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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 11.07.2008
Aktenzeichen: 22 A 07.40058
Rechtsgebiete: AEG, VwVfG, GG, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

AEG § 18
AEG § 18 b
VwVfG § 74 Abs. 6
GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 9
BauGB § 30
BauNVO § 1 Abs. 4
BauNVO § 1 Abs. 5
BauNVO § 1 Abs. 6
BauNVO § 8
BauNVO § 9
1. Ein an einem nicht behebbaren Fehler leidender Bebauungsplan kann in der Regel eine wehrfähige Rechtsposition von Gemeinden gegenüber fremden Fachplanungen nicht begründen.

2. Für die Festsetzung eines eingeschränkten Industriegebiets in der Weise, dass generell die Orientierungswerte eines Gewerbegebiets als Immissionsgrenzwerte vorgeschrieben werden, fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

3. Die allgemeine Zulassung von Betriebswohnungen in Industrie- oder Gewerbegebieten begegnet in der Regel Bedenken im Hinblick auf die Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung dieser Gebietstypen.

4. Soweit nach der Konzeption eines Bebauungsplans ausreichender Lärmschutz gegenüber einer Vorbelastung durch Straßen- und Eisenbahnverkehr nur durch architektonische Selbsthilfe der Bauherrn sichergestellt werden kann, die auch gegenüber den durch eine Fachplanung hervorgerufenen Lärmimmissionen wirksam ist, liegt ein für die Fachplanung abwägungserheblicher kommunaler Belang nicht vor.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 A 07.40058

In der Verwaltungsstreitsache

wegen eisenbahnrechtlicher Plangenehmigung;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. Juli 2008

am 11. Juli 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Ergänzung einer eisenbahnrechtlichen Plangenehmigung, die das Eisenbahnbundesamt, Außenstelle Nürnberg (ab hier EBA), unter dem 22. November 2007 für den Neubau eines Umrichterwerks erlassen hat. Das Umrichterwerk, das Strom mit einer Frequenz von 50 Hertz auf die für den Bahnbetrieb erforderliche Frequenz von 16 2/3 Hertz umrichtet, wird nach Abschaltung des Kernkraftwerks Neckarwestheim 1 und des dort installierten Bahnstromgenerators ab ca. Mitte 2009 zur Aufrechterhaltung einer stabilen und hochverfügbaren Bahnstromversorgung benötigt.

Das Baugrundstück der Beigeladenen (FlNr. 2112) liegt im Gemeindegebiet der Klägerin direkt nördlich der Bahnlinie Frankfurt a. Main - Aschaffenburg und der davon südlich verlaufenden Bundesstraße B 8; es ist derzeit mit einem Unterwerk bebaut, in das das neu zu errichtende Umrichterwerk integriert werden soll. Die umliegenden Grundstücke sind unbebaut.

Am 6. Juni 2000 hat die Klägerin den Bebauungs- und Grünordnungsplan "Gewerbliche Bauflächen nördlich der B 8 - 1. Teilabschnitt" erlassen, der am 30. Juni 2000 bekannt gemacht wurde. Dieser setzt für die östlich des Bahngrundstücks FlNr. 2112 gelegenen Grundstücke (ca. 9,36 ha) als Art der baulichen Nutzung ein eingeschränktes Industriegebiet nach § 9 BauNVO mit folgenden Regelungen fest: "Schalltechnischer Orientierungswert 65 dB tags und 55/50 dB nachts. Von den im Absatz 3 aufgeführten Ausnahmen werden die Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, zugelassen." Bezüglich der nördlich und nordöstlich des Bahngrundstücks gelegenen Grundstücke (ca. 4,85 ha) setzt der Bebauungsplan ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO mit der allgemeinen Zulassung von Betriebswohnungen i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO fest. Das Gebiet wird hauptsächlich durch eine zwischen diesen Gebietsarten verlaufende neu zu errichtende Straße mit einer Gesamtlänge von 1.260 m erschlossen (vgl. S. 4 f. der Begründung des Bebauungsplans). Westlich des Bahngrundstücks und innerhalb der Baugebiete sind ca. 3,45 ha als Ausgleichsflächen für die Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild vorgesehen (vgl. S. 8/9 der Begründung des Bebauungsplans).

Durch Änderungsbebauungsplan vom 20. September 2005, bekannt gemacht am 23. September 2005, hat die Klägerin den Bebauungs- und Grünordnungsplan in Teilbereichen geändert; im eingeschränkten Industriegebiet wurden nunmehr auch die Anlagen gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für allgemein zulässig erklärt.

