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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 24 CS 06.2501
Rechtsgebiete: VwGO, LStVG, StGB


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 130
LStVG Art. 7 Abs. 2
StGB § 284 Abs. 1
StGB § 284 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

24 CS 06.2501

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Werbung für privaten Sportwettenbetreiber (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 24. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Simmon, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich

ohne mündliche Verhandlung am 22. November 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Werbung für einen privaten Sportwettenveranstalter und -vermittler.

Die Antragstellerin ist ein im Gebiet der Antragsgegnerin ansässiger Fußballverein, der derzeit in der zweiten Bundesliga spielt. Zwischen der Antragstellerin und der Firma bwin e.K. (früher betandwin e.K., zuvor Odd Sportdata, Dr. P.), einem Sportwettenanbieter, besteht ein Werbevertrag, der nach auf Medienberichte gestützte Darstellung der Antragsgegnerin ein Volumen von 2,6 Mio. Euro im Jahr umfasst. Die Antragstellerin wirbt für den Sportwettenanbieter insbesondere auf den Trikots ihrer Spieler, die diese sowohl bei öffentlichen Spielen als auch ansonsten in der Öffentlichkeit tragen sollen.

Der Sportwettenanbieter hat seinen Sitz in N********** im Bundesland Sachsen. Er ist im Besitz einer gewerberechtlichen Genehmigung der früheren DDR zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten vom 11. April 1990. Er bietet seit 1990 Briefwetten an. Die Internetwetten, die nach Angaben der Antragstellerin den Großteil der von ihm angebotenen Sportwetten ausmachen, vermittelt er an die bwin International Ltd. mit Sitz in Gibraltar, die eine britische Lizenz besitzt. Diese Firma ist eine hundertprozentige Tochter der bwin Interactive Entertainment AG mit Sitz in Wien, die wiederum zu 50 % als stille Gesellschafterin an dem sächsischen Wettanbieter beteiligt ist.

Nach vorheriger Anhörung untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 19. Juli 2006 das Werben jeglicher Art für den in Bayern nicht erlaubten Sportwettanbieter "betandwin e.K.", wobei dieses Verbot auch dessen Logos wie "betandwin.de" und "bwin.de" umfassen soll (Nr. 1). Außerdem wurde der Antragstellerin aufgegeben, das Werben für den Sportwettanbieter und dessen Logos unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides einzustellen und künftig zu unterlassen (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung der Nr. 2 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro angedroht. Die Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurden für sofort vollziehbar erklärt.

Das Verbot stützte die Antragsgegnerin auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 284 Abs. 1 und 4 StGB. Der Sportwettenanbieter veranstalte ein unerlaubtes Glücksspiel. Die Werbung hierfür sei verboten. Die von einem Hoheitsträger in der ehemaligen DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten rechtfertige es nicht, solche Wetten in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln. Das Verbot sei verhältnismäßig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im besonderen öffentlichen Interesse an der Unterbindung von Straftaten. Es könne nicht hingenommen werden, dass strafbare Handlungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ein Rechtsmittel begangen werden, zumal die Rechtslage durch eindeutige oberverwaltungsgerichtliche Entscheidungen geklärt sei. Demgegenüber wiege das Interesse der Betroffenen, die Werbung fortzuführen, weniger schwer.

Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin Widerspruch einlegen, über den noch nicht entschieden ist.

Am 4. August 2006 beantragte die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs bis zur Entscheidung des Gerichts über den weiteren Antrag, mit dem sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs ohne Beifügung einer Befristung beantragt hat. Zur Begründung wurde im wesentlichen vorgebracht, die Verbotsverfügung beruhe auf einer Verkennung der europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die vom Bundesverfassungsgericht installierte Übergangsregelung könne nicht auf das Europarecht im Sinne einer Aussetzung des gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrangs übertragen werden. Die angefochtene Verfügung sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Sportwettenanbieter über eine bundesweit wirksame Genehmigung verfüge, auf deren Grundlage das Unternehmen von seinem genehmigten Standort aus mit jeglichen Partnern Wettverträge abschließen könne, die den Kontakt zu ihm aufnehmen. Der Sportwettenanbieter veranstalte bzw. vermittle in Bayern keine Sportwetten, sondern nutze im Internet aufgrund einer Lizenzvereinbarung die von dem in der EU ansässigen Kooperationsunternehmen am Unternehmenssitz Gibraltar eingerichtete Homepage "bwin.de". Damit hätte die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausfallen müssen. Insbesondere trete keine gewichtige konkrete Gefahr durch die Trikotwerbung ein, die durch den Sofortvollzug der Verbotsverfügung abgewendet werden müsste. Zu berücksichtigen sei darüber hinaus der finanzielle und organisatorische Schaden, der die Antragstellerin im Falle der Fortdauer des Sofortvollzugs treffe.

