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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.07.2008
Aktenzeichen: 22 ZB 05.3351
Rechtsgebiete: HwO


Vorschriften:

HwO § 1 Abs. 2
HwO § 7 a
HwO § 7 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 ZB 05.3351

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausübungsberechtigung nach § 7a HwO;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Oktober 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

ohne mündliche Verhandlung am 7. Juli 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Das Verfahren wird hinsichtlich der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 a HwO für das Maler- und Lackiererhandwerk eingestellt; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Oktober 2005 ist insoweit unwirksam geworden.

II. Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

III. Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, tragen Kläger und Beklagte die Kosten beider Rechtszüge je zur Hälfte. Soweit der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden ist, trägt der Kläger die Kosten des Antragsverfahrens.

IV. In Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Oktober 2005 wird der Streitwert für beide Rechtszüge hinsichtlich des eingestellten Verfahrensteils und hinsichtlich des streitig entschiedenen Verfahrensteils auf je 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit dem 1. April 1998 mit dem Gerüstbauerhandwerk nach § 119 HwO in die Handwerksrolle eingetragen. Mit Antrag vom 19. März 2001 begehrte er die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß §§ 7, 8 HwO für das Maler- und Lackiererhandwerk, da er für die Meisterprüfung auf der Warteliste stehe. In Absprache mit dem Kläger wurde der Antrag in einen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 a HwO abgeändert.

Die Regierung der Oberpfalz lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 1.4.2003 und Widerspruchsbescheid vom 20.6.2005), weil die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten im Maler- und Lackiererhandwerk nicht nachgewiesen seien.

Der Kläger erhob Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit Anträgen, die erstens die Aufhebung der genannten Bescheide der Regierung der Oberpfalz, zweitens die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Ausübungsberechtigung nach § 7 a HwO für das Maler- und Lackiererhandwerk und drittens die Feststellung der Berechtigung des Klägers, die Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks selbstständig im stehenden Gewerbebetrieb ohne Meisterbrief, Ausnahmebewilligung, Ausübungsberechtigung und Eintragung in die Handwerksrolle auszuüben, zum Gegenstand hatten. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 19. Oktober 2005 ab.

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2008 hat die Beklagte mitgeteilt, dass dem Kläger mit Datum vom gleichen Tag eine Ausübungsberechtigung gemäß § 7 b HwO für das Maler- und Lackiererhandwerk erteilt wurde und der zu erwartenden Erledigungserklärung des Klägers im Voraus zugestimmt wird.

Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2008 hat der Kläger seinen Verpflichtungsantrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 a HwO für erledigt erklärt. Die anderen Klageanträge hat er aufrechterhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Hinsichtlich der Verpflichtungsklage des Klägers auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 a HwO für das Maler- und Lackiererhandwerk ist der Rechtsstreit in der Hauptsache durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen von Kläger und Beklagter erledigt. Das Verfahren ist insoweit beendet und einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung), das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 ZPO in entsprechender Anwendung).

2. Soweit der Kläger seine Sachanträge aufrecht erhalten hat, bleibt der Antrag auf Zulassung der Berufung ohne Erfolg. Die Darlegungen des Klägers lassen diesbezüglich einen durchgreifenden Zulassungsgrund nicht hervortreten (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Was den mit dem Verpflichtungsbegehren des Klägers verbundenen Antrag auf Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 1. April 2003 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2005 angeht, wird dieser von der Erledigungserklärung des Klägers nicht umfasst, weil der Kläger - wie dem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 27. Mai 2008 entnommen werden kann - die Erledigungserklärung ausdrücklich auf den Verpflichtungsantrag beschränkt hat (vgl. BVerwG vom 19.9.1995, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 108). Allerdings ergeben sich auch unter Berücksichtigung der mit der Erledigungserklärung des Verpflichtungsantrags und der Aufrechterhaltung des Aufhebungsantrags eingetretenen Veränderungen der Sachlage nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), weil es für eine solche isolierte Anfechtungsklage gegen die Versagung der beantragten Ausübungsberechtigung nach § 7 a HwO bereits am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt, zumal der Kläger selbst darauf hinweist, dass er diese von ihm beantragte Ausübungsberechtigung nach wie vor nicht erhalten hat (vgl. Eyermann/Rennert, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 15 vor § 40; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 30 zu § 42). Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn das Rechtsschutzziel des Klägers nunmehr entgegen dem ausdrücklich im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 27. Mai 2008 gestellten Aufhebungsantrag in einem Feststellungsbegehren nach Erledigung des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO liegen sollte, weil vom Kläger im Zulassungsverfahren kein hierfür erforderliches Feststellungsinteresse dargelegt worden ist.