Während des Plangenehmigungsverfahrens hat die Klägerin im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange mit Schreiben vom 23. Juni 2007 auf den oben genannten Bebauungsplan und die dort festgesetzten Orientierungswerte von 65 dB tags und 55 (für Verkehrslärm)/50 dB nachts hingewiesen; wegen der Summenwirkung hat sie die Einhaltung von 45 dB(A) nachts an in einem beigefügten Lageplan gekennzeichneten nächstgelegenen Immissionsorten gefordert.

In der Plangenehmigung vom 22. November 2007 traf das EBA hierzu die Entscheidung (Nr. 2.2.1), dass das Planvorhaben die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) von 69 dB(A) tags und 59 dB(A) nachts einzuhalten habe.

Die Klägerin hat gegen die Plangenehmigung Klage erhoben.

Sie beantragt, die Beklagte zu verpflichten, im Wege der Planergänzung folgende Auflage in die Plangenehmigung aufzunehmen:

"Beim Neubau des Umrichterwerks ist die TA Lärm einzuhalten. Die Immissionsrichtwerte für Gewerbegebiete von 65 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts sind für das ausgewiesene Gewerbegebiet sowie für das ausgewiesene eingeschränkte Industriegebiet maßgeblich. Im Hinblick auf die Summenwirkung ist nachts ein Immissionswert von 45 dB(A) einzuhalten."

Hilfsweise beantragt sie, über den geltend gemachten Anspruch auf Planergänzung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin sei durch die Entscheidung des EBA in Nr. 2.2.1 der Plangenehmigung in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Planungshoheit verletzt. Die Auffassung, für das genehmigte Umrichterwerk sei die Verkehrslärmschutzverordnung einschlägig, sei unzutreffend. Das Werk sei zwar für den Betrieb der Bahn notwendig oder nützlich, aber nicht Bestandteil des Schienenwegs und daher nach der TA Lärm zu beurteilen. Dies entspreche auch der Auffassung des Landratsamts Aschaffenburg, der Regierung von Unterfranken und des Landesamts für Umwelt. Der Bebauungsplan der Klägerin sei gültig, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass im Industriegebiet die Lärmwerte für ein Gewerbegebiet festgesetzt worden seien. Es gebe nämlich Betriebe, die unabhängig von ihren Lärmemissionen in einem Gewerbegebiet nicht zulässig seien, etwa wegen des Bedarfs an Zu- und Abfahrtsverkehr, ihrer Geruchsemissionen oder weil sie einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürften; zu denken sei hier an Einzelhandelsbetriebe oder Anlagen zum Sortieren und Lagern verwertbarer Stoffe oder Wertstoffsammelzentren für Altpapier und Altglas. Auch die (allgemeine) Zulassung von Betriebswohnungen ändere nichts an der Wirksamkeit des Bebauungsplans. Die Erfahrung lehre, dass gerade in Industriegebieten teilweise hochtechnisierte Anlagen vorhanden seien, die dringend einer entsprechenden Bewachung und Wartung bedürften. Statistisch nachweisbar sei die Herabsenkung eines Einbruchsdiebstahlrisikos auf einen Bruchteil bei Vorhandensein von entsprechenden Wohnungen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.

Sie hält die Klage für unzulässig, da der Klägerin gemeindliche Abwehrrechte gegen das Umrichterwerk nicht zustünden. Im Bebauungsplan finde sich der Hinweis, dass Ansprüche gegenüber der Bahn aus Lärm- und anderen Emissionen nicht geltend gemacht werden könnten. Die gemeindliche Planungshoheit werde schon deshalb nicht verletzt, weil nur einzelne Grundstücke und nicht wesentliche Teile der Baugebiete Schallimmissionen durch das Umrichterwerk ausgesetzt seien. Im Übrigen seien die noch unbebauten Gebiete schon derzeit wesentlich geprägt durch Schallimmissionen aus der angrenzenden Autobahn A 3, der Bundesstraße B 8 und der Bahnstrecke Frankfurt a. Main - Würzburg. Nachdem dort Tag- und Nachtwerte von über 70 dB(A) durch Verkehrslärm vorherrschten, sei ein gesundes Wohnen auch ohne das Umrichterwerk problematisch. Ein Bauherr sei schon jetzt zu entsprechenden Schallschutzmaßnahmen gezwungen. Für das Umrichterwerk seien die Grenzwerte nach der Verkehrslärmschutzverordnung und nicht die Richtwerte der TA Lärm maßgeblich, da das Werk genauso zur Streckenausrüstung gehöre wie die Oberleitung und daher Bestandteil des Schienenwegs sei.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag, regt aber im Wesentlichen aus denselben Gründen wie die Beklagte die Abweisung der Klage an.