Mit Beschluss vom 4. August 2006 lehnte das Verwaltungsgericht die Anträge ab und führte zur Begründung im wesentlichen aus, die streitgegenständlichen Anordnungen erwiesen sich vor dem Hintergrund der in letzter Zeit ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sowie des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2006 auch bei Würdigung der von der Antragstellerin vorgetragenen Einwände als rechtmäßig. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dürften das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden, wenn bereits in der bis Ende 2006 dauernden Übergangszeit damit begonnen werde, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Dies gelte auch für die Unterbindung der Vermittlung von Sportwetten an Veranstalter im EU-Ausland. Auch eine nach früherem DDR-Gewerberecht erteilte Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten rechtfertige es nicht, in Bayern solche Wetten zu veranstalten oder zu vermitteln. Entsprechendes gelte auch hinsichtlich der Werbung für einen solchen Sportwettenveranstalter bzw. -vermittler. Im übrigen habe der Freistaat Sachsen mit für sofort vollziehbar erklärter Verfügung vom 10. August 2006 sowohl dem Sportwettenbetreiber als auch der an ihm beteiligten Firma in Österreich das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten, insbesondere an die Partnerfirma in Gibraltar, sowie die Werbung hierfür untersagt. Auch die von der Antragsgegnerin vorgenommene Interessenabwägung sei nicht zu beanstanden.

Mit ihrer Beschwerde vom 5. September 2006 beantragt die Antragstellerin,

unter Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2006 die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2006 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht, der verfassungsrechtliche Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör sei dadurch verkürzt worden, dass das Verwaltungsgericht binnen einer halben Stunde nach Eingang über den Antrag entschieden habe und damit die Antragsschrift nicht gelesen haben könne. Für die Begründung habe es sich dann über drei Wochen lang Zeit genommen und darin Umstände als "Gründe" angegeben, die für seine Entscheidung in Wahrheit keine Rolle gespielt hätten, nämlich die in Sachsen ergangene Verfügung vom 10. August 2006. Der gesamte Inhalt der Antragsschrift werde erneut vorgetragen. Zum Sachverhalt werde präzisiert, dass es sich bei dem Werbevertrag zwischen der Antragstellerin und dem Sportwettenanbieter um ein grenzüberschreitendes Dienstleistungsgeschäft handle. Auf der Internetseite des Sportwettenanbieters werde von diesem das Wettprogramm des gibraltesischen Sportwettenveranstalters vorgestellt und angeboten, Wetten dorthin zu vermitteln. Die Werbung habe deshalb einen eigenständigen grenzüberschreitenden Bezug. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass der Sportwettenanbieter keine Internetwetten in Bayern veranstalte. Insbesondere werde der Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB nicht beim Kunden-PC verwirklicht. Diese Strafvorschrift sei nämlich ein abstraktes Gefährdungsdelikt, bei dem es keinen tatbestandlichen Erfolg gebe. Der Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB sei bereits vollständig verwirklicht, bevor es zu einem Wettabschluss komme. Internetdelikte würden auch im Strafrecht allgemein schwierige Probleme bereiten und erforderten eine differenzierte Betrachtung. Insbesondere gelte im Strafrecht ein verfassungskräftiges absolutes Verbot der Analogie zulasten des Beschuldigten. Die Antragstellerin werbe auch nicht für Wettveranstaltungen in Bayern, sondern für den Wettanbieter allgemein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe fest, dass sich das Unternehmen jedenfalls im ehemaligen DDR-Gebiet uneingeschränkt betätigen dürfe. Dafür dürfe die Antragstellerin werben. Für die Abhaltung der Internetwetten sei auch keine bayerische Genehmigung erforderlich, denn die Aufrufbarkeit einer nicht auf einem Server in Bayern befindlichen Internetseite von Bayern aus sei keine Veranstaltung in Bayern. Auch das Bundeskartellamt habe in seinem Beschluss vom 23. August 2006 festgestellt, dass ein Glücksspielangebot mit der behördlichen Erlaubnis eines Bundeslandes auch in jedem anderen Bundesland im Sinne von § 284 StGB behördlich genehmigt sei. Schließlich sei mit der Genehmigung der DDR im Jahr 1990 das Gewerbe an sich genehmigt worden und nicht eine einzelne gewerbliche Betätigungsform oder ein Vertriebsweg. Die Unternehmensbetätigung könne nicht darauf festgelegt werden, "bereits ausgetretene Pfade lediglich weiter auszutreten". Unter dem fortwährenden Wandel der Wirtschaftsbedingungen habe der Sportwettenanbieter die Nutzung des Internets einbeziehen müssen, um als Unternehmen überleben zu können. Schließlich sei auch zu beachten, dass der Wettanbieter in Gibraltar eine Lizenz besitze, die vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet worden sei. Ein in einem EG-Staat ansässiges Unternehmen, das an seinem Sitz konzessioniert sei und kontrolliert werde, könne nicht ferngehalten werden. Das Verwaltungsgericht behaupte auch zu Unrecht, die gegenwärtige bayerische Rechtslage und Verwaltungspraxis rechtfertige das Monopol bereits in einer mit dem Europarecht übereinstimmenden Weise. Wenn die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangsregelung erfüllt seien, seien gleichzeitig auch Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs erfüllt. Dies treffe aber nicht zu. Da sich allenfalls einige tatsächliche Umstände geändert hätten, es normative Änderungen im Hinblick auf die Verträglichkeit mit dem Gemeinschaftsrecht jedoch nicht gebe, müsse es bei den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 27. April 2005 verbleiben. Es sei deshalb Willkür, von der Anwendbarkeit des § 284 StGB auszugehen. Schließlich sei auch die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts rechtlich defizitär. Ergänzend verwies die Antragstellerin auf das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 26. September 2006, den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 21. September 2006 sowie auf den Schriftsatz eines Rechtsanwalts in einem anderen Verwaltungsrechtsverfahren zu Fragen des Verfassungsrechts. Schließlich legte sie den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Oktober 2006 vor, mit dem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Sportwettenanbieters gegen die Verbotsverfügung vom 10. August 2006 wiederhergestellt bzw. angeordnet worden ist. Mit Schriftsatz vom 8. November 2006 nahm sie auf weitere Gerichtsentscheidungen Bezug.

