Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.10.2002
Aktenzeichen: 24 B 00.3274
Rechtsgebiete: AuslG, ARB 1/80


Vorschriften:

AuslG § 47 Abs. 1
AuslG § 47 Abs. 3 Satz 1
AuslG § 48 Abs. 1 Nr. 1
ARB 1/80 Art. 6
ARB 1/80 Art. 13
ARB 1/80 Art. 14
Eine nach Art. 6 Abs. 1 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworbene Rechtsposition kann auch bei unverschuldetem Verlust des Arbeitsplatzes verloren gehen, wenn der Betreffende nach mehrjähriger Arbeitslosigkeit keine neue Arbeitsstelle gefunden hat. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles.
24 B 00.3274

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausweisung;

hier: Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. September 2000,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 24. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Simmon, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Hauser

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Oktober 2002

am 29. Oktober 2002 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 18. November 1948 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er kam 1972 ins Bundesgebiet und erhielt fortlaufend Aufenthaltserlaubnisse. Am 9. August 1982 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Aufenthaltsberechtigung. Der Kläger ist mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei Kinder.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 27. Oktober 1998 wurde der Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit einem Vergehen der Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Er befand sich seit 1998 in Haft und wurde inzwischen in die Türkei abgeschoben.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 1999 wies die Beklagte den Kläger aus und ordnete seine Abschiebung aus der Haft an. Der Kläger habe die Ausweisungstatbestände des § 47 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AuslG erfüllt. Da er den besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 AuslG genieße, könne er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Gründe, die zur Annahme eines Ausnahmefalls der über § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG zur Regelausweisung herabgestuften Ist-Ausweisung führen könnten, seien nicht gegeben. Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Ausweisung des Klägers nicht entgegen.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger Widerspruch erheben, über den noch nicht entschieden ist.

Er ließ ferner Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben und beantragen, den Ausweisungsbescheid aufzuheben.

Die Regelausweisung verstoße gegen Art. 13 ARB 1/80 bzw. gegen Art. 41 Abs. 1 ZP. Die in dieser Bestimmung enthaltene sog. Stillhalteklausel führe dazu, dass über die Ausweisung des Klägers nur aufgrund einer Ermessensausübung hätte entschieden werden dürfen. Die Ausweisung sei auch als Ermessensentscheidung rechtswidrig, weil keine Wiederholungsgefahr bestehe. Eine Ausweisung des Klägers verbiete sich wegen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK wegen der im Bundesgebiet bestehenden familiären Bindungen. Die Ausweisung verstoße außerdem gegen Art. 3 Abs. 3 ENA.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2002 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab.

Der Ausweisungsbescheid der Beklagten sei rechtmäßig. Die auf §§ 47, 48 AuslG gestützte Ausweisung des Klägers verstoße weder gegen europarechtliche Vorschriften noch lägen besondere Umstände vor, die eine Ausnahme von der gesetzlich angeordneten Regelausweisung gebieten würden. Die Anwendung von § 47 AuslG verstoße nicht gegen Art. 13 ARB 1/80 bzw. gegen Art. 41 Abs. 1 ZP. Aus dem Vortrag des Klägers und seiner Ehefrau ergebe sich, dass er bereits vor seiner Inhaftierung keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen sei. Schwerwiegende Gründe im Sinne des § 48 Abs. 1 Nr. 1 AuslG lägen vor. Gegen den Kläger spreche die Tatsache, dass er mit dem besonders gefährlichen Rauschgift Kokain in einer Menge gehandelt habe, die nach den Feststellungen des Strafgerichts dem Dreizehnfachen einer nicht geringen Menge im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes entsprochen habe. Es sei anerkannt, dass bei schwerwiegenden Straftaten, zu denen insbesondere auch das Handeltreiben mit Rauschgift zähle, der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK einer Ausweisung grundsätzlich nicht entgegenstehe. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Trennung der Familie des Klägers von ihm zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Es sei nicht behauptet worden, dass die Familienmitglieder, insbesondere die jüngste Tochter des Klägers, auf dessen Beistand zwingend angewiesen wären. Zwei der Kinder seien bereits volljährig.

