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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.11.2009
Aktenzeichen: 22 ZB 08.2165
Rechtsgebiete: WHG, BayWG, Düngeverordnung


Vorschriften:

WHG § 1 a Abs. 2
WHG § 19
BayWG Art. 35 Abs. 2
BayWG Art. 68 Abs. 3
Düngeverordnung § 1
Düngeverordnung § 3
Düngeverordnung § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 ZB 08.2165

In der Verwaltungsstreitsache

wegen wasserrechtlicher Anordnung;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Juni 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung

am 16. November 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Juni 2008 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger betreibt seit vielen Jahren auf verschiedenen Grundstücken, u.a. auf den FlNrn. 147 und 166 der Gemarkung M*********, eine Freilandhaltung von mehreren 1000 Gänsen in der Form der Spät- bzw. Langzeitmast (Saison Juni bis Dezember). Das Grundstück FlNr. 147 (15.825 m²) sowie ein Teil des Grundstücks FlNr. 166 (7.745 m² von 17.180 m²), auf dem sich auch ein baurechtlich genehmigter Unterstellplatz für Gänse befindet, liegen in der weiteren Schutzzone III B des Schutzgebiets für die öffentliche Wasserversorgung des Marktes Kleinheubach und der Gemeinde Rüdenau sowie der Stadt Miltenberg. Nach der einschlägigen Schutzgebietsverordnung des Landratsamts Miltenberg vom 7. Oktober 2004 ist in der weiteren Schutzzone Freilandtierhaltung nur zulässig auf Grünland ohne flächige Verletzung der Grasnarbe (§ 3 Abs. 1 Nr. 6.7). Grünland ist definiert als ganzjährig und durchgehend mit Gras bedeckte Fläche; eine flächige Verletzung der Grasnarbe liegt vor, wenn das wie bei herkömmlicher Weide unvermeidbare Maß (linienförmige oder punktuelle Verletzungen im Bereich von Treibwegen, Viehtränken etc.) überschritten wird (Anlage 2 Nr. 6 der Verordnung).

Mit Bescheid vom 23. Mai 2005 untersagte das Landratsamt dem Kläger, in dem mit Verordnung vom 7. Oktober 2004 festgesetzten Schutzgebiet (1.) Tiere auf Flächen zu bringen, bevor nicht eine geschlossene Grasnarbe vorhanden ist, sowie (2.) bei der Freilandhaltung die Grasnarbe auf mehr als 100 m² zu verletzen, wobei betroffene Einzelflächen von mehr als 0,5 m² zu summieren sind.

Mit weiterem Bescheid vom 13. April 2007 untersagte das Landratsamt dem Kläger, auf der Teilfläche der FlNr. 166 der Gemarkung M*********, die sich außerhalb des mit Verordnung vom 7. Oktober 2004 festgesetzten Schutzgebiets befindet, mehr als 600 Gänse pro Hektar auf den Freiflächen zu halten; dies entspricht laut Bescheid angesichts der Größe dieser Fläche (9.435 m²) einer Besatzzahl von 566 Gänsen.

Die gegen die Bescheide eingelegten Widersprüche hat die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2007 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10.6.2008).

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die insofern maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Bedenken des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide, die dieser in seinem Zulassungsvorbringen formuliert hat.

a) Bescheid vom 23. Mai 2005:

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die im Bescheid getroffene Anordnung, bei der Freilandhaltung der Gänse die Grasnarbe nicht auf mehr als 100 m² zu verletzen, durch Art. 35 Abs. 2 BayWG und die Schutzverordnung des Landratsamts Miltenberg vom 7. Oktober 2004 gedeckt. Die Anordnung stellt eine Konkretisierung des in der Verordnung geregelten Verbots dar, dass eine Freilandtierhaltung in der weiteren Zone III B des Wasserschutzgebiets nur zulässig ist auf Grünland ohne flächige Verletzung der Grasnarbe (§ 3 Abs. 1 Nr. 6.7 der Verordnung). Eine flächige Verletzung der Grasnarbe liegt vor, wenn das wie bei herkömmlicher Weide unvermeidbare Maß (linienförmige oder punktuelle Verletzungen im Bereich von Treibwegen, Viehtränken etc.) überschritten wird (Anlage 2 Nr. 6 der Verordnung). Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Regelungen bereits in einem Normenkontrollverfahren überprüft und für rechtmäßig gehalten (BayVGH vom 5.2.2007 ZfW 2008, 158). Aus dieser näheren Umschreibung ergibt sich ohne weiteres, dass nur linienförmige oder punktuelle Verletzungen in einer Größenordnung, wie sie bei einer Freilandtierhaltung unvermeidbar sind, nicht als flächige Verletzung der Grasnarbe angesehen werden können. Der Kläger hat keine Gründe dargelegt, die die fachliche Einschätzung des Bayerischen Landesamts für Umwelt und des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg, im vorliegenden Einzelfall liege eine flächige Verletzung jedenfalls bei einer Fläche ohne Grasnarbe von über 100 m² vor, infrage stellen könnte. Dies gilt insbesondere auch, soweit hierbei sämtliche Einzelflächen von mehr als 0,5 m² einzurechnen sind. Denn es liegt auf der Hand, dass es sich bei solchen Flächengrößen nicht mehr um bloße linienförmige oder punktuelle Verletzungen der Grasnarbe handelt. Entgegen der Auffassung des Klägers widerspricht diese Konkretisierung des in der Schutzverordnung verwendeten Begriffs der flächigen Verletzung der Grasnarbe auch nicht dem Schutzzweck der Verordnung. Der Regelungszweck dieser Verbotsbestimmung ergibt sich aus Anlage 2 Nr. 6 Abs. 3 der Verordnung. Er besteht darin, die konzentrierte Freisetzung von Tierexkrementen mit der Gefahr rascher intensiver Nährstoffeinträge, wie Nitrat, zu vermeiden. Dies setzt eine möglichst geschlossene Grasnarbe voraus (vgl. hierzu BayVGH vom 5.2.2007, a.a.O.), was bei Einzelflächen von über 0,5 m² und erst recht bei einer Gesamtfläche von über 100 m² offensichtlich nicht mehr der Fall ist. Insoweit ist der vom Landratsamt angelegte Maßstab bei der Konkretisierung des Begriffs der flächigen Verletzung der Grasnarbe nicht zu streng und vom Schutzzweck der Verordnung gedeckt.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist nicht zu beanstanden, dass die Größe der Fläche, ab der eine flächige Verletzung der Grasnarbe vorliegt, unabhängig von der vom Kläger im Wasserschutzgebiet konkret bewirtschafteten Fläche festgelegt wurde. Denn zur Erreichung des Regelungszwecks, die Gefahr rascher intensiver Nährstoffeinträge zu vermeiden, kann es nicht auf die Gesamtgröße der vom Kläger bewirtschafteten Flächen, sondern nur auf die Größe der "kahlen" Stellen ankommen, auf denen Nitrat und andere Nährstoffe nicht mehr gebunden werden können und dadurch ein verstärkter Eintrag dieser Stoffe in den Boden erfolgen kann. Selbst wenn, wie der Kläger vorbringt, das Verbot der flächigen Verletzung der Grasnarbe bei einer solchen Konkretisierung letztlich einem Bewirtschaftungsverbot für ihn gleichkommt, ändert dies nichts an dessen Rechtmäßigkeit, weil es durch den Schutzzweck der Verordnung gerechtfertigt ist; insoweit muss der Kläger darauf verwiesen werden, sich bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen entschädigen zu lassen (vgl. § 19 Abs. 3 und 4 WHG). Im Übrigen überzeugt sein Einwand nicht, er könne das Verbot selbst bei einer Umstellung auf eine sog. "Umtriebsweide" nicht einhalten. Zwar mag es bei der Haltung von Gänsen nur auf den Grundstücken FlNrn. 147 und 166/T im Wasserschutzgebiet aufgrund deren Gesamtfläche von nur 2,34 ha (abzüglich 800 m² für die Unterstellhalle) nicht möglich sein, auch bei einer Umstellung der Betriebsweise eine wirtschaftlich sinnvolle Anzahl von Gänsen zu halten. Der Kläger hat jedoch weitere Flächen im Wasserschutzgebiet und außerhalb dieses Gebiets, bei deren Einbeziehung einer flächigen Verletzung der Grasnarbe von mehr als 100 m² durch einen Umtrieb der Gänse auf jeweils abgetrennte Parzellen vorgebeugt werden könnte. Dazu verhält sich der Kläger nicht, obwohl das Verwaltungsgericht hierauf hinweist (S. 29 des Urteils). Voraussetzung dafür wäre nur, dass die Gänse rechtzeitig vor dem Erreichen der 100 m²-Grenze auf jeweils andere Parzellen verbracht werden, damit sich die "kahlen" Flächen im Wasserschutzgebiet wieder erholen können.