Ergänzend legt sie schalltechnische Untersuchungen der F**** ********* ********** GmbH vom 26. Februar 2008 und 5. März 2008 vor.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Planergänzung in Bezug auf verbesserten Schallschutz oder auf die diesbezüglich hilfsweise beantragte Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 VwGO). Maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die Begründetheit der Verpflichtungsklage ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Plangenehmigung im November 2007 (vgl. BVerwG vom 23.4.1997 BVerwGE 104, 337).

Ein Anspruch der Klägerin auf Planergänzung in Bezug auf verbesserten Schallschutz oder diesbezügliche Neubescheidung käme nur in Betracht, wenn ihr gegenüber dem plangenehmigten Vorhaben eine wehrfähige Rechtsposition zustünde, die die Beklagte in ihrer Abwägungsentscheidung gemäß § 18 Satz 2, § 18 b AEG i.V. mit § 74 Abs. 6 VwVfG berücksichtigen hätte müssen. Solche wehrfähige Rechtspositionen kommen vorliegend nur unter dem Gesichtspunkt des durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten und die Planungshoheit umschließenden Rechts der gemeindlichen Selbstverwaltung in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Gemeinde gegenüber einer Fachplanung unter Berufung auf ihre Planungshoheit grundsätzlich nur wehrfähig, wenn durch die Fachplanung eine hinreichend konkrete und verfestigte eigene Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder wenn das Fachplanungsvorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzieht. Eine nachhaltige Störung der kommunalen Planungshoheit kann insbesondere dann vorliegen, wenn sich ein vorhabenbedingter erheblicher Lärmzuwachs nicht nur auf einzelne benachbarte Grundstücke, sondern auf wesentliche Teile von Baugebieten auswirkt, die in Bebauungsplänen ausgewiesen sind. Die Planfeststellungsbehörde muss ferner auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend in der Weise Rücksicht nehmen, dass von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötig verbaut werden (BVerwG vom 2.8.2006 NVwZ 2006, 1290 m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze könnte der Bebauungs- und Grünordnungsplan vom 6. Juni 2000 der Klägerin grundsätzlich eine abwägungserhebliche wehrfähige Rechtsposition vermitteln. Dies ist vorliegend aber deshalb nicht der Fall, da der Bebauungsplan einschließlich seiner Änderung vom 20. September 2005 unwirksam ist und ein an einem nicht behebbaren Fehler leidender Bebauungsplan eine wehrfähige Rechtsposition von Gemeinden gegenüber Fachplanungen nicht begründen kann (vgl. BayVGH vom 19.4.2005 UPR 2006, 75; BVerwG vom 21.1.1993 NVwZ 1993, 884) (1.). Die in der unwirksamen Bauleitplanung zum Ausdruck kommenden konkreten Planungsabsichten sind auch nicht als in sonstiger Weise verfestigte Planung berücksichtigungsfähig (2.). Selbst bei einer unterstellten (Teil-) Wirksamkeit der Planung läge darüber hinaus eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung der Planungshoheit der Klägerin durch das plangenehmigte Vorhaben nicht vor (3.). Insoweit kommt es auf die Frage, ob die Beklagte zu Recht auf die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung abgestellt hat, nicht mehr an (4.).

1. Der Bebauungs- und Grünordnungsplan der Klägerin "Gewerbliche Bauflächen nördlich der B 8 - 1. Teilabschnitt" vom 6. Juni 2000 leidet an materiellen Mängeln, die zu seiner Unwirksamkeit führen. Die Unwirksamkeit dieses Bebauungsplans erfasst auch den auf dieser Grundlage erlassenen Änderungsbebauungsplan vom 20. September 2005 (vgl. BVerwG vom 16.12.1999 BVerwGE 110, 193), der im Übrigen an denselben bzw. weitergehenden Mängeln leidet. Die Unwirksamkeit dieser Bebauungspläne kann im Rahmen der Inzidentkontrolle trotz Einführung einer gesetzlichen Antragsfrist für den Normenkontrollantrag gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch den Verwaltungsgerichtshof festgestellt werden (vgl. Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 74 zu § 47). a. Die Festsetzung eines eingeschränkten Industriegebiets nach § 9 BauNVO im Bebauungsplan ist unwirksam. Für die Festsetzung eines eingeschränkten Industriegebiets in der Weise, dass generell die Orientierungswerte eines Gewerbegebiets als Immissionsgrenzwerte vorgeschrieben werden, fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