Die Antragsgegnerin beantragte am 20. September 2006 die Zurückweisung der Beschwerde.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses zeigte seine Beteiligung mit Schriftsatz vom 25. September 2006 an und äußerte sich insbesondere zu den eingeleiteten Maßnahmen entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006.

Am 13. November 2006 erhielt der Senat Kenntnis von einem Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 6. September 2006, mit dem dem Sportwettenanbieter bwin e.K. mit sofortiger Wirkung untersagt wurde, in Bayern via Internet den Abschluss von Sportwetten anzubieten, mit Spielteilnehmern in Bayern Sportwetten via Internet abzuschließen und in sonstiger Weise Sportwetten zu veranstalten und zu vermitteln, an denen Spieler in Bayern via Internet teilnehmen können. Gegen diesen Bescheid hat der Sportwettenanbieter Widerspruch eingelegt und Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach gestellt. Über beide Rechtsbehelfe ist noch nicht entschieden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere zum umfangreichen Vorbringen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren rechtfertigt weder eine Abänderung noch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2006, wobei sich die Prüfung auf die dargelegten Gründe zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Soweit lediglich pauschal auf den Inhalt der Antragsschrift im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen wird, kann dieses Vorbringen keine Berücksichtigung in der Beschwerdeentscheidung finden, denn insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts (BayVGH v. 15.4.2005 Az. 10 CS 05.765; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, Rdnr. 41 zu § 146).

A. Eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) kommt nicht in Betracht, obwohl die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts nicht frei von Bedenken ist.

Das Verwaltungsgericht hat über den am 4. August 2006 um 14.36 Uhr (vgl. Bl. 1 der VG-Akte) eingegangenen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, der auf 43 Seiten begründet worden ist und dem zahlreiche Anlagen beigefügt waren, noch am selben Tag entschieden und den Tenor den Beteiligten telefonisch durchgegeben (Bl. 83 a der VG-Akte). Der Vortrag der Antragstellerin, dass die Entscheidung lediglich eine halbe Stunde nach dem Eingang des Antrags beim Verwaltungsgericht getroffen worden sei, wurde von der Antragsgegnerseite nicht bestritten. Der Beschwerde ist beizupflichten, dass der Antragsschriftsatz mit den entsprechenden Beilagen, auch wenn diese nur "quer" gelesen werden, nicht in einer so kurzen Zeit erfasst und durchdrungen werden kann. Es drängt sich deshalb tatsächlich die Vermutung auf, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Vorbringen der Antragstellerin nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. Zu denken gibt auch, dass das Verwaltungsgericht zwar am 4. August 2006 seine Entscheidung getroffen hat, dass wesentliche Gesichtspunkte, die es in der späteren Ausfertigung des Beschlusses mit dessen Begründung berücksichtigt, aber erst nach dem 4. August 2006 eingetreten sind, wie z.B. die Verfügung vom 10. August 2006.

Ob allerdings die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts den Anspruch auf rechtliches Gehör tatsächlich verletzt hat, kann offen bleiben, denn die Befugnis zur Aufhebung und Zurückverweisung besteht in entsprechender Anwendung von § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (h. Rspr., vgl. auch OVG NRW v. 3.4.1997 NVwZ-RR 1997, 759) nur, wenn der Verfahrensmangel eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich macht und die Zurückverweisung von einem Beteiligten beantragt wurde. Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Senat müsste somit gemäß § 130 Abs. 1 VwGO analog auch zur Sache entscheiden, wenn ein Verfahrensfehler vorläge (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 43 zu § 146).

