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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: 23 BV 05.1433
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, BBodSchG, BBodSchVO, VwGO


Vorschriften:

KrW-/AbfG § 36 Abs. 2 Satz 1
KrW-/AbfG § 36 Abs. 2 Satz 2
BBodSchG § 2 Abs. 5 Nr. 1
BBodSchG § 2 Abs. 6
BBodSchG § 3 Abs. 1 Nr. 2
BBodSchG § 4 Abs. 3
BBodSchG § 9 Abs. 1
BBodSchG § 9 Abs. 2
BBodSchG § 24 Abs. 2
BBodSchVO § 2 Nr. 3
BBodSchVO § 3 Abs. 4
BBodSchVO § 4 Abs. 3
VwGO § 114
Ob es sich bei der Verweisung auf das Bundesbodenschutzgesetz in § 36 Abs. 2 Satz 3 KrW-/AbfG um eine Rechtsgrund- oder eine bloße Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes handelt, bleibt - nach wie vor - offen. Denn der ehemalige Inhaber der stillgelegten Deponie kann sowohl nach § 4 Abs. 3 BBodSchG als auch nach § 36 Abs. 2KrW-/AbfG in Anspruch genommen werden.

Hinweis:

Mit dieser Entscheidung setzt der nunmehr für das Abfallrecht zuständige 23. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Rechtsprechung des früher zuständigen 20. Senats im Beschluss vom 09.07.2003, Az. 20 CS 03.103, fort.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

23 BV 05.1433 M 2 K 04.5606

Verkündet am 5. April 2006

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Abfall- und Bodenschutzrecht (Deponie **********);

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 8. März 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 23. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Friedl durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Beuntner durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. April 2006 am 5. April 2006 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Beklagten in den Jahren 1964 bis 1975 auf dem Grundstück Fl.Nr. **** der Gemarkung *******, auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs am **********, eine Hausmülldeponie betrieben. Die Fläche, die im Eigentum des Beklagten steht, war der Klägerin zu diesem Zweck mit Vertrag vom 6.7./27.7.1964 von der Forstverwaltung überlassen worden. Eine förmliche behördliche Genehmigung zum Betrieb als Müllplatz war nicht erteilt worden, jedoch erteilte das Landratsamt *** am 22. Juni 1967 nach Art. 13 Forststrafgesetz die Erlaubnis für die Verbrennung von Sperrmüll und Verpackungsmaterial auf diesem Müllablagerungsplatz.

Aus einem Vermerk des Landratsamts vom 18. August 1975 über eine Ortsbesichtigung der gemeindlichen Müllgrube *** am 5. August 1975 ergibt sich: "Die Grube der Gemeinde ist völlig aufgefüllt und muss wegen der Nähe des ****-********** umgehend rekultiviert werden. Der Gemeinde ist nicht bekannt, wohin der anfallende Klärschlamm aus Hauskläranlagen gebracht wird. Kein Anfall von Industrie- und Gewerbemüll".

Ein Abdruck des Vermerks ging an die Klägerin mit der Bitte um umgehende Schließung und Rekultivierung. In der Folge kündigte die Klägerin den Vertrag für den Müllplatz gegenüber dem Forstamt mit Schreiben vom 22. September 1975. Über das weitere Verfahren zur Auflassung der Müllablagerung ist den vorgelegten Behördenakten nichts zu entnehmen; nach einer Mitteilung des Landratsamts mit Schreiben vom 21. Januar 2003 an die Regierung von Oberbayern (Bl. 1 der VA d. Reg. v. Obb.) seien 1984 in der Behörde nahezu alle Akten über vorhandene Müll-, Unrat- und sonstige Ablagerungen im Landkreis vernichtet worden.

Wegen der beabsichtigten Erweiterung des Wasserschutzgebiets für zwei Trinkwasserbrunnen des benachbarten Marktes ***, welches die Ablagerungsfläche umfassen sollte, ließ dieser ein Gutachten durch den Umweltgeologen ************ vom 27. Juni 1997 erstellen. Hierin wird vorgeschlagen, durch Grundwassermessstellen im unmittelbaren Nahbereich der Auffüllung mit regelmäßigen chemischen Analysen die Beschaffenheit des Grundwassers zu überprüfen und damit die Sicherheit der Brunnen zu gewährleisten. Im Benehmen mit dem Wasserwirtschaftsamt *** (WWA) wurden mehrere Messstellen eingerichtet.

Weiterhin beauftragte das Wasserwirtschaftsamt das Unternehmen ***** * ***** GmbH mit der Erstellung einer orientierenden Altlastenuntersuchung der ehemaligen Müllablagerung. Auf das Gutachten vom 1. Juli 2002 (Bl. 53 - 185 der Behördenakten) wird Bezug genommen. Zusammenfassend stellte das Gutachten fest, dass sich die bei den Bodenuntersuchungen von neun Mischproben über das gesamte Ablagerungsprofil festgestellten Verunreinigungen hauptsächlich auf die nördliche Hälfte der Ablagerungen zu konzentrieren scheinen. Belastungen zeigten sich vor allem als erhöhte Schwermetallwerte, die in den Proben aus zwei Sondierungen bei Antimon und Blei den Hilfswert 2 überschritten. Bei den Mineralölkohlenwasserstoffen seien in zwei Proben der Hilfswert 1 des LfW-Merkblattes überschritten. Ein erhöhter PAK-Gehalt, der den Hilfswert 2 des LfW-Merkblattes übersteige, sei nur in einer Probe festgestellt worden. Ebenso sei hier ein leicht erhöhter PCB-Wert gemessen worden. Im Eluat seien in zwei Sondierungen die Prüfwerte der BBodSchV für Antimon und Blei weit überschritten; ebenso werde in einer Sondierung der Prüfwert für PAK überschritten. Während die meisten Schwermetalle unter den gegebenen Randbedingungen (neutraler bis leicht alkalischer pH-Wert, hoher Feinkornanteil des Ablagerungsmaterials) wenig mobil seien, könne bei der festgestellten Überschreitung der Prüfwerte für Antimon, Blei und PAK im Eluat nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass diese Stoffe nicht in das Grundwasser gelangten. Wegen der Mischprobenuntersuchung könne vorerst näherungsweise nur von einer gleichmäßigen Verteilung der Schadstoffe im Ablagerungskörper ausgegangen werden. Bei den angetroffenen Verhältnissen sei davon auszugehen, dass der Sohlbereich der Deponie wenigstens bei extremen Niederschlägen, entweder bedingt durch vom Bach her eindringendes Oberflächenwasser oder durch vom Hang des **********s zuströmendes Hangwasser, von Wasser durchspült werde. Damit reichten die festgestellten Prüfwertüberschreitungen bis in den Grundwasserbereich und stimmten mit den zu prognostizierenden Werten am Ort der Beurteilung nach BBodSchV überein. Da deshalb eine Grundwassergefährdung nicht völlig ausgeschlossen werden könne, wurden weitere Maßnahmen empfohlen, darunter die Ermittlung der schichtbezogenen Schadstoffgehalte in Originalsubstanz und Eluat sowie eine neuerliche Beurteilung der Untersuchungsergebnisse in einem Gutachten zur Detailuntersuchung.

