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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 16.08.2007
Aktenzeichen: 23 BV 07.761
Rechtsgebiete: KAG, AO, BayBO


Vorschriften:

KAG Art. 5
KAG Art. 13
AO §§ 119 ff.
AO § 163
BayBO Art. 2
BayBO Art. 85
1. Fliegende Bauten können nicht zu einem Herstellungsbeitrag mit der Geschossfläche - auch bei einer Geschossflächenmehrung - veranlagt werden, weil im Hinblick auf die nur vorübergehende Aufstellung solcher Anlagen ein besonderer bzw. erhöhter Vorteil (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 a KAG) bezüglich einer möglichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu verneinen ist.

2. Maßstabskorrektur nach § 163 AO, wenn Gebäude - hier Lagerzelte - nur für einen überschaubaren Zeitraum errichtet wurden, ohne noch als fliegender Bau zu gelten.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

23 BV 07.761

Verkündet am 16. August 2007

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Entwässerung/Herstellungsbeitrag;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Februar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 23. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Friedl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Beuntner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. August 2007

am 16. August 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Februar 2007 in Nummer 1 rechtliche Wirkung erzeugt zwischen dem Freistaat Bayern als Kläger, der Stadt Nürnberg als Beklagte und der *********** GmbH & Co.KG als Beigeladene.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Nachdem die (frühere) Bayerische Landeshafenverwaltung das im Eigentum des Freistaats Bayern stehende Grundstück Fl.Nr. 712/23 der Gemarkung ****** an die ********-*** (Deutschland) AG vermietet hatte, stellte diese Firma dort mit Genehmigung der Bauordnungsbehörde der Beklagten nach deren Akten vom 20. Mai 2001 bis 7. August 2002 sowie vom 4. Dezember 2001 bis 31. Oktober 2002 je ein Lagerzelt (Plane über Aluminiumgerüst ohne feste Bodenverbindung) auf. Laut einer Klageschrift der Bezirksfinanzdirektion Regensburg seien die Zelte am 30. Oktober 2000 bzw. 25. Mai 2001 errichtet worden, wie aus den anstelle von Bauabnahmen erfolgten Einträgen in die Zeltbücher hervorgehe.

Im Hinblick auf diese Errichtung der zwei Lagerzelte verlangte die Beklagte mit an die Bezirksfinanzdirektion Ansbach adressierten Bescheid vom 27. September 2004 einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage in Höhe von 9.440,25 €. Dabei brachte sie Geschossflächen von 1.162,50 m² und 375 m² zu je 6,14 € in Ansatz.

Hiergegen erhob die Bezirksfinanzdirektion Ansbach im Namen des Freistaats Bayern Klage mit dem sinngemäßen Antrag,

den Bescheid vom 27. September 2004 aufzuheben sowie den entrichteten Beitrag zurückzuerstatten.

