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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.09.2007
Aktenzeichen: 22 ZB 06.3161
Rechtsgebiete: WHG, BayWG, VwGO


Vorschriften:

WHG § 8 Abs. 3
WHG § 8 Abs. 4
WHG § 10 Abs. 1
WHG § 10 Abs. 2 Satz 1
WHG § 10 Abs. 2 Satz 2
WHG § 11 Abs. 1 Satz 1
BayWG Art. 18
VwGO § 86 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 ZB 06.3161

In der Verwaltungsstreitsache

wegen wasserrechtlicher Beseitigung;

hier: Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. September 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Krieger

ohne mündliche Verhandlung am 4. September 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens je zur Hälfte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen der Kläger (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergibt sich nicht, dass einer der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO) vorliegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der angefochtene wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 17. Februar 2006 die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt und demgemäß nicht - wie von den Klägern begehrt - aufgehoben werden kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Vorliegend lässt sich das Aufhebungsbegehren nicht auf das in § 8 Abs. 3 WHG und § 8 Abs. 4 WHG i.V. mit Art. 18 BayWG enthaltene relative Bewilligungsverbot stützen, weil eine nachteilige Einwirkung der bewilligten Benutzung auf das Eigentum der Kläger nicht im Sinn des § 8 Abs. 3 WHG "zu erwarten" ist. Dieses Merkmal setzt nach allgemeiner Auffassung voraus, dass der Eintritt nachteiliger Wirkungen zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht bloß theoretisch möglich, sondern in dem Sinne wahrscheinlich ist, dass überwiegende Gründe für ihren Eintritt sprechen (BVerwG vom 29.7.1980, Buchholz 445.4 § 8 WHG Nr. 9 und vom 2.8.1996, Buchholz 445.4 § 10 WHG Nr. 5; BayVGH vom 31.7.1979, ZfW 1981, 32 und vom 18.12.2003, BayVBl 2005, 150; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, RdNr. 43 zu § 8; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, RdNr. 23 zu § 8). Daran fehlt es hier, wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Hinweis auf die nachvollziehbare sachverständige Beurteilung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde (vgl. Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG) herausgearbeitet hat und wie die Kläger selbst in ihrem Zulassungsvorbringen einräumen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 WHG war auch die Festsetzung einer Entschädigungsleistung dem Grunde nach im Bewilligungsbescheid nicht erforderlich.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechte der Kläger im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Ausschlusswirkung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 WHG ungenügend berücksichtigt worden sind. Dieser Ausschluss von Ansprüchen rechtfertigt nicht, Dritte vor Rechtsfehlern zu schützen, die sie nicht in ihren Rechten verletzen. Denn die Ausschlusswirkung mindert nicht den Schutz Dritter im Rahmen der Gesamtregelung durch die §§ 8 bis 11 WHG, mit denen eine je nach der Situation des Einzelfalls sich ergänzende, abgestufte und lückenlose Sicherung der betroffenen Dritten geschaffen worden ist: Ist zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung der Eintritt nachteiliger Wirkungen wahrscheinlich in dem Sinne, dass überwiegende Gründe für den Eintritt sprechen, sind die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen zu verhindern oder durch Entschädigung auszugleichen. § 10 Abs. 1 WHG erweitert diesen Schutz auf die Fälle, in denen nachteilige Einwirkungen (noch) nicht in dem vorbezeichneten Sinn zu erwarten, gleichwohl aber greifbare Anhaltspunkte für die Möglichkeit nachteiliger Wirkungen vorhanden sind; in diesen Fällen können Auflagen und Entschädigungen vorbehalten werden. Sind schließlich nachteilige Wirkungen nicht voraussehbar, kommt nicht der Vorbehalt nach § 10 Abs. 1 WHG, sondern der nachträgliche Schutz durch Auflagen oder Anspruch auf Entschädigung nach § 10 Abs. 2 WHG in Betracht (vgl. BVerwG, a.a.O.).