Aus einem Schreiben des WWA an den Markt *** vom 11. Januar 2002 wegen der Wasserschutzgebietsausweisung ist zu entnehmen, in den errichteten Grundwassermessstellen seien geringe Mengen von PAK festgestellt worden; ebenso seien Konzentrationen von Eisen und Mangan deutlich erhöht. Dies würde auf eine Beeinflussung des Grundwassers durch eine Altlast oder eine schädliche Bodenverunreinigung deuten. Über die zukünftige Entwicklung der Schadstoffkonzentration könne keine Aussage getroffen werden. Die gemessenen Stoffkonzentrationen lägen unterhalb der Geringfügigkeitsschwellen gemäß Bodenschutzrecht, jedoch könne der Verdacht auf Vorliegen einer schädlichen Bodenverunreinigung durch die vorgelegten Untersuchungen nicht ausgeräumt werden. Für die Beurteilung der Messergebnisse müsste eine Sickerwasserprognose erstellt werden.

In einer Bewertung der orientierenden Untersuchung vom 12. Dezember 2002 kam das WWA zum Ergebnis, dass sich der Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung bzw. Altlast bestätigt habe. Für eine abschließende Gefährdungsabschätzung sei eine Detailuntersuchung notwendig. Im Rahmen der Detailuntersuchung sei neben der Gefährdungsschätzung abschließend festzustellen, ob Sanierungsmaßnahmen oder Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr erforderlich seien.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2003 gab das Landratsamt den Vorgang unter Bezug auf abfallrechtliche Zuständigkeiten an die Regierung von Oberbayern ab.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2003 forderte die Regierung die Klägerin auf, eine Detailuntersuchung nach noch vom Landratsamt zu entwickelnden Vorgaben in Auftrag zu geben. Dem kam die Klägerin nicht nach.

Nach vorheriger Anhörung (vgl. Aktenvermerk des Landratsamtes *** vom 18.9.2003 - Bl. 366 VA d. Reg. v. Obb.) verpflichtete die Regierung die Klägerin mit Bescheid vom 5. Oktober 2004, bei der Deponie ********** im Einzelnen aufgeführte Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchführen zu lassen. Auf den Bescheid wird Bezug genommen. Die Regierung sei für die stillgelegte Deponie abfallrechtlich zuständig. Rechtsgrundlage für die Anordnung sei § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Kreislauf-Wirtschafts- und Abfallgesetz -KrW-/AbfG-. Nach § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG fänden dabei für die Erfassung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung die Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes Anwendung. Die Anordnungen seien zwingend gegen die Klägerin als Inhaberin der Deponie zu richten. Darüber hinaus sei es auch ermessensgerecht, die Klägerin als ehemalige Betreiberin der Deponie vorrangig vor etwaigen anderen Verantwortlichen in Anspruch zu nehmen.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2004 wurde hinsichtlich eines zu untersuchenden Parameters ein Schreibfehler berichtigt.

Am 4. November 2004 erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag,

den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 5. Oktober 2004, ergänzt durch Schreiben der Regierung vom 25. Oktober 2004, aufzuheben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, da es sich um eine längst stillgelegte Deponie handle, die nicht mehr nach Abfallrecht beurteilt werden könne, sondern allein als Altablagerung nach dem BBodSchG zu werten sei. Auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei eine Deponie tatsächlich endgültig stillgelegt, wenn die Stilllegung der zuständigen Behörde angezeigt worden sei und behördliche Maßnahmen in Bezug auf die Stilllegung zunächst nicht mehr zu erwarten gewesen seien. Dies sei hier der Fall. Insofern liege auch keine Zuständigkeit der Regierung nach Art. 10 Abs. 5 BayBodSchG vor, da es wegen der endgültigen Stilllegung nicht mehr auf den Abschluss der dort genannten Nachsorgephase ankomme.

