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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.10.2005
Aktenzeichen: 15 ZB 05.1985
Rechtsgebiete: BUKG, TGV


Vorschriften:

BUKG § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
TGV § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Die Wiederholung der 12. Klasse einer Fachoberschule nach Wegfall des Wohnungsmangels ist kein Umzugshindernis im Sinn von § 12 Abs. Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BUKG.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 ZB 05.1985

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Trennungsgeld;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 03. Juni 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Wünschmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Herrmann

ohne mündliche Verhandlung am 14. Oktober 2005

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 6.139 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger zur Begründung seines Antrags innerhalb offener Frist hat vortragen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil darauf gestützt, der Wohnungsmangel sei am 31. Juli 2003 weggefallen, ohne dass dem Umzug des Klägers nach H. zu diesem Zeitpunkt die Schulausbildung seiner Söhne als Hinderungsgrund im Sinn des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TGV entgegengestanden hätte. Der jüngere Sohn habe die 10. Klasse der Realschule beendet gehabt. Bis zum beabsichtigten Wechsel an die Fachoberschule im September 2003 sei ein Umzug möglich geswesen. Der Umstand, dass nach einer Bescheinigung der Fachoberschule H. vom 2. Juli 2003 für das Unterrichtsjahr 2003/2004 ein freier Platz nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, veranlasse keine andere Beurteilung. Der Kläger sei bereits mit Verfügung vom 12. Dezember 2002 über seine Versetzung informiert worden und hätte deshalb beizeiten eine Aufnahmeantrag bei der Fachoberschule H. stellen können. Das sei zu keinem Zeitpunkt geschehen. Für den älteren Sohn, der ab September 2003 erneut die 12. Klasse der Fachoberschule besuchen sollte, gelte Entsprechendes. Der Kläger könne sich mit Blick auf die Schulausbildung seines älteren Sohnes auch nicht auf § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 TGV berufen.

Die dagegen vorgebrachten Einwendungen des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der angegriffenen Entscheidung.

a) Der Kläger wendet ein, ein Umzugshindernis nach Wegfall des Wohnungmangels habe in der Person seines jüngeren Sohnes vorgelegen. Ein Umzug zum September 2003 sei nicht möglich gewesen. Denn einerseits sei bis zu diesem Zeitpunkt sein bereits am 16. Juli 2003 eingereichter Antrag auf Weiterbewilligung von Trennungsgeld unbehandelt geblieben. Andererseits sei die Fachoberschule in H. nicht aufnahmebereit gewesen. Das greift nicht durch.

Weder legt der Kläger dar noch ist sonst ersichtlich, aus welchem Grund nach Wegfall des Wohnungsmangels zum 31. Juli 2003 ein Umzug nach H. davon abhängig gewesen sein sollte, dass eine Entscheidung über den weiteren Trennungsgeldantrag des Klägers ergangen wäre. Die Hinderungsgründe, die einem Umzug nach Wegfall des Wohnungsmangels entgegenstehen und die Weitergewährung von Trennungsgeld rechtfertigen, sind in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr 1 bis 6 BUKG (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr 1 bis 6 TGV) abschließend benannt. Die vom Kläger gerügte verspätete Entscheidung über einen Trennungsgeldantrag gehört nicht dazu.

Der Umstand, dass es der Fachoberschule H. nicht (mehr) möglich war, den jüngeren Sohn des Klägers für das Schuljahr 2003/2004 in die 11. Klasse aufzunehmen, begründet ebenfalls kein Umzugshindernis im Sinn des Gesetzes. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BUKG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist die Schulausbildung eines Kindes (nur) bis zum Ende des (laufenden) Schuljahres Hinderungsgrund für einen Umzug. Befindet sich das Kind in der Jahrgangsstufe 12 einer Schule, verlängert sich die Gewährung des Trennungsgeldes bis zum Ende des folgenden Schuljahres (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BUKG). Keine dieser Voraussetzungen bestand beim jüngeren Sohn des Klägers. Im maßgeblichen Zeitpunkt (31.7.2002) war einerseits das laufende Schuljahr (10. Klasse Realschule) beendet, andererseits hatte der folgende Ausbildungsabschnitt (11. Klasse Fachoberschule) noch nicht begonnen (vgl. hierzu BVerwG vom 22.10.1997 Az. 10 B 6/96 JURIS-DokNr. 410003970). Die Frage, ob die 11. Klasse einer Fachoberschule als Jahrgangsstufe 12 im Sinn des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BUKG anzusehen ist, stellt sich damit bezüglich des jüngeren Sohnes nicht.