Zur Begründung wurde gerügt, dass der Beitragsbescheid rechtswidrig sei. Er entspreche nicht dem gerechten Vorteilsausgleich nach Art. 5 Abs. 2 KAG, weil er zu Unrecht die für dauerhaft errichtete Gebäude und Geschossflächen geltende Geschossflächenregelung für die nur vorübergehende Aufstellung fliegender Bauten anwende. Der Kanalherstellungsbeitrag sei ein besonderes Entgelt zum Ausgleich eines dauerhaften Vorteils aus der Nutzungsmöglichkeit der Einrichtung. Das Vorteilsprinzip entspreche in seinem Wesensgehalt dem Äquivalenzprinzip und damit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser Grundsatz werde verletzt, wenn Beiträge für die nur vorübergehende Aufstellung von Zelten erhoben würden. Im vorliegenden Fall sei die Aufstellung der angemieteten Zelte von vorneherein nur kurzzeitig vorgesehen gewesen. Es handle es sich um fliegende Bauten im Sinne des Art. 85 Abs. 1 BayBO, mithin um bauliche Anlagen besonderer Art nach Art. 2 Abs. 4 Satz 2 Nr. 14 BayBO. Die Zuordnung der fliegenden Bauten zu den Sonderbauten sei deshalb erfolgt, um an diese besondere Anforderungen stellen zu können, so die laufende Überwachung und Führung eines Prüfbuches. Dieses Zeltbuch für fliegende Bauten werde auf fünf Jahre für den Eigentümer ausgestellt, um dann während dieses Zeitraumes den Aufbau an wechselnden Standorten zu ermöglichen. Auch dadurch werde verdeutlicht, dass es sich nicht um eine dauerhafte bauliche Anlage handle. Die nicht vorteilsgerechte Belastung zeige sich außerdem durch den Umstand, dass eines der beiden Zelte zum Zeitpunkt der ursprünglichen Beitragsfestsetzung am 11. Oktober 2002 - der damals erlassene Beitragsbescheid war aufgrund falscher Adressierung wieder aufgehoben worden - wieder abgebaut gewesen sei, das zweite Zelt sei nur drei Wochen später wieder entfernt worden. Die auf einer mit Verbundsteinpflaster befestigten Hoffläche mit Hofentwässerung aufgestellten Zelte hätten der zeitweisen Lagerung und dem Umschlag von Automobilteilen gedient, die laut Bedingung der Zulieferer nicht der Witterung hätten ausgesetzt werden dürfen. Nach Erledigung des Umschlagsauftrages für die Automobilindustrie seien die Zelte wieder abgebaut worden. Infolgedessen hätten sie dem Unternehmenszweck quantitativ und zeitlich nur untergeordnet gedient. Die dauerhafte Nutzung der in Anspruch genommenen Fläche als Standort für Lagerzelte sei nicht vorgesehen, im Übrigen auch nicht möglich gewesen, weil die Flächen als flexible nutzbare Stell- und Rangierflächen benötigt würden. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass sich während der Aufstelldauer der Zelte kein zusätzlicher Bedarf für die Ableitung von Oberflächenwasser ergeben habe, da die in Anspruch genommenen Flächen bereits vorher befestigt gewesen seien und die Grundstücksfläche schon früher dem Herstellungsbeitrag unterfallen sei. § 5 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung und Fäkalschlammentsorgungssatzung (BGS-EWS/FES) der Beklagten nehme Nebengebäude von der Beitragspflicht aus, für die keine Schmutzwasserableitung vorhandenen sei. Betriebliche Lagerzelte würden von der engen Definition für Nebengebäude zwar nicht erfasst, stünden diesen jedoch gleich.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie trug vor, dass die Lagerzelte Hauptgebäude und nicht Nebengebäude im Sinne der Beitrags- und Gebührensatzung dargestellt hätten, weil in ihnen der Unternehmenszweck nicht in nur untergeordneter Weise mit erfüllt worden sei. Laut Betriebsbeschreibung seien die Zelte ausschließlich zum Ein- und Auslagern von Automobilleergut sowie zum Umschlag von Automobilkomponenten verschiedener Lieferanten benutzt worden. Die Beitragspflicht entstehe mit dem tatsächlichen Anschluss des Grundstücks an die Entwässerungsanlage. Bei einer beitragsrelevanten Veränderung, etwa einer Erhöhung der Geschossfläche, werde ein zusätzlicher Geschossflächenbeitrag erhoben. Die BGS-EWS/FES stelle für die Erhebung eines zusätzlichen Geschossflächenbeitrags auf die Bebauung ab. Wie Art. 85 Abs. 1 BayBO deutlich mache, seien auch Zelte als so genannte fliegende Bauten bauliche Anlagen, folglich beitragsrechtlich Gebäude im Sinne der Satzung. Auf die Dauer der gewerblichen oder sonstigen Nutzung komme es für die Beitragspflicht nicht an. Im Übrigen seien die Zelte auch dem Begriff des Gebäudes im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayBO zuzuordnen, wobei nach zutreffender Ansicht auch das allenfalls zweifelhafte Merkmal der Verbundenheit mit dem Erdboden zu bejahen sei, weil davon auch dann ausgegangen werden müsse, wenn der Anlage aufgrund ihrer Art, Länge, Höhe, Tiefe oder Festigkeit usw. in ungeteiltem Zustand die Eigenschaft der Unbeweglichkeit innewohne. Entscheidend sei, dass die Anlage wegen ihres natürlichen Gewichts unverrückbar auf dem Boden hafte und kraft ihrer eigenen Schwere im unzerlegten Zustand ohne Inanspruchnahme technischer Hilfsmittel nicht fortbewegt werden könne. Letzteres werde für größere Zeltanlagen ohne Rücksicht auf die Dauer des Aufenthalts angenommen. Soweit die Bezirksfinanzdirektion einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip rüge, weil ein dauerhafte Vorteil aus der Nutzungsmöglichkeit der Einrichtung fehle, vermöge sich die Beklagte dem nicht anzuschließen. Es sei nicht zutreffend, dass eine Beseitigung baulicher Anlagen oder Geschossflächen im Zusammenhang mit der Erhebung eines Kanalherstellungsbeitrags nicht berücksichtigt würde. Vielmehr wirke eine abgebrochene Geschossfläche bei einer etwaigen neu errichteten Geschossfläche beitragsmindernd, indem die neu geschaffenen Geschossflächen mit denen der abgebrochenen Gebäude oder Geschossflächen saldiert würden (vgl. § 5 Abs. 6 Satz 2 BGS-EWS/FES).

