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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.06.2006
Aktenzeichen: 25 B 04.30070
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 60
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

25 B 04.30070

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Verfahrens nach dem AsylVfG;

hier: Berufung des Beteiligten zu 1 gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. April 1996,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 25. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schechinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dachlauer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Petz

ohne mündliche Verhandlung am 29. Juni 2006 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. April 1996 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der im Jahre 1967 geborene Kläger ist togoischer Staatsangehöriger. Nach seinen Angaben verließ er Togo im Mai 1992, reiste am 13. Mai 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte dort Asyl.

Mit Bescheid vom 12. Januar 1994 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - heute: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist und dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen.

Auf die hiergegen erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids zu der Feststellung, dass einer Abschiebung des Klägers nach Togo Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG entgegenstehen. Im übrigen wies es die Klage ab.

Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten (Bundesbeauftragter) legte die zugelassene Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung ein.

Der Senat hat die Streitsache am 23. Oktober 1996 und am 18. Juni 2003 mündlich verhandelt und zu den vom Kläger behaupteten Gründen für seine Flucht aus Togo Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amts. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Auskünfte vom 7. Oktober 1999 (mit Anlagen) und vom 3. Dezember 1999 Bezug genommen, wegen des Gangs der mündlichen Verhandlungen auf die Sitzungsniederschriften vom 23. Oktober 1996 und 18. Juni 2003.

Mit Urteil vom 18. Juni 2003 gab der Verwaltungsgerichtshof der Berufung des Bundesbeauftragten statt. Das Bundesverwaltungsgericht hob dieses Urteil wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurück (BVerwG vom 11.12.2003 Az. 1 B 224.03).

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten, insbesondere auf das angefochtene Urteil, den Bescheid des Bundesamts und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2003 verwiesen.

II.

Der Senat kann über die Berufung des Bundesbeauftragten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entscheiden, weil er sie nach Anhörung der Beteiligten einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger, dessen übrige Klageansprüche bereits rechtskräftig abgewiesen worden sind (siehe VG Ansbach vom 23.4.1996 Az. AN 12 K 94.32791 und BayVGH vom 17.9.1996 Az. 25 AA 96.32992), hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 und 4 AuslG, also gemäß jetziger Rechtslage des § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG (vom 30.7.2004, BGBl I S. 1950, in Kraft getreten am 1.1.2005, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.6.2005, BGBl I S. 1818).

1. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter unterworfen zu werden. Er darf nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 682) - EMRK - auch dann nicht in sein Heimatland abgeschoben werden, wenn ihm dort unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Voraussetzung für eine Schutzgewährung nach diesen Vorschriften ist das Bestehen einer individuellen konkreten Gefahr, die im Grundsatz auf den asylrechtlichen Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit verweist; das Element der Konkretheit der Gefahr kennzeichnet jedoch das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation (vgl. BVerwG vom 5.7.1994 DVBl 1995, 565). Im Unterschied zum Asylrecht ist dieser Maßstab auch dann anzulegen, wenn der Ausländer bereits entsprechende Eingriffe vor seiner Einreise ins Bundesgebiet erlitten hat (vgl. BVerwG vom 4.6.1996 InfAuslR 1996, 289; BVerwGE 99, 324). Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG).

Gemessen hieran besteht für den Kläger - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - keine konkrete Gefahr, bei einer Rückkehr nach Togo der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden. Weder die behaupteten politischen Aktivitäten des Klägers in Togo noch seine Asylantragstellung in Deutschland noch seine exilpolitischen Tätigkeiten legen eine entsprechende Gefährdung mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit nahe.

