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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 22 AS 04.40068
Rechtsgebiete: VwGO, BayBO, BauGB, AtG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 a Abs. 3
BayBO Art. 72 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 7
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
AtG § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 AS 04.40068

In der Verwaltungsstreitsache

wegen baurechtlicher Genehmigung

(Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch

ohne mündliche Verhandlung am 10. Mai 2005

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 3750 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids des Landratsamts Landshut vom 2. April 2004 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. November 2004, mit dem der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für die Vornahme von Auffüllungen und die Errichtung eines Brennelementbehälterlagers zur Lagerung von abgebrannten Brennelementen aus dem Betrieb der Kernkraftwerke Isar 1 und Isar 2 (Standort-Zwischenlager) auf dem Grundstück FlNr. 271/24 der Gemarkung Niederaichbach erteilt wurde. Bereits vor Erteilung dieser Baugenehmigung hatte die Beigeladene mit Bescheid des Bundesamts für Strahlenschutz (ab hier: BfS) vom 22. September 2003 eine atomrechtliche Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen im Standort-Zwischenlager in Niederaichbach erhalten. Rechtsbehelfe gegen diese atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigung hat die Antragstellerin nicht erhoben.

Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2004 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 6. Mai 2004 gegen den Bescheid des Landratsamts vom 2. April 2004 in der Gestalt des Tekturbescheids vom 8. November 2004 anzuordnen. Das Verwaltungsgericht verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 an den Verwaltungsgerichtshof.

Zur Begründung ihres Begehrens trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor. Sie sei zusammen mit ihrem Ehemann Eigentümerin einer selbstgenutzten Eigentumswohnung in ca. 1,5 km Entfernung vom geplanten Zwischenlager. Für das Zwischenlager sei weder die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG) noch der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 AtG) gewährleistet. Dadurch werde ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG beeinträchtigt. Die Errichtung des Zwischenlagers habe Immobilienwertverluste in unmittelbarer Nähe und wesentlich geringere Mieterlöse zur Folge. Im Rahmen der Prognose, ob das Bauwerk geeignet sei, nach seiner Errichtung zu dem vorgesehenen Zweck auch betrieben zu werden, könne das Landratsamt zwar die fachtechnische Stellungnahme des BfS verwenden, es bestehe aber eine darüber hinausgehende eigenständige Prüfungspflicht der nuklearspezifischen Auswirkungen durch die Baugenehmigungsbehörde. Zudem sei es für das Landratsamt geboten gewesen, die gerichtlichen Entscheidungen über die gegen die atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigung erhobenen Klagen abzuwarten. Da zurzeit wegen fehlender Endlagermöglichkeit keine Abtransportsicherheit bestehe, sei die Baugenehmigung hinsichtlich der Nutzungsdauer inhaltlich unbestimmt. Das geplante Standort-Zwischenlager sei überdimensioniert und somit in der genehmigten Ausführungsgröße im Außenbereich nicht privilegiert. Während der Bauzeit seien für die nächstliegenden Anwohner erhebliche Lärm- und Staubbelastungen zu besorgen.

Die Antragsgegner beantragt, den Antrag der Antragstellerin abzulehnen. Die Rüge der Antragstellerin, der Schutz vor nuklearspezifischen Gefahren sei nicht ausreichend, könne einem Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung nicht zum Erfolg verhelfen. Mit der Erteilung der Genehmigung nach § 6 AtG durch die zuständige Behörde habe für die Baugenehmigungsbehörde festgestanden, dass atomrechtliche Vorschriften der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegenstünden. Bauplanungsrechtlicher und bauordnungsrechtlicher Nachbarschutz schieden aufgrund der Entfernungen des Grundstücks der Antragstellerin vom geplanten Standort-Zwischenlager aus.

Die Beigeladene stellt ebenfalls den Antrag, das Begehren der Antragstellerin abzulehnen. Eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften durch die Errichtung des Bauwerks als solche scheide offensichtlich aus. Wegen der hier gegebenen Situation paralleler Anlagengenehmigungen komme auch eine Verletzung des § 35 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und des darin anzusiedelnden nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme nicht in Betracht. Während die Baugenehmigung lediglich die Errichtung der baulichen Anlage zulasse, werde die Nutzungsaufnahme und der Betrieb der baulichen Anlage erst durch die Genehmigung nach § 6 AtG gestattet. Die von der Antragstellerin befürchteten radioaktiven Emissionen gingen nicht von der bloßen Errichtung der baulichen Anlage, sondern von den Transport- und Lagerbehältern mit den abgebrannten Brennstäben aus. Diese Problematik sei ausschließlich und abschließend im Genehmigungsverfahren nach § 6 AtG zu überprüfen. Die vom BfS mit Bescheid vom 22. September 2003 erteilte Genehmigung nach § 6 AtG, die die Nutzung und Inbetriebnahme des Zwischenlagers gestatte, sei der Antragstellerin gegenüber bestandskräftig geworden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

