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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.12.2008
Aktenzeichen: 21 AE 07.693
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 123
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

21 AE 07.693

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Notarversorgung (Antrag nach § 123 VwGO);

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 21. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Polloczek, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Abel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl,

ohne mündliche Verhandlung am 3. Dezember 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 25.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verfolgt die Antragstellerin sinngemäß das Ziel, der Antragsgegnerin aufzugeben,

- es zu unterlassen, vor rechtskräftiger Entscheidung oder Vergleich des Rechtsstreits zwischen ihr und dem Insolvenzverwalter die Auszahlung der hinterlegten Beträge des Ruhegehalts ihres Ehemannes und früheren Notars an den Insolvenzverwalter zu bewilligen,

- den pfändbaren Teil des Ruhegehalts ab April 2007 nicht mehr zu hinterlegen sowie

- es zu unterlassen, die Zahlung der ab 1. April 2007 fällig werdenden, für pfändbar gehaltenen monatlichen Teilbeträge des Ruhegehalts an den Insolvenzverwalter oder sonst zur Insolvenzmasse ihres Ehemannes zu bewirken.

Der Antrag gemäß § 123 VwGO hat keinen Erfolg.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ist zuständiges Gericht der Hauptsache im Sinne von § 123 Abs. 2 Sätze 1 und 2 - 2. Variante - VwGO, weil hier ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 6. März 2006 (Az. 21 ZB 06.944) anhängig ist. Die Zuständigkeit des Berufungsgerichts beginnt nach wohl herrschender Meinung mit der Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 19 zu § 123 m.w.N.); der abweichenden Meinung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, RdNr. 28 zu § 123 VwGO) folgt der Senat nicht. Gegenstand des mit Urteil vom 6. März 2006 abgeschlossenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war zuletzt (sinngemäß) u.a. das Begehren der Antragstellerin, unter teilweiser Abänderung von Nr. II des Bescheides vom 20. August 2003 die Antragsgegnerin zu verpflichten, sie für die Zeit ab dem 1. November 2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden und ihr unter Abänderung des ihrem Ehemann erteilten Bescheides vom 20. August 2003 nach Ermessen des Gerichts einen über das bereits bewilligte Ruhegehalt hinausgehenden, weiteren Ruhegehaltsbetrag (bis zum Vierfachen des nach den Wortlaut der Versorgungssatzung folgenden Betrags) zu bewilligen. Zwar war damit der bisher pfändbare Betrag des auf der Grundlage des Bescheids vom 20. August 2003 bewilligten Ruhegehalts für den Ehemann der Antragstellerin nicht streitbefangen; er wurde ersichtlich bis einschließlich Mai 2004 lediglich wegen der Unsicherheit, wer berechtigter Gläubiger ist, beim Amtsgericht München hinterlegt. Eine unmittelbar auf Leistung des pfändbaren Teils des Ruhegehalts für ihren Ehemann an die Antragstellerin selbst gerichtete Klage ist beim Verwaltungsgericht nicht anhängig. Den in der Klageschrift vom 12. Januar 2004 im Wege der Zwischenfeststellungsklage gestellten Antrag festzustellen, dass der pfändbare Teil der Ruhegehaltsansprüche nicht zur Insolvenzmasse gehöre und - wie auch die wegen Gläubigerungewissheit beim Amtsgericht München hinterlegten Beträge - der Antragstellerin zustehe, hat die Antragstellerin nicht aufrecht erhalten. Es kann aber dahinstehen, ob die Antragstellerin den Anordnungsantrag noch vor einer Klageerhebung (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vor dem Verwaltungsgericht hätte stellen können oder müssen, denn es ist fraglich, ob eine Leistungsklage zulässig gewesen wäre. Es besteht hier aber letztendlich ein erkennbarer innerer Zusammenhang zwischen dem Begehren der Antragstellerin einerseits, höhere Beträge als die pfändbaren Teile eines zu erhöhenden Ruhegehalts für ihren Ehemann zu erstreiten, und andererseits der Zahlung der pfändbaren Ruhegehaltsansprüche an sie wegen der einheitlichen Gläubigerstellung.

Der Antrag ist unzulässig.