Eine wesentliche Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (die im Grundansatz mit der Judikatur der anderen Oberverwaltungsgerichte übereinstimmt, vgl. z.B. OVG SH vom 30.1.2003 Az. 4 L 19/01; OVG MV vom 4.7.2002 Az. 2 L 138/99) ist die Erkenntnis, dass die Behandlung von Rückkehrern durch das togoische Regime von Rücksichtnahme auf das westliche Ausland geprägt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 30. März 1999 (Az. 25 BA 95.34283) unter Fortführung der früheren Rechtsprechung (vgl. insbesondere BayVGH vom 14.1.1997 Az. 25 BA 96.31993) ausführlich dargelegt, dass togoischen Asylbewerbern in Deutschland im Falle einer Abschiebung in ihr Heimatland deshalb in aller Regel weder politische Verfolgung im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) noch Folter noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen (§ 53 Abs. 1 AuslG - jetzt § 60 Abs. 2 AufenthG -, § 53 Abs. 4 AuslG - jetzt § 60 Abs. 5 AufenthG - i.V.m. Art. 3 EMRK). Nur bei Vorliegen einer besonderen Konstellation im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn der Herrschaftsanspruch des Regimes durch eine Person als konkret gefährdet angesehen werden müsste, können Verfolgungsmaßnahmen beachtlich wahrscheinlich sein.

Es gibt keinen Anlass, diese Einschätzung nach dem Tod von Staatspräsident Eyadema zu ändern. Nach dem letzten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2006 hat sich die Lage in Togo nach anfänglichen Unruhen nach der Vereidigung des neuen Präsidenten Faure Gnassingbé wieder beruhigt. Hinweise darauf, dass aus Deutschland zurückgeführte togoische Staatsangehörige Opfer staatlicher Repressionen wurden, gibt es nach wie vor nicht. Gegenüber dem Auswärtigen Amt ist zwar in der Vergangenheit in mehreren Fällen vorgetragen worden, verschiedene aus Deutschland rückgeführte togoische Staatsangehörige seien nach ihrer Rückkehr Opfer staatlicher Repression geworden. Obwohl das Auswärtige Amt allen Behauptungen dieser Art nachgegangen ist, haben sie sich aber in keinem Fall bewahrheitet (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 15.7.2005 und 23.2.2006). Die gemachten Erfahrungen, dass die togoischen Behörden in der Regel um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht sind, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben, bestätigen sich daher auch nach dem Wechsel im Präsidentenamt (Auswärtiges Amt, a.a.O.). Das offenbar nur an der Spitze neue Regime in Togo verfolgt also ebenso wie das alte unverändert die Strategie, sein Ansehen im westlichen Ausland zu verbessern (vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O.), solange nicht seine Machtstellung in konkrete Gefahr gerät. Eine Änderung dieser langjährigen Praxis ist nicht erkennbar (auch das Institut für Afrikakunde, Stellungnahme vom 1.9.2005 an VG Braunschweig, S. 4, geht davon aus, dass sich in absehbarer Zeit der Charakter des Regimes nicht ändern wird, wenngleich die dortige Einschätzung der Gefährdungssituation in Togo mit der des Senats nicht übereinstimmt). In aller Regel sieht sich das Regime demnach durch Rückkehrer offensichtlich nicht bedroht. Deshalb hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass nur bei Vorliegen einer besonderen Konstellation im Ausnahmefall, wenn der Herrschaftsanspruch des Regimes durch eine Person als konkret gefährdet angesehen werden müsste, Verfolgungsmaßnahmen beachtlich wahrscheinlich sein könnten.

2. Entsprechende besondere persönliche Umstände ergeben sich nicht aus den behaupteten politischen Aktivitäten des Klägers vor seiner Ausreise aus Togo.