Die Ausweisung stehe auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Es habe sich bei der abgeurteilten Straftat des Klägers nicht um die Tat eines Heranwachsenden gehandelt, der Kläger sei zur Tatzeit bereits 49 Jahre alt gewesen und habe seit 24 Jahren mit seiner Frau zusammengelebt. Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beträfen andere Fallgestaltungen. Der Kläger sei erst als 23-Jähriger in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Es sei davon auszugehen, dass er über sprachliche und kulturelle Bindungen zur Türkei verfüge. Hinsichtlich des Klägers bestehe weiterhin die Gefahr einer künftigen Straffälligkeit. Dabei seien hinsichtlich der Rückfallwahrscheinlichkeit angesichts der Gefährlichkeit des Betäubungsmittelhandelns und der Schwierigkeit seiner Bekämpfung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Der Bewertung stehe nicht entgegen, dass der Kläger erstmals eine Freiheitsstrafe verbüße. Der Verbüßung der Freiheitsstrafe könne kein erhebliches Gewicht zukommen, da sich die Lebensverhältnisse des Klägers nicht wesentlich geändert hätten. Konkrete Anhaltspunkte, die eine nachhaltige positive Persönlichkeitsänderung des Klägers belegen könnten, seien nicht vorgetragen. Die Gefahr einer erneuten Straffälligkeit des Klägers sei im Hinblick auf seine eigene Drogenabhängigkeit weiterhin gegeben. Der Umstand, dass der Kläger sich freiwillig einer Drogenentzugstherapie unterziehen wolle, genüge nicht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits in einem früheren Verfahren erklärt habe, er wolle eine Drogenentzugstherapie durchführen. Es sei jedoch weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass der Kläger die beabsichtigte Langzeittherapie begonnen habe. Auch die finanzielle Situation des Klägers habe sich zwischenzeitlich nicht geklärt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle seiner Haftentlassung selber eine Arbeitsstelle in Aussicht hätte. Durch die Ausweisung des Klägers werde auch keine gefestigte wirtschaftliche Lebensbasis zerstört. 1994 sei er aus einem Arbeitsverhältnis entlassen worden. Der Versuch, ein Café bzw. ein Restaurant zu betreiben, sei fehlgeschlagen. Der Kläger sei seither arbeitslos. Die Ausweisung des Klägers verstoße nicht gegen die Vorschriften des ARB 1/80. Sie fänden nämlich nur auf türkische Staatsangehörige Anwendung, die im Bundesgebiet ordnungsgemäß als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Seit seiner Entlassung im September 1994 sei er jedoch als Inhaber eines Cafés bzw. eines Restaurants als selbstständiger Unternehmer tätig bzw. nach Schließung seiner Betriebe arbeitslos gewesen. Er habe daher nicht mehr zu dem von Art. 6 ARB 1/80 geschützten Personenkreis gezählt. Zudem erlaube Art. 14 ARB 1/80 Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Auch Art. 3 Abs. 3 ENA stehe der Ausweisung des Klägers nicht entgegen.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. September 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 1999 aufzuheben.

Der Kläger könne sich unmittelbar auf Art. 13 ARB 1/80 stützen, da er bis zu seiner Inhaftierung dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Der Kläger sei 1972 als Wanderarbeiter nach Deutschland gekommen und habe bis 1979 bei verschiedenen Firmen gearbeitet. 1994 sei ihm aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden. Seit seiner unverschuldeten Arbeitslosigkeit sei er durchgängig arbeitslos gemeldet gewesen. Der Kläger habe Arbeitslosengeld bis zum 15. August 1998 bezogen. Der Bezug von Arbeitslosengeld könne nur gewährt werden, wenn der Empfänger dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Die Rechte aus Art. 6 ARB 1/80 habe er weder durch die Dauer seiner Arbeitslosigkeit noch durch die Strafhaft verloren. Die Strafhaft habe nicht zur Folge gehabt, dass er den Arbeitsmarkt endgültig verlassen habe. Nach Art. 13 ARB 1/80, der auf den Kläger anwendbar sei, könnten keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt eingeführt werden. Das Gleiche gelte nach Art. 41 Abs. 1 ZP. Diese Vorschrift sei auch im vorliegenden Fall anwendbar. Über die Ausweisung des Klägers hätte gemäß § 10 AuslG 1965 nach Ermessen entschieden werden müssen.