Nach der textlichen Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung soll vorliegend das Industriegebiet nach § 9 BauNVO derart eingeschränkt werden, dass dort ein schalltechnischer Orientierungswert von 65 dB tags und 55/50 dB nachts gelten soll, wobei nach den Hinweisen des Bebauungsplans damit die Orientierungswerte für ein Gewerbegebiet nach der DIN 18005 Teil 1, Beiblatt, gemeint sind und sich der höhere Nachtwert auf Verkehrslärm und der niedrigere auf Industrie- und Gewerbelärm beziehen soll. Nach der eindeutigen Fassung dieser textlichen Festsetzung sowie der Begründung des Bebauungsplans, wonach die Einschränkung des schalltechnischen Orientierungswerts erforderlich sei, weil sonst angrenzende Wohngebiete nicht hinreichend geschützt würden (vgl. dort S. 4), sollen diese Werte als Immissionsgrenzwerte verbindlich durch die in diesem Baugebiet zugelassenen Anlagen eingehalten werden. Abgesehen davon, dass die Festsetzung von solchen Immissionsgrenzwerten als "Summenpegel" Probleme der inneren Verteilungsgerechtigkeit unter den zukünftigen Emittenten im Plangebiet aufwirft (Ausschöpfung der Werte nach dem "Windhundprinzip"), und damit das Problem der Unbestimmtheit besteht (vgl. Kraft DVBl 1998, 1048/1052 f.; Ziekow BayVBl 2000, 325/334, jeweils m.w.N.), besteht hierfür keine gesetzliche Grundlage.

§ 9 BauGB und die ergänzenden Vorschriften der Baunutzungsverordnung enthalten eine abschließende Aufzählung der in einem Bebauungsplan zulässigen Festsetzungen (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. z.B. vom 6.5.1993 NVwZ 1994, 292 m.w.N.). § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus, da Emissions- oder Immissionsgrenzwerte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Vorkehrungen im Sinne dieser Bestimmung sind (vgl. BVerwG vom 2.3.1994 NVwZ 1994, 1009 m.w.N.); die Tatsache, dass der Bebauungsplan in den sonstigen Festsetzungen zum Schallschutz für Betriebswohnungen und Büros bestimmte Schalldämmmaßnahmen anordnet, ändert daran nichts, da diese Maßnahmen nur der Gewährleistung gesunder Arbeits- und Wohnverhältnisse dienen sollen und keine "Vorkehrungen" zur Einhaltung der festgelegten Immissionsgrenzwerte sind. Auch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, der eine Gliederung von Baugebieten nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften ermöglicht, scheidet als Rechtsgrundlage aus. Zum einen ist das Immissionsverhalten im Gegensatz zum Emissionsverhalten keine besondere Eigenschaft von Betrieben und Anlagen (vgl. Kraft a.a.O., Ziekow a.a.O.), zum anderen fehlt vorliegend jeglicher Anhaltspunkt für eine Gliederung i.S. von § 1 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BauNVO, auch wenn diese im Verhältnis mehrerer Industriegebiete der Gemeinde zueinander möglich wäre.

Selbst wenn man dem nicht folgen sollte und die Festsetzung eines Industriegebiets mit bestimmten reduzierten Immissionsgrenzwerten als "Summenpegel" für zulässig halten sollte, wäre die Festsetzung, dass in einem Industriegebiet nur Gewerbebetriebe zulässig sein sollen, die hinsichtlich ihrer Lärmauswirkungen höchstens den Störgrad von Betrieben haben, die auch in einem Gewerbegebiet zulässig sind, unzulässig. Denn eine solche Festsetzung würde die allgemeine Zweckbestimmung des festgesetzten Baugebiets nicht wahren, was aber stets erforderlich ist, ohne dass dies in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen, etwa in § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO, ausdrücklich genannt sein muss (vgl. BVerwG vom 22.12.1989 NVwZ-RR 1990, 171; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Bd. V, RdNr. 48 zu § 1 BauNVO).