Aus der bloßen Mitgliedschaft des Klägers bei der Oppositionspartei PDR und dem Parteienbündnis COD II (Collectif de l'Opposition Democratique) kann keine konkrete Gefahrenlage für ihn hergeleitet werden. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die einfache Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei als Grund für eine beachtlich wahrscheinliche Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung ausscheidet (vgl. BayVGH vom 30.3.1999 a.a.O.); Tatsachen, die gegen die Richtigkeit dieser Annahme sprechen könnten, haben sich bis heute nicht ergeben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 23.2.2006). Entgegen seiner früheren Behauptung im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist der Kläger auch nicht wegen seiner Mitgliedschaft bei der PDR im November 1990 verhaftet und geschlagen worden. Er hat diese Aussage im Berufungsverfahren korrigiert und vorgetragen, dass der genannte Vorfall sich bei einem Streik der Fahrer ereignet habe. Hält man seine nunmehrige Version für zutreffend und unterstellt als wahr, dass er bei dem am 26. November 1990 in Togo stattgefundenen Streik von Taxi- und Busfahrern (vgl. Archiv der Gegenwart vom 8.12.1990 S. 35137) von Soldaten festgenommen, gefoltert und verletzt worden sei, so ergibt sich hieraus zum heutigen Zeitpunkt für ihn keine von staatlicher Seite drohende Gefahr mehr. Es besteht nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger im Zusammenhang mit den damaligen Vorfällen, die sich vor über 15 Jahren abspielten, erneut mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung rechnen müsste.

Was den Vortrag des Klägers betrifft, er habe im Auftrag der PDR während der Nationalkonferenz in Togo im Juli/August 1991 Videoaufnahmen gefertigt, von denen er eine mit nach Deutschland genommen habe, lässt sich hieraus ebenso wenig eine gegenwärtig drohende Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung ableiten. Unterstellt man die Aufnahme des Videos und dessen Inhalt, wie er vom Kläger in seinem Schreiben vom 5. Februar 1999 wiedergegeben wird, als wahr, so wurde die togoische Regierung während der Konferenz beschuldigt, für im einzelnen geschilderte Missstände und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zu sein. Der Kläger war nach seinen eigenen Angaben an diesen regimekritischen Anschuldigungen aber nicht selbst beteiligt, sondern auf seine rezeptive Rolle als Videofilmer beschränkt. Dass diese Betätigung ihn zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer vom togoischen Staat ausgehenden konkreten Gefahrenlage aussetzen würde, ist nicht beachtlich wahrscheinlich. Zwar konnten nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts Personen, die in Togo Zeugen schwerer Menschenrechtsverletzungen wurden, von staatlichen Repressionen betroffen sein (vgl. Lagebericht vom 2.10.2002). Vorliegend war der Kläger jedoch nicht Zeuge von Menschenrechtsverletzungen, sondern lediglich Zeuge der Anprangerung von Menschenrechtsverletzungen und steht daher in keinem unmittelbaren Bezug zu diesen angeprangerten Ereignissen. Er hat auch nicht behauptet, dass die Videoaufnahmen während der Nationalkonferenz offiziell untersagt gewesen seien und ihm deshalb wegen Nichtbeachtung eines Dokumentationsverbots staatliche Maßnahmen drohen würden. Schließlich spricht entscheidend gegen eine aktuell bestehende Gefahrensituation für den Kläger, dass seit den Vorkommnissen auf der Nationalkonferenz mittlerweile fast 15 Jahre vergangen sind und diesen den Demokratisierungsprozess in Togo einleitenden Ereignissen für den gegenwärtigen Machterhalt des Regimes keine Bedeutung mehr zukommt. Wenn der Kläger dennoch glaubt, wegen des Besitzes der Videokassette bei einer Rückkehr nach Togo gefährdet zu sein, so kann er im Übrigen der von ihm befürchteten Gefahr dadurch entgehen, dass er die Kassette an einem sicheren Ort außerhalb Togos aufbewahrt.