Die im angefochtenen Gerichtsbescheid angenommene Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Die abgeurteilte Straftat des Klägers allein reiche für die Annahme einer künftigen Gefahr weiterer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht aus. Der Kläger habe erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe habe auf den Kläger ersichtlich Eindruck gemacht. Das Verwaltungsgericht hätte einen Gesamtführungsbericht von der JVA Landsberg einholen müssen. Der Kläger habe nicht unter dem Beschaffungsdruck eines Konsumenten gehandelt. Auch enthalte das Strafurteil keine Feststellung einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers noch die Feststellung, dass die Tat aufgrund dieser Abhängigkeit begangen worden sei. Bestimmte Straftaten dürften nicht automatisch eine Ausweisung nach sich ziehen. Auch die Auswirkungen der Ausweisung auf die Familie des Klägers seien nur unzureichend gewürdigt worden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger sei im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Ausweisung weder Arbeitnehmer noch Selbstständiger gewesen. Art. 41 Abs. 1 ZP beziehe sich nur auf selbstständig Erwerbstätige. Das Verwaltungsgericht habe die vom Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr zutreffend dargelegt. Ein Gesamtführungsbericht der Justizvollzugsanstalt habe vom Gericht nicht eingeholt werden müssen. Dass sich ein Straftäter während der Inhaftierung unauffällig verhalte, sei nicht untypisch oder ungewöhnlich. Der Kläger sei am 31. August 2001 in die Türkei abgeschoben worden.

Die Landesanwaltschaft als Vertreter des öffentlichen Interesses beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Art. 13 ARB 1/80 könne sich der Kläger nicht unmittelbar berufen, da er nur eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten untereinander betreffe. Der Kläger gehöre nicht mehr dem regulären deutschen Arbeitsmarkt an und könne deshalb keine Rechte mehr für sich aus dem Assoziationsratsbeschluss und dem dazugehörigen Zusatzprotokoll herleiten. Die Tatsache, dass der Kläger vor seiner Arbeitslosigkeit für mehr als zehn Jahre in der Bundesrepublik ordnungsgemäß beschäftigt gewesen sei, habe möglicherweise zur Folge, dass ihm ein längerer Zeitraum zur Arbeitssuche zuzubilligen sei. Der Kläger sei aber vier Jahre arbeitslos gewesen, so dass schon allein aufgrund der Dauer der Arbeitslosigkeit, auch wenn sie unverschuldet gewesen sei, nicht mehr davon auszugehen gewesen sei, dass der Kläger innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wieder eine Beschäftigung finden würde. Es komme hinzu, dass sich an die Zeit der Arbeitslosigkeit eine fast dreieinhalbjährige Haft angeschlossen habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger nach mindestens 7 1/2 Jahren Beschäftigungslosigkeit eine Beschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt finden würde.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2002 gab der Bevollmächtigte des Klägers an, der Kläger habe nie einen Stehausschank oder ein Restaurant betrieben. Er sei in der von seiner Tochter betriebenen Einrichtung auch nicht angestellt gewesen. Er wiederholte (bedingt) den Antrag, einen Gesamtführungsbericht der JVA Landsberg a. Lech zum Beweis dafür einzuholen, dass sich der Kläger in der Strafhaft ordnungsgemäß geführt, sich stabilisiert und in seiner Persönlichkeit gefestigt und positiv entwickelt habe, und ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass vom Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsentwicklung kein weiteres strafbares Verhalten zu erwarten sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte des Klägers und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 1999 rechtmäßig ist. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ist nicht erforderlich. Es erübrigt sich, dem - bedingt gestellten - Beweisantrag des Klägers nachzukommen und aufzuklären, ob sich der Kläger in der Haft ordnungsgemäß geführt, sich stabilisiert und in seiner Persönlichkeit gefestigt und positiv entwickelt hat, und ein Gutachten über die Persönlichkeitsentwicklung des Klägers einzuholen, um die Gefahr einer Wiederholung von Straftaten beurteilen zu können (vgl. dazu BVerwG vom 23.5.2001 InfAuslR 2001,312). Denn die Frage, ob die Ausweisung des Klägers nach früherem für ihn günstigeren Recht oder nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur aus Gründen der Spezialprävention zulässig ist, stellt sich nicht.