Die allgemeine Zweckbestimmung eines Industriegebiets besteht darin, ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben zu dienen, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind (§ 9 Abs. 1 BauNVO), insbesondere also erheblich belästigender Gewerbebetriebe. Nach den o.g. Festsetzungen des vorliegenden Bebauungsplans soll dies hier nicht der Fall sein; es sollen im Gegenteil nur Betriebe sich ansiedeln dürfen, die von ihrem immissonsschutzrechtlichen Störpotential her mindestens auch in einem Gewerbegebiet zulässig sind. Durch diesen Ausschluss von erheblich belästigenden Gewerbebetrieben wird das Baugebiet von seinem Gebietstyp her in ein Gewerbegebiet verändert; die allgemeine Zweckbestimmung des Industriegebiets, das sich vom Gewerbegebiet gerade durch einen höheren Störgrad unterscheidet, ist nicht mehr gewahrt (vgl. auch Söfker a.a.O. RdNr. 62 zu § 1 BauNVO).

Die Einwände der Klägerin, es gebe auch Betriebe, die Störpotential in anderer Hinsicht, etwa Geruchsemissionen, aufwiesen, und man habe insbesondere immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Anlagen zulassen wollen, können hieran nichts ändern. Zum einen sind immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen nicht per se bauplanungsrechtlich nur in einem Industriegebiet zulässig (vgl. § 15 Abs. 3 BauNVO; vgl. auch BVerwG vom 24.9.1992 NVwZ 1993, 987 für einen Schlachtereibetrieb). Zum anderen zeigt der Umstand, dass Betriebswohnungen allgemein zugelassen wurden, dass in dem Baugebiet keine Betriebe gewollt sind, die ein besonders hohes Störpotential auch in anderer Hinsicht als Lärm verursachen. Auch die Begründung des Bebauungsplans (S. 4), wonach es der Klägerin insbesondere um die Unterbringung größerer Betriebe wie Speditionen und Transportbetriebe ging, zeigt auf, dass bei der Festsetzung des Industriegebiets nicht an geruchsbelästigende Betriebe gedacht wurde. Noch anschaulicher wird dies durch die im Jahre 2005 bekannt gemachte Änderung des Bebauungsplans, wonach nunmehr auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO allgemein zugelassen worden sind, und im Zuge der Errichtung eines Autohofs auch die Errichtung eines Hotels im Industriegebiet angedacht wurde (vgl. Begründung des Änderungsbebauungsplans S. 3 f.).

Ein weiterer Mangel, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt, ist die allgemeine Zulassung von Betriebswohnungen i.S. von § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO im gesamten Industriegebiet. Trotz der etwas missverständlichen Formulierung im Bebauungsplan zeigen das Planaufstellungsverfahren (vgl. insbesondere die Äußerungen des Umweltingenieurs des Landratsamts Aschaffenburg in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, S. 4 der Niederschrift vom 4.7.2008) sowie die Änderungsfassung vom September 2005, in der auch die weitere Ausnahme nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO allgemein zugelassen wurde, dass solche Wohnungen auch im Industriegebiet allgemein zugelassen werden sollten. Die allgemeine Zulassung von Betriebswohnungen in Industrie- oder Gewerbegebieten begegnet in der Regel Bedenken im Hinblick auf die Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung dieser Gebietstypen (vgl. hierzu die Ausführungen im Folgenden unter b zum Gewerbegebiet).

Die Prüfung, ob der Bebauungsplan hinsichtlich des Teils, in dem ein eingeschränktes Industriegebiet festgesetzt ist, an weiteren Mängeln leidet, konnte unterbleiben. Denn die Unwirksamkeit der Nutzungsart hat die Unwirksamkeit aller übrigen Festsetzungen für das betroffene (Teil)Gebiet zur Folge, da damit der Kern der Gebietsausweisung tangiert ist (vgl. BVerwG vom 8.8.1989 NVwZ 1990, 159).

