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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 22 B 05.236
Rechtsgebiete: AEG, BayEG, GVG


Vorschriften:

AEG § 20
AEG § 22
BayEG Art. 6 Abs. 3
BayEG Art. 28
BayEG Art. 44 Abs. 1
BayEG Art. 44 Abs. 2
GVG § 17 a Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 B 05.236

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Enteignung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Dezember 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. Oktober 2006

am 18. Oktober 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit sich die Berufung gegen die Abweisung der Klage in Bezug auf den Entzug des Eigentums an der für den Gleisbau benötigten Teilfläche (269 m²) und die Verpflichtung zur Übernahme der nördlich der Industriegleistrasse gelegenen Restfläche (1432 m²) des Grundstücks FlNr. 653, Gemarkung *, richtete.

Im Übrigen wird das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Dezember 2004 abgeändert.

II. Die Beklagte wird unter Aufhebung von Nr. B.3 des Enteignungsbeschlusses vom 9. Mai 2001 in der Fassung vom 5. Juli 2001 verpflichtet, anzuordnen, dass die Beigeladene die südlich der Industriegleistrasse gelegene Restfläche (ca. 956 m²) des Grundstücks FlNr. 653, Gemarkung *, nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen zu übernehmen hat.

III. Soweit die Berufung zurückgenommen wurde, trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Im Übrigen tragen die Beklagte und die Beigeladene die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Kostenentscheidung in Nr. II des Urteils des Verwaltungsgerichts wird wie folgt neu gefasst:

"Der Kläger trägt fünf Achtel der Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Beklagte und die Beigeladene tragen je drei Sechzentel der Kosten des Verfahrens."

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht im Rahmen eines gegen ihn gerichteten Enteignungsverfahrens einen Anspruch auf Übernahme der Restfläche eines Grundstücks geltend. Betroffen ist das Grundstück FlNr. 653, Gemarkung *. Dieses 25 m breite und 105 m lange Grundstück mit einer Gesamtfläche von 2.657 m² wurde durch eine an seiner nördlichen Schmalseite gelegene Straße ursprünglich in vollem Umfang erschlossen.

Mit Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes vom 5. November 1997 wurde der Plan für den Neubau des Umschlagbahnhofs R********* *** mit allen Anpassungs- und Begleitarbeiten festgestellt. Teil dieses Neubaus ist eine Industriegleistrasse der Beigeladenen, die das klägerische Grundstück etwa mittig zerteilt und eine Fläche von 269 m² in Anspruch nimmt. Durch das Industriegleis zerfällt das Grundstück in eine davon südlich liegende Restfläche von ca. 956 m², die keine Zufahrtsmöglichkeit zu öffentlichen Straßen mehr besitzt, und eine davon nördlich liegende Restfläche von ca. 1432 m². Im Planfeststellungsverfahren hat der frühere Eigentümer des Grundstücks, der Vater des Klägers, Einwendungen erhoben, die als verspätet zurückgewiesen wurden. Das Vorhaben ist bereits verwirklicht.

Im Rahmen des von der Beigeladenen unter dem 12. Juni 1998 eingeleiteten Enteignungsverfahrens betreffend die für das Gleis benötigte Teilfläche beantragte der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Übernahme sämtlicher Restflächen.

Mit Enteignungsbeschluss vom 9. Mai 2001, berichtigt unter dem 5. Juli 2001, wurde das Eigentum des Klägers an noch wegzumessenden Teilflächen von 269 m² aus dem Grundstück FlNr. 653 entzogen und der Beigeladenen zugewiesen (Nr. B. 1). Der Antrag des Klägers auf Übernahme der Restflächen wurde abgelehnt (Nr. B.3).

Hiergegen erhob der Kläger Klage in erster Linie mit dem Ziel der Aufhebung des Eigentumsentzugs, hilfsweise mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten, seinem Übernahmeverlangen bezüglich der Restflächen zu entsprechen. Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 6. Dezember 2004 insgesamt als unbegründet ab.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung des Klägers.

In der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2006 hat der Kläger seine Berufung beschränkt.

