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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2009
Aktenzeichen: 22 AS 09.40004
Rechtsgebiete: VwGO, FiG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
FiG Art. 37
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 AS 09.40004

In der Verwaltungsstreitsache

wegen immissionsschutzrechtlicher Genehmigung und wasserrechtlicher Gestattungen;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

ohne mündliche Verhandlung am 3. April 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird auf 65.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beigeladene betreibt am Standort ******** im Gemeindegebiet der Stadt ******* a.d. Donau ein Kraftwerk. Mit Bescheid vom 5. September 2008 erteilte die Regierung von Oberbayern für die Erweiterung des Kraftwerks durch Errichtung und Betrieb einer Gas- und Dampfturbinenanlage Block 5 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, eine wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Kühlwasser sowie gehobene Erlaubnisse für Gewässerbenutzungen, insbesondere zur Einleitung von Kühlwasser.

Die Antragstellerin hat fristgerecht am 13. Oktober 2008 gegen die Bewilligung zur Entnahme von Kühlwasser sowie verschiedene wasserrechtliche gehobene Erlaubnisse für Gewässerbenutzungen Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2008 ordnete die Regierung von Oberbayern die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wie auch verschiedener wasserrechtlicher Gestattungen, u.a. der Bewilligung zur Entnahme von Kühlwasser und der gehobenen Erlaubnis für die Einleitung von Kühlwasser an.

Die Antragstellerin beantragt mit Schriftsatz vom 18. Februar 2009,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 13. Oktober 2008 wiederherzustellen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, durch die Einleitung von Wasser mit deutlich erhöhten Temperaturen werde die Fisch- und Pflanzenwelt der Donau erheblich gestört, was zum Aussterben bestimmter Fischarten führen werde. Zudem seien deutliche Ertragseinbußen zu erwarten.

Antragsgegner und Beigeladene beantragen,

den Antrag abzuweisen.

Sie tragen vor, der Antragstellerin fehle es an der erforderlichen Antragsbefugnis. Die Antragstellerin sei eine Fischereigenossenschaft, welcher selbst keine Fischereirechte zustünden. In dem Abschnitt der Donau von I****** bis zur N***mündung bei ********** stünde das Fischereirecht dem Kreisfischereiverein ******** ***. zu. Im gleichen Abschnitt bestünden zusätzlich private fischereiliche Nebenrechte, die an das Eigentum bestimmter Grundstücke gebunden und hinsichtlich der Nutzung beschränkt seien (z.B. keine Möglichkeiten zur Ausgabe von Angelkarten). Die Eigentümer dieser Nebenrechte seien in der Antragstellerin als Fischereigenossenschaft zusammengeschlossen. Die Antragstellerin sei somit nicht selbst Inhaberin eines eigentumsrechtlich geschützten Fischereirechts.

Hierzu hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 2. April 2009 ergänzend Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 5. September 2008 ist unzulässig (§ 80 Abs. 5, § 80 a Abs. 3 VwGO).

Der Antragstellerin fehlt die Antragsbefugnis, da sie nicht geltend machen kann, durch insbesondere die angegriffene wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von (erwärmtem) Kühlwasser in die Donau in eigenen Rechten verletzt zu werden (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Die Antragstellerin ist selbst nicht Inhaberin eines eigentumsrechtlich geschützten Fischereirechts, aus dessen Beeinträchtigung sich eine Klagebefugnis ergeben könnte (vgl. BayVGH vom 30.7.2007 BayVBl 2008, 149). In dieser Entscheidung wurde die Klagebefugnis einer Fischereigenossenschaft für die Anfechtung einer einem Dritten erteilten Anlagengenehmigung verneint und dazu ausgeführt:

"Die Klagebefugnis der Klägerin lässt sich weder allein aus den in ihrer Satzung festgelegten Zwecken (vgl. dazu Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 230 zu § 42 Abs. 2 m.w.N.) noch aus der bloßen gesetzlichen Aufgaben- und Zweckbestimmung für öffentliche Fischereigenossenschaften in Art. 37 FiG herleiten.

Der Klägerin obliegt nach ihrer Satzung die Aufgabe, eine geregelte Aufsicht über die Ausübung der Fischerei im Genossenschaftsgebiet zu handhaben und Maßnahmen zum Schutze und zur Hebung des Fischbestands im Genossenschaftsgebiet zu treffen (§ 2 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 der Satzung). Die Klägerin ist damit zwar eine öffentliche Fischereigenossenschaft in Form einer Hegegenossenschaft nach Art. 37 Nr. 1 FiG und hat als solche selbständig ihre Rechte und Pflichten, kann Eigentum oder andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben sowie vor Gericht klagen und verklagt werden (Art. 42 Abs. 1 FiG). Die Fischereirechte ihrer Mitglieder stehen der Genossenschaft jedoch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - grundsätzlich nicht zu (vgl. Braun/Keiz, FiG in Bayern, Stand: April 2007, RdNr. 2 zu Art. 42 FiG). Dies gilt auch für den Fall, dass Pächter eines Fischwassers oder eines Fischereigebiets eine freiwillige Fischereigenossenschaft bilden. Art. 63 FiG verweist hierfür ohne Einschränkungen auf die Vorschriften der Art. 37 ff FiG für öffentliche Fischereigenossenschaften. Eine derartige Verkürzung der Rechtsstellung der einzelnen Genossenschaftsmitglieder ist nicht erforderlich. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin für eine ordnungsgemäße Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben einer geregelten Aufsichtsführung über die Ausübung der Fischerei im Genossenschaftsgebiet und zur Durchführung von Maßnahmen zum Schutze und zur Hebung des Fischbestands der Übertragung der sich aus dem Fischereipachtvertrag für die jeweiligen Pächter ergebenden Rechtsposition hinsichtlich der Fischereiausübung bedarf. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Genossenschaft insoweit lediglich hinsichtlich der tatsächlichen Ausübung der Fischerei und nicht auch hinsichtlich der ihr zugrunde liegenden Rechtsposition in die Stellung der Fischereiberechtigten und damit - bei Pächtergenossenschaften - auch der Pächter einrückt (vgl. Braun/Keiz, a.a.O., RdNr. 6 zu Art. 37 FiG). Im Übrigen zeigt die Regelung in Art. 34 Satz 1 FiG, nach der die Unterpacht nur für das ganze Fischereirecht zulässig ist, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Übergang lediglich eines Teilbereichs des Fischereirechts, wie z.B. der Fischhege, auf eine Hegegenossenschaft, nicht in Betracht kommen soll."

An dieser Auffassung hält der Verwaltungsgerichtshof fest. Das Vorbringen der Antragstellerin gibt keinen Anlass, hiervon abzuweichen.

Die Antragstellerin meint, eine Beeinträchtigung eigener Rechte als Fischereigenossenschaft abweichend von der genannten Entscheidung vom 30. Juli 2007 daraus herleiten zu können, dass es sich bei ihr nicht um eine Hegegenossenschaft (Art. 37 Nr. 1 FiG), sondern um eine Bewirtschaftungsgenossenschaft nach Art. 37 Nr. 2 FiG handelt. Dies trifft jedoch nicht zu. Nach § 2 der von der Antragstellerin vorgelegten Genossenschaftssatzung vom 1. Juni 1962 ist Zweck der Genossenschaft, eine geregelte Aufsicht über die Ausübung der Fischerei im Genossenschaftsgebiet einzuführen und zu handhaben, sowie Maßnahmen zum Schutz und zur Hebung des Fischbestandes im Genossenschaftsgebiet zu treffen. Dies ist aber gerade die Beschreibung der Aufgabenstellung einer Hegegenossenschaft (vgl. Braun/Keiz, a.a.O., RdNr. 8 zu Art. 37 FiG). Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 3 FiG ist Ziel der Hege die Erhaltung und Förderung eines der Größe, Beschaffenheit und Ertragsfähigkeit des Gewässers angepassten artenreichen und gesunden Fischbestandes sowie die Pflege und Sicherung standortgerechter Lebensgemeinschaften. Dem entspricht die Zweckbeschreibung in § 2 der Satzung.