Die Antragstellerin ist nicht antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), denn es erscheint nicht als möglich, dass sie durch die Auszahlung der ursprünglich hinterlegten bzw. ab dem 1. April 2007 fällig gewordenen und noch fällig werdenden, für pfändbar gehaltenen Beträge des Ruhegehalts ihres Ehemannes an den Insolvenzverwalter oder deren in der Vergangenheit liegenden Hinterlegung in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden könnte.

Die Antragstellerin beruft sich darauf, dass die Anwartschaft auf das Ruhegehalt lange vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Beschluss des Amtsgerichts München vom 18.5.2001) durch Vereinbarung vom 23. März/24. Dezember 1999 - als Vollrechtsabtretung - auf sie übertragen wurde. Aus einer anderen Urkunde vom 20. August 1998 geht u.a. hervor, dass die Eheleute R. bestätigen, am 28. November 1994 einen Abtretungsvertrag geschlossen zu haben, demzufolge der Ehemann der Antragstellerin seine künftigen Ansprüche auf Ruhegehalt als früherer Notar in Höhe des pfändbaren Betrags zur Sicherung künftiger Unterhaltsansprüche der Antragstellerin abtrete; vorsorglich werde diese Abtretung nochmals wiederholt. Die Echtheit der Unterschrift des Ehemanns der Antragstellerin in der Urkunde vom 20. August 1998 wurde von einem österreichischen Notar unter dem 2. Oktober 2008 bestätigt. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Az. M 3 K 04.355 bezieht sich die Antragstellerin ferner auf eine am 17./20. August 1998 getroffene Vereinbarung, wonach sie die sicherungsabgetretenen Ruhegehaltsansprüche unter Verzicht auf jegliche Rückgewähransprüche aus der Sicherungsabrede und auf die Einrede der Verjährung von Unterhaltsrechten durch ihren Ehemann als künftiges Vollrecht ohne Rückübertragungspflicht behält und für den Unterhaltsrückstand sowie etwa künftig wieder eintretende Rückstände an Erfüllungs Statt annimmt; hierzu gibt es eine ergänzende Erklärung vom 28. November 1998 sowie eine Einziehungsermächtigung vom selben Tag. Eine weitere Abtretung des pfändbaren Teils des Ruhegehalts als Teilausgleich für Nachteile aus früherer Vereinbarung ist Gegenstand der Vereinbarung vom 11. Februar 2004.

Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts München (Beschluss vom 27.7.2005 Az. VA-Not 2/02) an, dass die Auslegung der Abtretungen ergebe, es habe sich um Sicherungszessionen gehandelt; es sei bewiesen, dass es einen Rechtsakt, der die Vereinbarung einer Vollabtretung darstellen würde, nicht gegeben habe. Auch der Bundesgerichtshof verneint im Beschluss vom 24. Juli 2006 (Az. NotZ 44/05) eine Antragsbefugnis der Antragstellerin im dort durchgeführten Verfahren mit der Begründung, aufgrund eigener Würdigung der vorgelegten Urkunden und des Vorbringens der Antragsteller habe sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass der Antragsteller zu 1 (gemeint ist der Ehemann der Antragstellerin) seinen Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag (gegen die Notarkasse) uneingeschränkt auf die Antragstellerin zu 2 (gemeint: die Antragstellerin) übertragen habe; vielmehr sei von einer bloßen Sicherungsabtretung auszugehen. In einem anderen Verfahren, in dem der Insolvenzverwalter (des Ehemanns) gegen die Antragstellerin auf Anfechtung gestützte Herausgabe- bzw. Schadensersatzansprüche geltend machte, traf der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München im Urteil vom 23. April 2008 (Az. 15 U 2983/07) die Feststellung, bei der Übereignung u.a. der Büroausstattung und mehrerer gebrauchter Fahrzeuge durch den Ehemann der Antragstellerin habe es sich um typische Handlungen eines juristisch gebildeten Schuldners gehandelt, der in der Krise seinen Gläubigern den Zugriff auf möglichst viele Vermögenswerte entziehen wollte. Auch juristischen Laien sei bekannt, dass die Übertragung des Vermögens auf die Ehefrau eines der klassischen Mittel darstelle, um es dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Die Antragstellerin sei 1998 bereits selbst in die finanziellen Schwierigkeiten ihres Mannes verwickelt gewesen.