Weiterhin lägen auch die Voraussetzungen für die Anordnung von Detailuntersuchungen nicht vor. Vielmehr handle es sich vorliegend noch um eine Ergänzung der orientierenden Untersuchung. Die Anordnung stütze sich darauf, dass nach der durchgeführten orientierenden Untersuchung eine Überschreitung von Prüfwerten festgestellt worden sei, was die Durchführung einer Detailuntersuchung bedinge und rechtfertige. Die Ergebnisse der orientierenden Untersuchungen seien indes nicht mit den Vorgaben der BBodSchV vereinbar. Danach seien die Prüfwerte zur Feststellung von Auswirkungen auf den Wirkungspfad Boden-Grundwasser ausschließlich durch eine Rückrechnung aus Abstrommessungen im Grundwasser und unter Berücksichtigung insbesondere auch der Schadstoffkonzentration im Anstrom zu ermitteln (Ziff. 3.2 der Anlage 2 zu BBodSchV). Vorliegend stütze sich die Untersuchung auf das Deponiematerial selbst und dessen Eluat und stelle dort, also gerade nicht am Ort der Beurteilung, eine Prüfwertüberschreitung fest. Eine Überschreitung läge jedoch nur dann nachvollziehbar vor, wenn unter Anwendung von Ziff. 3.2 c) der Anlage 2 zur BBodSchV eine Rückrechnung auf Ab- und Zustrommessungen erfolgen würde, was nicht der Fall sei. Vorgenommene Grundwasseruntersuchungen hätten gerade festgestellt, dass nachweisbare Überschreitungen von Prüfwerten nicht vorliegen. Darüber hinaus bestünden keine weiteren Anhaltspunkte für die Annahme eines hinreichenden Verdachts. Aus der Formulierung in der orientierenden Untersuchung ergebe sich, dass lediglich Restunsicherheiten vorlägen, nicht aber eine positive Feststellung einer tatsächlichen, wenn auch eher geringen Gefährdung. Es werde festgestellt, dass für die betroffenen Schwermetalle Antimon, Blei und für PAK eine Verfrachtung nicht auszuschließen bzw. eher nicht zu erwarten oder unwahrscheinlich sei. Wegen der vorgenommenen Eluat-Untersuchung aus Mischproben könne gerade nicht abschließend geklärt werden, ob eine Gefährdung tatsächlich vorhanden sei. Es stünde noch nicht einmal fest, ob oberflächennahes Grundwasser in der Deponie anzutreffen sei.

Weiterhin gehe der Inhalt der geforderten Maßnahmen weit über das hinaus, was eine Detailuntersuchung rechtlich zuließe. Ausschließlich berechtigt wären Maßnahmen, die eine Gefährdungsabschätzung beträfen, nicht aber Maßnahmen, die bereits einer Sanierung zuzuordnen seien. So sei der Bescheid unter Ziff. 1.4 nicht mehr als Maßnahme der Gefährdungsabschätzung einzustufen, ebenso die Anordnung unter Ziff. 2.1.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, die Anordnung sei zu Recht auf § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG gestützt. Auch wenn man mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof für Altdeponien auf eine einstufige Stilllegung abstellen würde, läge diese hier nicht vor, da der Betreiber nicht davon habe ausgehen können, dass behördliche Maßnahmen in Bezug auf die Stilllegung zunächst nicht mehr zu erwarten seien.

Auch habe der Verwaltungsgerichtshof in einem anderen Verfahren eine Zuständigkeit der Regierung bejaht. Die Klägerin als ehemalige Inhaberin der stillgelegten Deponie sei zwingend für die angeordnete Maßnahme in Anspruch zu nehmen. Ergänzend wird auf die weiteren Ausführungen der Regierung im Schreiben vom 20. Dezember 2004 Bezug genommen. Hierin wird hinsichtlich der Prüfwerte ausgeführt, dies sei der in § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBodSchG definierte Schadstoffkonzentrationswert, bei dessen Überschreitung unter Berücksichtigung der jeweiligen Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen sei, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliege. Bei einer Überschreitung von Prüfwerten gehe § 3 Abs. 4 BBodSchV davon aus, dass dann ein hinreichender Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung vorliege. Wie eine Prüfwertüberschreitung ordnungsgemäß festgestellt werden könne, werde in § 4 BBodSchV und in Ziff. 3 von Anhang 2 zur BBodSchV beschrieben. Maßgeblich sei eine Prüfwertüberschreitung am Ort der Beurteilung. Liege die schädliche Bodenveränderung oberhalb der Grundwasseroberfläche, sei Ort der Beurteilung der Übergangsbereich von der ungesättigten in die gesättigte Zone. Finde der Schadstoffeintrag über das Sickerwasser statt, sei dies der Bereich, an dem das Sickerwasser Teil der gesättigten Zone, also Grundwasser, werde. Da eine Probenahme an diesem Ort der Beurteilung nur sehr schwer bzw. nicht möglich sei, gehe die BBodSchV selbst in Ziff. 3.2 a) Anhang 2 davon aus, dass der Ort der Probenahme nicht mit dem Ort der Beurteilung übereinstimme. Eine direkte Probenahme am Ort der Beurteilung sei die Ausnahme. Um dieses Auseinanderfallen des Ortes der Probenahme und der Beurteilung wieder zueinander in Verbindung bringen zu können, sei die Sickerwasserprognose eingeführt worden. Diese diene der Abschätzung, ob und in welcher Menge von einer Altlast ausgehende Schadstoffeinträge über das Sickerwasser in das Grundwasser gelangen könnten. Diese Abschätzung könne zwar auch durch Rückschlüsse aus Untersuchungen im Grundwasserstrom erfolgen, müssten es aber nicht. Gleichwertige Ermittlungsmethoden nach Ziff. 3.3 Anhang 1 zur BBodSchV seien Abschätzungen auf der Grundlage von in-situ-Untersuchungen oder auf der Grundlage von Materialuntersuchungen im Labor.

Hiervon seien zutreffenderweise die orientierende Untersuchung wie auch die Bewertung durch das WWA ausgegangen.