1. Gegen die Zulässigkeit des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin bestehen keine Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof ist für die Entscheidung sachlich zuständig. Das Verwaltungsgericht hat sich mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 83 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen. An diesen Beschluss ist der Verwaltungsgerichtshof gebunden (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Die Regelungen des § 83 VwGO i.V.m. §§ 17 bis 17 b GVG gelten unmittelbar auch für das selbstständige Beschlussverfahren nach § 80a, § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. Eyermann/Geiger, VwGO, 11. Auflage 2000, RdNr. 4 zu § 83). Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dieser gesetzlich vorgeschriebenen Bindungswirkung (vgl. hierzu Eyermann/Geiger, a.a.O., RdNr. 8 zu § 83; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, RdNr. 15 zu § 83) liegen nicht vor.

2. Der Antrag ist unbegründet. Das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit und der Beigeladenen überwiegt das Aufschubinteresse der Antragstellerin, weil ihrem Widerspruch - nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage - keine Erfolgsaussicht eingeräumt werden kann. Eine Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin durch die strittige Baugenehmigung ist nicht ersichtlich.

Die hauptsächliche Rüge der Antragstellerin, die nuklearspezifischen Betriebsrisiken der Anlage seien im Baugenehmigungsverfahren nicht ausreichend geprüft worden, greift nicht durch. Von der Antragstellerin wird selbst nicht in Zweifel gezogen, dass für den Betrieb des Standort-Zwischenlagers in Niederaichbach eine atomrechtliche Genehmigung erforderlich ist, während die Errichtung der Lagerhalle als solche einer baurechtlichen Genehmigung bedarf. Das Verhältnis von Baugenehmigung und anderen für ein Vorhaben erforderlichen Genehmigungen richtet sich nach dem irrevisiblen Landesrecht (vgl. BVerwG vom 6.11.1996, DVBl 1997, 433). Das jeweilige Landesbauordnungsrecht bestimmt auch, was Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren zu sein hat (vgl. BVerwG vom 25.10.1995, NVwZ 1996, 377). Nach Art. 72 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz BayBO darf die Baugenehmigung nur versagt werden, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Diese Regelung ist dahin auszulegen, dass dann, wenn nach dem Gesetz die Vereinbarkeit des Vorhabens mit ganz bestimmten öffentlich-rechtlichen Vorschriften in einem anderen Gestattungsverfahren von einer anderen als der Bauaufsichtsbehörde zu überprüfen ist, die selbe Prüfung nicht zusätzlich auch noch von der Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren vorzunehmen ist (vgl. BayVGH, Großer Senat, vom 18.3.1993, BayVBl 1993, 370); der Bauaufsichtsbehörde fehlt insoweit die Sachentscheidungskompetenz (vgl. BVerwG vom 4.7.1986, BVerwGE 74,315/325; BVerwG vom 11.5.1989, NVwZ 1989 1163). Nur die aus diesem Gesichtspunkt des Vorrangs spezieller Sachkompetenz folgende Trennung zwischen baurechtlichen und atomrechtlichen Zuständigkeiten vermeidet Doppelprüfungen der atomrechtlichen Fragen mit ihren negativen Folgen für die Verfahrensökonomie, Verfahrenseffektivität und Rechtssicherheit (vgl. BayVGH vom 13.3.1987, DVBl 1988, 151/152).

Für die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in standortnahen Zwischenlagern außerhalb der staatlichen Verwahrung - wie in Niederaichbach - sieht § 6 Abs. 1 und 3 AtG eine besondere Genehmigung vor. Über deren Erteilung hat in originärer Zuständigkeit das BfS zu entscheiden (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 AtG). Aus diesen Regelungen lässt sich entnehmen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der beabsichtigten Nutzung der Lagerhalle bezüglich der nuklearspezifischen Auswirkungen des Betriebs und die diesbezügliche Einhaltung der atom- und strahlenschutzrechtlichen Vorschriften originär und ausschließlich im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren getroffen wird; dies gilt auch im Hinblick auf die planungsrechtliche Beurteilung nach § 35 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (vgl. BVerwG vom 11.5.1989, NVwZ 1989, 1163/1166; OVG NRW vom 22.10.1987, NVwZ 1988, 554/560).