Der Senat beurteilt die Abtretung gemäß der Urkunde vom 20. August 1998 als Sicherungsabtretung, denn die Vereinbarung wurde von den Eheleuten ausdrücklich zum Zwecke der Sicherung künftiger Unterhaltsansprüche der Zessionarin getroffen. Zu jenem Zeitpunkt bestand lediglich eine Anwaltschaft des Ehemannes der Antragstellerin auf Leistung künftiger Versorgungsbezüge von der Notarkasse. Eine Vollabtretung der Versorgungsbezüge ist nicht durch die Übereinkunft vom 23. März 1999/24. Dezember 1999 erfolgt. Auf der Rückseite von S. 4 des Beschlusse des Amtsgerichts München - Ermittlungsrichter - vom 19. März 1999 (GNr. ER IV Gs2637/99) ist ein maschinenschriftlicher Vermerk über die Bekanntgabe des vorstehenden Sachverhalts an die Antragstellerin angebracht. Es folgt ein "Anerkenntnis" durch ihren Ehemann, dass mit dem umstehend beschriebenen Sachverhalt und den angeordneten strafprozessualen Maßnahmen in Ansehung aller zu Gunsten der Antragstellerin vorgenommenen Sicherungsabtretungen und Sicherungsübereignungen der Sicherungsfall eingetreten sei (Verfall der Sicherheit), sowie, dass die Antragstellerin ab sofort zur Verwertung der ihr eingeräumten Sicherheiten berechtigt und auch zum Selbsteintritt durch die Übernahme des jeweiligen Sicherungsgutes befugt sei. Dieses mit "Verwertungsbefugnis" überschriebene Schriftstück unterzeichnete der Ehemann der Antragstellerin persönlich in eigenem Namen und in Generalvollmacht für die Antragstellerin. Ferner findet sich ein handschriftlicher, von beiden Eheleuten unterzeichneter Vermerk "Beiderseits bestätigt als Vollabtretung F**** *** ***** am 24. Dezember 1999". Auch mit diesem Schriftstück wird eine Vollrechtsabtretung zu Gunsten der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Es kann hier offen bleiben, ob eine Kongruenz zwischen dem vom Ehemann der Antragstellerin in Bezug genommenen Sachverhalt und der gewährten Sicherheit überhaupt bestanden hat.

Grundsätzlich ist eine Abtretung künftiger Forderungen möglich; das Rechtsverhältnis oder die Rechtsgrundlage, aus der die Forderung erwachsen soll, braucht auch noch nicht zu bestehen (vgl. BGHZ 7,367; 8,206; 108,104; BGH NJW 1988, 3204). Streitig ist jedoch, ob die abgetretene künftige Forderung unmittelbar in der Person des Zessionars entsteht oder ob sie - zumindest für eine "logische Sekunde" - zum Vermögen des Zedenten gehört. Die Frage, ob Direkterwerb oder Durchgangserwerb erfolgt, ist an Hand einer differenzierenden Betrachtung zu beantworten: Danach findet Direkterwerb statt, wenn die Rechtsgrundlage der Forderung bei der Abtretung schon und bei Entstehung der Forderung noch vorhanden ist; anderenfalls tritt Durchgangserwerb - unter Beachtung des Grundsatzes der Priorität - ein (BGHZ 20,88; 49,205). Vorliegend kommt nur ein Fall des Durchgangserwerbs im Falle der Wirksamkeit der Abtretung des pfändbaren Anteils des Ruhegehalts an die Antragstellerin in Betracht.