b. Der Bebauungsplan ist auch in dem Teil unwirksam, in dem er ein Gewerbegebiet festsetzt. Die Unwirksamkeit der Festsetzung der Gebietsart "Gewerbegebiet" (und damit des gesamten Teilbereichs) ergibt sich bereits daraus, dass im gesamten Gewerbegebiet Betriebswohnungen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO allgemein zugelassen sind. Diese Festsetzung widerspricht der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets, die darin besteht, vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben zu dienen (§ 8 Abs. 1 BauNVO). Diese Zweckbestimmung des Gewerbegebiets ist jedenfalls nicht gewahrt, sofern, wie hier, in Bezug auf den Immissionsschutz ansonsten keinerlei Einschränkungen für das Gewerbegebiet bestehen. Denn auch wenn nach der gesetzlichen Wertung des § 8 BauNVO ein Wohnen von Betriebsinhabern etc. im Gewerbegebiet nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein soll, ist die allgemeine Zulassung einer solchen Nutzung schon begrifflich nur dann gerechtfertigt, wenn betriebswirtschaftliche und betriebstechnische Gründe dies im Einzelfall rechtfertigen, und - darüber hinaus - die Mindestanforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewahrt sind (vgl. BVerwG vom 16.3.1984 NVwZ 1984, 511). Eine allgemeine Zulassung von Betriebswohnungen dürfte daher nur für Gewerbegebiete in Betracht kommen, in denen nicht erheblich belästigende Betriebe i.S. des § 8 Abs. 1 BauNVO weitgehend ausgeschlossen worden sind (vgl. BVerwG vom 15.4.1987 NVwZ 1987, 970; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Bd. V, RdNr. 25 zu § 8 BauNVO).

Abgesehen hiervon fehlt für eine solche Festsetzung im vorliegenden Fall die städtebauliche Rechtfertigung, die für alle Festsetzungen eines Bebauungsplans gegeben sein muss (vgl. BVerwG vom 22.5.1987 BVerwGE 77, 308; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger a.a.O. RdNr. 84 zu § 1 BauNVO). Solche die Umwandlung der nur ausnahmsweisen Zulässigkeit von Betriebswohnungen i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO rechtfertigende städtebauliche Gründe sind weder der Begründung des Bebauungsplans zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Soweit die Klägerin bzw. der Umweltingenieur des Landratsamts darauf hingewiesen haben, Grund für diese Festsetzung sei gewesen, dass von Betriebsinhabern aus Sicherheitsgründen Betriebswohnungen gewünscht würden, kann dies keine städtebauliche Rechtfertigung darstellen, da schon von Gesetzes wegen eine Betriebswohnung planungsrechtlich nur dann vorliegt, wenn eine funktionale Zuordnung der Wohnung zum jeweiligen Betrieb gegeben ist, worunter - je nach den Umständen des Einzelfalls - auch derartige Sicherheitsaspekte zu subsumieren sind (vgl. BVerwG vom 16.3.1984 a.a.O.; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger a.a.O. RdNr. 34 f. zu § 7 BauNVO). In der vorgegebenen Situation einer hohen Vorbelastung des Baugebiets durch Verkehrsgeräusche von der Bahnanlage, der Bundesstraße und der Autobahn sprechen städtebauliche Gründe gerade gegen eine allgemeine Zulassung von Betriebswohnungen; denn nach der Begründung des Bebauungsplans (S. 11 f.) verursachen diese Verkehrsgeräusche direkt nördlich der Bahn Immissionswerte von 74 dB(A) tags und 72 dB(A) nachts und am äußersten nördlichen Rand des Gewerbegebiets (und des Plangebiets) insgesamt immer noch Werte von 66 dB(A) tags und 62 dB(A) nachts. Zwar sieht der Bebauungsplan vor, dass Betriebswohnungen und Büros sich durch passiven Lärmschutz schützen sollen. Dies ändert aber nichts daran, dass tagsüber jedenfalls im Freien ein angemessener Lärmschutz, der den Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse entspricht, kaum möglich ist. In einer derartigen städtebaulichen Situation fehlen jegliche Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, ein Wohnen allgemein zuzulassen, auch wenn man berücksichtigt, dass Betriebsinhabern oder Aufsichtspersonen o.ä. nach der gesetzlichen Wertung eine höhere Immissionsbelastung zumutbar ist als sonstigen Wohnungsinhabern.