Nach dem der atomrechtlichen Aufbewahrungsgenehmigung vom 22. September 2003 zugrunde liegenden Konzept für das geplante Zwischenlager, nach dem sich grundsätzlich auch Art und Umfang der Prüfungspflicht der Baugenehmigungsbehörde richtet (vgl. BVerwG, a.a.O.), wird der Schutz Dritter vor den nuklearspezifischen Gefahren der Zwischenlagerung durch die Konstruktion und ständige Überwachung der Transport- und Lagerbehälter gewährleistet (vgl. S. 21 ff, 90 ff. des Bescheids vom 22.9.2003. Dies gilt auch hinsichtlich der Schutzfunktion gegen Auswirkungen eines (gezielten) Flugzeugabsturzes (vgl. S. 121, 131 und 177 des Bescheids) sowie im Rahmen eines Sicherungskonzepts bezüglich eines Beschüsses mit panzerbrechenden Waffen (vgl. S. 186, 187 des Bescheids). Das Lagergebäude dient auslegungsgemäß nur ergänzend als weitere Abschirmung der von den Brennelementen ausgehenden ionisierenden Strahlung zur Einhaltung des Strahlenminimierungsgebots gemäß § 6 StrSchV (vgl. S. 21, 180 des Bescheids); auch insoweit sind die atomrechtlichen Anforderungen für die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen erfüllt (vgl. S. 103 des Bescheids).

Der hauptsächliche Einwand der Antragstellerin, die Lagerhalle sei nur unzureichend gegen Flugzeugabstürze und kriminelle Anschläge gesichert, richtet sich in seinem Kern gegen die Prämisse, dass die Transport- und Lagerbehälter selbst bei (gezielten) Flugzeugabstürzen und terroristischen Angriffen Schutz vor nuklearspezifischen Gefährdungen bieten, und bezieht sich damit nicht auf den genehmigten Bau, sondern auf den künftigen Betrieb der Anlage. Wie sich obigen Ausführungen entnehmen lässt, ist ein solcher betriebsbezogener Einwand, ebenso wie die sonstigen nuklearspezifischen Einwendungen der Antragstellerin, aber nicht im baurechtlichen Genehmigungsverfahren, sondern im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 6 AtG zu prüfen. Vor diesem Hintergrund ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin wegen grundrechtserheblicher Gesundheits- oder Eigentumsbeeinträchtigungen durch die angefochtene Baugenehmigung insoweit nicht ersichtlich. Drittbetroffenen, die aus der bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage Gefährdungen ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG befürchten, bleibt inhaltlich uneingeschränkter diesbezüglicher Rechtsschutz im Verfahren gegen die atomrechtliche Genehmigung erhalten (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigung vom 22. September 2003 hat die Antragstellerin aber nicht angegriffen.

Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin lässt sich auch nicht aus der vom Landratsamt vorgenommenen prognostischen Beurteilung ableiten, dass das Bauvorhaben nach seiner Fertigstellung geeignet ist, zu dem vorgesehenen Zweck auch betrieben zu werden. Soweit eine solche Prognose überhaupt erforderlich sein sollte, weil die vorgesehene Nutzung des Vorhabens im Baugenehmigungsverfahren nicht ausgeklammert werden kann (vgl. BVerwG vom 2.6.1988, RdE 1988, 194; VGH BW vom 22.10.2002, VBlBW 2003, 158), auch wenn die nuklearspezifischen Anforderungen des Betriebs des Zwischenlagers originär und ausschließlich im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft und verbindlich beurteilt werden (vgl. BVerwG vom 11.5.1989, NVwZ 1989, 1163/1166), unterliegt sie vorliegend jedenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war es für das Landratsamt nicht geboten, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die gegen die atomrechtliche Aufbewahrungsgenehmigung für das Standort-Zwischenlager in Grafenrheinfeld erhobenen Klagen abzuwarten; auch die fehlende Bestandskraft der Aufbewahrungsgenehmigung für das Standort-Zwischenlager in Niederaichbach stand der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in Fällen, in denen - wie hier - die Aufnahme des Betriebs des geplanten Bauwerks von einer zusätzlichen Genehmigung einer anderen Fachbehörde abhängt, bei der Erteilung der Baugenehmigung gerade noch keine abschließende Entscheidung auch über die spätere Zulässigkeit des Betriebs zu treffen ist (vgl. BVerwG vom 2.6.1988, RdE 1988, 194/196). Auch aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz BayBO lässt sich nicht ableiten, dass die Bauaufsichtsbehörde mit der Erteilung der Baugenehmigung bis zur Bestandskraft einer anderen für das Vorhaben neben der Baugenehmigung erforderlichen öffentlich-rechtlichen- Gestattung abwarten muss (vgl. BayVGH, Großer Senat, vom 18.3.1993, BayVBl 1993, 370). Es genügt, wenn die Zulässigkeit der späteren Nutzung im Wege einer prognostischen Beurteilung auf der Grundlage einer Stellungnahme der zuständigen Fachbehörde - wie hier des BfS vom 8. Oktober 2003 - bei der Erteilung der Baugenehmigung festgestellt wird (vgl. BVerwG vom 2.6.1988, RdE 1988, 194/196). In dieser Stellungnahme und der ihr zugrunde liegenden atomrechtlichen Aufbewahrungsgenehmigung vom 22. September 2003 sind sowohl der Standort des Zwischenlagers in der Einflugschneise des Großflughafens München sowie radiologische oder störfallbedingte Wechselwirkungen zwischen dem Zwischenlager und den Kernkraftwerken Isar 1 und Isar 2 berücksichtigt. Sonstige neu aufgeworfene Bedenken bezüglich des vom Zwischenlager ausgehenden Strahlenrisikos, aus denen die Antragstellerin eine weitergehende Prüfungspflicht des Landratsamts ableiten will, lassen sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die angefochtene Baugenehmigung ist auch nicht hinsichtlich der Nutzungsdauer zu unbestimmt. Zwar enthält sie keine ausdrückliche Regelung, dass die Lagerung der abgebrannten Brennelemente nur für einen bestimmten Zeitraum genehmigt wird; dem bloßen Hinweis Nr. 10 in der Baugenehmigung mangelt es insoweit an einem eigenen Entscheidungs- und Regelungsgehalt (vgl. Busse/Lechner, Bayer. Bauordnung, RdNr. 465 zu Art. 72). Der Baugenehmigung lässt sich aber ohne weiteres entnehmen, dass die Lagerhalle nur der Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen aus dem Betrieb der Kernkraftwerke Isar 1 und Isar 2 gemäß den Vorgaben der atomrechtlichen Genehmigung vom 22. September 2003 dient. Wie sich Ziffer A 5 dieser Genehmigung eindeutig entnehmen lässt, ist sie auf 40 Jahre ab dem Zeitpunkt der Einlagerung des ersten Behälters in das Standort-Zwischenlager Isar befristet und dürfen die radioaktiven Inventare in den einzelnen Transport- und Lagerbehältern nur für einen Zeitraum von maximal 40 Jahren ab dem Zeitpunkt der Beladung aufbewahrt werden. Eine Endlagerung im Sinne des § 9a Abs. 3 AtG ist mit dem Bescheid vom 22. September 2003 nicht genehmigt worden, so dass entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine Prüfung der Zwischenlagerhalle auf ihre Geeignetheit als Endlager hin im Baugenehmigungsverfahren nicht erforderlich war. Dass ein solches staatliches Endlager derzeit noch nicht vorhanden ist, ändert daran nichts.

Soweit sich die Antragstellerin schließlich auf die mangelnde Privilegierung des Vorhabens wegen Überdimensionierung beruft, ließe sich daraus bereits deswegen keine Rechtsverletzung ableiten, weil § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB für sich genommen keinen Nachbarschutz vermittelt. Im Außenbereich ergibt sich der Drittschutz von Nachbarn nur aus der Beeinträchtigung solcher öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB durch das Vorhaben, denen im Einzelfall drittschützende Wirkung zukommen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, RdNr. 101 zu § 42). Was schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige nachteilige Wirkungen angeht, die durch das Zwischenlager hervorgerufen werden können, lässt sich ein solcher Drittschutz gegen die Baugenehmigung zwar grundsätzlich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V. mit dem Rücksichtnahmegebot ableiten. Wie ausgeführt, werden die nuklearspezifischen Auswirkungen des Betriebs des Zwischenlagers aber originär und ausschließlich im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft und beurteilt. Da insoweit der Bauaufsichtsbehörde die Sachentscheidungskompetenz fehlt, kann ein diesbezüglichen Nachbarschutz gegen die Baugenehmigung nicht in Betracht kommen (vgl. auch Kahl, BayVBl. 2001, 545/549). Eine Verletzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V. mit dem Rücksichtnahmegebot durch die Errichtung des Bauwerks lässt sich für die Antragstellerin nach ihrem insoweit nicht substantiierten Vorbringen nicht entnehmen. Die Antragstellerin verweist insoweit nur pauschal auf die Lärm- und Staubbelastungen für die nächstliegenden Anwohner während der Bauzeit. Nach ihren eigenen Angaben in der Begründung ihres Widerspruchsschreibens vom 29. Juni 2004 wohnt sie selbst aber ca. 1,5 km vom Standort des Zwischenlagers entfernt; bei der Entfernungsangabe von ca. 3,5 km in der Antragsbegründung dürfte es sich dagegen um ein Schreibversehen handeln, da der dort genannte Wohnort nicht mit der auf Seite 1 der Antragsbegründung vom 2. Dezember 2004 angegebenen Wohnungsanschrift des Antragstellerin übereinstimmt.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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