Die Bezirksfinanzdirektion äußerte hierzu in einer ergänzenden Stellungnahme, dass die Zeltfläche von 1.537,50 m² im Verhältnis zu dem 35.637 m² großen Grundstück ebenso von untergeordneter Bedeutung gewesen sei wie der in den Zelten abgewickelte Umschlag von Automobilteilen zum Hauptgeschäft der Firma, dem Stückgutumschlag und Systemverkehr. Außerdem rechtfertige die Aufstellung der Zelte schon deshalb keine Beitragsnacherhebung, weil sich dadurch die beitragspflichtige Geschossfläche nicht erhöht habe. Der Tatbestand einer Geschossflächenerweiterung entstehe nur bei dauerhaft nutzbaren Gebäuden, die nach ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung einen Bedarf nach Anschluss an die Abwasseranlage hätten. Dies treffe auf die von vornherein nur zeitlich begrenzt errichteten Zelte indes nicht zu. Unstreitig seien die Zelte auch nicht an die Schmutzwasserkanalisation angeschlossen gewesen.

Während des Klageverfahrens übertrug der Freistaat Bayern mit notariell beglaubigtem Vertrag vom 18. August 2005 unter anderem das Grundstück Fl.Nr. 712/23 auf die *********** GmbH & Co.KG. Die Bezirksfinanzdirektion sprach insoweit von einer Gesamtrechtsnachfolge und einem gesetzliche Parteiwechsel auf Klägerseite, dem sich das Verwaltungsgericht anschloss und das Verfahren mit der *********** GmbH & Co.KG als neuer Klagepartei fortführte.

Mit Urteil vom 13. Februar 2007 hob das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, weil durch die Errichtung der zwei Lagerzelte weder eine Bebauung noch eine sich beitragsrechtlich auswirkende Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. 712/23 gemäß § 3 Abs. 5 BGS-EWS/FES erfolgt sei, die zu einer Vergrößerung der beitragspflichtigen Geschossfläche geführt hätte. Von einer Bebauung im Sinne der Abgabesatzung könne im Hinblick auf die Zielrichtung des Herstellungsbeitrags, den durch die dauerhafte Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Entwässerungseinrichtung gewährten Vorteil auszugleichen, dann nicht gesprochen werden, wenn es sich - wie hier - um sogenannte "fliegende Bauten" handle, die geeignet und bestimmt seien, wiederholt an verschiedenen Orten vorübergehend aufgestellt und zerlegt zu werden, deren Errichtung keiner Baugenehmigung, sondern einer vor der Erstaufstellung erforderlichen Aufstellungsgenehmigung, vor jeder weiteren Aufstellung lediglich der vorherigen Anzeige mit Vorlage des Prüfbuchs bedürfe (vgl. Art. 62, 85 Abs. 1, 2 und 5 BayBO).

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten mit dem Antrag,

unter Aufhebung des Urteils vom 13. Februar 2007 die Klage abzuweisen.

Die Beklagte betont, dass die Errichtung der Lagerzelte eine Bebauung des Grundstücks mit einer Erhöhung der beitragspflichtigen Geschossfläche bedeutet habe. Zur Auslegung der Begriffe Bebauung und Gebäude sei auf die baurechtlichen Definitionen zurückzugreifen. Danach stellten die Lagerzelte bauliche Anlagen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayBO dar, zumal sie für jeweils mehrere, nach Angaben der Klägerin 21 bzw. 17 Monate bestanden hätten. Vor diesem Hintergrund müsse von einer überwiegend ortsfesten Nutzung ausgegangen werden (vgl. AllMBl 2000 S. 348). Berücksichtige man außerdem, dass bei der Aufstellung der Zelte die Dauer ihres Verbleibs für die Beklagte nicht erkennbar gewesen sei sowie dass für beide Bauvorhaben "normale" Bauanträge gestellt und Baugenehmigungen erteilt worden seien, könne die gerichtliche Einstufung als fliegende Bauten mit der Verneinung einer beitragsrelevanten Bebauung/Geschossflächenvergrößerung nicht nachvollzogen werden. Abgesehen davon, dass durch das Vorhandensein der Zelte die öffentliche Entwässerungsanlage tatsächlich über einen nicht nur unerheblichen Zeitraum in Anspruch genommen worden sei, bestehe ein Vorteil für das Grundstück auch weiterhin durch die Erhöhung des Gebrauchswertes, die Nutzbarkeit und die Steigerung des Grundstückswertes, der durch den Abbau der baulichen Anlagen nicht verloren gegangen sei. Die Beklagte macht Ausführungen zur Beitragspflicht bei Verwirklichung einer nicht dauerhaft zusätzlichen Geschossfläche und betont, dass nach den Bauunterlagen ein Abbau der Lagerzelte nicht kurzfristig geplant gewesen sei. Es müsse darauf abgestellt werden, dass der Beitrag bei Fertigstellung der Baumaßnahme entstanden sei und der spätere Abbau hieran nichts ändere. Könne bei Abschluss einer Baumaßnahme der Abgabegläubiger nicht erkennen, wie lange die bauliche Anlage bestehen bleibe, sei schon aufgrund des Vorliegens einer Baugenehmigung und nicht lediglich einer für fliegende Bauten erforderlichen Ausführungsgenehmigung von einer nicht nur unerheblichen Dauer auszugehen und müsse eine Bebauung im Sinne der Satzung angenommen werden. Es sei nicht praktikabel, bei ungewisser Standzeit einer baulichen Anlage eine vollständige Geltendmachung des Beitrags gegebenenfalls erst nach Jahren zu realisieren.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und vertieft sein bisheriges Vorbringen.