Er beantragt nunmehr,

unter entsprechender Aufhebung des Urteils des Bayer. Verwaltungsgerichts Regensburg die Beklagte zu verpflichten, die Ausdehnung der Enteignung auf die südlich der Gleistrasse verbleibende Restfläche von FlNr. 653, Gemarkung *, anzuordnen und die Beigeladene zu verpflichten, diese Restfläche nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen zu übernehmen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene bestreitet die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs für den nunmehr allein weiter verfolgten Übernahmeanspruch. Außerdem ist sie der Auffassung, der Kläger könne diesen Anspruch nicht mehr einklagen, nachdem er auf den Primärrechtsschutz gegen den Planfeststellungsbeschluss verzichtet habe. Er bzw. sein Rechtsvorgänger hätten es versäumt, rechtzeitig Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss zu erheben bzw. gegen diesen gerichtlich vorzugehen. Er sei deshalb mit seinem Vorbringen, die südliche Restfläche sei mangels Erschließung wirtschaftlich nicht mehr nutzbar, präkludiert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Soweit der Kläger durch die Beschränkung seiner Anträge die Berufung teilweise - betreffend die Anfechtung des Eigentumsentzugs und die Übernahmeverpflichtung für die nördliche Restfläche - zurückgenommen hat (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 126 RdNr. 1 b), ist das Verfahren einzustellen (§ 126 Abs. 3, § 92 Abs. 3 VwGO).

Die Berufung im Übrigen hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Ausdehnung der Enteignung auf die südliche Restfläche des Grundstücks FlNr. 653, Gemarkung *. Der Enteignungsbeschluss war insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, (ergänzend) anzuordnen, dass die Beigeladene diese ca. 956 m² große Restfläche nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen zu übernehmen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für den Anspruch ist Art. 6 Abs. 3 Bayer. Enteignungsgesetz (BayEG), der lautet: "Soll ein Grundstück oder ein räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängender Grundbesitz nur zu einem Teil enteignet werden, so kann der Eigentümer die Ausdehnung der Enteignung auf das Restgrundstück oder den Restbesitz insoweit verlangen, als diese nicht mehr in angemessenem Umfang in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art genutzt werden können."

1. Mit ihrer Rüge, zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch seien nicht die Verwaltungsgerichte, sondern gemäß Art. 44 Abs. 1 BayEG die Zivilgerichte zuständig, kann die Beigeladene nicht durchdringen. Einer solchen Überprüfung steht § 17 a Abs. 5 GVG entgegen. Danach prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Zweck dieser Vorschrift ist, die Frage der Rechtswegzuständigkeit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Verfahrens in der ersten Instanz abschließend zu klären und das weitere Verfahren nicht mehr mit dem Risiko eines später erkannten Mangels des gewählten Rechtsweges zu belasten (vgl. BT-Drs. 11/7030 S. 36 f.). Das Verwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung in der Sache in Bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Übernahmeanspruch inzident die Zulässigkeit des zu ihm beschrittenen Rechtsweges bejaht, ohne dass die Parteien dies zuvor gerügt hatten. Damit ist eine Überprüfung dieser Frage im Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen. Eine Fallgestaltung, in der § 17 a Abs. 5 GVG keine Anwendung findet (vgl. z.B. BVerwG vom 22.11.97, BayVBl 98, 603; Rennert in Eyermann, a.a.O. § 41 RdNrn. 37 f. m.w.N.), liegt nicht vor.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel an der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für die Entscheidung über diesen Anspruch. Der Hinweis der Beigeladenen, das Bundesverwaltungsgericht bezeichne im Rahmen seiner Rechtsprechung zur Abgrenzung der Regelungsgegenstände des Planfeststellungsbeschlusses und des Enteignungsbeschlusses den Anspruch auf Ausdehnung der Enteignung auf ein Restgrundstück als "besondere Form der Entschädigung" (vgl. z.B. BVerwG vom 7.7.2004 NVwZ 2004, 1358), ändert daran nichts. Die Frage, ob die Entziehung des Eigentums nicht nur für die zur Enteignung beantragte Teilfläche, sondern - auf Verlangen des Eigentümers - für weitere Flächen anzuordnen ist, ist schon der Sache nach zunächst eine Frage des Umfangs der Enteignung und auch nach der Systematik des Bayer. Enteignungsgesetzes bei den allgemeinen Vorschriften (Teil I) geregelt, nicht bei den Vorschriften über die Entschädigung (Teil II, Art. 8 ff.), über die die Zivilgerichte gemäß Art. 44 Abs. 1 BayEG zu entscheiden haben (ebenso BayVGH vom 21.12.2004 VGH n.F. 58, 38; Molodovsky/Bernstorff, a.a.O. Art. 44 Erl. 3.2 und Art. 6 Erl. 8; für das nordrhein-westfälische Landesrecht OVG NRW vom 23.1.2006 Az.: 11 A 1138/01 [juris] und vom 11.6.1997 NWVBl 98, 237).

2. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen und des Verwaltungsgerichts ist der Kläger nicht gehindert, seinen Übernahmeanspruch bezüglich der südlichen Restfläche darauf zu stützen, dass diese infolge der Teilenteignung der Fläche für das Industriegleis über keinen Zugang zu einer öffentlichen Straße mehr verfügt. Die Tatsache, dass der Rechtsvorgänger des Klägers diesen Einwand im vorangegangenen Planfeststellungsverfahren nicht rechtzeitig vorgebracht hat, präkludiert den Kläger im vorliegenden Enteignungsverfahren nicht.

Zwar mag es sein, dass im Planfeststellungsverfahren durch die Anordnung von Schutzauflagen zu Lasten der Vorhabenträgerin, hier die Anordnung zum Bau eines Zufahrtswegs, das Abschneiden dieser südlichen Restfläche vom öffentlichen Straßennetz hätte vermieden werden können. Diese Möglichkeit hätte jedoch unabhängig davon bestanden, ob der Eigentümer die befürchtete Beeinträchtigung (rechtzeitig) geltend macht oder nicht. Denn der Planfeststellungsbehörde obliegt es gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG), alle als abwägungserheblich erkennbaren Belange von Planbetroffenen abzuwägen und gegebenenfalls nach dem Grundsatz der Problembewältigung gemäß Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG Schutzvorkehrungen zu deren Gunsten anzuordnen (vgl. Hermes/Sellner, AEG, § 18 RdNrn. 118 ff./133 m.w.N., RdNrn. 196 ff. m.w.N.). Demgemäß kann sie auch verspätet vorgetragene Einwendungen im Rahmen der ihr obliegenden Abwägung von Amts wegen berücksichtigen (vgl. Hermes/Sellner a.a.O. § 20 RdNr. 102). Darüber hinaus gibt es Fallgestaltungen, in denen eine Berücksichtigung solcher Folgewirkungen nicht zwangsläufig zur Anordnung von Schutzauflagen führen muss. Denn die Planfeststellungsbehörde könnte in ihrer Abwägungsentscheidung bei Gewichtung der betroffenen Belange durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass der Zerschneidungsschaden in Kauf zu nehmen ist und im nachfolgenden Enteignungsverfahren durch eine entsprechende Entschädigung geregelt werden kann (vgl. BVerwG vom 7.7.2004 NVwZ 2004, 1358; Hermes/Sellner a.a.O. § 18 AEG RdNrn. 140, 182).

Unabhängig davon ist jedenfalls nach der gesetzlichen Ausgestaltung des Planfeststellungs- und des Enteignungsverfahrens mit jeweils unterschiedlichen Regelungsgegenständen ein Enteignungsbetroffener nicht gehalten, Rechtsschutz gegen den Planfeststellungsbeschluss zu suchen, um sich seine Rechtsschutzmöglichkeiten hinsichtlich der Auswirkungen einer Teilenteignung auf Restflächen im nachfolgenden Enteignungsverfahren in vollem Umfang zu erhalten. Soweit es dem Planbetroffenen um Primärrechtsschutz gegen einen festgestellten Plan geht, etwa um das Planvorhaben mit seiner entsprechenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung insgesamt zu verhindern oder um zumindest negative Auswirkungen auf ihm danach verbleibende Restflächen durch die Anordnung von Schutzauflagen zu seinen Gunsten so weit wie möglich zu vermeiden, trifft ihn gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG i.V. mit Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG die Obliegenheit, rechtzeitig seine diesbezüglichen Einwendungen zu erheben. Folge des Unterlassens rechtzeitiger Einwendungen für den Planbetroffenen ist, dass er im Planfeststellungsverfahren und in nachfolgenden Gerichtsverfahren mit seinen Einwendungen im Sinne eines materiellen Rechtsverlustes gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG präkludiert ist (Hermes/Sellner a.a.O. § 20 RdNrn. 82, 93 m.w.N.). Demgegenüber knüpfen die für das Enteignungsverfahren geltenden Vorschriften nicht an die Präklusionsvorschriften des Planfeststellungsrechts an, sondern ordnen einen Einwendungsausschluss nur im Rahmen der Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses an (vgl. § 22 Abs. 1 und 2 AEG, Art. 28 BayEG). Die Reichweite der Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses ist vom Inhalt der getroffenen Entscheidung und damit der Entscheidungsbefugnis der Planfeststellungsbehörde abhängig. Soweit in diesem Verfahren nicht über Fragen entschieden wird bzw. werden darf, kann auch keine Bindungswirkung eintreten (vgl. Molodovsky/Bernstorff a.a.O. Art. 28 Erl. 4.3 m.w.N.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 7.7.2004 NVwZ 2004, 1358 m.w.N.) ist über die Entschädigung für die Folgewirkungen, die durch den unmittelbaren Zugriff auf ein Teilgrundstück für das Restgrundstück entstehen, anders als über den Ausgleich für mittelbare planungsbedingte Grundstücksbeeinträchtigungen nicht im Planfeststellungs-, sondern im nachfolgenden Enteignungsverfahren zu entscheiden. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob dem Enteignungsbetroffenen wegen derartiger Folgewirkungen ein Anspruch auf Übernahme des Restgrundstücks zusteht. Mangels Regelungskompetenz der Planfeststellungsbehörde kann die Frage des Bestehens eines Übernahmeanspruchs und damit die hiermit im Zusammenhang stehende Frage, ob Restflächen infolge der Teilenteignung unwirtschaftlich werden, unabhängig davon, ob im Planfeststellungsbeschluss hierzu Ausführungen gemacht sind oder nicht, nicht in Bestandskraft erwachsen und für die Enteignungsbehörde bindend sein (vgl. schon BVerwG vom 14.5.1992 NVwZ 1993, 477).