Soweit im Zulassungsvorbringen ausgeführt ist, das Landratsamt hätte statt des Erlasses des Bescheids vom 23. Mai 2005 eine Ausnahme von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung zulassen müssen, ist schon nicht dargelegt, welche konkrete Ausnahme das Landratsamt nach Auffassung des Klägers hätte zulassen müssen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom Kläger nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung im Verfahren beantragten Ausnahmen vom Landratsamt abgelehnt worden seien und der Kläger dies nicht weiter verfolgt habe. Der Kläger muss die Schutzanordnungen der Verordnung immer befolgen, wenn und soweit er die Zulassung einer Ausnahme nicht erreicht hat.

Soweit der Kläger die Erforderlichkeit der strittigen Anordnung in Frage stellt, weil ein konkreter Nachweis von nachteiligen Folgen seiner Gänsehaltung im Wasserschutzgebiet nicht vorliege, sondern sich die Nitratwerte in dem Trinkwasserbrunnen in den letzten Jahren verbessert hätten, verkennt er die Voraussetzungen für den Erlass der vorliegenden Anordnung. Eine bescheidsmäßige Durchsetzung von Verboten einer Wasserschutzgebietsverordnung, die nach Art. 35 Abs. 2 BayWG zulässig ist, setzt gerade keinen konkreten Nachweis eines unmittelbar drohenden Schadenseintritts voraus. Anders als im Fall des Bescheids vom 13. April 2007 (s. unten 1 b) ist hier eine konkrete Betrachtungsweise nicht erforderlich. Ausreichend für den Erlass einer Wasserschutzgebietsverordnung gemäß § 19 WHG und für die Geltung von deren Verboten ist vielmehr ein Anlass, typischerweise gefährlichen Situationen zu begegnen (BVerwG vom 12.9.1980 BayVBl 1980, 759). Insoweit ist auch für die bescheidsmäßige Durchsetzung des Verbots nicht erforderlich, dass im Einzelfall der Nachweis von nachteiligen Folgen einer abstrakt gefährlichen und deshalb verbotenen Handlung geführt werden kann. Zweifel daran, dass das Verbot einer flächigen Verletzung der Grasnarbe im Wasserschutzgebiet rechtmäßig ist, bestehen - wie oben ausgeführt - nicht (vgl. BayVGH vom 5.2.2007, a.a.O.).

b) Bescheid vom 13. April 2007:

Entgegen dem Zulassungsvorbringen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Bescheid vom 13. April 2007, mit dem die Besatzzahl der Gänse auf dem außerhalb des Wasserschutzgebiets gelegenen Grundstück FlNr. 166/T begrenzt wurde, letztlich nur der Ausdehnung des Gebiets der Wasserschutzgebietsverordnung dient und jeglicher Grundlage entbehrt. Die Anordnung in dem angefochtenen Bescheid konnte vielmehr auf Art. 68 Abs. 3 BayWG i.V. mit § 34 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 1 a Abs. 2 WHG gestützt werden. Denn durch die bisherige Gänsehaltung des Klägers war eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers zu besorgen, weil die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist. Dabei ist - anders als im Fall des Bescheids vom 23. Mai 2005 (s. oben 1 a) - von einer konkreten Betrachtungsweise auszugehen (BVerwG vom 12.9.1980 ZfW 1981, 87). Die konkrete Besorgnis ergibt sich aus den Analysen der am 26. Juli 2004 genommenen Bodenproben sowie aus der sachverständigen Beurteilung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde (vgl. Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG), der im wasserrechtlichen Verfahren große Bedeutung zukommt; durch schlichtes Bestreiten oder bloße Behauptungen kann diese nicht erschüttert werden (vgl. z.B. BayVGH vom 22.8.2007 Az. 22 CS 07.96 m.w.N.). Der Kläger hält die Begrenzung der Besatzzahl für ein Grundstück außerhalb des Wasserschutzgebiets aus allgemeinen rechtlichen Erwägungen nicht für zulässig. Die sachverständige Beurteilung des Wasserwirtschaftsamts insbesondere in den Gutachten vom 13. März 2006 und 21. Mai 2007, dass die Haltung von mehr als 570 Gänsen pro Hektar ohne festen Stall übermäßige Nitrateinträge in das Grundwasser konkret befürchten lässt, wird von ihm nicht in Frage gestellt.

Das Wasserwirtschaftsamt hat ausgehend von den im Boden in einer Tiefe von 60 bis 90 cm gemessenen Stickstoffgehalten in Höhe von 38 bis 181 kg N/ha für die bisherige Gänsehaltung des Klägers einen Nitrateintrag von 112 mg/l bis 535 mg/l im Sickerwasser errechnet. Wegen des Umstands, dass aufgrund der Beschaffenheit der Untergrundverhältnisse nicht mit einem Nitratabbau des Sickerwassers auf dem Weg ins Grundwasser zu rechnen ist, hat die entsprechende Sickerwasserprognose des Wasserwirtschaftsamts ergeben, dass diese Nitratkonzentrationen unverändert beim Übergang des Sickerwassers in das Grundwasser fortbestehen, also in das Grundwasser unterhalb der Gänsehaltungsflächen gelangen kann (vgl. zusammenfassend das Gutachten vom 21.5.2007). Das Wasserwirtschaftsamt hat ferner - bezogen auf eine mögliche Ausnahme bei Vorhandensein eines außerhalb des Wasserschutzgebiets gelegenen Stalls - errechnet, bei welcher Anzahl von Gänsen der Grenzwert der Trinkwasserschutzverordnung von 50 mg/l für die Nitrateinträge in das Grundwasser unterhalb der Gänsehaltungsflächen gerade eingehalten werden könnte. Die Berechnung erfolgte aufgrund der jährlichen Grundwasserneubildungsrate in dem betreffenden Gebiet, und der jährlich anfallenden Stickstoffausscheidung je erzeugter Gans. Dabei wurden Zahlen des Instituts für Tierhaltung und Tierschutz des Bayerischen Landesamts für Landwirtschaft zugrunde gelegt, die von einer 80%igen Kotbeseitigung durch Stallhaltung und einer nur 150tägigen Haltungsdauer ausgingen; zusätzlich wurde eine nochmalige 30%ige Reduzierung wegen der Berücksichtigung von Ammoniakausgasung vorgenommen (vgl. zusammenfassend das Gutachten vom 21.5.2007). Die danach errechnete zulässige Zahl von 570 Gänsen pro Hektar hat das Landratsamt zugunsten des Klägers auf 600 Gänse pro Hektar für die Fläche außerhalb des Wasserschutzgebiets erhöht.