Nach einem Schreiben des WWA vom 30. November 2004 sei mit der orientierenden Untersuchung der hinreichende Verdacht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG bestätigt. Der Ort der Beurteilung sei unter Berücksichtigung der angetroffenen Verhältnisse im Bereich der Deponiesohle festgelegt worden. Die ermittelten Eluat-Werte spiegelten die Schadstoffbelastung am Ort der Beurteilung wieder. Die bis zu 48-fache Überschreitung des Prüfwerts unterstreiche die Notwendigkeit weitergehender Untersuchungen. Dass bei den vorangegangenen Untersuchungen kaum Grundwasser festgestellt worden sei, sei ein Beleg für die Klüftigkeit des Felsgesteins. Hang- und Niederschlagswasser eluierten die Schadstoffe der Deponie und versickerten ohne wesentliche Rückhalte- und Abbauwirkung im vermuteten Kluftsystem. Es sei nahe liegend, dass der Kluftgrundwasserleiter am Fuß des Gebirgs-stocks in den Porengrundwasserleiter des weiten Tales der Tiroler Ache mündete und somit auch die Trinkwasserversorgung beeinflussen könne. Weiter sei davon auszugehen, dass der Sohlbereich der Deponie wenigstens bei extremen Niederschlägen durch eindringendes Oberflächenwasser des Tennbodenbaches und/oder durch Hangwasser des **********s durchspült werde.

Mit Urteil vom 8. März 2005 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Im angegriffenen Bescheid werde zu Recht auf Art. 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG abgestellt. Dies sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Das Gericht gehe jedoch davon aus, dass es sich lediglich um eine Rechtsfolgenverweisung handle. Eine selbstständige Anwendung des BBodSchG finde erst statt, wenn nach § 36 Abs. 5 KrW-/AbfG die zuständige Behörde auf Antrag den Abschluss der Nachsorge festgestellt habe. Solange dies nicht der Fall sei, gelte für stillgelegte Deponien nach § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG, dass genauso wie bei Anordnungen nach Satz 1 dieser Vorschrift diese an den (früheren) Inhaber der Deponie zu richten seien, soweit schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren von der früheren Deponie ausgingen. Lediglich für die Erfassung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung fänden die Vorschriften des BBodSchG Anwendung. Demzufolge habe die Regierung die Klägerin als frühere Inhaberin bzw. Betreiberin verpflichten müssen, ohne dass ihr die Möglichkeit der Auswahl unter verschiedenen Störern nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zugestanden habe. Anders als im Bescheid angenommen seien Rechtsgrundlage für die angeordneten Untersuchungen die einschlägigen Regelungen im BBodSchG. Inhaltlich sei die Anordnung nicht zu beanstanden, da die Anordnung von Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung von § 9 Abs. 2 BBodSchG, § 3 Abs. 4 BBodSchV gestützt würden. Mit dem Gutachten der ***** * ***** GmbH vom 1. Juni 2002 - orientierende Untersuchung der gemeindlichen Altdeponie ********** - ********* - sei von einer Überschreitung von Prüfwerten auszugehen. Die Einwände der Klägerin gegen Methodik und Ergebnis der Begutachtung könnten das Gutachten nicht in Frage stellen. Aufgrund der festgestellten Prüfwerteüberschreitung lägen konkrete Anhaltspunkte vor, die die Anordnung weiterer Detailuntersuchungen gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG rechtfertigten. Mit der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung über Detailunteruntersuchungen würden auch nicht darüber hinaus Maßnahmen angeordnet, die in eine Sanierungsuntersuchung als nächste Untersuchungsstufe hineingingen. Nr. 1.4 des Bescheides verlange, das zu erstellende Gutachten habe die Ergebnisse der Untersuchungen zusammenzufassen und eine vorläufige Gefährdungsabschätzung vorzunehmen. Weiter seien die Ergebnisse darauf hin zu bewerten, inwieweit für den Wirkungspfad Boden - Gewässer Maßnahmen zur Sanierung und/oder Schutz und Beschränkungsmaßnahmen erforderlich seien. Für den Fall, dass derartige Maßnahmen erforderlich würden, seien Vorschläge für das weitere Vorgehen und gegebenenfalls Sanierungsziele und Sanierungskonzepte anzugeben. Außerdem sei gegebenenfalls eine Aussage darüber zu treffen, ob Sanierungsuntersuchungen und eine Sanierungsplanung erforderlich würden. Aus dem Wortlaut der Regelung ergebe sich gerade, dass keine Sanierungsuntersuchungen jetzt bereits angeordnet worden seien, vielmehr das zu erstellende Gutachten nur Aussagen zu treffen habe, ob weitere Aufklärungen im Rahmen einer noch detailierteren Sanierungsuntersuchung erforderlich würden. Eine solche Regelung sei von § 9 Abs. 2 BBodSchG gedeckt. Gleiches gelte für die angeordneten Regelungen in Nrn. 2.1 und 2.4 des angefochtenen Bescheids.

Dagegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin mit dem Antrag,

unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 8. März 2005 den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 5. Oktober 2004, ergänzt durch das Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 15. Oktober 2004, aufzuheben.

Zur Begründung wird ausgeführt, das Verwaltungsgericht übersehe, dass die Deponie ********** bereits bei Inkrafttreten des § 36 Abs. 5 KrW-/AbfG abgeschlossen gewesen sei. Bis zu dessen Inkrafttreten habe das Abfallrecht eine förmliche "Nach-sorgephase" nicht gekannt. Vielmehr habe die gesetzliche Regelung bis dahin auf die endgültige Deponiestilllegung abgestellt. Wenn, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, die Deponie bereits endgültig stillgelegt gewesen sei, sei eine förmliche Stilllegungsanzeige entbehrlich gewesen, weil zumindest eine faktische Stilllegung vorgelegen habe. Das Gericht nehme selbst an, dass Rekultivierungsund Nachsorgemaßnahmen zu einem Ende gekommen seien. Durch das Inkrafttreten des § 36 Abs. 5 KrW-/AbfG könne nicht im Nachhinein ein förmlicher Abschluss einer Nachsorgephase verlangt werden. Es sei also auf die tatsächliche Stilllegung abzustellen, so dass eine Zuständigkeit der Regierung über § 36 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 6 BayBodSchG und Art. 29 Abs. 1 BayAbfG nicht mehr in Betracht kommen könne. Deshalb sei nicht die Regierung von Oberbayern, sondern das Landratsamt für eine entsprechende Anordnung zuständig gewesen. Selbst wenn man eine Anwendbarkeit des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG annehmen wolle, handle es sich nicht um eine Rechtsfolgenverweisung, sondern um eine Rechtsgrundverweisung auf das Bundesbodenschutzgesetz. Da das Verwaltungsgericht fehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen sei, § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG sei eine Rechtsfolgenverweisung, habe es schließlich folgerichtig angenommen, die Regierung sei verpflichtet gewesen, die Klägerin als frühere Inhaberin der Deponie in Anspruch zu nehmen. Gehe man aber richtigerweise davon aus, dass hier eine Rechtsgrundverweisung vorliege, hätte die Regierung eine Ermessensentscheidung im Hinblick auf die Störerauswahl treffen müssen. Dabei hätte berücksichtigt werden müssen, dass in den Kreis der Störer zusätzlich der Abfallzweckverband bzw. dessen Rechtsnachfolger, der Landkreis ***, sowie der Grundstückseigentümer hätten einbezogen werden müssen. Außerdem hätte berücksichtigt werden müssen, dass der in der Deponie eingelagerte Müll nicht der der Gemeinde *** gewesen sei, sondern der des Abfallverbandes im gesamten Verbandsgebiet. Die Gemeinde *** habe lediglich im Wege der Amtshilfe die Abwicklung im Zusammenhang mit der Deponie ********** für den Abfallzweckverband wahrgenommen. Sie habe somit keine eigene Aufgabe wahrgenommen, so dass ihr Grad der Verantwortung deutlich niedriger gewesen sei. Die Maßnahmen der Klägerin zur Beschaffung des Deponiegeländes etc. habe ausschließlich der Erfüllung der Verpflichtung aus § 14 der Satzung des Abfallverbandes gedient. Das Tätigwerden der Gemeinde beruhe lediglich auf einer "Werkzeugeigenschaft" für den Abfallverband. Unabhängig davon reichten die bisherigen Untersuchungen, auf die sich der Bescheid stütze, nicht aus, um konkrete Anhaltspunkte für einen hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung zu liefern. Die von der Regierung vorgenommene Ermessensausübung genüge nicht den Anforderungen des § 9 Abs. 2 BBodSchG. Es hätte einer Überprüfung bedurft, inwieweit das zu befürchtende Gefährdungspotential und die vorhandenen Sicherungseinrichtungen eine weitere Untersuchungsanordnung gegen einen möglichen Störer rechtfertigten. Solche Erwägungen seien jedoch nicht angestellt worden. Auch im Hinblick auf das Gefährdungsobjekt - Trinkwasserversorgung des Marktes *** - sei eine konkrete Gefahrenabschätzung nicht erfolgt. Bei eventuellen Gefahren hätte eben keine Wasserschutzgebietsverordnung erlassen werden dürfen.

Unabhängig davon hätte, wie bereits ausgeführt, auch eine Auswahl zwischen mehreren möglichen Verantwortlichen getroffen werden müssen, dies fehle im Bescheid völlig. Zudem liege eine Überschreitung der Regelungsbefugnis vor. Die Anordnungen in Ziff. 2.1 und 2.4 des angegriffenen Bescheides seien nicht mehr von der Anordnung einer Detailuntersuchung gedeckt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wenn in der Berufungsbegründung aus der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Wasserschutzgebietsverordnung abgeleitet werde, dass die Gefährdungslage durch die Deponie offensichtlich nicht so hoch eingeschätzt werde, dass eine Trinkwassergewinnung ausscheide, müsse auf die Äußerungen des Diplomgeologen Klemm in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2005 verwiesen werden. Dieser habe erklärt, dass die zuständigen Behörden bei der kürzlich erfolgten Festsetzung des Wasserschutzgebiets für die Gemeinde *** davon ausgegangen seien, dass durch die regelmäßige Beprobung der vorhandenen Grundwassermessstellen und die verfahrensgegenständliche Anordnung das Grundwasser hinreichend überwacht werde.

Die Regierung von Oberbayern habe festgestellt, dass der Zweckverband originär nur für die Sammlung und Beförderung von Abfällen zuständig gewesen sei. Für die Lagerung und Beseitigung der Abfälle habe lediglich ab 1974 ein Erstattungsanspruch des mit dem Zweckverband nicht identischen Betreibers der Deponie (Gemeinde ***) bestanden. Damit stehe fest, dass der Zweckverband nicht Betreiber der Deponie gewesen sei. Unabhängig davon sei der Landkreis *** nicht Rechtsnachfolger des Zweckverbands. Außerdem sei es nicht richtig, dass hinsichtlich der Störer keine Ermessensentscheidung vorliege. Insoweit werde auf Seite 13 und 14 des Ausgangsbescheides verwiesen. Der Landkreis komme als Rechtsnachfolger des Zweckverbandes nicht in Betracht und der Zweckverband nicht, weil er die Deponie nicht betrieben habe. Ein gegebenenfalls erforderliches Ermessen bei der Störerauswahl nach § 3 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG sei im Ausgangsbescheid Seite 14 hilfsweise getroffen worden. Auch im Hinblick auf § 9 Abs. 2 BBodSchG sei hilfsweise ein Ermessen ausgeübt worden (Ausgangsbescheid S. 12). Diese, wenn auch knappe, Ermessensentscheidung zugunsten einer Detailuntersuchung finde ihre Bestätigung zusätzlich in § 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV, wonach diese durchgeführt werden solle, wenn ein hinreichender Verdacht für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast bestehe. Das sei vorliegend gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 5. April 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 5. Oktober 2004, ergänzt mit Schreiben vom 25. Oktober 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Regierung von Oberbayern war für den Erlass des Bescheides zuständige Behörde.

Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der streitgegenständlichen Deponie "**********" (alias **********-***********) um eine noch nicht stillgelegte Deponie im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG oder um eine stillgelegte gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG handelt, bleibt es für eventuell erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr gemäß Art. 10 Abs. 6 BayBodSchG in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 BayAbfG bei der Zuständigkeit der Regierung von Oberbayern. Eine abweichende Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörde nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich der Abfallentsorgung vom 22. August 1996 (GVBl S. 411) besteht nur für vor dem 11. Juni 1972 stillgelegte Deponien. Dies war vorliegend nicht der Fall, wenn die Gemeinde dem Landratsamt *** im Februar 1972 telefonisch mitteilte, dass der Müllplatz noch auf mindestens fünf Jahre hinaus benutzt werden könne, so dass kein Anlass bestehe einen neuen zu suchen (vgl. Aktenvermerk v. 24.2.1972 in der Akte des Landratsamtes *** Nr. 636/5-23-1). Damit steht im Einklang das Ergebnis der Ortsbesichtigung durch das Landratsamt zusammen mit einem Bediensteten der Gemeindeverwaltung *** und des Wasserwirtschafts-amtes *** vom 18. August 1975, wonach die Grube völlig aufgefüllt sei und rekultiviert werden müsse (Akte des Landratsamtes *** a.a.O.). Der Senat setzt damit die Rechtsprechung des 20. Senats im Beschluss vom 9. Juli 2003 (Az. 20 CS 03.103) fort.

2. Die Klägerin ist als (Mit)Inhaberin der Deponie "**********" richtiger Adressat des streitgegenständlichen Bescheides.

Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die gesonderte Beseitigung von Abfällen (Bayerisches Abfallgesetz - BayAbfG) vom 25. Juni 1973 (GVBl S. 324) war die Klägerin gemäß Art. 57 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) in der bis zum 1. Juni 1973 geltenden Fassung zur Abfallbeseitigung verpflichtet. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde gemäß Art. 2 BayAbfG die Beseitigungspflicht auf die Landkreise und kreisfreien Gemeinden übertragen. Gemäß Art. 21 Abs. 1 BayAbfG blieben jedoch die Gemeinden gemäß Art. 57 Abs. 2 GO so lange in der Pflicht, bis der Landkreis voll in die Beseitigungspflicht eintrat, d.h. wenn ihm eine geeignete zentrale Abfallbeseitigungsanlage zur Verfügung stand, spätestens jedoch vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes. Zu Recht ist die Regierung von Oberbayern davon ausgegangen, dass trotz der Zugehörigkeit der Klägerin zum "Müllabfuhrzweckverband ****" - nach deren Vorbringen seit dem Jahre 1960 - diese Inhaberin der Deponie "**********" war. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Akte des Landratsamtes *** (Az. 636/5-23-1), die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde. Danach hatte die Gemeinde mit Schreiben vom 12. Juni 1967 dem Landratsamt mitgeteilt, dass sie seit dem 1. Januar 1964 in der Staatswaldabteilung XXIX 1 a **********-*********** nördlich von *********** einen Müllablagerungsplatz betreibt und hierzu mit dem Forstamt West einen Mietvertrag abgeschlossen hat. Dies bestätigt sich in dem von der Klägerin vorgelegten Vertrag über die Vermietung eines staatsforsteigenen Grundstücks an die Gemeinde *** zur Müllablagerung vom 6. Juli 1964. Dementsprechend hatte die Gemeinde am 4. Septem-ber 1967 formell eine schriftliche Anzeige für die Ablagerung von Müll (Hausmüll und Industrieabfälle) in diesem Bereich erstattet und als Name des Betreibers "Gemeindeverwaltung ***" angegeben.

In der Folgezeit wurden dementsprechend Maßnahmen bezüglich des Müllplatzes vom Landratsamt immer gegenüber der Gemeinde getroffen, wofür sich diese auch für zuständig erachtete, wie sich unter anderem aus einem Schreiben vom 23. September 1971 an das Landratsamt ergibt. Die Gemeinde hatte sich auch bis zuletzt für die Deponie zuständig erachtet (vgl. Ortsbesichtigung vom 18.8.1975 und Schließungsfeststellung des Landratsamtes vom 20.2.1978, in der die Klägerin als Adressat für den Vollzug des Sanierungsplanes hervorgeht). Ein eindeutiger Beweis für die Inhaberschaft der Klägerin ist nach Überzeugung des Gerichts des Weiteren die Tatsache, dass diese mit Schreiben vom 26. Oktober 1966 (VA d. Reg. v. Obb., Bl. 322) an das Forstamt ***-West mitteilte, dass sie beabsichtige, Verpackungsmaterial (Pappkartons) vor Ort zu verbrennen und hierzu um Zustimmung der Forstverwaltung im Hinblick auf die Waldbrandgefahr bat. Das Landratsamt *** erteilte für eine Verbrennung der Klägerin mit Bescheid vom 22. Juni 1967 die Genehmigung und die Klägerin schloss am 3. Mai 1967 bei der "National-Versicherungsgesellschaft" eine Waldbrandversicherung für den fraglichen Bereich ab, was sie mit Schreiben vom 5. Juli 1967 dem Forstamt ***-West mitteilte. All diese Vorgänge sind ein eindeutiger Beleg dafür, dass die Klägerin Inhaberin der Deponie ********** war und nicht, wie von ihr nunmehr behauptet, der Müllabfuhr-Zweckverband *** oder die B*** als Grundstückseigentümerin. Zumindest war sie mit Sicherheit Mit-Deponiebetreiberin, was ausreicht, um sie gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen zu können (vgl. BayVGH vom 9.12.2002 Az. 20 CS 02.2519 m.w.N.).

Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass es sich bei der Deponie "**********" um eine faktisch stillgelegte Deponie im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG handelt. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil vom 8. März 2005 Bezug genommen (§ 130 b Satz 2 VwGO). Der Aktenvermerk des Landratsamtes *** vom 20. Februar 1978, wonach der Müllplatz geschlossen und abgedeckt sei und weitere Rekultivierungsmaßnahmen offenbar nicht erforderlich seien, lässt auf eine solche Stilllegung schließen. Weitere behördliche Maßnahmen schlossen sich hieran nicht an und nach der lange verflossenen Zeit war es zunächst auch offensichtlich, dass keine weiteren mehr zu erwarten waren (vgl. hierzu auch BayVGH vom 9.7.2003 a.a.O.). Somit war § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG Handlungsgrundlage für die Maßnahmen der Regierung von Oberbayern.

Ob es sich bei der Verweisung auf das Bundesbodenschutzgesetz in § 36 Abs. 2 Satz 3 KrW-/AbfG um eine bloße Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes handelt, was die Regierung von Oberbayern und das Verwaltungsgericht annehmen oder um eine Rechtsgrundverweisung, kann vorliegend dahinstehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 9. Juli 2003 (a.a.O.) zutreffend festgestellt hat, ist dies lediglich für die Frage von Bedeutung, ob für die notwendigen Maßnahmen nur der ehemalige Inhaber der Deponie, also die Klägerin, in Anspruch genommen werden kann (§ 36 Abs. 2 KrW-/AbfG ebenso wie das frühere Abfallrecht) oder auch ein sonstiger Verursacher der schädlichen Bodenveränderung oder Altlast (§ 4 Abs. 3 BBodSchG). Dies kann vorliegend offen bleiben, weil die Klägerin, wie oben festgestellt, auf jeden Fall (Mit)Inhaberin der stillgelegten Deponie war und damit geblieben ist. Die Regierung von Oberbayern hat (hilfsweise) gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG ein ihr zustehendes Auswahlermessen im Hinblick auf sonstige Verursacher der schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sachgerecht ausgeübt (§ 114 VwGO).

Wie sich aus einem Aktenvermerk des Landratsamtes *** vom 18. September 2003 (VA d. Reg. v. Obb., S. 366/367) anlässlich einer Besprechung bei der Gemeinde *** vom selben Tage unter Beteiligung von Vertretern der Regierung von Oberbayern, der Gemeinde ***, des Marktes ***, des Wasserwirtschaftsamtes *** und des Landratsamtes ergibt, waren der Regierung von Oberbayern die Einwendungen der Klägerin bewusst, dass neben ihr als "Betreiberin der Deponie" auch noch weitere verantwortliche Rechtsträger nach dem Bundesbodenschutzgesetz, so der Markt *** (als Träger der Wasserversorgung), das Forstamt *** (als Vertreter des Grundstückseigentümers Freistaat Bayern), der Landkreis *** (als evtl. Nachfolger des aufgelösten ZV-Abfallbeseitigung TS-Süd) und die Regierung von Oberbayern (als Anordnungsbehörde und "Veranlasserin"), hilfsweise das Wasserwirtschaftsamt *** in Betracht kommen könnten.

Es kann vom Senat nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, wenn sich die Regierung von Oberbayern für die Klägerin als (Mit)Betreiberin der Deponie "**********" als Maßnahmeadressat entschieden und dieser gemäß § 24 Abs. 2 BBodSchG die Klärung eventueller Ausgleichsansprüche gegen tatsächliche oder angebliche Mitverantwortliche überlassen hat. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin "die Müllablagerungen im eigenen Interesse zur Erfüllung einer kommunalen Aufgabe vorgenommen hat". Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Grundstückseigentümer Freistaat Bayern (Staatsforstverwaltung), wobei insoweit nicht außer Betracht bleiben kann, dass die Zustandshaftung des Eigentümers als Ausdruck der sozialen Bindung des Eigentums durch das Übermaßverbot begrenzt sein könnte (vgl. Nr. 4.1.2.1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Bundesbodenschutz- und Altlastenrechts in Bayern vom 11.7.2000 AllMBl 2000 S. 473). Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Freistaat Bayern kein Grundrechtsträger ist, würde sich auf jeden Fall bei seiner Heranziehung als Grundstückseigentümer die Frage stellen, ob nicht seine Verpflichtung aus Eigentum den gleichen Begrenzungen unterliegt wie dies vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Februar 2000 (NJW 2002, 13) zum Ausdruck gebracht wurde. Zumindest kann es nicht ermessensfehlerhaft sein, wenn sich die Regierung von Oberbayern strittigen Rechtsfragen dieser Art mit der Heranziehung der Klägerin entzogen hat und dieser im Rahmen des § 24 Abs. 2 BBodSchG die Klärung der Frage einer eventuellen Haftung des Freistaats Bayern (Forstverwaltung) überlässt. Gleiches gilt für eine eventuelle Haftung des Müllabfuhr-Zweckverbandes Chiemgau-Süd, dessen Mitgliedsgemeinden nach der Auflösung oder des Landkreises *** als angeblicher Rechtsnachfolger.

Aus diesem Grunde erübrigte sich auch die Beiziehung weiterer zwischenzeitlich beim Landratsamt *** aufgefundener Unterlagen, wie von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptet und beantragt, weil diese im Nachhinein die von der Regierung von Oberbayern hilfsweise getroffene Ermessensentscheidung nicht fehlerhaft machen könnte. Das Landratsamt *** hatte der Regierung von Oberbayern vor Bescheidserlass mitgeteilt, dass weitere Unterlagen nicht mehr vorhanden, sondern offensichtlich 1984 vernichtet worden seien. Dementsprechend durfte die Regierung ihre Ermessensentscheidung auf den zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses möglichen Erkenntnisstand abstellen.