Da der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom 27. Oktober 1998 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit einem Vergehen der Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten ohne Bewährung verurteilt worden ist, erfüllt er die Ausweisungstatbestände nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AuslG und damit zweifach den Tatbestand einer sog. Ist-Ausweisung, die der Gesetzgeber für Fälle besonderer Gefährlichkeit vorgesehen hat.

Der Kläger genießt besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, da er eine Aufenthaltsberechtigung besaß. Der besondere Ausweisungsschutz wirkt sich gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG dahin aus, dass die Ist-Ausweisung nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 AuslG zur sog. Regelausweisung herabgestuft wird, d.h. der Ausländer wird in diesen Fällen in der Regel ausgewiesen. Ein Ausländer, der nach § 48 Abs. 1 Satz 1 AuslG erhöhten Ausweisungsschutz genießt, kann nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Schwerwiegende Gründe im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG liegen in der Regel in den Fällen des § 47 Abs. 1 AuslG vor. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um einen gesetzlichen Maßstab für die Beurteilung, ob schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber eine Grundentscheidung dahingehend getroffen, dass bei Verwirklichung eines der Tatbestände des § 47 Abs. 1 AuslG regelmäßig das öffentliche Interesse am Erhalt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Ausweisung des Ausländers Vorrang hat vor dessen Interesse am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu Hailbronner, Ausländerrecht, RdNr. 20 zu § 48). Der Gesetzgeber geht daher für den typischen Fall davon aus, dass die Ausweisung geboten und verhältnismäßig ist, um schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entgegenzuwirken (BVerwG vom 26.2.2002 DÖV 2002,825). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass im Falle des Klägers kein Ausnahmefall vorliegt, der ein Absehen von der Ausweisung rechtfertigen kann. Es hat die vom Kläger begangenen Straftaten und - entgegen dem Vorbringen des Klägers - seine persönlichen Verhältnisse ausreichend gewürdigt und zu Recht keinen atypischen Ausnahmefall gesehen. Der Senat teilt die im angefochtenen Gerichtsbescheid dargelegte Auffassung des Verwaltungsgerichts und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130 b Satz 2 VwGO).

Ergänzend und zum Berufungsvorbringen ist noch Folgendes zu bemerken:

Zum maßgebenden Zeitpunkt - ob dies der Zeitpunkt der Behördenentscheidung (vgl. dazu BVerwGE 102,249) ist oder, da hier eine Widerspruchsentscheidung noch nicht ergangen ist, der Zeitpunkt Erhebung der Untätigkeitsklage oder der letzten mündlichen Verhandlung, kann hier dahingestellt bleiben - galt das Ausländergesetz vom 9. Juli 1990 (BGBl I S. 1354), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juli 1999 (BGBl I S. 1618), auf das der angefochtene Bescheid zutreffend gestützt wurde. Ermessenserwägungen sind nach §§ 47, 48 AuslG nicht erforderlich, weil es sich um eine Regelausweisung handelt.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass wegen der Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 seine Ausweisung nur nach § 45 AuslG 1992 und §§ 10, 11 AuslG 1965 als Ermessensausweisung zulässig gewesen wäre.