Offen bleiben kann, ob das Verbringen der Gänse mit der sicheren Folge der Kotausscheidung bzw. das Liegenlassen des Gänsekots eine Ablagerung i.S. von § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG darstellt. In der Literatur wird eine Ablagerung teilweise angenommen bei einem (übermäßigen) Düngen, mit dem die vorliegende Fallgestaltung im Hinblick auf den erhöhten Nährstoffeintrag in den Boden vergleichbar erscheint (vgl. zum Meinungsstand Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, RdNrn. 17 ff. zu § 26 und RdNr. 15 zu § 34; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, RdNrn. 13 b f., 21 a zu § 34). Denn auch wenn eine Ablagerung zu verneinen und § 34 Abs. 2 Satz 1 WHG nicht einschlägig sein sollte, hat der Kläger nach der unmittelbar und allgemein geltenden Verhaltenspflicht des § 1 a Abs. 2 WHG bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaft zu verhüten. Diese für jedermann geltende wasserrechtliche Verhaltenspflicht kann Grundlage für gewässeraufsichtliche Maßnahmen gerade bei Handlungen sein, die - wie hier wohl - im "Vorfeld" wasserrechtlicher Benutzungstatbestände liegen (BVerwG vom 25.2.1991 NVwZ 1991, 996 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 7/888 S. 15 sowie 7/1088 S. 13; vgl. auch Czychowski/Reinhardt, a.a.O. RdNr. 15 zu § 1 a; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O. RdNr. 22 zu § 1 a). Die Vorschrift erfasst alle Verhaltensweisen, bei denen eine Einwirkung auf das Wasser nicht ganz unwahrscheinlich ist, auch wenn die Einwirkung absichtslos herbeigeführt wird, insbesondere auch das (übermäßige) Düngen (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O. RdNr. 16 zu § 1 a m.w.N.; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O. RdNr. 17 zu § 1 a). Nachteilig ist dabei eine Veränderung, wenn sich die (physikalischen, chemischen oder biologischen) Eigenschaften des Wassers im Vergleich zur vorherigen Beschaffenheit (und damit auch gegenüber dem natürlichen Zustand) verschlechtern. Nicht verlangt wird, dass das Wasser zum Gebrauch oder Verbrauch untauglich werden müsste; es genügt eine Herabsetzung seines Ge- oder Verbrauchswertes für Mensch, Tier oder Pflanze (vgl. Czychowski/Reinhardt, a.a.O. RdNr. 26 zu § 26 m.w.N.; Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, a.a.O. RdNr. 10 zu § 24 und RdNr. 10 zu § 34). Eine derartige nachteilige Veränderung liegt unzweifelhaft vor, soweit - trotz der schon zugunsten des Klägers unterstellten, aber nicht vorliegenden Bedingungen einer 80%igen Kotbeseitigung durch Stallhaltung - immer noch ein Nitrateintrag von über 50 mg/l in das in besonderem Maße schutzwürdige und schutzbedürftige Grundwasser anzunehmen ist; hier könnte nämlich sogar die Eignung des Grundwassers als Trinkwasser in Frage gestellt sein. Ausreichend ist schon die Verunreinigung des unter den Gänsehaltungsflächen befindlichen Grundwassers; es ist nicht maßgeblich, ob das in das Grundwasser eintretende Nitrat letztlich in bestehende Trinkwasserbrunnen gelangt. Soweit der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids einwendet, die gleiche Besatzgrenze sei ihm auch innerhalb des Wasserschutzgebiets im Rahmen einer Ausnahme angeboten worden, was die Rechtswidrigkeit der Forderung belege, fehlt es an einer ausreichenden Darlegung dieses Umstands. Im Übrigen ist diese Behauptung durch den Akteninhalt widerlegt. Wie dem Schreiben des Landratsamts vom 23. Mai 2005 und dem Gutachten des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg vom 19. Mai 2005 zu entnehmen ist, haben die Behörden dem Kläger angeboten, versuchsweise eine Haltung von 565 Gänsen auf den beiden Flächen im Wasserschutzgebiet (2,34 ha abzüglich 800 m² Halle = 2,26 ha Freifläche) zuzustimmen. Dies entspricht jedoch einer Haltung von 250 Gänsen pro Hektar und war zudem von einer Änderung der Haltungsbedingungen abhängig, u.a. der Umstellung auf eine Umtriebsweide. Soweit im Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 13. März 2006 eine Besatzzahl von 570 Gänsen pro Hektar im Waserschutzgebiet im Wege einer Ausnahme als zulässig angesehen wurde, bezog sich dies auf das Vorhandensein eines Stalls außerhalb des Wasserschutzgebiets, in dem das gesamte Futter und Wasser angeboten und in den die Gänse abends getrieben würden (vgl. dort S. 8).