B. Die Beschwerde ist nicht begründet, da Bedenken gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht bestehen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich der Untersagungsverfügung den Vorgaben des § 80 Abs. 3 VwGO genügt. Daneben hat es bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung sachgerecht zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung und dem Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs abgewogen. Das dabei gefundene Ergebnis ist nicht zu beanstanden. Auch der Senat geht von einem überwiegenden Vollzugsinteresse aus. Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei, dass sich der in der Hauptsache eingelegte Rechtsbehelf aller Voraussicht nach als erfolglos erweisen wird, da sich die Untersagungsverfügung nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage des Verbots der Werbung für einen privaten Sportwettenanbieter ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG. Danach können die Sicherheitsbehörden für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu unterbinden.

2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sind gegeben, da der Tatbestand des § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StGB erfüllt wird. Nach Abs. 4 macht sich strafbar, wer für ein öffentliches Glücksspiel im Sinne des Abs. 1 wirbt, also für ein Glücksspiel, das ohne behördliche Erlaubnis öffentlich veranstaltet wird. Dabei genügt es, wenn der objektive Straftatbestand erfüllt ist; es spielt keine Rolle, ob eine strafrechtliche Verurteilung möglich ist (BVerfG vom 28.3.2006 NJW 2006, 1261 - Rdnr. 158 f.). Es ist damit unerheblich, ob auch subjektiv ein strafbares Verhalten vorgeworfen werden muss oder kann.

a) Die Antragstellerin wirbt für die Sportwetten des Sportwettenanbieters bwin e.K.. Dieser bietet Sportwetten an, die wiederum Glücksspiele im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB darstellen (BayVGH vom 3.8.2006 GewArch 2006, 419, auch abrufbar unter www.vgh.bayern.de/bayvgh/20060803/httm). Diese Auffassung stimmt mit der Einschätzung anderer Obergerichte überein (siehe insbesondere HessVGH vom 25.7.2006 Az. 11 TG 1465/06, OVG NRW vom 28.6.2006 NVwZ 2006, 1078 oder VGH BW vom 28.7.2006 GewArch 2006, 418).

b) Eine Tathandlung des Spotwettenanbieters nach § 284 Abs. 1 StGB liegt vor. Der Sportwettenanbieter bietet von seinem Firmensitz in Sachsen aus Sportwetten über das Internet an. Aus den Informationen, die sich für den Kunden auf seiner Internetseite www.bwin.de ersehen lassen, ergibt sich sowohl, dass der Sportwettenveranstalter bwin e.K. die Wettplattform bwin betreibt und dort den Abschluss und die Vermittlung von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen anbietet als auch, dass sich der Firmensitz in Neugersdorf in Sachsen befindet. Aus den abrufbaren allgemeinen Geschäftsbedingungen des Sportwettenanbieters kann nur der Schluss gezogen werden, dass er selbst Vertragspartner der Wettkunden ist und die Wetten maßgeblich veranstaltet. Entsprechend diesen allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt mit der Annahme der Wette durch den Kunden an dessen PC ein Wettvertrag in der Form des Fernabsatzvertrages im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312 b, § 312 e BGB) zwischen dem Kunden und dem Wettanbieter, nämlich der bwin e.K., zustande. Hierfür spricht auch, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Wettenden und dem Sportwettenanbieter gemäß dessen Geschäftsbedingungen dem deutschen Recht unterliegen und sowohl Erfüllungsort als auch Gerichtsstand Dresden ist. Zudem wird der Wettkunde über die Besonderheiten eines Geschäfts über Internet aufgeklärt ("Informationen gemäß E-Commerce-Richtlinie"). Auch betreut er die gesamte Abwicklung der nach Gibraltar vermittelten Wetten, verwaltet insbesondere die Guthaben der Spieler und zahlt die Gewinne aus. Hinweise darauf, dass die Wetten nicht von ihm veranstaltet werden sondern von einer Firma in Gibraltar, finden sich auf den dem Wettkunden zugänglichen Internetseiten nicht. Die Antragstellerin selbst trägt vor, dass kein direkter Kontakt zwischen den Wettkunden und der Firma bwin International in Gibraltar besteht. Aus alledem kann nur geschlossen werden, dass der Wettanbieter bwin selbst Veranstalter eines Glücksspieles ist. Jedenfalls stellt sein Verhalten nach Auffassung des Senats (a.a.O.) bereits eine Teilhandlung beim Veranstalten eines Glücksspiels bzw. Beihilfe hierzu dar.

c) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin scheitert die Verwirklichung des Tatbestandes des § 284 StGB auch nicht daran, dass sich der Wetthalter und der von ihm gehaltene Server, über den die Sportwetten im Internet angeboten werden, im Ausland befinden. Auf die von der Antragstellerin aufgeworfene Problematik, dass womöglich bei einem abstrakten Gefährdungsdelikt nicht auf den Deliktserfolg abzustellen ist, sondern die Straftat bereits vollständig verwirklicht ist, bevor es zu einem Wettabschluss durch Aufrufen und Annehmen des Wettangebots über das Internet kommt, kommt es nicht an. Denn diese Ausführungen sind allenfalls dann von Interesse, wenn es ausschließlich um einen ausländischen Täter geht. Dies ist hier aber nicht der Fall. Ein grenzüberschreitendes abstraktes Gefährdungsdelikt dergestalt, dass die Tat ausschließlich im Ausland begangen wird und lediglich der Erfolg im Bundesgebiet eintritt, liegt hier nicht vor. Denn der (deutsche) Sportwettenanbieter ist, wie bereits dargelegt, als Veranstalter des Glücksspiels, also als Täter oder zumindest als Teilnehmer anzusehen. Deshalb kann die im Strafrecht strittige Frage, inwieweit der Erfolgsort bei abstrakten Gefährdungsdelikten eine Rolle spielt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl. 2006, Rdnr. 4 a zu § 9; Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, Rdnr. 6 zu § 9), unbeantwortet bleiben. Vielmehr ist die Straftat im Inland und nicht im Ausland begangen worden. Eine Straftat ist nämlich an dem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat (§ 9 Abs. 1 StGB). Dies ist der Ort, an welchem der Täter auf die Tatbestandserfüllung gerichtete Handlungen durch positives Tun vornimmt (Tröndle/Fischer, a.a.O., Rdnr. 3 zu § 9 StGB; Schönke/Schröder, a.a.O., Rdnr. 4 zu § 9 StGB). Nach § 9 Abs. 2 StGB ist die Teilnahme sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat. In beiden Fällen, also sowohl bei Täterschaft als auch bei Beihilfe zu einer Straftat im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB ist deshalb das Handeln des Sportwettenanbieters mit Sitz in Sachsen maßgeblich. Damit liegt der Ort der Tat in Deutschland und unterliegt dem deutschen Strafrecht. Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob der Server im Inland oder im Ausland steht, denn insofern bedient sich der Veranstalter der Sportwetten lediglich eines technischen Instruments, um seine Wetten europaweit anbieten zu können. Ebenfalls unbeachtlich ist, ob der ausländische Sportwettenanbieter, mit dem die Firma bwin e.K. zusammenarbeitet, einen Straftatbestand verwirklicht hat. Denn selbst wenn die Tat, nämlich die Veranstaltung unerlaubter Glücksspiele, nach dem Tatortrecht des ausländischen Wetthalters nicht mit Strafe bedroht ist, gilt für den im Inland handelnden Teilnehmer an einer Auslandstat das Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland. Das heißt, der Sportwettenanbieter macht sich auch dann strafbar, wenn die Veranstaltung von Sportwetten in Gibraltar legal ist (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., Rdnr. 10 zu § 9 StGB; Schönke/Schröder, a.a.O., Rdnr. 14 zu § 9 StGB).

d) Der Sportwettenanbieter, für den die Antragstellerin wirbt, ist schließlich auch nicht im Besitz einer behördlichen Erlaubnis für das Wettangebot. Nach bayerischem Landesrecht scheidet die Erteilung einer solchen Konzession von vornherein aus. Das Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (GVBl S. 226) enthält keine Regelung über privat veranstaltete Sportwetten. Die Veranstaltung solcher Wetten ist der staatlichen Lotterieverwaltung vorbehalten (Art. 2 StaatslotterieG). Eine Berufung auf die in Gibraltar erteilte Konzession ist nicht mit Erfolg möglich. Die in einem anderen Mitgliedsstaat der EU erteilte Konzession gilt nämlich nicht in Bayern. Ebensowenig kann sich der Sportwettenanbieter auf die in der ehemaligen DDR erteilte Gewerbeerlaubnis berufen. Auf die Ausführungen hierzu im Urteil des Senats vom 29. September 2004 (BayVBl. 2005, 241, bestätigt durch BVerwG vom 21.6.2006 NVwZ 2006, 1175) sowie im Beschluss vom 3. August 2006 (a.a.O.) wird Bezug genommen.

Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren führt zu keiner anderen Bewertung. Es ist bereits fraglich, ob die dem Inhaber der Firma bwin e.K. am 11. April 1990 "zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten in **** N********* , B**********straße **" erteilte Genehmigung auch für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten über das Internet gilt. Allerdings weist die Beschwerde zu Recht darauf hin, dass eine gewerberechtliche Genehmigung das Gewerbe als solches betrifft, nicht aber die einzelne Betätigungsform oder die Vertriebswege des Gewerbes. Selbstverständlich bleibt es dem Unternehmer überlassen, sich neuerer Technologien zu bedienen und diese für seine Geschäftstätigkeit zu nutzen. Allerdings ist dies nach Ansicht des Senats nur im Geltungsbereich der Erlaubnis, nämlich im Gebiet der neuen Bundesländer, möglich.

Die Erlaubnis nach DDR-Recht hat aber keine Geltung im Freistaat Bayern (BVerwG vom 21.6.2006 NVwZ 2006, 1175). Der Sportwettenanbieter ist deshalb nicht berechtigt, mit Kunden in anderen Bundesländern Sportwetten abzuschließen. Dies erfolgt aber über das Internet. Dabei vermittelt er nicht lediglich Sportwetten an sein Partnerunternehmen in Gibraltar, sondern tritt, wie oben bereits ausgeführt, selbst als Veranstalter von Sportwetten auf. Da Veranstaltungsort eines Glücksspiels alle Orte sind, an denen dem Publikum die Möglichkeit einer Beteiligung am Spiel verschafft wird, wird das Glücksspiel auch an dem Ort veranstaltet, wo der Nutzer des Internet das Wettangebot annimmt (OVG Bremen v. 7.9.2006 Nord ÖR 2006, 398; OVG NRW v. 14.5.2004 GewArch 2004, 339). Aus alledem ergibt sich, dass der sächsische Sportwettenanbieter, der mit Kunden in Bayern über das Internet Wettverträge abschließt, damit - unerlaubt - Sportwetten in Bayern veranstaltet. Steht damit fest, dass der Sportwettenanbieter in Bayern unerlaubte Glücksspiele veranstaltet, und damit den Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB verwirklicht, kommt es nicht mehr auf die in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Oktober 2006 (Az. 14 K 1711/06) aufgeworfene Frage, ob die DDR-Genehmigung überhaupt die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten umfasst, an. Der (nicht bestandskräftige) Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 6. September 2006, mit dem das Anbieten, Abschließen und Vermitteln von Sportwetten via Internet in Bayern ausdrücklich untersagt worden ist, spielt für das vorliegende Verfahren ebenso keine entscheidungserhebliche Rolle wie die Allgemeinverfügung der Regierung von Mittelfranken zu Sportwetten im Internet (Az.: DSA-1217-1/06, veröffentlicht im Bayer. Staatsanzeiger v. 11.8.2006).

e) Schließlich ist die Werbung der Antragstellerin für den Sportwettenanbieter auch nicht deshalb straffrei, weil dieser in Sachsen mit seiner dort erteilten Genehmigung ein Sportwettenbüro legal betreiben darf. Denn, wie die Antragstellerin selbst ausgeführt hat, ist der Umfang dieser Unternehmensbetätigung nur sehr gering. Den überwiegenden Anteil an seinem Gewerbebetrieb hat die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten über das Internet, unter anderem in und nach Bayern. Damit kann in der Beschwerde nicht argumentiert werden, die Antragstellerin werbe (nur) für die erlaubte Tätigkeit eines Sportwettenanbieters, vielmehr wirbt sie eben auch, insbesondere mit den Logos des Sportwettenanbieters, für seine unerlaubte Tätigkeit. Für die Tatbestandsverwirklichung des § 284 Abs. 4 StGB kommt es nicht darauf an, ob der Sportwettenanbieter ausschließlich unerlaubt Glücksspiele veranstaltet, ausreichend ist, dass er überhaupt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 284 Abs. 1 StGB erfüllt. Dies ist wie oben dargelegt der Fall.

f) Der angefochtene Bescheid begegnet auch im Hinblick auf die in Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit keinen Bedenken, nachdem das staatliche Sportwettmonopol in Bayern derzeit aufrecht erhalten werden darf.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. März 2006 (NJW 2006, 1261) verfassungsrechtlich grundsätzlich und verbindlich geklärt, welche Anforderungen das Grundrecht der Berufsfreiheit an die Einrichtung eines staatlichen Sportwettmonopols stellt und inwieweit die damit einhergehenden Beschränkungen gerechtfertigt sein können. Danach ist zwar das Bayerische Staatslotteriegesetz mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar (RdNr. 79). Die Unvereinbarkeit des Monopols mit Art. 12 Abs. 1 GG führt aber nicht zur Nichtigkeit der angegriffenen Rechtslage. Vielmehr ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich gehalten, den Bereich der Sportwetten neu zu regeln (RdNrn. 146, 149). Während der Übergangszeit bleibt die bisherige Rechtslage mit der Maßgabe anwendbar, dass der Freistaat Bayern unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits herzustellen hat (RdNr. 157). Das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, dürfen weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden (RdNr. 158). Dies muss in gleicher Weise für die Werbung gelten.