Was den Antrag auf Feststellung angeht, dass der Kläger die Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks ohne Meisterbrief, Ausnahmebewilligung, Ausübungsberechtigung und Eintragung in die Handwerksrolle selbstständig im stehenden Gewerbe ausüben darf, mag bereits zweifelhaft sein, ob eine gerichtliche Entscheidung über diese Klage geeignet ist, die Rechtsstellung des Klägers zu verbessern, nachdem er mit Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2008 eine Ausübungsberechtigung für das Maler- und Lackiererhandwerk gemäß § 7 b HwO erhalten hat. Dies kann jedoch dahinstehen, weil das Verwaltungsgericht diese Klage zu Recht als unbegründet erachtet hat. Entgegen dem Zulassungsvorbringen hatte das Verwaltungsgericht keinen Anlass, einzelne Tätigkeiten zu bezeichnen, die der Kläger ohne Meisterbrief und ohne Eintragung in die Handwerksrolle verrichten darf. Der Feststellungsantrag des Klägers erstreckt sich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat -auf das gesamte Spektrum des Maler- und Lackiererhandwerks; lediglich beispielhaft werden 69 Tätigkeiten aus diesem Handwerk in der Klageschrift vom 14. Juli 2005 aufgezählt. Ein Herausgreifen einzelner Tätigkeiten aus dem umfangreichen Katalog der möglichen Betätigungen im Maler- und Lackiererhandwerk durch das Verwaltungsgericht war nicht, wie der Kläger meint, als "minus" gegenüber dem gestellten Feststellungsantrag zulässig. Vielmehr stellt die Betätigung auf einzelnen Gebieten des Handwerks gegenüber der vollhandwerklichen Tätigkeit ein "aliud" dar, so dass es Sache des Klägers ist, den Antrag auf bestimmte Betätigungen zu beschränken; die vom Kläger bezeichnete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2003 (GewArch 2003, 243) steht dem nicht entgegen (vgl. BVerwG vom 1.4.2004, GewArch 2004, 488). Eine solche Beschränkung ist vorliegend nicht erfolgt; es kommt deswegen hier auch nicht darauf an, ob der Beruf des Bauten- und Objektbeschichters den Ausbildungsberuf des Malers und Lackierers ersetzt hat. Damit ergeben sich für das Vorliegen eines Minderhandwerks i.S. von § 1 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HwO auch bei großzügiger Auslegung dieses Ausnahmetatbestands keinerlei Anhaltspunkte. Das in § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO enthaltene Tatbestandsmerkmal "wenn er handwerksmäßig betrieben wird" ist im Übrigen in der Rechtsprechung bereits geklärt und mit diesem geklärten Inhalt hinreichend bestimmt (vgl. BVerwG, a.a.O.). Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Malerhandwerk insgesamt als ein Minderhandwerk anzusehen ist (vgl. BayVGH vom 29.3.2006 Az. 22 ZB 05.3069). Schließlich ist die Kritik des Klägers am handwerksrechtlichen Meisterzwang insgesamt wiederum nicht in der Lage, die Überzeugung seiner Verfassungswidrigkeit zu vermitteln (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG); die Novellierung des Handwerksrechts hat den Meisterzwang deutlich zurückgeführt; dass der Gesetzgeber diesem Schritt den Vorzug gegenüber einer sofortigen radikalen Umgestaltung gegeben hat, erscheint auch im Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG legitim (vgl. z.B. BayVGH vom 2.2.2006 Az. 22 ZB 05.2111). Insbesondere kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht eine nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Diskriminierung von Inländern gegenüber EU-Ausländern feststellen (vgl. BayVGH vom 29.3.2006 Az. 22 ZB 05.3069 und vom 31.1.2005, GewArch 2005, 156, m.w.N.).

Wie sich obigen Ausführungen entnehmen lässt, weist die Rechtssache - soweit die vom Kläger aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die erledigte Verpflichtungsklage überhaupt noch entscheidungserheblich sind - weder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch hat sie die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Der Kläger hat auch keine obergerichtlichen Rechtssätze dargelegt, im Verhältnis zu denen das Verwaltungsgericht abweichende Rechtssätze aufgestellt hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO); es wird hier lediglich unsubstantiiert die fehlerhafte Anwendung obergerichtlicher Rechtsprechung geltend gemacht.

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen, führt dies zu keinem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Im Urteil müssen die Entscheidungsgründe schriftlich niedergelegt werden, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2, § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Ein Verstoß dagegen ist nicht bereits dann anzunehmen, wenn die Begründung in sachlicher Hinsicht lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig ist; dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die angeführten Gründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst wie völlig unzureichend sind (vgl. BVerwG vom 13.7.1999, Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO, Nr. 35). Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Weder § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO noch § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO noch der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichten dazu, jede Einzelheit der Überzeugungsbildung in den Gründen niederzulegen (vgl. BVerwG vom 1.4.2004, GewArch 2004, 488).

3. Hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten beider Rechtszüge beiden Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen. Maßgeblich hierfür ist, dass die Frage der Erfolgsaussichten der Verpflichtungsklage nach bisherigem Sach- und Streitstand nicht ohne weiteres beantwortet werden kann. Zwar mag es in der Regel der Billigkeit entsprechen, den Verfahrensbeteiligten insgesamt mit den Kosten zu belasten, der durch eigenen Willensentschluss die Erledigung veranlasst hat. Das dürfte regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Behörde dem entsprechenden Klagebegehren in der Erkenntnis nachkommt, dass ihre bisherige Haltung rechtswidrig war (vgl. Eyermann/Jörg Schmidt, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 18 zu § 161). So liegt der Fall hier aber nicht. Die Beklagte hat dem Kläger nicht die begehrte Ausübungsberechtigung gemäß § 7 a HwO, sondern eine von ihm nicht beantragte Ausübungsberechtigung gemäß § 7 b HwO erteilt. Eine Klärung schwieriger Rechtsfragen oder eine weitere Sachaufklärung findet im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO nicht statt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 15 zu § 161).

4. Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG (im Rahmen von Nr. 54.3.1 des Streitwertkatalogs 2004 ist dem Verpflichtungs- und dem Feststellungsantrag die gleiche Bedeutung für den Kläger zuzumessen; demgegenüber kommt dem Aufhebungsantrag keine selbstständig Bedeutung zu).

Ende der Entscheidung

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