Die Klägerin wendet außerdem ein, dass sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils auch insoweit ergäben, als es das Verwaltungsgericht für gerechtfertigt halte, bei den Wertgebühren für den bauplanungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung zwischen zwei Tatbeständen mit unterschiedlichem Verwaltungsaufwand zu differenzieren. Die Ausgestaltung als Wertgebühr schließe es aus, bei demselben Prüfungsgegenstand den Gebührensatz nach dem Verwaltungsaufwand zu differenzieren, weil sich Wertgebühren nicht nach dem für die Prüfung entstehenden Zeitaufwand, sondern nach dem Wert des Gegenstands der Amtshandlung bemessen würden. Beim bauordnungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung sei dagegen - aufgrund des unterschiedlichen Prüfungsumfangs - eine Differenzierung beim Gebührensatz möglich.

Dies greift nicht durch. Mit ihrem Einwand behauptet die Klägerin eine Unvereinbarkeit der Tarifstelle 1.24.1.1 mit der gesetzlichen Regelung des Art. 5 Abs. 4 Satz 1 KG, nach der Wertgebühren für Amtshandlungen vorgesehen werden können, bei denen der Verwaltungsaufwand oder die Bedeutung der Angelegenheit maßgeblich vom Wert des Gegenstands der Amtshandlung abhängen. Es trifft zwar zu, dass die in Tarifstelle 1.24.1 des Kostenverzeichnisses geregelten Baugenehmigungsgebühren als Wertgebühren ausgestattet sind, weil sie an die Höhe der Baukosten anknüpfen. Dennoch durfte der Verordnungsgeber im Kostenverzeichnis bei den Baugenehmigungsgebühren zwischen Tatbeständen differenzieren, die typischerweise mit einem unterschiedlichen Verwaltungsaufwand verbunden sind. Dies folgt aus der Regelung des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KG, die dem Verordnungsgeber aufgibt, im Kostenverzeichnis die Höhe der Gebühr nach dem Verwaltungsaufwand aller an der Amtshandlung beteiligten Behörden und Stellen und nach der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten festzulegen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese gesetzliche Verpflichtung gerade bei der Regelung von Wertgebühren nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KG nicht anwendbar sein soll, obwohl die Vorschrift keine entsprechende Einschränkung enthält. Der Verordnungsgeber durfte deshalb die von der Klägerin beanstandete Differenzierung bei den Gebühren für den bauplanungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung vornehmen.

Hinsichtlich der Gebühr für den bauordnungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung hat die die Klägerin die Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Verwaltungsaufwand ja auch zutreffend eingeräumt.

c) Die Klägerin rügt ferner, dass es gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, wenn der Gebührensatz für eine Genehmigung nach § 30 BauGB bei eins vom Tausend der Baukosten liege, für eine Genehmigung nach § 33 BauGB dagegen bei zwei vom Tausend der Baukosten. Der der jeweiligen Prüfung zugrundeliegende Verwaltungsaufwand rechtfertige derartige unterschiedliche Gebührensätze nicht.

Dies begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliegt. Die Prüfung, ob formell und materiell Planreife im Sinn des § 33 BauGB vorliegt, ist typischerweise mit einem höheren Verwaltungsaufwand verbunden als die Prüfung, ob ein Vorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB entspricht. Im ersteren Fall muss nicht nur geprüft werden, ob die Beteiligung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, sondern auch, ob die Planung einen Konkretisierungsgrad erreicht hat, der die Annahme rechtfertigt, dass das Vorhaben in künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB).

Dass sich die Genehmigungsbehörde für diese Prüfung im Regelfall mit einer Auskunft des Planungsamtes begnügt, ändert an dem gegenüber einer Genehmigung nach § 30 BauGB höheren Verwaltungsaufwand nichts, weil dieser dann beim Planungsamt anfällt. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Prüfung nach § 33 BauGB den doppelten Verwaltungsaufwand für eine Prüfung nach § 30 BauGB verursacht. Angesichts des vom Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehobenen Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers war dieser wegen des typischerweise unterschiedlichen Verwaltungsaufwands der Prüfungen nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB und § 33 BauGB dazu berechtigt, für die beiden Fallgruppen Gebühren von eins und von zwei vom Tausend der Baukosten festzulegen.

2. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob bei Wertgebühren nach § 5 Abs. 4 KG für den bauplanungsrechtlichen Teil der Baugenehmigung zwischen einzelnen bauplanungsrechtlichen Genehmigungstatbeständen und dem dabei entstehenden Verwaltungsaufwand differenziert werden kann, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich unmittelbar aus dem Gesetz beantwortet. Wie bereits oben unter 1.b) ausgeführt, schreibt Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KG für alle Gebührenarten vor, dass im Kostenverzeichnis die Höhe der Gebühr auch nach dem Verwaltungsaufwand aller an der Amtshandlung beteiligten Behörden und Stellen festzulegen ist. Da der Verwaltungsaufwand bei Baugenehmigungen nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB typischerweise geringer ist als bei Genehmigungen nach §§ 33 ff. BauGB, durfte der Verordnungsgeber bei Genehmigungen nach § 30 BauGB eine gegenüber den anderen Fällen verringerte Wertgebühr festlegen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3 und 1 GKG sowie § 52 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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