Der Senat geht davon aus, dass die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (a.a.O.) aufgestellten Anforderungen (unter RdNrn. 157 und 160) an das staatliche Wettverhalten gewahrt werden. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erscheint es dabei nur möglich, eine summarische Prüfung vorzunehmen. Auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse bestehen aber keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Freistaat Bayern ernsthaft gewillt ist, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in geeigneter Weise zeitnah umzusetzen und dies auch schon entsprechend in die Wege geleitet hat. Die von der Landesanwaltschaft Bayern vorgelegten Unterlagen (vgl. Schriftsatz vom 25.10.2006) belegen das ernsthafte Bemühen der Staatsregierung, den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an das staatliche Wettverhalten im Bereich der Sportwetten in der Übergangszeit zu entsprechen. Es besteht kein ernstlicher Zweifel daran, dass damit ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits unter Ausübung des Staatsmonopols andererseits hergestellt wird (vgl. BVerfG a.a.O. RdNr. 157) bzw. in weiten Teilen schon hergestellt wurde (siehe hierzu BayVGH vom 3.8.2006 a.a.O.; BVerfG v. 19.10.2006 Az. 2 BvR 2023/06).

3. Auch im Hinblick auf gemeinschaftsrechtliche Vorgaben begegnet die Verbotsverfügung keinen durchgreifenden Bedenken.

Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 29. September 2004 (a.a.O. S. 243) festgehalten, dass der in Bayern bestehende Erlaubnisvorbehalt für Glücksspiele durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt ist. Dies gelte sowohl für die Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG wie mit Art. 43 und 49 EG-Vertrag (EG). Hinsichtlich der grundsätzlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB mit Gemeinschaftsrecht habe sich auch durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 6. November 2003 in der Sache "Gambelli" (NVwZ 2004, 87) nichts geändert. An dieser Beurteilung wird inhaltlich bezogen auf das bestehende Staatsmonopol im Bereich der Sportwetten festgehalten (Beschluss v. 3.8.2006 a.a.O.).

Auch im Beschwerdeverfahren wurde nichts vorgebracht, was insoweit eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte.

Die Antragstellerin rügt, dass Anbieter aus anderen EU-Staaten im Gegensatz zu den Monopolanbietern keinen Zugang zu der nach § 284 StGB erforderlichen Genehmigung hätten, deshalb treffe § 284 StGB sie diskriminierend und sei nicht europarechtskonform. Dem ist entgegenzuhalten, dass die genannte Genehmigung nicht nur Anbietern aus anderen EU-Staaten, sondern auch deutschen Anbietern nicht erteilt werden kann. Anbieter aus EU-Mitgliedsstaaten sind deshalb per se nicht schlechter gestellt als Anbieter aus dem Bundesgebiet selbst. Insoweit findet tatsächlich keine Diskriminierung statt. Im übrigen wird die derzeitige bayerische Rechtslage und Praxis den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs in der Sache "Gambelli" (a.a.O.) gerecht. Die bestehenden Regelungen sind aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Hierzu zählen der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für den Bürger zu überhöhten Ausgaben für die Spiele ("Gambelli" Rdnr. 67). Auf die umfangreichen Ausführungen des Senats hierzu im Beschluss vom 3. August 2006 (a.a.O., S. 421 ff.) wird ausdrücklich Bezug genommen.

Das Vorbringen der Antragstellerin, es bestehe nach wie vor dasselbe Regelungsdefizit wie zur Zeit des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005, nachdem sich allenfalls einige tatsächliche Umstände geändert hätten, es eine normative Änderung im Hinblick auf die Verträglichkeit mit dem Gemeinschaftsrecht aber nicht gebe, greift ebenfalls nicht. Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2005 lässt sich diese Argumentation der Antragstellerin nämlich nicht entnehmen. In dieser Entscheidung wurde lediglich geprüft, ob die Ausgangsgerichte den Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes auch bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz ausreichend Rechnung tragen (Rdnr. 29). Dies hat das Bundesverfassungsgericht verneint, ohne jedoch weitere Vorgaben zu machen. Auch der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 6. November 2003 - Gambelli - ist das Erfordernis einer normativen Änderung nicht zu entnehmen. Der EuGH hatte auch nicht das ganze Monopol im Blick, sondern war ausschließlich mit der Vermittlung von Sportwetten ("Sammeln von Sportwetten") befasst.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen auch nicht dahingehend, dass "die Strafnorm" (gemeint ist § 284 StGB) nicht bestimmt genug ist und bereits vor der Tat als Norm bestehen muss. Beide Kriterien sind nach Ansicht des Senats erfüllt. § 284 StGB ist bereits mit dem 6. StrRG vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden und am 1. April 1998 in Kraft getreten. Die Norm bestand also lange vor der Begehung der Straftat des Werbens für unerlaubtes Glücksspiel. Die Tatbestandserfüllung steht auch in keinem Zusammenhang mit der Frage nach dem tatsächlichen Verhalten des Lotto- und Totoblocks. Entscheidend ist allein, ob Glücksspiele ohne die erforderliche Erlaubnis veranstaltet werden oder hierfür geworben wird. Die Kriterien hierfür sind eindeutig.