Auch der von der Antragstellerin in Bezug genommene § 8 ihrer Genossenschaftssatzung stützt nicht die Annahme einer Bewirtschaftungsgenossenschaft. Danach bildet der Vorstand gleichzeitig den Wirtschaftsausschuss, welcher die Bewirtschaftung der im Genossenschaftsgebiet gelegenen Fischwasser durchzuführen hat (§ 2 der Satzung); der Vorstand trägt insbesondere Sorge dafür, dass die Besetzung der Genossenschaftsstrecke mit Brut, Jährlingen und größeren Fischen rechtzeitig und sachgemäß erfolgt, anzulegende Laichschonreviere genügend geschützt werden und die Genossenschaftsstrecke entsprechend überwacht wird. Auch der hier beschriebene Besatz mit Fischen ist eine Hegemaßnahme (Art. 1 Abs. 2 Satz 3 FiG), wenn auch der Besatz neben der Schaffung und Erhaltung eines im öffentlichen Interesse liegenden artreichen und gesunden Fischbestands ebenso dem wirtschaftlichen Interesse der Fischereiberechtigten an der Ertragsfähigkeit des Gewässers dient.

Demgegenüber ist Zweck einer Bewirtschaftungsgenossenschaft die gemeinsame Bewirtschaftung und Nutzung der Fischwasser (Art. 37 Nr. 2 FiG). Zentrale Aufgabe der Bewirtschaftungsgenossenschaft ist damit der Fischfang und vor allem die Verwertung der gefangenen Fische (Braun/Keiz, a.a.O., RdNrn. 10 und 11 zu Art. 37 FiG). Eine derart beschriebene Aufgabenstellung enthält die vorgelegte Genossenschaftssatzung jedoch gerade nicht. Soweit in § 8 der Satzung der Begriff der Bewirtschaftung verwendet wird, ist infolge des Verweises auf § 2 der Satzung lediglich die Bewirtschaftung zu Zwecken der Hege gemeint.

Letztlich kann aber die Einordnung der Antragstellerin als Hege- oder Bewirtschaftungsgenossenschaft dahinstehen, da sie auch als Bewirtschaftungsgenossenschaft keine Beeinträchtigung eigener Fischereirechte oder sonstiger Rechte geltend machen kann. Wie in der genannten Entscheidung vom 30. Juli 2007 (BayVBl 2008, 149) ausgeführt, hat eine Fischereigenossenschaft als solche selbständig Rechte und Pflichten und kann Eigentum oder andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben sowie vor Gericht klagen und verklagt werden (Art. 42 Abs. 1 FiG). Die Antragstellerin hat jedoch nicht vorgetragen, dass ihr als Genossenschaft eigene Fischereirechte oder dingliche Rechte an Grundstücken innerhalb der Genossenschaftsstrecke zustehen. Vielmehr stützt sie sich weiterhin ausdrücklich auf die Fischereirechte ihrer Mitglieder, zu deren Geltendmachung sie jedoch nicht berechtigt ist. Auch § 3 der vorgelegten Satzung bestätigt dies. Danach sind Mitglieder der Genossenschaft die Inhaber der Fischereirechte.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf eine gesetzliche oder gewillkürte Prozessstandschaft im Anfechtungsrechtsstreit berufen. Auf die Entscheidung vom 30. Juli 2007 (BayVBl 2008, 149) wird auch insoweit Bezug genommen.

Eine Abgrenzung der Fischereirechte der Mitglieder der Antragstellerin zu einem Hauptrecht des Kreisfischereivereins ******** ***. ist nicht erforderlich. Dies betrifft lediglich die Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedern der Antragstellerin und dem genannten Hauptberechtigten, ohne dass sich hieraus etwas für die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergäbe.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Streitwertkatalog 2004; im Hauptsacheverfahren Az.: 22 A 08.40028 wurde ein jährlicher wirtschaftlicher Schaden in Höhe von mindestens 130.000 Euro geltend gemacht.

Ende der Entscheidung

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