Was die von den Klägern befürchteten Setzungsschäden an ihren Gebäuden angeht, enthält der angefochtene Bescheid einen Entscheidungsvorbehalt gemäß § 10 Abs. 1 WHG. Zwar sind diese Schäden in Nr. 3 des Bescheids nicht ausdrücklich erwähnt. Wie jedoch der Begründung des Bescheids (vgl. S. 121) ohne weiteres entnommen werden kann, soll sich der dort näher beschriebene Vorbehalt gemäß § 10 Abs. 1 WHG neben zukünftigen land- und forstwirtschaftlichen Ertragsminderungen und Nachteilen wegen einschränkt bzw. nicht mehr nutzbarer bestehender Brauchwasserbrunnen auch auf neuentstandene Gebäudeschäden aufgrund der Inanspruchnahme der Bewilligung erstrecken. Damit ist dem diesbezüglichen Rechtsanspruch der Kläger Rechnung getragen (vgl. Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O., RdNr. 6 zu § 10 m.w.N.).

Sollte die Entwicklung entgegen den vorliegenden sachgerechten Prognosen zu nachweisbaren Schäden führen, sind die Kläger trotz der Ausschlusswirkung des § 11 Abs. 1 Satz 1 WHG keineswegs schutzlos. Das Gesetz gibt ihnen gerade für diesen Fall einen Anspruch auf nachträgliche Auflagen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WHG) und, falls diese nicht möglich sein sollten, einen Entschädigungsanspruch (§ 10 Abs. 2 Satz 2 WHG). § 10 Abs. 2 WHG ist nach dem Sinn der Vorschrift auch dann anwendbar, wenn der Betroffene die nachteiligen Wirkungen während des Verfahrens vorausgesehen und rechtzeitig Einwendungen erhoben hat, damit jedoch bei der Bewilligungsbehörde nicht durchgedrungen ist (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O., RdNr. 5 b zu § 10; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O., RdNr. 14 zu § 10).

2. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags der Kläger, ein Sachverständigengutachten einzuholen, dass die in den Ziff. 1.3.1.1 und 1.3.1.2 des angefochtenen Bescheids festgesetzten Absatzmarken nicht genügen, um durch die Grundwasserentnahmen bedingte Setzungsschäden an den Gebäuden der Kläger zu vermeiden, durch verkündeten Beschluss des Verwaltungsgerichts gemäß § 86 Abs. 2 VwGO, weist keinen Verfahrensfehler auf. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung diese Ablehnung damit begründet, dass das Gutachten der gesetzlich berufenen Fachbehörde Wasserwirtschaftsamt durch das Gegenvorbringen der Kläger nicht erschüttert wird. Im Urteil (S. 23, 24) hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 23. Dezember 2005 ausgeführt, dass hinreichend nachvollziehbare und plausible Anhaltspunkte für die seitens der Kläger befürchteten negativen Folgen fehlen und sich solche insbesondere auch nicht aus den Gutachten der LGA Bautechnik GmbH Nürnberg ergeben. Damit ist ein Widerspruch zwischen den Ausführungen im Urteil und dem in der mündlichen Verhandlung angeführten Ablehnungsgrund nicht erkennbar, zumal dem Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 23. Dezember 2005 auch diese von der Beigeladenen eingeholten Gutachten ausdrücklich zu Grunde liegen. Im Verwaltungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten dürfen vom Verwaltungsgericht im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Ist ein Gericht aufgrund eines mängelfreien Gutachtens bereits überzeugt, ist es berechtigt, auch von einer ausdrücklich beantragten Einholung eines weiteren Gutachtens abzusehen; das Verbot vorweggenommener Beweiswürdigung gilt hinsichtlich weiterer Gutachten nicht (vgl. BVerwG vom 16.11.1972, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 97 und vom 6.2.1985 BVerwGE 71, 38/45; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005 RdNr. 10 zu § 108; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 58 mit Fußnote 92 zu § 86 und RdNr. 174 zu § 98; Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 44 zu § 86). Diese Grundsätze gelten auch für - wie hier - im Verwaltungsverfahren vom Antragsteller nach Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., RdNr. 182 zu § 98). Anhaltspunkte für grobe Mängel der bereits vorliegenden Gutachten, die diese als zur Sachverhaltsaufklärung ungeeignet oder jedenfalls nicht ausreichend tragfähig erscheinen lassen, lassen sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

Ende der Entscheidung

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