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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 22 CS 07.2749
Rechtsgebiete: BImSchG, VwGO


Vorschriften:

BImSchG § 20 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 CS 07.2749

In der Verwaltungsstreitsache

wegen immissionsschutzrechtlicher Anordnung (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. September 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung am 24. Oktober 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Landratsamt *************** **** untersagte der Antragstellerin mit Bescheid vom 16. Juli 2007 das Lagern von Abfällen jeglicher Art (insbesondere Straßenaufbruch, Bauschutt, Straßenfräsgut, Strommasten, Altholz und Betonmasten) auf dem Grundstück FlNr. ***** der Gemarkung ******* (Nr. 1). Ferner verpflichtete das Landratsamt die Antragstellerin, sämtliche auf diesem Grundstück gelagerten oder in sonstiger Weise vorhandenen Abfälle bis spätestens 3. August 2007 zu beseitigen (Nr. 2). Als Rechtsgrundlage wurde § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG angegeben. Die Nrn. 1 und 2 dieses Bescheids wurden für sofort vollziehbar erklärt.

Die Antragstellerin erhob Anfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und stellte dort Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab (Beschluss vom 11.9.2007).

Die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Darlegungen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern.

1. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Landratsamt das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in Übereinstimmung mit § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet. Der gebotene Bezug zum Einzelfall (vgl. Eyermann/Jörg Schmidt, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 43 zu § 80; Kopp, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 85 zu § 80) ist hier gegeben. Im vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass aus der Sicht des Landratsamts die Gründe für den Sofortvollzug mit den Gründen für den Erlass des Verwaltungsakts identisch sind. In einem solchen Fall darf sich die Behörde bei der Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung auch auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen (vgl. Eyermann/Jörg Schmidt, a.a.O., RdNrn. 36 und 43 zu § 80). Das Landratsamt geht in der Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung auf die Lagerung von Abfällen ein und weist darauf hin, dass nicht absehbar sei, in welchem Umfang hiervon schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen könnten. Dass dies nicht aus der Luft gegriffen ist, bestätigt die Antragstellerin selbst mit dem Hinweis auf das Fehlen eines erforderlichen Lärmschutzgutachtens. Im Übrigen ist die Antragstellerin der Erwägung des Verwaltungsgerichts nicht entgegengetreten, dass auch von Straßenaufbruch und Straßenfräsgut Umweltgefährdungen ausgehen könnten. Richtig ist, dass das Landratsamt in seiner Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung nicht konkret angibt, ob und gegebenenfalls welche schädlichen Umwelteinwirkungen von der derzeitigen Nutzung des Lagerplatzes tatsächlich ausgehen. Eine derartige Angabe kann hier aber nicht unbedingt verlangt werden, weil ein derartiger Nachweis nicht zu den Rechtsvoraussetzungen für eine Anordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gehört und sich vielfach erst im Verlauf eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens führen lässt. Bis zu einem eventuellen positiven Abschluss eines solchen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens - so ist die vom Landratsamt gegebene Begründung zu verstehen - soll der Betrieb der hier strittigen Anlage in Übereinstimmung mit der Wertung des Gesetzgebers in § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG unterbleiben. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit entsprochen worden.

2. Das Beschwerdevorbringen lässt auch nicht erkennen, dass die Anfechtungsklage erfolgversprechend ist. Insbesondere lässt es keinen Ermessensfehler hervortreten.

Das Landratsamt ist zu Recht nicht von offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit ausgegangen. Die Antragstellerin bestätigt selbst, dass die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung derzeit fehlen und gibt lediglich einer nicht näher begründeten Hoffnung Ausdruck, dass sich dies in Kürze ändern möge. Dasselbe gilt für das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB sowie die Zustimmung der Nachbarn.

Sollte das Landratsamt den Betrieb des Lagerplatzes stillschweigend bereits einige Zeit geduldet haben, dann spricht dieser Umstand nicht gegen, sondern eher für den Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts. Dann wären nämlich die rechtlich an sich gebotenen Maßnahmen bereits mit Rücksicht auf die Belange der Antragstellerin hinausgezögert worden und bestünde umso weniger Anlass, auf diese Belange noch weitergehende Rücksicht zu nehmen. Die behaupteten Existenzgefahren für den Betrieb der Antragstellerin sind nicht substantiiert geltend gemacht worden. Abgesehen davon ist ein illegaler Anlagenbetrieb grundsätzlich kein Mittel, um Existenzgefahren für einen Betrieb angemessen zu begegnen.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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