Die Entlassung des Ehemannes der Antragstellerin aus dem Amt des Notars wurde mit Ablauf des 31. Oktober 2002 wirksam (vgl. BGH vom 14.7.2003 Az. NotZ 6/03). Damit war der sog. Versorgungsfall - Eintritt in den Ruhestand bzw. Ruhestandsversetzung - eingetreten. Rechtsgrundlage für die Bewilligung von Versorgungsbezügen an den Ehemann der Antragstellerin sind die einschlägigen Satzungen der Antragsgegnerin. Ab dem 1. November 2002 bestand - erstmalig - der Anspruch auf Ruhegehalt gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, §§ 7, 33 der Anlage zu Art. 20 der Satzung der Notarkasse. Der Bescheid vom 20. August 2003, mit dem (neben dem Unterhaltsbeitrag für die Zeit vom 29.5.2001 bis einschließlich 31.10.2002) das Ruhegehalt ab dem 1. November 2002 bemessen und bewilligt wurde, stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar, der die Rechtsgrundlage für die Auszahlung der monatlich wiederkehrenden Leistungen bildet (vgl. VG Ansbach vom 2.6.2004 Az. AN 4 K 04.00008 <juris> zur Versorgung der Rechtsanwälte). Die Rechtsgrundlage für die Forderung stellt damit erst der Bewilligungsbescheid vom 20. August 2003 dar; diese Rechtsgrundlage existierte im Zeitpunkt der Abtretungen noch nicht. Damit kommt für die Antragstellerin lediglich Durchgangserwerb für den pfändbaren Anteil des Ruhegehalts nach ihrem Ehemann in Betracht.

Im Zeitpunkt der Festsetzung des Ruhegehalts (20.8.2003) bzw. zum festgesetzten Beginn der Zahlung des Ruhegehalts (ab dem 1.11.2002) bzw. des Unterhaltsbeitrags (ab dem 29.5.2001) war jedoch bereits das mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 18. Mai 2001 eröffnete Insolvenzverfahren gegen den Ehemann der Antragstellerin anhängig. Nach dem Grundsatz des Durchgangserwerbs fielen die dem Ehemann der Antragstellerin gewährten pfändbaren Anteile der Versorgungsbezüge gemäß § 35 InsO in die Insolvenzmasse. Nach dem Prioritätsgrundsatz konnte die Antragstellerin daher aufgrund der Abtretung Zahlung des pfändbaren Anteils des Ruhegehalts unmittelbar an sie nicht einfordern.

Im Hinblick auf den hier primär zu sichernden Anspruch der Antragstellerin, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Zahlung der ab dem 1. April 2007 fällig werdenden, für pfändbar gehaltenen monatlichen Beträge des Ruhegehalts an den Insolvenzverwalter bzw. die Insolvenzmasse zu bewirken, bedarf es keines Eingehens darauf, ob die gegenüber § 91 InsO vorrangige Vorschrift des § 114 InsO (in der bis 30.11.2001 geltenden Fassung) i.V.m. Art. 103 a EGInsO einschlägig ist. Jedenfalls ab dem 1. Juni 2004 stehen die pfändbaren Teile der Versorgungsansprüche - ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit der Anfechtung - dem Insolvenzverwalter zu (vgl. OVG München vom 23.4.2008 Az. 15 U 2983/07). Damit fehlt der Antragstellerin für diesen Antrag die Antragbefugnis. Gleiches gilt sinngemäß im Hinblick auf ihren des Weiteren gestellten Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den pfändbaren Teil des Ruhegehalts für ihren Ehemann ab April 2007 zu hinterlegen.

Die Antragstellerin verfügt aber auch nicht über die Antragsbefugnis bezüglich der begehrten einstweiligen Anordnung, der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, die Auszahlung der beim Amtsgericht München hinterlegten Beträge des Ruhegehaltes ihres Ehemannes an den Insolvenzverwalter zu bewilligen. Dieser Antrag ist mangels näherer Angaben, insbesondere der Bezeichnung des Zeitraums, während dessen die Bezüge hinterlegt wurden, auslegungsbedürftig und auslegungsfähig. Aus der an die Antragstellerin gerichteten Mitteilung der Antragsgegnerin vom 6. März 2007 geht die Absicht hervor, für die ab Juni 2004 hinterlegten Bezüge gegenüber der Hinterlegungsstelle die Einwilligung in die Auszahlung an den Insolvenzverwalter zu erklären. Die Antragsgegnerin nimmt in diesem Schreiben auf § 114 Abs. 1 InsO Bezug. Kommt damit nur die Bewilligung der Auszahlung der nicht von § 114 InsO a.F., Art. 103 a EGInsO erfassten, ab Juni 2004 hinterlegten Anteile des Ruhegehalts für den Ehemann der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin in Betracht, so ist auch insoweit eine Antragsbefugnis der Antragstellerin zu verneinen.