Nach dieser Bestimmung dürfen die Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft für Arbeitnehmer und ihre Angehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Seinem Wortlaut nach knüpft Art. 13 ARB 1/80 an die ordnungsgemäße unselbständige Erwerbstätigkeit an.

Der Kläger hat die wegen seiner früheren mehrjährigen Arbeitnehmertätigkeiten erworbene Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1 3. Spiegelstrich ARB, d.h. das Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, und die davon abgeleiteten aufenthaltsrechtlichen Ansprüche (vgl. zu diesem Rechtsstatus EuGH vom 23.1.1997 InfAuslR 1997,146 - Tetik; BVerwGE 101, 247) nach der Beendigung seiner Tätigkeit bei der Firma SEL im September 1994 und die sich daran anschließende mehrjährige Arbeitslosigkeit verloren, weil er den Arbeitsmarkt nach fehlgeschlagener Arbeitssuche in Deutschland endgültig verlassen hat.

Die Auffassung des Klägers, wonach ein türkischer Arbeitnehmer ein nach Art. 6 Abs. 1 3. Spiegelstrich ARB 1/80 erworbenes Aufenthaltsrecht auch bei dauernder unfreiwilliger Erwerbslosigkeit nicht verlieren kann, teilt der Senat nicht. Sie widerspricht dem Sinn und Zweck des Assoziationsratsbeschlusses. Das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht ist lediglich die Folge des Rechts auf Zugang zum Arbeitsmarkt und dient dazu, eine Erwerbstätigkeit mit legalem Aufenthaltsstatus ausüben bzw., bei kurzfristiger Arbeitslosigkeit, in einem angemessenen Zeitraum eine Arbeit suchen zu können. Ein Aufenthaltsrecht, das nicht dem Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt dient, kann aus Art. 6 ARB 1/80 nicht abgeleitet werden. Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 dient nicht einwanderungspolitischen Zwecken.

Für die vom Kläger verlangte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sieht der Senat keine Veranlassung. Der Europäische Gerichtshof hat zwar die Frage, ob ein türkischer Arbeitnehmer, der unfreiwillig arbeitslos geworden ist, ein aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 abgeleitetes Aufenthaltsrecht auch dann noch hat, wenn er in angemessener Zeit keine Arbeit gefunden hat, - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden, doch lässt sich die Frage aus den folgenden Überlegungen zweifelsfrei verneinen.

Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Rechtsstellung eines türkischen Arbeitnehmers aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erlischt, wenn er den Arbeitsmarkt endgültig verlassen hat, z.B. weil er das Rentenalter erreicht hat oder auf Dauer in die Türkei zurückgekehrt ist (EuGH vom 10.2.2000 InfAuslR 2000,161 - Nazli; BVerwGE 98,298; vgl. auch BayVGH vom 26.3.2001 - 24 B 01.2453). Für den Fall unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden ist, und bei Abwesenheit wegen Krankheit regelt Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80, dass diese Fehlzeiten erworbene Ansprüche aus vorheriger Beschäftigungszeit unberührt lassen. Art. 6 Abs. 2 ARB 1/80 erhält dem Betroffenen damit das aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 abgeleitete Recht, sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Zu den durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 erhaltenen Rechten gehört dagegen nicht ein Aufenthaltsrecht, das nicht im Zusammenhang mit der Arbeitssuche steht.

Für die Arbeitssuche ist dem Betroffenen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen. Nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums ist die Arbeitssuche als gescheitert anzusehen mit der Folge, dass der Betroffene den Arbeitsmarkt endgültig verlassen hat. Die Rechte aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erlöschen.