Im Übrigen wäre der Teilbereich des Bebauungsplans, in dem ein Gewerbegebiet festgesetzt ist, auch deshalb nichtig, weil die Teilnichtigkeit des Bebauungsplans hinsichtlich des Industriegebiets (vgl. oben a.) die Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans, also auch des Gebietsteils mit der Ausweisung eines Gewerbegebiets, nach sich ziehen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führen Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, (nur) dann nicht zu dessen Gesamtnichtigkeit, wenn - erstens - die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn - zweitens - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG vom 19.9.2002 BVerwGE 117, 58). Im vorliegenden Fall ist bereits fraglich, ob die Festsetzung für den Teilbereich des Gewerbegebiets ohne den Teilbereich des Industriegebiets für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken kann; dies deshalb, weil sowohl die Erschließung, insbesondere durch die Hauptstraße, die von Westen her neu gebaut werden soll, als auch die festgesetzten Ausgleichsflächen in ihrer Dimension auf das Gesamtgebiet ausgerichtet sind, das überbaut wird. Jedenfalls aber ist vorliegend nach den Planunterlagen nicht mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen, dass die Klägerin den Bebauungsplan auch mit dem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte. Denn das Industriegebiet erfüllt hier nicht nur eine ergänzende Funktion, sondern ist der wesentliche Teil der Planung, was schon durch die Größe des Gebiets indiziert wird. Bei dieser Sachlage wäre es ein erheblicher Eingriff in die kommunale Planungshoheit, wenn von der durch die Klägerin gewollten Gesamtregelung ein ersichtlich nur kleinerer Teil als weiter wirksam angesehen würde; dies würde zu einer Verfälschung des kommunalen Planungskonzepts führen (vgl. BVerwG vom 16.3.1994 NVwZ 1994, 1009).

2. Die unwirksame Bauleitplanung stellt auch nicht als in sonstiger Weise verfestigte Planung einen abwägungserheblichen Belang dar.

Der Bebauungsplan der Klägerin entbehrt einer gesetzlichen Ermächtigung und leidet damit an einem Mangel, der nicht behebbar ist. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass er in absehbarer Zeit in Kraft gesetzt werden könnte; keinesfalls könnte dies in der vorliegenden Form geschehen, da Grundlage für die Unwirksamkeit nicht ein bloßer Form- oder Abwägungsfehler ist, der gegebenenfalls in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könnte. Insoweit liegt auch unter dem Gesichtspunkt, dass grundsätzlich auch auf konkretisierte Planungsabsichten von Gemeinden, insbesondere auf Entwürfe im Stadium der Planreife, Rücksicht zu nehmen ist, kein abwägungserheblicher kommunaler Belang vor (vgl. BayVGH vom 19.4.2005 UPR 2006, 75; BVerwG vom 21.1.1993 NVwZ 1993, 884 zu einem "sinnlosen" Flächennutzungsplan). Auch der Umstand, dass durch die vorliegend unwirksame Bauleitplanung jedenfalls zum Ausdruck kommt, dass die Klägerin in diesem Gebiet Gewerbeflächen planen will, verschafft der Klägerin keinen abwägungserheblichen Belang. Denn zum einen ist nicht ersichtlich, dass die Ausweisung von Gewerbeflächen womöglich durch die angegriffene Fachplanung gänzlich verhindert oder grundlegend behindert werden könnte (vgl. BVerwG vom 21.3.1996 BVerwGE 100, 388), zum anderen ist auch völlig offen, in welcher Weise die Gemeinde ihre bisherigen Planungsabsichten verändern und in wirksamer Weise umsetzen könnte oder wollte; Belange in dieser Richtung mussten sich dem EBA daher auch nicht aufdrängen (vgl. BVerwG vom 18.6.1997 UPR 1997, 470).

3. Darüber hinaus würde es selbst dann an einem abwägungserheblichen Belang der Klägerin fehlen, wenn von einer (Teil-)Wirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre.

Nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt es für eine wehrfähige Position von Gemeinden nicht, dass ihre Planungen von der Fachplanung durch Lärmeinwirkungen in negativer Weise betroffen sein können, es muss vielmehr eine nachhaltige Störung beispielsweise in dem Sinne vorliegen können, dass sich ein vorhabenbedingter erheblicher Lärmzuwachs nicht nur auf einzelne benachbarte Grundstücke, sondern auf wesentliche Teile von Baugebieten auswirkt. Dabei ist es zwar nicht erforderlich, dass die nachteiligen Wirkungen für das betroffene Gebiet - blieben sie ohne Schutzmaßnahmen unbewältigt - die Gemeinde zur Umplanung zwängen. Schon das Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen ist ein schutzwürdiger kommunaler Belang (vgl. BVerwG vom 17.3.2005 BVerwGE 123, 152 m.w.N.). Eine solche nachhaltige Störung ist vorliegend aber nicht ersichtlich.