Sollten sich, was die Klägerin jedoch selbst nicht behaupten konnte, aus den nunmehr aufgefundenen Unterlagen beim Landratsamt *** weitere Mitverantwortliche ergeben, so kann dies die getroffene Ermessenentscheidung im Nachhinein nicht fehlerhaft machen, weil es auf jeden Fall in Ansehung der vorliegenden Unterlagen (Akt LRA *** a.a.O.) bei einer Mitverantwortung der Klägerin als (Mit)Inhaberin der Deponie verbliebe.

Die Klägerin ist demzufolge richtiger Adressat der im streitgegenständlichen Bescheid verfügten Maßnahmen.

3. Rechtmäßigkeit der im Bescheid vom 5. Oktober 2004 angeordneten Maßnahmen.

Die Behördliche Anordnung fügt sich in das vom Bundesbodenschutzgesetz vorgegebene Regelungsinstrumentarium ein. Hierzu führt der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 9. Juni 2003 (a.a.O.) grundsätzlich aus:

"Maßgebend für die Anwendung dieses Gesetzes ist der hier bestehende Verdacht, die abgelagerten Stoffe könnten das Grundwasser in schädlicher Weise beeinflussen. Es handelt sich damit um eine altlastverdächtige Fläche im Sinne von § 2 Abs. 6 i.V.m. § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG und nicht bereits um eine Altlast im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG, weil der Verdacht noch nicht zur Gewissheit geworden ist. Bezüglich des Verdachtes unterscheidet das Gesetz weiter zwischen einem Anfangsverdacht ("Anhaltspunkte") und einem "hinreichenden Verdacht", wobei zwischen beiden die "orientierenden Untersuchungen" liegen, die den Anfangsverdacht entweder entkräften oder erhärten (siehe § 9 Abs. 1 und 2 BBodSchG, § 2 Nr. 3 Bodenschutz- und Altlastverordnung vom 12.7.1999 BGBl I S. 1554 - BBodSchV- Nr. 4.1.1.4 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Bodenschutz- und Altlastenrechts in Bayern vom 11.7.2000, AllMBl 2000, 473). Diese Vorschriften treffen eine in dieser Schärfe bisher nicht vorhandene Abgrenzung zwischen der Amtsermittlungspflicht der Behörde (Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG) und der Sanierungsverantwortung des Inhabers der ehemaligen Deponie. Orientierende Untersuchungen obliegen demnach der Behörde, erst nach Erhärtung des Anfangsverdachtes beginnt die Verantwortlichkeit des Deponie-Inhabers. Eine entsprechende Regelung trifft das Gesetz für die Überwachung von Altstandorten und Altablagerungen: Bei altlastverdächtigen Flächen ist insoweit die Behörde zuständig, nur für Altlasten kommt eine Verpflichtung des Störers in Betracht (§ 15 Abs. 1 und 2 BBodSchG)".

Diesen rechtlichen Überlegungen schließt sich der Senat an. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 8. März 2005 zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die angefochtene Anordnung von Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung von § 9 Abs. 2 BBodSchG, § 3 Abs. 4 BBodSchV getragen wird. Auf die hierzu gemachten Ausführungen wird Bezug genommen (§ 130 b Satz 2 VwGO). Mit dem in Auftrag gegebenen Gutachten zur "orientierenden Untersuchung der gemeindlichen Altdeponie **********-*********, Fl.Nr. **** Gemarkung *******" an die ***** * ***** GmbH durch das Wasserwirtschaftsamt *** wurde einem bestehenden Anfangsverdacht Rechnung getragen. Ziel der orientierenden Untersuchung war es, den bestehenden Anfangsverdacht entweder auszuräumen oder bis zum hinreichenden Verdacht im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG zu erhärten. Diese Aufgabe wurde durch das Gutachten der ***** * ***** GmbH erfüllt, wobei die unter Ziffer 12 getroffene Gefährdungsabschätzung einen hinreichenden Verdacht auf das Vorliegen einer Altlast bestätigt. Demzufolge war es ermessensgerecht nunmehr gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG anzuordnen, dass die notwendigen Untersuchungen zur abschließenden Gefährdungsabschätzung durchgeführt werden. Die Regierung von Oberbayern orientierte sich dabei an den von der Gutachterin ***** * ***** GmbH unter Ziffer 13 empfohlenen Maßnahmen unter Einbeziehung der Vorschläge des Wasserwirtschaftsamtes *** (vgl. Schreiben vom 3.2. und 30.3.2004) als Fachbehörde.

Die Klägerin hat substantiiert weder die fachliche Qualifikation der Gutacherin ***** * ***** GmbH noch die Richtigkeit der im Gutachten getroffenen Feststellungen in Frage gestellt. Danach sind die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen notwendige Untersuchungen zur abschließenden Gefährdungsabschätzung (Detailuntersuchung nach § 2 Nr. 4 BBodSchV). Mit der bloßen Behauptung, diese Anordnungen gehörten immer noch zur orientierenden Untersuchung kann die Klägerin nicht gehört werden, weil es hierzu einer sachkundigen Auseinandersetzung mit dem Gutachten, gegebenenfalls unter Heranziehung eines eigenen Gutachters bedurft hätte, um angeblich fehlerhafte Feststellungen und Folgerungen zu belegen.

Es ist somit nicht zu beanstanden, wenn die Regierung von Oberbayern, gestützt auf das Gutachten der ***** * ***** GmbH vom 1. Juli 2002 und die Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamtes die orientierende Untersuchung als abgeschlossen behandelt hat, zur abschließenden Gefährdungsabschätzung eine Detailuntersuchung für notwendig erachtet hat und die von der Gutachterin und der Fachbehörde vorgeschlagenen Untersuchungen angeordnet hat. Nach alledem ist der Bescheid vom 5. Oktober 2004 in der Fassung des Ergänzungsschreibens vom 25. Oktober 2004 tatsächlich und rechtlich nicht zu beanstanden, weshalb die Berufung zurückzuweisen ist.

Als unterlegen hat die Klägerin gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,-- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).



Ende der Entscheidung

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