Mit Beschluss vom 12. Juli 2007 lud der Verwaltungsgerichtshof die *********** GmbH & Co.KG zum Verfahren bei.

Die Beigeladene unterstreicht, dass es sich bei den Lagerzelten nicht um Gebäude im Sinne der Abgabensatzung handle und infolgedessen eine Beitragsschuld wegen einer Geschossflächenerweiterung nicht entstanden sei. Die vorübergehende Aufstellung der Zelte habe zu keiner dauerhaften Wertsteigerung des Grundstücks und deshalb zu keinem beitragsrelevanten Vorteil geführt. Vielmehr sei bei der Nutzung der Zelte kein Schmutzwasser angefallen, so dass ein auszugleichendes besonderes Interesse fehle. Dass die Lagerzelte nur vorübergehend zur Abwicklung eines Umschlagsauftrags aufgestellt worden seien, belegten die Umstände, dass sich die Beklagte mit einem Eintrag in das Zeltbuch begnügt habe, ohne eine bei dauerhaft genutzten Bauten übliche Bauabnahme durchzuführen. Weil man die Zelte auf einer bereits befestigten Hoffläche errichtet habe, sei die Möglichkeit der Ableitung des auch auf den Dachflächen anfallenden Oberflächenwassers über den Grundstücksflächenmaßstab abgegolten. Selbst wenn die Lagerzelte als Gebäude im Sinne der Bayerischen Bauordnung eingestuft würden, fehlte eine beitragsrechtlich erhebliche Bebauung gemäß der BGS-EWS/FES. Die Bauordnung und das Kommunalabgabengesetz seien eigenständige Rechtsmaterien mit unterschiedlichem Regelungsgehalt. Sollte die Zelte aufgrund der Zeitdauer der Nutzung Gebäude gemäß der Bauordnung darstellen, könnten sie mangels dauerhaftem Vorteil aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung gleichwohl nicht als Gebäude im Sinne der Abgabesatzung angesehen werden. Ungeachtet dessen müssten die Lagerzelte im Hinblick auf ihre untergeordnete Bedeutung für das Grundstück den Nebengebäuden und Garagen gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 BGS-EWS/FES gleichgestellt werden, die nur bei Vorhandensein einer Schmutzwasserableitung einem Geschossflächenbeitrag unterfielen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen mit den Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen vom 12. Juli und 16. August 2007 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben, weil der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2004 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung führt daher zu einer Bestätigung des mit ihr angefochtenen Urteils, wenn auch aus anderen Gründen.