Nach der im Verfahren vorgelegten schalltechnischen Untersuchung des Fachbeistands der Beigeladenen vom 26. Februar 2008 und der dort als Anhang 3.1. abgedruckten Karte sind zwar verhältnismäßig große Gebietsstreifen des Bebauungsplangebiets sowohl im Gewerbegebiet als auch im eingeschränkten Industriegebiet von Lärmeinwirkungen des Umrichterwerks betroffen, soweit die Schutzwürdigkeit der Baugebiete entsprechend den Immissionsrichtwerten der TA Lärm für ein Gewerbegebiet von 50 dB(A) nachts - der Tagwert von 65 dB(A) ist eingehalten - beurteilt werden müsste. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei dieser Berechnung der Lärmeinwirkungen des Umrichterwerks keinerlei Abschirmwirkungen von bereits errichteten Anlagen zum Tragen gekommen sind und insofern die Karte nicht die Immissionsverhältnisse wiedergibt, wie sie realistischerweise in bebauten Gebieten vorherrschen würden. Vorliegend kommt hinzu, dass das gesamte Plangebiet erheblich durch den Verkehrslärm der Bahnstrecke, der Bundesstraße und der Autobahn vorbelastet ist, und zwar laut den im Bebauungsplan ausgewiesenen Werten an seinem südlichen Rand mit ca. 74 dB(A) tags und 72 dB(A) nachts und am obersten nördlichen Rand noch mit 66 dB(A) tags und 62 dB(A) nachts. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass durch den Verkehrslärm keine vollständige Überdeckung des Lärms des Umrichterwerks, das andauernde tieffrequente Geräusche hervorruft, erfolgt; andererseits handelt es sich bei dem Verkehrslärm vorliegend nicht nur um Bahnlärm, der durch laute Geräusche bei vorbeifahrenden Zügen und Stille in den Intervallen dazwischen gekennzeichnet ist, sondern auch um Straßenverkehrslärm, der ebenso wie die Geräusche des Umrichterwerks nahezu kontinuierlich auftritt.

Nach der Konzeption und Ausgestaltung der Planung wurde von Seiten der Klägerin bewusst auf Vorgaben zur Sicherstellung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse in Bezug auf den Verkehrslärm verzichtet, abgesehen von Festsetzungen für Schallschutzfenster und Dämmmaße für Außenwände; nach den Ausführungen des Umweltingenieurs des Landratsamts sollte es der Eigeninitiative der Betriebe überlassen werden, sich in geeigneter Weise zu schützen, was auch erfüllbar sei. Nach der nachvollziehbaren Einschätzung dieses Sachverständigen kann davon ausgegangen werden, dass die von den anzusiedelnden Betrieben in Eigenregie durchzuführenden Schallschutzmaßnahmen auch gegenüber den durch das geplante Umrichterwerk hervorgerufenen Emissionen wirksam sind. Bei einer solchen Sachlage ist nicht erkennbar, wie die im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommene städtebauliche Ordnung nachhaltig durch das genehmigte Umrichterwerk gestört sein könnte. Soweit nach der Konzeption eines Bebauungsplans ausreichender Lärmschutz gegenüber einer Vorbelastung durch Straßen- und Eisenbahnverkehr nur durch architektonische Selbsthilfe der Bauherrn sichergestellt werden kann, die auch gegenüber den durch eine fremde Fachplanung hervorgerufenen Lärmimmissionen wirksam ist, liegt ein für die Fachplanung abwägungserheblicher kommunaler Belang nicht vor.

Soweit der Sachverständige darauf hingewiesen hat, dass die Betriebe, die sich in den betroffenen Bereichen ansiedeln wollten, womöglich aufgrund der Vorbelastung durch das Umrichterwerk nachts Einschränkungen hinnehmen müssten, handelt es sich ausschließlich um Belange Einzelner, nämlich der künftigen Eigentümer bzw. Bauherrn, und nicht um schutzwürdige Belange der Klägerin. Zu ihren Selbstverwaltungsangelegenheiten gehört es nicht, als Sachwalterin von Immissionsschutzbelangen ihrer Bürger oder allgemein des Umweltschutzes tätig zu werden (vgl. BVerwG vom 9.2.2005 NVwZ 2005, 813).

4. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag scheitern somit bereits daran, dass die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt abwägungserhebliche kommunale Belange gegenüber dem plangenehmigten Vorhaben geltend machen kann. Die zwischen den Beteiligten strittige Frage, nach welchem Regelwerk das genehmigte Umrichterwerk zu beurteilen wäre, ist nicht mehr entscheidungserheblich.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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