Da türkische Staatsangehörige assoziationsrechtlich nicht besser gestellt sein können als Gemeinschaftsangehörige, kann die Rechtsstellung gemeinschaftsangehöriger Arbeitnehmer zum Vergleich herangezogen werden. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass das Recht zum Aufenthalt zum Zwecke der Stellensuche von einem Gemeinschaftsangehörigen, der keine Aussicht auf Einstellung hat, nicht mehrere Jahre lang in Anspruch genommen werden kann (EuGH vom 26.5.1993 InfAuslR 1993,252 - Tsiotras). Ähnlich hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs festgestellt, dass Gemeinschaftsangehörige nur für einen angemessenen Zeitraum das Recht auf Aufenthalt haben, sich um eine Stelle zu bewerben (BVerwGE 94,35). Die obergerichtliche Rechtsprechung geht im Grundsatz also davon aus, dass der Status des arbeitssuchenden Gemeinschaftsangehörigen davon abhängt, ob es ihm gelingt, in einem gewissen Zeitraum wieder Arbeit zu finden, andernfalls sein aufenthaltsrechtlicher Status erlischt. Ein besseres Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen haben türkische Arbeitnehmer nicht. Dem widerspricht die vom Kläger für die Fälle unfreiwilliger Arbeitslosigkeit vertretene Ansicht grundsätzlich, da der zitierten Rechtsprechung nicht zu entnehmen ist, dass es auf die Unterscheidung zwischen freiwilliger und unfreiwilliger (unverschuldeter) Arbeitslosigkeit entscheidungserheblich ankommt.

Es kommt also auch bei Fällen unfreiwilliger Arbeitslosigkeit darauf an, ob der Betroffene innerhalb eines angemessenen Zeitraums wieder eine Arbeit finden kann. Die konkrete Bestimmung des Zeitraums, der im Einzelfall als angemessen für eine effektive Beschäftigungssuche im Bundesgebiet anzusehen ist, hat mangels gesetzlicher Regelung unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Assoziationsabkommens zu erfolgen. Der gegebenenfalls vom Gericht festzulegende Zeitraum muss lang genug sein, um die tatsächlichen Chancen des Betroffenen, eine neue Beschäftigung zu finden, nicht zu beeinträchtigen (EuGH vom 23.1.1997 a.a.O.). Die für EU-Arbeitnehmer im Rahmen der Art. 39 und 40 EG-Vertrag geltenden Grundsätze sind so weit wie möglich als Leitlinien für die Behandlung türkischer Arbeitnehmer nach dem ARB 1/80 heranzuziehen (EuGH vom 10.2.2000 InfAuslR 2000,161 - Nazli). In der Entscheidung vom 26. Februar 1991 (EuGHE 1991, I-745 - Antonissen) hat der Europäische Gerichtshof einige Zeit- und Sachkriterien vorgegeben, die sich auf den ARB 1/80 übertragen lassen. Danach wird dem Ausländer zunächst eine Frist von drei Monaten zur Arbeitssuche eingeräumt und anschließend eine weitere Frist von regelmäßig sechs Monaten, längstens einem Jahr, wenn er nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg über das zuständige Arbeitsamt eine neue Beschäftigung sucht.

Gemessen an diesen Kriterien steht fest, dass der als angemessen anzusehende Zeitraum, der dem Kläger unter Berücksichtigung seines langjährigen Aufenthalts als Arbeitnehmer zur Arbeitssuche zur Verfügung stehen muss, längst verstrichen ist. Selbst wenn man dem Kläger wegen seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet als Arbeitnehmer einen längeren Zeitraum für die Arbeitssuche als ein Jahr zugesteht, ist jedenfalls nach etwa vier Jahren Arbeitslosigkeit und erfolgloser Arbeitssuche der Nachweis erbracht, dass der Kläger den regulären Arbeitsmarkt endgültig verlassen hat. Trotz Unterstützung durch das Arbeitsamt bestand schon vor der Inhaftierung des Klägers im Jahre 1998 nach mehrjähriger erfolgloser Arbeitssuche keine begründete Aussicht auf Erfolg mehr. Dem widerspricht es nicht, dass der Kläger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen musste, um seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe über mehrere Jahre zu erhalten. Die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe und den Erhalt des Aufenthaltsrecht sind nicht identisch.