Zunächst ist festzustellen, dass der angefochtene Beitragsbescheid nicht aus formalen Gründen nichtig (vgl. § 125 AO) oder rechtswidrig ist. Ihm kann hinreichend sicher und für die Verfahrensbeteiligten unzweideutig erkennbar entnommen werden, dass nicht die Adressatin, die Bezirksfinanzdirektion Ansbach, sondern der Freistaat Bayern Schuldner der festgesetzten Abgabeforderung sein soll.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG i.V.m. § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Die Konkretisierung dieser Anforderung ist in verständiger Würdigung von Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. BayVGH vom 13.1.1993 BayVBl 1993, 345; vgl. auch Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, 14. Aufl., Anm. 2 zu § 119). Der Betroffene muss den Willen der Behörde und den Regelungsinhalt erkennen können, wobei es maßgeblich auf den objektiven Erklärungswert des Bescheids aus der Sicht des Abgabeschuldners ankommt (vgl. BayVGH vom 2.10.1997 GK 1998 Nr. 136). Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit erstreckt sich auch auf die Person, welche die Abgabe schuldet. Der Inhaltsadressat, der in der Regel mit dem Bescheidsadressat identisch ist, ist auch dann hinreichend bestimmt, wenn etwaige Zweifel durch Auslegung behoben werden können (vgl. BFH vom 17.7.1986 NJW 1987, 920; Tipke/Kruse, Abgabenordnung, RdNr. 4 zu § 119). Denn hinreichend bestimmt bedeutet bestimmbar. Mithin können zur Auslegung der gesamte Text des Bescheids und die den Betroffenen bekannten Umstände des Einzelfalles herangezogen werden, also ist letztlich entscheidend, wie der Betroffene den materiellen Gehalt des Bescheids unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. BVerwG vom 25.3.1996 DVBl 1996, 1061; BayVGH vom 10.1.1994 BayVBl 1995, 85 m.w.N.; vom 28.11.2002 Az. 23 B 02.2078; Wuttig/Hürholz/Thimet/Nöth, Gemeindliches Satzungsrecht, Teil III Frage 14 Nr. 2.1; Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Nr. 8.2.1.3).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ergibt sich, dass mit dem an die Bezirksfinanzdirektion Ansbach als allgemeine Vertretungsbehörde des Freistaats Bayern für den Regierungsbezirk Mittelfranken - vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der Verordnung über die gerichtliche Vertretung des Freistaats Bayern (Vertretungsverordnung - VertrV) in der Fassung vom 4. Oktober 1995 (GVBl S. 733); inzwischen umbenannt in Landesamt für Finanzen (GVBl 2005 S. 473) - adressierten Bescheid vom 24. September 2004 nicht die Bezirksfinanzdirektion, sondern der Freistaat Bayern als Eigentümer des Grundstücks ************* Straße ** in N*******, Fl.Nr. 712/23 der Gemeinde E*****, zu einem Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage herangezogen werden sollte. Die Benennung der Bezirksfinanzdirektion im Anschriftenfeld bedeutete nur eine Adressierung an den zuständigen Vertreter des Freistaats Bayern, nicht aber eine gewollte Beitragsveranlagung dieser Behörde. Dass die Betroffenen den umstrittenen Bescheid zweifelsfrei so verstanden haben, bestätigt sich mit der dagegen vom Freistaat Bayern, vertreten durch die Bezirksfinanzdirektion Ansbach erhobenen Klage vom 25. Oktober 2004, mit der auch keine Bedenken zur Bestimmtheit des Abgabeschuldners geäußert wurden. Eine staatliche Behörde, wie die frühere Bezirksfinanzdirektion, kommt als Schuldnerin einer Abgabe ohnehin nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Freistaat Bayern erkennen konnte und erkannt hat, Inhaltsadressat des Bescheids vom 27. September 2004 zu sein mit der Folge, dass sich die geltend gemachte Beitragsforderung gegen ihn richtet.

Der Freistaat Bayern hat im Laufe des Verfahrens weder seine Prozessführungsbefugnis, das heißt im eigenen Namen über das im Prozess streitige Recht einen Rechtsstreit zu führen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., Vorb § 40 Anm. 23), verloren noch ist durch die Übertragung des streitbefangenen Grundstücks auf die Bayernhafen GmbH & Co.KG mit Vertrag vom 18. August 2005 ein Parteiwechsel kraft Gesetzes gemäß § 173 VwGO i.V.m. §§ 239 ff. ZPO eingetreten.

Nach § 3 Abs. 5 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung und zur Fäkalschlammentsorgungssatzung der Beklagten (BGS-EWS/FES) entsteht die Beitragsschuld im Falle einer Veränderung der Fläche oder der Bebauung, die beitragsrechtliche Auswirkungen hat, mit dem Abschluss der Maßnahme, das heißt mit der Bezugsfertigkeit des Gebäudes (vgl. BayVGH vom 7.11.1996 Az. 23 CS 96.3013). Beitragsschuldner ist gemäß § 4 BGS-EWS/FES, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist (vgl. auch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG). Für die Beitragsbemessung bleiben die Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht entscheidend. Mithin haben später eingetretene Änderungen, wie etwa ein Wechsel im Grundstückseigentum, keinen Einfluss auf die einmal entstandene Beitragspflicht (vgl. BayVGH vom 13.4.1994 Az. 23 B 90.775; vom 17.10.2000 BayVBl 2001, 568). Streitgegenstand im anhängigen Verfahren ist ein Nacherhebungstatbestand wegen einer Geschossflächenmehrung durch die Errichtung von zwei Lagerzelten im Jahre 2001. Damals war als Grundstückseigentümer der Fl.Nr. 712/23 der Freistaat Bayern im Grundbuch eingetragen (siehe Grundbuchauszug des Amtsgerichts Nürnberg, Grundbuch von E*****, Band 118 Blatt 4384), so dass allenfalls in seiner Person durch den Zeltbau eine weitere Beitragspflicht begründet wurde. Die mit Vertrag vom 18. August 2005 in die Wege geleitete Eigentumsübertragung der Fl.Nr. 712/23 auf die Beigeladene hatte keine beitragsrechtlichen Auswirkungen, weil eine einmal entstandene persönliche Beitragsschuld auf den Erwerber nicht übergeht. In Folge dessen ließ der spätere Eigentumsübergang des Grundstücks auf die *********** GmbH & Co.KG die rechtliche Stellung des Freistaats Bayern als Kläger gegen den ihn belastenden Beitragsbescheid unberührt. Dass die *********** GmbH & Co.KG nicht Gesamtrechtsnachfolger des Freistaats Bayern ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Soweit der Kläger auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. November 1973 (BVerwGE 44, 148) verwiesen hat, ist diese Entscheidung nicht einschlägig. Im Klageverfahren fand weder ein zu einem gesetzlichen Parteiwechsel führender Wechsel der behördlichen Zuständigkeit statt, noch kommt, wie bereits ausgeführt, einem Wechsel im Eigentum nach Entstehen der Beitragspflicht eine Entscheidungserheblichkeit zu.

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist folgendes auszuführen:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2004-1-I) einschließlich der Änderungsgesetze bis 25. Juli 2002 (GVBl S. 322) können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählt auch die von der Beklagten öffentlich betriebene Entwässerungsanlage, durch die das Grundstück des Klägers erschlossen wird.

Die Beklagte hat von der in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG enthaltenen Ermächtigung durch den Erlass ihrer BGS-EWS/FES vom 9. März 1992 in der Fassung der Änderungssatzung vom 14. Juli 2003 Gebrauch gemacht.

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen und die sachliche Wirksamkeit dieser Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die geforderte Beitragserhebung ist jedoch als rechtswidrig zu beurteilten, weil durch die Errichtung der zwei Lagerzelte eine Vergrößerung der beitragspflichtigen vorhandenen Geschossfläche im Umfang der festgesetzten Nacherhebung nicht erfolgt ist.

§ 5 Abs. 1 BGS-EWS/FES bestimmt, dass der Beitrag nach der Grundstücksfläche und der Geschossfläche der vorhandenen Gebäude berechnet wird. Eine Nachberechnung ist in Abs. 6 Satz 2 im Falle der Geschossflächenvergrößerung für die zusätzlich geschaffene Geschossfläche vorgesehen. Die auf dem Grundstück des Klägers errichteten 1.162,50 m² und 375 m² großen Lagerzelte, die mit Lkw und Förderflurfahrzeugen befahren werden konnten, stellten zweifelsohne Gebäude im Sinne des Art. 2 Abs. 1 und 2 BayBO dar, welche grundsätzlich die (Nach)Erhebung eines Geschossflächenbeitrags hätten rechtfertigen können. Denn die Zelte waren kraft eigener Schwere in unzerlegtem Zustand oder ohne Inanspruchnahme technischer Hilfsmittel nicht fort zu bewegen, so dass die erforderliche Verbindung mit dem Boden ebenso anzunehmen ist wie die weiteren gesetzlichen Definitionsmerkmale einer selbstständigen Benutzbarkeit, der Überdeckung und der Betretbarkeit (vgl. Jäde, BayBO, Art. 2 Anm. 12 ff.).

Einer Beitragspflicht stand zum einen § 5 Abs. 2 Satz 5 BGS-EWS/FES nicht entgegen. Die Zelte waren nicht als beitragsfreie Nebengebäude im Sinne dieser Vorschrift, sondern als Hauptgebäude einzustufen, da in diesen Lagerhallen der Unternehmenszweck eines Stückgutumschlags (hier Umschlag von Automobilteilen) erfüllt bzw. mit erfüllt wurde und sie in den Betriebsablauf eingebunden waren (vgl. BayVGH vom 27.4.1990 KG 1991 Nr. 261; vom 22.10.1998 Az. 23 N 96.4120; Ecker, a.a.O., Nr. 4.2.2.3.6).

Die Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag entfiel auch nicht deswegen, weil es sich bei den zwei Lagerzelten um sogenannte fliegende Bauten gehandelt hätte. Denn fliegende Bauten können nicht zu einem Herstellungsbeitrag mit der Geschossfläche - auch bei einer Geschossflächenmehrung - veranlagt werden, weil im Hinblick auf die nur vorübergehende Aufstellung solcher Anlagen ein besonderer bzw. erhöhter Vorteil (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 a KAG) bezüglich einer möglichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu verneinen ist. Fliegende Bauten sind nach der Legaldefinition des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayBO bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, wiederholt an wechselnden Orten aufgestellt und zerlegt zu werden. Ihre Errichtung bedarf gemäß Art. 62 BayBO keiner Baugenehmigung, sondern einer vor der Erstaufstellung notwendigen Ausführungsgenehmigung (Art. 85 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Vor jeder weiteren Aufstellung genügt die vorherige Anzeige mit Vorlage des Prüfbuchs (vgl. Art. 85 Abs. 5 Satz 1 BayBO). Der Begriff des fliegenden Baus verlangt also zum einen in objektiver Hinsicht eine tatsächliche Geeignetheit der jeweiligen Anlage, wiederholt an wechselnden Orten aufgestellt zu werden, was für die aus einem Aluminiumgerüst mit darüber gezogener Plane bestehenden Zelte ohne Bodenverbindung ohne weiteres angenommen werden kann. Hinzu kommen muss aber als subjektives Element der erkennbare Wille des Bauherrn, die Anlage in einer unbestimmten Anzahl von Fällen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums an verschiedenen Orten entsprechend ihrer Zweckbestimmung zu nutzen (vgl. Jäde, a.a.O., Art. 85 RdNrn. 4 ff.; Simon/Busse, BayBO, Art. 85 RdNrn. 8 ff.). Nach der zuletzt genannten Kommentierung dürfte unter Hinweis auf die Nr. 3 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Art. 85 BayBO (AllMBl 2000, 349) die zeitliche Grenze, ab der eine ortsfeste Nutzung, mit der Folge der notwendigen Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens, vorliegt, bei einer dauerhaften Nutzung des fliegenden Baus von drei Monaten an einem bestimmten Standort liegen. Vor diesem Hintergrund können die zwei Lagerzelte bei Standzeiten von 17 und 21 Monaten laut Einträgen im Prüfbuch bauordnungsrechtlich nicht mehr als fliegende Bauten eingestuft werden. Dass der Bauherr einen längerfristigen Verbleib der Zelte ins Auge gefasst hatte, wird auch deutlich durch die beantragten und ihm erteilten zeitlich unbefristeten Baugenehmigungen vom 27. Juli 2001 und 20. November 2001. Wenn im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren gleichwohl Prüf- bzw. Zeltbücher angesprochen werden, ist dieser Umstand nicht geeignet, unabhängig der tatsächlichen Standzeiten der Zelte von weit über einem Jahr das Vorliegen fliegender Bauten anzunehmen.

Die angefochtene Beitragserhebung ist aber deshalb rechtswidrig, weil bei ihrer Festsetzung die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO nicht beachtet wurde. Nach dieser Norm können Abgaben niedriger festgesetzt werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. So liegen die Dinge hier.

Der Herstellungsbeitrag wird einmalig erhoben für die dauerhafte Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, wobei die Satzung der Beklagten als vorteilsgerechten Maßstab die Grundstücksfläche und die vorhandene Geschossfläche bestimmt. Entsprechendes gilt bei einer Nacherhebung wegen einer Geschossflächenmehrung. Ist eine bei der vorhandenen Geschossfläche vermutete, dauerhafte Inanspruchnahme jedoch nicht möglich, etwa weil eine bauliche Anlage bzw. ein Gebäude nur für einen vorübergehenden Zweck errichtet wird, fehlt der mit dem Beitrag abzugeltende besondere Vorteil, die öffentliche Einrichtung auf die gesamte Lebensdauer der Anlage in Anspruch nehmen zu können. Die angemieteten Lagerzelte wurden nur zeitlich befristet zur Abwicklung eines Umschlagsauftrages für die Automobilindustrie aufgestellt. Davon ging auch die Beklagte, selbst wenn sie die genaue Standdauer nicht wusste, aus, wie die Akzeptanz der Führung von Prüfbüchern durch den Bauherrn ohne Durchführung einer Bauabnahme zeigt. Hinzu kommt, dass die Lagerzelte bereits ca. zwei Jahre vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids wieder abgebaut worden waren.

Wird der Beitragsmaßstab dem auszugleichenden Vorteil im Einzelfall nicht gerecht, war hier dennoch keine Anpassung des Beitragsmaßstabs oder der Beitragssätze erforderlich, obwohl unterschiedlichen Vorteilen aus der Anschlussmöglichkeit in aller Regel durch eine Abstufung der Beitragssätze Rechnung zu tragen ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG; BayVGH vom 4.8.1989 Az. 23 B 86.3697; vom 19.4.1993 Az. 23 B 92.171). Der Satzungsgeber darf bei der Gestaltung des Beitragsmaßstabs an die Regelfälle seines Sachbereichs, also an das allgemeine Erscheinungsbild des abzugeltenden Vorteils anknüpfen, ohne zugleich nur vereinzelt auftretende Besonderheiten berücksichtigen zu müssen (BVerwGE 68, 36/41). Erst wenn die äußersten Grenzen des dem Satzungsgeber zustehenden weiten Ermessensspielraums überschritten werden, für die getroffene Regelung also jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (vgl. Wuttig, u.a., a.a.O., Teil IV Frage 3 Nr. 5.1). Dazu kommt es, wenn nicht nur einzelne außerhalb des Rahmens liegende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe nicht vorteilsgerecht mit Abgaben belastet werden (vgl. VGH n.F. 43, 23/27 f.). Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn bei Erlass der Beitragssatzung unterschiedliche Vorteile von Anschlussnehmern zu bewerten sind, sondern auch dann, wenn eine solche Situation erst durch später eintretende Umstände hervorgerufen wird. Somit brauchte die Beklagte für den Einzelfall einer von vornherein zeitlich beschränkt aufgestellten Zeltanlage, die nicht mehr als fliegender Bau zu qualifizieren ist, in der Satzung keine diesen Einzelfall erfassende Sonderregelung zu treffen, weil für eine zunehmende Häufung von vorübergehend errichteten, satzungsrechtlich nicht beitragsfreien Großzeltanlagen - mehr als 10 v. H. der von der Entwässerungsanlage betroffenen Anschlussnehmer (vgl. BVerwG a.a.O.; BayVGH vom 12.5.1999 Az. 23 B 97.1007) - jegliche Anhaltspunkte fehlen.

Die BGS-EWS/FES der Beklagten ist demnach grundsätzlich geeignet, eine gültige Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid darzustellen. Ihre Anwendung auf den Einzelfall ist hinsichtlich der Beitragsfestsetzung jedoch nicht rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Tatsache, dass hier der unterschiedliche Vorteil aus der Entwässerungsanlage in der Satzung keine Berücksichtigung finden muss, entbindet die Beklagte nicht von der Verpflichtung, diesen bereits bei der Beitragserhebung von Amts wegen gemäß § 163 AO zu berücksichtigen (vgl. BayVGH vom 17.9.2001 Az. 23 CS 01.1582; vom 24.10.1996 Az. 23 B 93.3172). Die Erhebung eines vollen Geschossflächenbeitrags, orientiert an der vorhandenen Geschossfläche, für die zwei Lagerzelte stellt eine sachliche Unbilligkeit dar, weil die Zelte nicht auf Dauer, sondern nur zeitlich beschränkt auf die Abwicklung eines Umschlagsauftrages von Waren aufgestellt und knapp zwei Jahre vor Bescheidserlass auch wieder entfernt worden waren. Infolge dessen ist der Vorteil, den die Satzung an der vorhandenen Geschossfläche misst, aus der Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Entwässerungseinrichtung geringer zu bewerten als bei Gebäuden, die auf einen unüberschaubaren Zeitraum geschaffen werden mit der Ausrichtung auf eine Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage, solange diese funktionsfähig den Anschlussnehmern zur Verfügung steht. Da die Beklagte den verminderten Vorteil der zeitlich begrenzten Anschlussmöglichkeit nicht durch einen aus Billigkeitsgründen ermäßigten Beitrag Rechnung getragen hat, macht die uneingeschränkte Festsetzung eines Herstellungsbeitrags den Bescheid vom 27. September 2004 rechtswidrig.

Entscheidungen aus Billigkeitsgründen stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Satzungsgebers und können vom Gericht gemäß § 114 VwGO nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Grad des Unterschieds verschiedener Vorteile nicht genau gemessen werden kann, sondern vielmehr durch den Satzungsgeber zu bewerten ist, dem dafür ein Einschätzungsspielraum zusteht, in dem er sich frei bewegen kann; nur dessen äußerste Grenzen darf er nicht überschreiten. Das Gebot des Art. 5 Abs. 2 KAG erfordert entsprechend seiner Herkunft aus dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Vorteil und Gegenleistung nur, dass die Beiträge zu dem jeweiligen Vorteil nicht außer Verhältnis stehen (vgl. VGH n.F. 42, 137/140).

Aus alledem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid vom 27. September 2004 vom Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben wurde. Die Entscheidung hat nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Folge, dass der bereits geleistete Beitrag von der Beklagten zurück zu erstatten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Beklagten aufzuerlegen, weil dieser erfolgreich Anträge gestellt und auch sonst das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 23 zu § 162).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.440,25 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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