Dem Vorbringen des Klägers, bei der Einhaltung der guten fachlichen Praxis -hier nach der Düngeverordnung - könne einer landwirtschaftlichen Nutzung außerhalb eines Wasserschutzgebietes keine Grenze nach dem allgemeinen Sorgfaltsmaßstab des § 1 a Abs. 2 WHG gezogen werden, kann schon im Ansatz nicht zugestimmt werden. Zwar mag davon auszugehen sein, dass im Regelfall bei Beachtung diesbezüglicher abstrakter Regelungen angenommen werden kann, dass keine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder sonstige nachteilige Veränderungen seiner Eigenschaften zu besorgen sind. Dies gilt aber nicht bei besonderen Umständen des Einzelfalls, da die Vermutung für den Regelfall eine abweichende Beurteilung im Einzelfall nicht ausschließt (vgl. Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O. RdNr. 21 a zu § 34 zum Aufbringen von Dünger, Klärschlamm etc.; Czychowski/Reinhardt, a.a.O. RdNr. 30 zu § 34; vgl. auch BVerwG vom 26.6.1970 ZfW 1971, 115). Im Übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Behörden, dass die Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 2007 (BGBl I S. 221) auf die vorliegende Fallgestaltung nicht unmittelbar anwendbar ist und die (frühere) Gänsehaltung des Klägers nicht als gute fachliche Praxis zu rechtfertigen vermag. Denn die Düngeverordnung regelt nach ihrem Geltungsbereich (§ 1) nur die gute fachliche Praxis bei der Anwendung von Düngemitteln etc. bzw. das Vermindern von stofflichen Risiken durch die Anwendung von Düngemitteln etc.; ihre Vorgaben zur Nährstoffbilanz beziehen sich auf die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche eines landwirtschaftlichen Betriebs und nicht auf einzelne Flächen (vgl. § 4 Abs. 3 der Düngeverordnung), wogegen hier nur auf wenigen Flächen der insgesamt 16,7 ha großen Betriebsflächen Gänsehaltung betrieben wird und eine Kotablagerung erfolgt. Zudem setzt die Düngeverordnung einen entsprechenden Nährstoffbedarf von Pflanzen voraus (vgl. z.B. deren § 2 Nrn. 7 und 8 und § 3), der auf den Gänsehaltungsflächen nicht anfällt, da diese nicht dem Pflanzenbau dienen (vgl. auch Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 21.5.2007). Dem Zulassungsvorbringen kann nicht entnommen werden, aus welchen Gründen die Düngeverordnung demgegenüber trotzdem unmittelbar auf die Freilandhaltung von Gänsen durch den Kläger Anwendung finden sollte.

2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zu. Die im Zulassungsvorbringen aufgeworfene sinngemäße Frage, ob die Anordnung einer Besatzgrenze für Geflügelfreilandhaltung außerhalb eines Wasserschutzgebiets möglich ist, lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht beantworten. Es handelt sich vielmehr um eine Frage des konkreten Einzelfalls, deren Beantwortung insbesondere von den Untergrundverhältnissen und der Grundwasserneubildungsrate abhängt. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt, dass § 1 a Abs. 2 WHG unmittelbar geltende, von jedermann zu beachtende und notfalls mit ordnungsrechtlichen Mitteln durchzusetzende wasserrechtliche Verhaltenspflichten aufstellt, und dies gerade auch bei Handlungen im wasserrechtlichen "Vorfeld", bei denen die speziellen Schutzvorschriften über Benutzungen nicht gelten (vgl. oben 1. und insbesondere BVerwG vom 25.2.1991 NVwZ 1991, 996). Im Übrigen kann die Düngeverordnung § 1 a Abs. 2 WHG schon deshalb nicht verdrängen, weil sie vorliegend nicht anwendbar ist.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 GKG; Nr. 54.2 des Streitwertkatalogs 2004 (vgl. auch BayVGH vom 7.11.2005 Az. 22 CS 05.2399).

Ende der Entscheidung

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