Da der Kläger den Arbeitsmarkt bereits vor seiner Inhaftierung im Jahre 1998 endgültig verlassen hat, braucht hier auf die Frage nicht näher eingegangen zu werden, wie sich Zeiten der Untersuchungshaft (s. dazu EuGH vom 10.2.2000 a.a.O.; BVerwG vom 8.5.1996 InfAuslR 1996,299) bzw. Strafhaft (s. dazu BayVGH vom 26.3.2002 InfAuslR 2002, 348) auf die Berechnung der angemessenen Frist zur Arbeitssuche auswirken.

Entgegen der Ansicht des Klägers schließt in seinem Fall auch Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation vom 19. Mai 1972 (BGBl II 1972, S. 385; im folgenden: Zusatzprotokoll - ZP -) die Anwendbarkeit der §§ 47, 48 AuslG auf ihn nicht aus. In Art. 41 Abs. 1 ZP haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einzuführen. Die Anwendbarkeit des Art. 41 ZP setzt sonach voraus, dass der Kläger sich überhaupt auf die Niederlassungsfreiheit oder Dienstleistungsfreiheit im Sinne dieser Bestimmung berufen kann. Dies ist nicht der Fall. Art. 13 des Assoziationsabkommens vom 12. September 1963 verweist hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit auf Art. 52 bis 56 und 58 EG-Vertrag. Die Niederlassungsfreiheit betrifft die Freizügigkeit von Angehörigen selbstständiger Berufe. Sie umfasst die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen nach den Bestimmungen, die im Aufnahmestaat für dessen eigene Angehörigen gelten (vgl. Münchner Rechtslexikon, Stichwort: Niederlassungsfreiheit; Troberg in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 5. Aufl., Vorbemerkung zu den Art. 52 bis 58 RdNr. 1; BVerwG vom 26.2.2002 a.a.O. - mit dieser Entscheidung wurde das Urteil des BayVGH vom 12.7.2000, auf das sich der Kläger beruft, aufgehoben; BayVGH vom 26.6.2002 - 24 B 00.3491).

Nach den Angaben des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2002 war er zu keiner Zeit im Bundesgebiet selbstständig tätig. Das Cafe und das Restaurant wurden danach nicht von ihm, sondern seiner Tochter betrieben. Selbst wenn er in dem Familienbetrieb mitgeholfen haben sollte, übte der Kläger damit keine Tätigkeit als Selbstständiger aus, so dass er sich nicht auf die Niederlassungsfreiheit im Sinne des Art. 41 ZP, Art. 52 ff. EG-Vertrag berufen kann.

Nichts anderes gilt für die Dienstleistungsfreiheit. In Art. 14 des Assoziationsabkommens vom 12. Februar 1963 wird hinsichtlich des freien Dienstleistungsverkehrs auf Art. 55, 56 und Art. 58 bis 65 des EG-Vertrags verwiesen. Der freie Dienstleistungsverkehr betrifft das Erbringen gewerblicher, kaufmännischer, handwerklicher und freiberuflicher Tätigkeiten in einem anderen Mitgliedsstaat, ohne dass diese selbstständige Erwerbstätigkeit mit einer Niederlassung verbunden ist (zur Abgrenzung Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit vgl. Troberg, a.a.O., Art. 52 RdNr. 3 ff.). Somit ist auch für die Dienstleistungsfreiheit die selbstständige Erwerbstätigkeit typisch, die, wie dargelegt, beim Kläger nicht vorliegt.