Es besteht hinsichtlich des konkreten Sachverhalts keine (planwidrige) Regelungslücke, die unter Umständen mit Blick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Wege der Auslegung zugunsten des Klägers zu schließen wäre (vgl. hierzu Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, RdNr. 2 zu § 88 m.w.N.). § 12 BUKG und die Trennungsgeldverordnung konkretisieren für ihren Regelungsbereich die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. Battis a.a.O.). Die Gewährung von Trennungsgeld ist deshalb nur insoweit gerechtfertigt, als sie als ein Gebot der an der Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu orientierenden Billigkeit gelten kann, wobei die Kriterien der Fürsorgepflicht und der Billigkeit zugleich Begrenzungscharakter aufweisen. Der Dienstherr hat aufgrund dessen bei der Gewährung von Trennungsgeld die Verpflichtung des Soldaten/Beamten als Vater zu berücksichtigen, seinem Kind eine möglichst qualifizierte Schulausbildung zukommen zu lassen, die jedenfalls in besonders bedeutsamen Abschnitten störungsfrei verlaufen soll. Dem genügt § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BUKG bereits seinem Wortlaut nach (vgl. BVerwG vom 20.6.2000 BVerwGE 111, 255/257 f.). Die Regelung ermöglicht dem Soldaten/Beamten ohne Nachteile für die Gewährung von Trennungsgeld, dass die begonnene Schulausbildung eines Kindes nicht abrupt durch einen Umzug unterbrochen werden muss, sondern bis zu einem Ausbildungsabschnitt, der einen Wechsel der Schule eher zulässt, weitergeführt oder unter bestimmten - hier nicht erfüllten - Voraussetzungen sogar abgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG vom 22.10.1997 Az. 10 B 6/96 JURIS-DokNr. 410003970). Die Fürsorgepflicht zwingt demgegenüber nicht dazu, Trennungsgeld auch für den Fall zu gewähren, dass nach dem mit der mittleren Reife (10. Klasse Realschule) erlangten Schulabschluss ein Umzug unterbleibt, weil eine darauf aufbauende Schulausbildung am neuen Dienstort nicht ohne Unterbrechung begonnen werden könnte.

Damit kann offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht einem Anspruch auf Trennungsgeld zu Recht entgegengehalten hat, der Kläger habe sich nicht rechtzeitig nach Erlass der Versetzungsverfügung vom 12. Dezember 2002 um die Aufnahme seines Sohnes in die Fachoberschule H. bemüht. Zutreffend ist insoweit allerdings, dass die Gewährung von Trennungsgeld im Grundsatz nur dann und insoweit geboten ist, als die getrennte Haushaltsführung durch eine dem Bereich des Dienstherrn zuzurechnende Maßnahme geprägt ist, also nicht auf Umständen beruht, die ihre Ursache im Bereich des Soldaten/Beamten haben (vgl. BVerwG vom 20.6.2000 a.a.O.). Bereits das Schreiben der Fachoberschule H. vom 2. Juli 2002 legt es aufgrund der gewählten Formulierung ("zum gegenwärtigen Zeitpunkt ... Aufnahme ... nicht mehr möglich ist") nahe, dass der Sohn bei einer Anmeldung rechtzeitig vor Beginn des Schuljahres 2003/2004 aufgenommen worden wäre. Das an das Verwaltungsgericht gerichtete Schreiben der Fachoberschule H. vom 1. Juni 2005 verdeutlicht das. Denn danach musste im Juli 2003 eine Aufnahme in die 11. Klasse deshalb abgelehnt werden, weil zu diesem Zeitpunkt wegen des Anmeldetermins für das Schuljahr 2003/2004 im März 2003 die Klassen voll belegt gewesen seien. Zudem habe weder eine schriftliche Anmeldung für den Sohn des Klägers vorgelegen noch sei ein Wohnsitzwechsel dokumentiert gewesen. Der Kläger hat nicht dargelegt, was er nach Zugang der Versetzungsverfügung vom 12. Dezember 2002 unternommen hat, um für seinen jüngeren Sohn einen Platz in der 11. Klasse der Fachoberschule H. zu erhalten.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils begründet auch nicht der Einwand des Klägers, ein weiteres Umzugshindernis sei gewesen, dass sein älterer Sohn ab September 2003 als Wiederholer die 12. Klasse der Fachoberschule in D. besucht habe.

Selbst wenn § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BUKG auf die Jahrgangsstufe 11 und/oder die Jahrgangsstufe 12 einer Fachoberschule anzuwenden wäre, begründete das für den Kläger keinen Anspruch auf eine weitere Gewährung von Trennungsgeld. Die Vorschrift verlängert das Trennungsgeld nach ihrem Wortlaut für den Fall, dass sich das Kind in der Jahrgangsstufe 12 befindet, bis zum Ende des folgenden Schuljahres. Insoweit ermöglicht das Gesetz ohne Nachteile für die Gewährung von Trennungsgeld den Abschluss der Schulausbildung am bisherigen Wohn-/Dienstort. Dabei geht es allerdings in Konkretisierung der Fürsorgepflicht von einem regulären Durchlaufen der Jahrgangsstufen aus. Die Fürsorgepflicht rechtfertigt die Gewährung von Trennungsgeld dann nicht, wenn das in der persönlichen Sphäre des Beamten liegende Umzugshindernis aus Umständen erwachsen ist, die der Soldat/Beamte und seine Familie zu vertreten haben (vgl. BVerwG vom 3.12.1990 NVwZ-RR 1991, 416/417). Die Wiederholung der 12. Klasse ist damit kein Umzugshindernis im Sinn des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BUKG. Der ältere Sohn des Klägers hatte die Jahrgangsstufe 12 der Fachoberschule im Zeitpunkt des Wegfalls des Wohnungsmangels beendet. Bei regelmäßigem Verlauf wäre die schulische Ausbildung an der Fachoberschule abgeschlossen gewesen. Ein Zusammenhang zwischen den vorangegangenen Versetzungen des Klägers und dem Nichtbestehen der 12. Klasse ist weder erkennbar noch seitens des Klägers konkret dargelegt. Die Familie des Klägers hat ihren ständigen Wohnsitz seit Dezember 1998 in D.. Sie lebte damit bereits seit mehr als zwei Jahren am selben Ort, bevor der ältere Sohn auf die Fachoberschule wechselte und die Jahrgangsstufe 11 regulär durchlief.

2. Die Berufung ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Es ist schon nicht hinreichend deutlich dargelegt, welche für die Entscheidung der Vorinstanz bedeutsame und klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage bisher höchstrichterlich oder durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. hierzu Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl. 2000, RdNr. 76 zu § 124).

Der Zulassungsantrag hätte auch dann keinen Erfolg, wenn er unter Berücksichtigung des im Schriftsatz des Klägers vom 7. Oktober 2005 Dargelegten dahin zu verstehen wäre, dass als grundsätzlich bedeutsam die Frage angesehen wird, ob der Besuch einer Fachoberschule (Jahrgangsstufen 11 und 12) ein Umzugshindernis im Sinn des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BUKG ist. Die Frage wäre nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig. Sie stellte sich nicht, weil der ältere Sohn des Klägers die Jahrgangsstufe 12 der Fachoberschule in D. vor dem Wegfall des Wohnungsmangels durchlaufen hatte und die Wiederholung dieser Jahrgangsstufe der persönlichen Sphäre des Klägers zuzurechnen ist (vgl. Nr. 1 Buchst. b). Die Rechtssache hätte auch dann keine grundsätzliche Bedeutung, wenn der Zulassungsantrag als grundsätzlich bedeutsam die Frage aufwerfen würde, ob die Wiederholung der 12. Jahrgangsstufe einer Fachoberschule ein Umzugshindernis im Sinn des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BUKG ist, wenn das Kind wegen vorangegangener Versetzungen des Soldaten/Beamten häufigen Schulwechseln unterworfen war. Auch diese Frage wäre einer berufungsgerichtlichen Klärung nicht zugänglich, weil sie sich nicht stellt. Ein Zusammenhang zwischen den Versetzungen des Klägers sowie damit verbundenen Schulwechseln und dem Umstand, dass der ältere Sohn des Klägers die 12. Jahrgangsstufe der Fachoberschule in D. wiederholen musste, ist - wie dargelegt - nicht erkennbar.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3 und 1 sowie auf § 52 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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