Aus den in den Gerichtsakten befindlichen Schreiben ergibt sich nicht, dass die Antragsgegnerin der Bewilligung der Auszahlung der vor Juni 2004 hinterlegten Beträge zustimmen will.

Nach alledem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig.

Der von der Antragstellerin gestellte Antrag gemäß § 123 VwGO ist überdies unbegründet.

Die Antragstellerin hat schon die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (so genannter Anordnungsgrund) nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Nach ständiger Rechtsprechung darf eine einstweilige Anordnung nur dann ergehen, wenn eine Eilbedürftigkeit im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts besteht. Das ist im Allgemeinen nicht der Fall, wenn Leistungen in der Vergangenheit liegende Zeiträume betreffen. Insoweit besteht ein Anordnungsgrund nicht, weil die Verpflichtung einer Behörde zur (vorläufigen) Gewährung von Leistungen, die einen bereits vergangenen Zeitraum betreffen, im Regelfall nicht dringlich sind (zur Dringlichkeit vgl. Happ in Eyermann, a.a.O., RdNr. 53 zu § 123). Besondere Umstände, aus denen sich hier Gegenteiliges ergeben könnte, sind weder nach dem Vorbringen der Antragstellerin noch nach Aktenlage ersichtlich geworden. Der Senat nimmt insoweit insbesondere Bezug auf die Antragschrift vom 25. März 2007 Abschnitt E. Anordnungsgrund.

Nicht zuletzt fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs durch die Antragstellerin (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Das Vorbringen der Antragstellerin ist nicht geeignet, einen etwa bestehenden Anspruch auf den pfändbaren Teil des Ruhegehalts in der derzeit gewährten oder der im Hauptsacheverfahren angestrebten Höhe glaubhaft zu machen. Die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG - Eröffnung des Rechtswegs gegen jede behauptete Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt - erschöpft sich nicht darin, dem Einzelnen überhaupt gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren; der Rechtsschutz muss vielmehr auch effektiv sein (vgl. z.B. BVerfGE 51, 268; 97, 298). Art. 19 Abs. 4 GG verlangt nicht nur bei Anfechtungs-, sondern auch bei Vornamesachen vorläufigen Rechtsschutz dann, wenn ohne ihn schwere Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG vom 27.10.1995 DVBl 1996, 196; BVerfGE 46, 166). Für die hinterlegten pfändbaren Teile des Ruhegehalts ist der Insolvenzverwalter gemäß § 166 InsO zur Einziehung berechtigt; laufende und künftige Versorgungsbezüge unterfallen im Umfang der Pfändbarkeit der Insolvenzmasse (§ 35 InsO). Auf Gläubigerungewissheit beruft sich die Antragsgegnerin nicht mehr.

Auf das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge (vom 26.3.2007 BGBl I S. 398) i.V.m. § 1 Abs. 1 des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes kommt es im Hinblick auf die von der Antragstellerin verfolgten Anträge nicht an. Es ist schon nicht ersichtlich, dass ihr Ehemann Versorgungsansprüche auf der Grundlage dieses Gesetzes an die Antragstellerin (zumal mit Wirkung gegenüber dem Insolvenzverwalter) überhaupt abgetreten hat. Das Gesetz betrifft ersichtlich Altersvorsorgen, die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres aufgebaut sein müssen. Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes wird eindeutig erkennbar, dass die Begründung der Ruhegehaltsanwartschaften für den Ehemann der Antragstellerin vom Geltungsbereich der Regelungen nicht erfasst sein kann. Es bedarf auch keines Eingehens darauf, ob Anwaltschaften beim Versorgungswerk der Antragsgegnerin vom Schutz des Gesetzes überhaupt erfasst werden. Es liegt außerdem auf der Hand, dass nach Eintritt des Versorgungsfalls (hier Ablauf des 31.10.2002) Anwartschaften für eine spätere Versorgung nicht mehr begründet werden können.

Auch das sonstige Vorbringen der Antragstellerin lässt einen Anordnungsanspruch nicht erkennen.

Nach alledem war der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 52 Abs. 3, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

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