Aus dem Schreiben der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 4. April 2006 an den Bundesaußenminister lässt sich zugunsten der Antragstellerin ebenfalls nichts herleiten. Zwar stellt die Kommission darin die Vereinbarkeit von § 284 StGB mit der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EG in Frage. Das Schreiben stellt jedoch ersichtlich ab auf die Situation vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (a.a.O.) und der seither im Hinblick auf die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts stattgefundenen tatsächlichen Entwicklung. Der den ursprünglichen Zweifeln der Kommission zugrundeliegende Sachverhalt hat sich deshalb maßgeblich verändert.

Das Revisionsurteil des Oberlandesgerichts München vom 26. September 2006 (Az. 5 St RR 115/05) führt zu keinem anderen Ergebnis. Unbeschadet seiner fehlenden Bindungswirkung für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof lässt sich diesem Urteil keine strafrechtliche Beurteilung von Sportwetten auf der Basis der vom Bundesverfassungsgericht am 28. März 2006 (a.a.O.) gewährten Übergangsregelung in Verbindung mit den vom Freistaat Bayern seither getroffenen Maßnahmen entnehmen.

Aus den dargelegten Gründen folgt der Senat auch nicht der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 21. September 2006 sowie der Rechtsansicht des Rechtsanwalts Prof. Dr. Scholz in der von der Antragstellerin übergebenen Anlage B 12 zu ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 2006.

Schließlich lässt sich auch der Entscheidung des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 (Az. B 10-92713-Kc 148/05) nichts anderes entnehmen. Denn das Bundeskartellamt hat sich nicht mit Sportwetten sondern ausschließlich mit dem Lottoangebot der Bundesländer befasst.

4. Schließlich ist auch die vom Verwaltungsgericht getroffene Abwägungsentscheidung nicht zu beanstanden. Der Senat ist entgegen der Beschwerde nicht der Auffassung, die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts sei rechtlich defizitär.

Angesichts der geringen Erfolgsaussichten in der Hauptsache erscheint es grundsätzlich sachgerecht, dass die Interessenabwägung zugunsten des Vollziehungsinteresses ausfällt.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (a.a.O.) und nach Erfüllung der dort vorgesehenen Maßgaben darf die Vermittlung nicht vom Freistaat Bayern veranstalteter Sportwetten in der Übergangszeit bis 31. Dezember 2007 als verboten angesehen werden. Der Senat hat in zahlreichen Entscheidungen keine durchgreifenden Zweifel daran geäußert, dass der Freistaat Bayern ernsthaft gewillt ist, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in geeigneter Weise zeitnah umzusetzen und dies auch schon entsprechend in die Wege geleitet hat (Beschluss vom 3.8.2006 a.a.O.). Die dem Senat übersandten Ordner zur Dokumentation der von Oddset betriebenen Werbung sind insoweit überholt, als in diesen das Monitoring zum Glücksspielmarkt für die Zeit Juli bis Mitte August 2006 dargestellt ist. Demgegenüber hat der Freistaat Bayern kontinuierlich Maßnahmen gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts durchgeführt. Insoweit wird auf die vom Beteiligten vorgelegte Maßnahmendarstellung ODDSET vom 2. Oktober 2006 Bezug genommen. Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seinem Beschluss vom 19. Oktober 2006 (Az. 2 BvR 2023/06 <Juris>) davon aus, dass der Freistaat Bayern bereits entsprechend den Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits hergestellt hat. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass während der derzeitigen Übergangssituation von Verfassungs wegen nur ein Mindestmaß an Konsistenz verlangt ist und nicht eine Erfüllung aller Maßnahmen, die für die vom Gesetzgeber zu schaffende neue Regelung gelten (vgl. Rdnr. 19). Am Sofortvollzug des Werbeverbots besteht unter diesen Voraussetzungen ein besonderes öffentliches Interesse (vgl. Rdnr. 21).

Im vorliegenden Fall stehen diesen öffentlichen Belangen keine gleichgewichtigen beachtlichen Interessen entgegen. Die streitige Werbetätigkeit wurde aufgenommen, obwohl der Sportwettenanbieter ohne behördliche Erlaubnis gehandelt hat. Ein möglicher wirtschaftlicher Vorteil, der aus einer strafbaren Handlung resultieren würde, kann keinen besonderen Schutz genießen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Antragsteller hat die Kosten der erfolglos eingelegten Beschwerde zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1 und 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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