Auch die vom Kläger zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Januar 1999 (InfAuslR 1999,165 - Calfa) und vom 2. Februar 1989 (InfAuslR 1989,147 - Cowan) können ihm zu keinem Aufenthaltsrecht verhelfen. Im Gegensatz zur Behauptung des Klägers kann diesen Entscheidungen nämlich nicht der Grundsatz entnommen werden, dass (türkische) Dienstleistungsempfänger in Deutschland generell ein Aufenthaltsrecht haben. Beide Entscheidungen betrafen Gemeinschaftsangehörige. In der Entscheidung vom 19. Januar 1999 nahm das Gericht zu den Voraussetzungen einer Ausweisung eines Straftäters Stellung und entschied, dass die Ausweisung eines Gemeinschaftsangehörigen auf Lebenszeit als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung ohne Berücksichtigung des persönlichen Verhaltens des Täters oder die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. In dem am 2. Februar 1989 entschiedenen Fall ging es um einen Schutz vor Diskriminierung suchenden Gemeinschaftsangehörigen, der nach Gemeinschaftsrecht die Freiheit hatte, insbesondere als Dienstleistungsempfänger in einen Mitgliedstaat einzureisen. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die beiden Entscheidungen auf den vorliegenden Fall übertragbare Ausführungen zum Aufenthaltsrecht eines arbeitslosen türkischen Staatsangehörigen enthalten.

Darauf, ob die §§ 47, 48 AuslG gegen das Stillhaltegebot des Art. 41 ZP (verneinend: BVerwG vom 26.2.2002 a.a.O.) oder des Art. 13 ARB 1/80 verstoßen, kommt es nach alledem nicht entscheidungserheblich an. Der Senat folgt im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es sich bei den Regelungen in den §§ 47, 48 AuslG nicht um "Beschränkungen" im Sinne des Art. 41 ZP und des Art. 13 ARB 1/80 handelt, weil in diesen Bestimmungen lediglich die frühere Rechtslage und Verwaltungspraxis nach dem Ausländergesetz 1965 typisierend festgeschrieben worden ist (BVerwG vom 26.2.2002 a.a.O.; BayVGH vom 27.5.2002 - 24 B 01.2613 und vom 26.6.2002 - 24 B 00.3491).

Der Ausweisung des Klägers steht auch Art. 3 Abs. 3 des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 13. Dezember 1955 (BGBl II 1955 S. 997) - ENA - nicht entgegen. Danach dürfen die Staatsangehörigen, die seit mehr als zehn Jahren ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines anderen Vertragsstaates haben, nur aus Gründen der Sicherheit des Staates, oder wenn die übrigen in Abs. 1 ausgeführten Gründe besonders schwerwiegend sind, ausgewiesen werden. Nach Art. 3 Abs. 1 ENA dürfen die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates, die ihren ordnungsgemäßen Aufenthalt im Gebiet eines anderen Vertragsstaates haben, nur ausgewiesen werden, wenn sie die Sicherheit des Staates gefährden oder gegen die öffentliche Ordnung oder die Sittlichkeit verstoßen. Das Abkommen gilt seit dem 20. März 1990 für die Türkei (Bekanntmachung vom 21. Dezember 1990, BGBl II 1991 S. 397). Der Kläger erfüllt zwar den zehnjährigen ordnungsgemäßen Aufenthalt im Bundesgebiet, jedoch hat er durch die von ihm begangenen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz einen besonders schwerwiegenden Ausweisungsgrund erfüllt. Zwischen einem besonders schwerwiegenden Ausweisungsgrund ist Sinne von Art. 48 Abs. 1 AuslG und einem besonders schwerwiegenden Ausweisungsgrund im Sinne von Art. 3 Abs. 3 ENA besteht kein qualitativer Unterschied (BVerwGE 101,247).

Der unter Hinweis auf Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Februar 2002 (a.a.O. S. 16) aufgeworfenen Frage des Klägers, ob seine Ausweisung wie bei Gemeinschaftsangehörigen nur als Ermessensentscheidung zulässig gewesen wäre, ist entgegen zu halten, dass sich die Ausführungen in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich auf Arbeitnehmer beziehen, zu denen der Kläger - wie dargelegt - nicht gehört.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Gründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.090 Euro (entspricht 8.000 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 1, § 73 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück