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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.03.2005
Aktenzeichen: 22 CS 04.3249
Rechtsgebiete: BNatSchG


Vorschriften:

BNatSchG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
BNatSchG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 a.F.
BNatSchG § 61 Abs. 1
BNatSchG § 69 Abs. 7 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 CS 04.3249

In der Verwaltungsstreitsache

wegen wasserrechtlicher Bewilligung (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. November 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 31. März 2005

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die sofortige Vollziehung der Ziff. I.1 sowie I.4.1 und I.4.2 des Bescheids des Landratsamts Ostallgäu vom 15. Juli 2003, mit dem der Beigeladenen eine Bewilligung zur Ableitung und Wiedereinleitung von max. 72 m³/s Wasser aus dem Lech zweck Wasserkraftnutzung (Ziff. I.1) und Befreiungen von einer Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen (Ziff. 1.4.1) und von einer Landschaftsschutzgebietsverordnung (Ziff. I.4.2) erteilt wurden. Die Klägerin erhob gegen diese Ziffern des Bescheids Klage zum Verwaltungsgericht, über die noch nicht entschieden ist.

Nach Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziff. I und III des Bescheids vom 15. Juli 2003 durch Bescheid des Landratsamts Ostallgäu vom 4. August 2004, stellte der Antragsteller Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ziff. I.1 sowie I.4.1 und I.4.2 des Bescheids vom 15. Juli 2003, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. November 2004 mangels Antragsbefugnis des Antragstellers ablehnte.

Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht eine Antragsbefugnis des Antragstellers unmittelbar nach § 61 Abs. 1 BNatSchG verneint. Zwar stellt § 61 BNatSchG keine bloße Rahmenvorschrift für die Landesgesetzgebung dar, sondern gilt nach § 11 Satz 1 BNatSchG unmittelbar. Jedoch sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben, weil in Bayern bislang noch keine landesrechtlichen Vorschriften zur Umsetzung des § 60 BNatSchG über die Mitwirkung und Anerkennung von rechtsfähigen Vereinen ergangen sind.

Eine Antragsbefugnis für den Antragsteller ergibt sich auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 69 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG. Zwar gelten danach für von den Ländern nach § 29 BNatSchG a.F. anerkannte Vereine - wie den Antragsteller - § 69 Abs. 5 und § 61 BNatSchG bis zum 3. April 2005 entsprechend, soweit die Vereine aufgrund von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 BNatSchG a.F. zur Mitwirkung befugt sind. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 BNatSchG a.F. bestand ein Beteiligungsrecht eines anerkannten Naturschutzvereins jedoch nur bei der Erteilung von Befreiungen von Verboten und Geboten, die zum Schutz von Naturschutzgebieten und Nationalparken erlassen sind sowie in Planfeststellungsverfahren über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Ein derartiges Verfahren liegt hier nicht vor. Mit den Ziff. I.4.1 und I.4.2 des Bescheids vom 15. Juli 2003 wurden lediglich Befreiungen von Verboten einer Verordnung zur Sicherung von Naturdenkmalen sowie von Verboten einer Landschaftsschutzgebietsverordnung erteilt. Ein Planfeststellungsverfahren wurde hinsichtlich der in Ziff. I.1 des Bescheids bewilligten Ab- und Wiedereinleitung von Lechwasser zwecks Wasserkraftnutzung nicht durchgeführt. Selbst wenn nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Länder am 3. April 2005 anstelle einer Weitergeltung der Übergangsvorschriften von einer unmittelbaren Geltung des § 61 Abs. 1 BNatSchG auch für von den Ländern nach § 29 BNatSchG a.F. anerkannte Vereine ohne weitere Einschränkungen auszugehen sein und damit die Klagebefugnis für solche Vereine gemäß § 69 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG eröffnet sein sollte, ändert sich an diesem Ergebnis im übrigen nichts, da hinsichtlich der Ziff. I.1 sowie I.4.1 und I.4.2 des Bescheids vom 15. Juli 2003 die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BNatSchG nicht vorliegen.

Eine Antragsbefugnis des Antragstellers lässt sich schließlich auch nicht daraus ableiten, dass das Landratsamt das Mitwirkungsrecht des Antragstellers nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F. durch Unterlassung eines an sich gebotenen Planfeststellungsverfahrens umgangen hätte (vgl. BVerwG vom 14.5.1997, NVwZ 1998, 279; VGH Kassel vom 1.9.1998, NVwZ-RR 1999, 304). Der Gesetzgeber hat zwar bei der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes davon abgesehen, neben der naturschutzrechtlichen Vereinsklage auch die Möglichkeit der Klage gegen die abschließende Sachentscheidung nach unterbliebener oder mangelhafter Beteiligung im Verfahren zu regeln. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass damit die von der o.g. Rechtsprechung anerkannte diesbezügliche Klagemöglichkeit eines anerkannten Naturschutzvereins ausgeschlossen werden sollte (vgl. Wilrich, DVBl 2002, 872/880). Dass aber - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - hinsichtlich der in Ziff. I.1 des Bescheids vom 15. Juli 2003 bewilligten Ab- und Wiedereinleitung von Lechwasser die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens erforderlich gewesen wäre, lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht hinreichend substantiiert entnehmen. Was die Tauchwand und die Rechenanlage angeht, wird im Beschwerdevorbringen nicht mehr in Frage gestellt, dass diese Anlagen unmittelbar eine Gewässerbenutzung zum Ziel haben. Hinsichtlich der Bedienungsplattform wird darauf verwiesen, dass diese Anlage zwar mittelbar mit dem Ausleiten des Wassers zum Zwecke der Wasserkraftgewinnung in Zusammenhang steht, es durch die Auflage auf das Lechufer jedoch zu einer Versiegelung des Ufers in einer Größenordnung von 170 m² und mittelbar zu einer Umgestaltung der Uferlinie selbst kommt. Insoweit setzt sich der Antragsteller aber nicht mit der ausdrücklich entgegenstehenden Feststellung des Verwaltungsgerichts unter Hinweis auf die Plananlage 13 (vgl. S. 20 d. Beschlusses) auseinander, dass es durch die Bedienungsplattform nicht zu einer Versiegelung des Ufers in einer Größenordnung von dauerhaft 170 m² kommen kann, so dass allenfalls die kleine Auflagefläche der Bedienplatte am Ufer als eine Versiegelung im Sinne des Beschwerdevorbringens angesehen werden kann. Im Beschwerdevorbringen wird demgegenüber lediglich pauschal auf den Bescheid vom 15. Juli 2003 verwiesen, dem aber insoweit keine entgegenstehenden Feststellungen entnommen werden können (vgl. S. 19 d. Bescheids) und der ausdrücklich auf die Plananlage 13 Bezug nimmt. Eine wesentliche Umgestaltung des Ufers eines Gewässers kann aus diesem Vorbringen damit nicht abgeleitet werden. Soweit das Verwaltungsgericht den Bau des Unterwasserkanals lediglich als plangenehmigungsbedürftigen Gewässerausbau angesehen hat, bei dem ein Beteiligungsrecht des Antragstellers weder nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG a.F. noch nach § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG in Betracht kommt, wird dies im Beschwerdevorbringen nicht in Frage gestellt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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