Eine Präklusion von Einwendungen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG i.V. mit Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG hindert somit mangels diesbezüglicher Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG, Art. 28 BayEG) den Enteignungsbetroffenen nicht, im nachfolgenden Enteignungsverfahren gemäß Art. 6 Abs. 3 BayEG die infolge einer Teilenteignung eingetretene Unwirtschaftlichkeit von Restflächen geltend zu machen. Der Gesetzgeber geht insoweit von einer Parallelität der Rechtsschutzmöglichkeiten aus. Es bleibt dem Enteignungsbetroffenen überlassen, in welcher Weise er sich gegen infolge einer Teilentziehung eintretende Auswirkungen auf Restflächen wehren will. Nur soweit der Planbetroffene auf die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde Einfluss nehmen will, hat er im dortigen Verfahren Einwendungen zu erheben, um seine materielle Rechtsposition gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen zu können. Soweit er solche Folgewirkungen in Kauf nehmen und nur eine angemessene Entschädigung bzw. eine Übernahme von Restbesitz erreichen will, hat er dies ausschließlich im Enteignungsverfahren geltend zu machen (BVerwG vom 7.7.2004 NVwZ 2004, 1358 m.w.N.; BayVGH vom 14.8.2002 Az.: 8 ZB 02.1293 [juris Rn. 27]). Die Frage eines "Mitverschuldens" in Bezug auf das Ausmaß der Folgewirkungen durch das Nichtergreifen eines möglichen Primärrechtsschutzes kann sich daher nicht stellen.

3. Die Voraussetzungen des Übernahmeanspruchs nach Art. 6 Abs. 3 BayEG liegen vor.

Der Kläger hat die Übernahme der südlichen Restfläche in der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde und damit rechtzeitig beantragt (Art. 6 Abs. 6 BayEG).

Nachdem die südliche Restfläche infolge der Teilenteignung unstreitig über keinen Zugang zum öffentlichen Straßennetz mehr verfügt, steht fest, dass diese Restfläche objektiv nicht mehr in angemessenem Umfang einer zulässigen Nutzung zugeführt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährt der Anliegergebrauch - auch unter Berücksichtigung des Art. 14 GG - zwar keinen Schutz gegen den Wegfall einer bestimmten Wegeverbindung. Anlieger werden durch eine Verschlechterung der für ihre Grundstücke bestehenden Verkehrsverhältnisse in der Regel nicht in ihren Rechten verletzt, jedenfalls wenn die Grundstücke eine anderweitige ausreichende Verbindung zu dem öffentlichen Wegenetz besitzen (vgl. BVerwG vom 21.12.2005 NVwZ 2006, 603 m.w.N.). Vorliegend wird dem Kläger jedoch jegliche Zufahrtsmöglichkeit zum öffentlichen Straßennetz abgeschnitten. Dies berührt den Kernbereich des Anliegergebrauchs. Auch nur landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke müssen mit (landwirtschaftlichen) Fahrzeugen erreichbar sein. Dies erfordert zumindest das Vorhandensein von (beschränkt) öffentlichen Wirtschaftswegen, etwa öffentlichen Feld- und Waldwegen nach Art. 53 Nr. 1 BayStrWG. Ein Verweis des Klägers auf ein bestehendes Notwegerecht nach § 917 BGB oder die Möglichkeit der Errichtung einer Zufahrtsstraße über fremde Grundstücke, die von ihm nicht erzwungen werden kann, ist unzulässig. Demgemäß hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme dieses Grundstücksteils durch die Beigeladene.

4. Kosten: Soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, hat er gemäß § 155 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens (und des Klageverfahrens) einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Im Übrigen haben die Beklagte und die Beigeladene die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1, § 159 VwGO, § 100 ZPO zu tragen.

5. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

6. Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zur teilweisen Berufungsrücknahme in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2006 auf 135.850,25 Euro und für die Zeit danach auf 48.879,50 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47 GKG; abzustellen ist auf die angemessene Enteignungsentschädigung für den Rechtsverlust, vgl. BayVGH vom 23.10.2000 Az. 22 ZB 96.3396).

Ende der Entscheidung

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