Soweit der Kläger behauptet, er sei bei einer Rückkehr nach Togo deshalb gefährdet, weil er am 4. Mai 1992 einen versuchten Anschlag auf den togoischen Oppositionspolitiker Gilchrist Olympio fotografiert und am 5. Mai 1992 an dem Konvoi dieses Politikers von Sokodé nach Soudou teilgenommen habe, bei dem ein Attentat auf Gilchrist Olympio verübt wurde, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Seine diesbezüglichen Angaben weisen gravierende Widersprüche auf und sind deshalb unglaubhaft. Sie stehen darüber hinaus - was bestimmte Einzelheiten betrifft - nicht in Einklang mit den vom Senat in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amts vom 7.10.1999 an BayVGH mit Anlagen). So will der Kläger nach seiner ursprünglichen Einlassung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als Chauffeur mit seinem eigenen Wagen an dem Konvoi vom 5. Mai 1992 beteiligt gewesen sein und im Anschluss an das Attentat einen Verkehrsunfall mit schweren Verletzungen erlitten haben. Demgegenüber hat er in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2003 behauptet, zunächst in seinem Taxi und anschließend in einem Minibus als Beifahrer und Fotograf im Konvoi mitgefahren zu sein; von einem Verkehrsunfall des Busses oder eigenen Verletzungen des Klägers war hierbei nicht die Rede. Widersprüchlich sind ferner die Angaben des Klägers über sein Taxi, das den Konvoi begleitet habe. Einerseits hat er in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 1996 ein Foto des angeblich im Konvoi eingesetzten eigenen Fahrzeugs, das mit einem Stufenheck versehen ist, vorgelegt. Andererseits hat er in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2003 behauptet, dieser Wagen habe kein Stufenheck, sondern ein abgerundetes Heck mit Heckklappe aufgewiesen. Auffallend ist auch, dass der Kläger im Verlauf des Verfahrens unterschiedliche Daten für seine Ausreise aus Togo genannt hat. Während er in der Niederschrift der Ausländerbehörde zu seinem Asylbegehren vom 17. August 1992 als Ausreisedatum den 5. Mai 1992 angegeben hat, will er nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2003 Togo erst am 8. Mai 1992 verlassen haben. Schließlich weichen auch die Angaben des Klägers zum Verbleib seines Passes im Verfahrensverlauf voneinander ab. So hat er bei der Ausländerbehörde behauptet, sein Pass und sein Personalausweis seien in Brüssel gestohlen worden, während er in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, der Pass sei von einem Autohändler einbehalten worden, mit dem er nach Europa gereist sei. Der Kläger war nicht in der Lage, die dargestellten erheblichen Widersprüche und Ungereimtheiten seines Sachvortrags auf Vorhalt des Gerichts zu klären, sondern hat sich in bloße unsubstantiierte Schutzbehauptungen geflüchtet. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass der Kläger insoweit keine eigenen Erlebnisse geschildert hat, sondern lediglich die in Togo allgemein bekannten Vorfälle vom 5. Mai 1992 benutzt hat, um ein subjektives Verfolgungsgeschehen zu konstruieren. Erhärtet wird dies noch dadurch, dass einige Details der klägerischen Schilderung nicht den objektiven Tatsachen entsprechen, wie sie in den Anlagen der Auskunft des Auswärtigen Amts vom 7. Oktober 1999 enthalten sind. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2003 behauptet, in seinem beim Konvoi vom 5. Mai 1992 mitgeführten Taxi, einem Toyota/Daihatsu, seien im Zusammenhang mit dem Attentat Tote zu verzeichnen gewesen, unter anderem sein Onkel *******. In den vom Auswärtigen Amt vorgelegten Unterlagen ist jedoch unter den vier namentlich genannten Toten keine Person dieses Namens erwähnt. Im Übrigen befanden sich die Toten - laut dem vorgelegten Protokoll der örtlichen Gendarmeriestelle und der vorgelegten Darstellung von Gilchrist Olympio in der Zeitschrift "Focus on Africa" - nicht in einem Toyota/Daihatsu, sondern in Fahrzeugen der Marke Mitsubishi und Peugeot sowie im Wagen von Gilchrist Olympio.

3. Aus der Asylantragstellung des Klägers oder den von ihm geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten ergeben sich ebenfalls keine besonderen persönlichen Umstände, die eine konkrete Gefahr von Folter oder einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung auslösen könnten.

Dass allein die Asylantragstellung in Deutschland keine der in § 60 Abs. 2 und 5 AufenthG (damals noch: § 53 Abs. 1 AuslG, § 53 Abs. 4 AuslG) i.V.m. Art. 3 EMRK bezeichneten Gefahren auslöst, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. März 1999 (a.a.O.) ausführlich dargelegt; hierauf wird verwiesen. Aber auch die behaupteten exilpolitischen Aktivitäten des Klägers (Mitglied der A.R.T.B. und dortige Funktion als Reporter der Kommission für Organisation und Information, Mitglied der PDR Deutschland, Organisation und Teilnahme an politischen Veranstaltungen, Dokumentation einzelner Veranstaltungen durch Videoaufnahmen, Mitunterzeichnung von Petitionen an den ehemaligen togoischen Staatspräsidenten und deutsche Behörden, Mitunterzeichnung eines regimekritischen Beitrags in einer togoischen Zeitschrift, Verbreitung einer von ihm verfassten regimekritischen Broschüre in Togo und im Ausland, Teilnahme an einer Demonstration auf der EXPO 2000 mit Herstellung von Videoaufnahmen) begründen keine besondere Konstellation, in der nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Gefahr von Folter oder sonstiger menschenrechtswidriger Behandlung wahrscheinlich wird.

Der Kläger ist exilpolitisch nicht in einer Weise hervorgetreten, die ihn als ernstzunehmende Bedrohung für den Machtanspruch des togoischen Regimes erscheinen lässt. Das gilt nicht nur für seine Mitgliedschaft in mehreren Exilorganisationen, sondern insbesondere auch für die Teilnahme an der Demonstration auf der EXPO 2000. Es kann dabei unterstellt werden, dass diese Aktion die erhöhte Aufmerksamkeit des Regimes hervorgerufen hat. Dies ist aber nicht entscheidungserheblich, weil - wie in den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs dargelegt - die oppositionelle Betätigung als solche nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgung führt. Die von der Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs abweichende Beurteilung einiger Auskunftsstellen, was die Verfolgungswahrscheinlichkeit wegen exilpolitischer Betätigung betrifft, ist dem Senat allerdings bekannt. Seit Jahren vertritt der UNHCR die Auffassung, dass bereits wenig profilierte Exiloppositionelle gefährdet sind (vgl. z.B. UNHCR vom 10.12.1998 an VG Oldenburg), auch amnesty international erachtet die aktive Auslandsopposition als von staatlichen Zwangsmaßnahmen bedroht (vgl. z.B. amnesty international vom 11.10.1999 an OVG Hamburg). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem oben genannten Urteil vom 30. März 1999 ausführlich mit der Meinung des UNHCR auseinandergesetzt und auch zur Tragfähigkeit der von amnesty international berichteten Referenzfälle (amnesty international vom 28.11.1998) Stellung genommen (vgl. AU S. 11 ff., 14 f.). Im Ergebnis ist er dabei zu der Auffassung gelangt, dass weder der Rang einer Person in der exilpolitischen Hierarchie noch der Bekanntheitsgrad in Togo als Kriterien der Verfolgungswahrscheinlichkeit maßgeblich sind, sondern eine Gefährdung von Rückkehrern aus Deutschland unabhängig von ihrer Prominenz nur dann wahrscheinlich werden kann, wenn das Regime den Eindruck gewinnen muss, dass durch eine Person der Herrschaftsanspruch des Staatspräsidenten konkret bedroht ist. Die abweichende Meinung der genannten Auskunftsstellen, die diese Auffassung schon im Ansatz nicht teilen, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht für überzeugend gehalten.

Es gibt keinen vernünftigen Grund zu der Annahme, das togoische Regime müsse den Kläger aufgrund der oben geschilderten Aktivitäten als ernsthafte Bedrohung seines Machtanspruchs betrachten und es daher für unabweisbar halten, gerade in seinem Fall im Gegensatz zur sonst geübten Rücksichtnahme auf das westliche Ausland Maßnahmen zur Herrschaftssicherung außerhalb der Legalität zu ergreifen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Kläger offenkundig nicht zu der extremistischen, gewaltbereiten Opposition oder zu den aus politischen Gründen desertierten Angehörigen der Sicherheitskräfte oder einer vergleichbaren Gruppe gehört, für die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (vgl. z.B. Lagebericht vom 23.11.2001 und zuletzt vom 23.2.2006) möglicherweise eine Gefährdung angenommen werden müsste. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Demonstration auf der EXPO 2000 den damaligen Staatspräsidenten verärgert hatte. Es ist nämlich ganz offensichtlich, dass diese Aktion nicht Ausdruck einer dem Kläger zukommenden Machtposition ist, die für den ehemaligen Staatspräsidenten gefährlich werden hätte können. Bei der dargelegten Motivationslage des Regimes, dem westlichen Ausland gegenüber bei der Behandlung von Rückkehrern ein möglichst korrektes Auftreten zu demonstrieren, ist deshalb eine Gefährdung des Klägers nicht wahrscheinlich. Dies gilt, entgegen der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg angedeuteten Auffassung (vgl. VGH BW vom 22.11.2000 - A 13 S 1205/97) auch dann, wenn sich der Kläger nicht nur vor den Toren der EXPO, sondern im Ausstellungsgelände selbst aufgehalten haben sollte (vgl. BayVGH vom 10.4.2003 Az. 25 B 01.30958). Anzumerken bleibt, dass selbst nach Auffassung des UNHCR für gewöhnliche Demonstrationsteilnehmer bereits wenige Monate nach der EXPO eine ernst zu nehmende Gefährdung bei einer Rückkehr nach Togo nicht mehr bestand (vgl. Stellungnahme des UNHCR vom 16.8.2001 an VG Hamburg). Im Übrigen ist nach diesem Vorfall im Oktober 2000 auch keine Änderung der von den togoischen Behörden geübten Praxis gegenüber aus Deutschland zurückkehrenden Asylbewerbern feststellbar gewesen (vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 17.1.2001 an VG Aachen, vom 7.2.2001 an VG Hamburg und vom 4.4.2001 an VG Gera).

Die Gefahr von Folter oder sonstiger menschenrechtswidriger Behandlung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, er habe eine von ihm aufgenommene Videoaufnahme von der Demonstration bei der EXPO einem Freund in Togo überbringen lassen, der, nachdem er die Aufnahmen im Kreis von Bekannten gezeigt gehabt habe, denunziert und von Sicherheitskräften gesucht worden und inzwischen gleichfalls nach Deutschland geflüchtet sei, und es sei davon auszugehen, dass er als Urheber der Videokassette ermittelt worden sei. Der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof diesen Vortrag in seinem Berufungsurteil vom 18. Juni 2003 als wahr unterstellt und für den Fall des Klägers als unerheblich erachtet hatte, verletzte den Kläger nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat gemäß § 144 Abs. 6 VwGO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, zwar in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil das Berufungsgericht nicht erkennen lassen hat, "dass und aus welchen Gründen das entsprechende Vorbringen des Klägers als wahr unterstellt werden kann und mithin nicht entscheidungserheblich sein soll". Diese rechtliche Beurteilung hindert den Senat indes nicht, den fraglichen Vortrag des Klägers auch jetzt im Ergebnis als wahr zu unterstellen, sofern hierfür tragfähige Gründe angeführt werden können. Solche Gründe sieht der Senat auf der Grundlage seiner ständigen Rechtsprechung als gegeben an.

Der fragliche Vortrag des Klägers, sein Freund sei "von Sicherheitskräften gesucht" worden, ist von vornherein nur sehr vage gehalten; substantiierte Aussagen dazu, mit welcher Behandlung der Freund nach Auffassung des Klägers zu rechnen gehabt hätte, insbesondere ob und welche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass gegebenenfalls auch Maßnahmen außerhalb der Legalität ergriffen worden wären, falls die Sicherheitskräfte des Freundes habhaft geworden wären, enthält der Vortrag nicht. Aber selbst wenn man ungeachtet des vagen, über Andeutungen nicht hinausgehenden Charakters dieses Vortrags zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt, dass die Videovorführung für die Sicherheitskräfte Anlass gewesen wäre, den Freund im Falle seiner Ergreifung zu foltern oder sonst menschenrechtswidrig zu behandeln, erlaubt dieses vorgestellte Szenario noch keine Rückschlüsse auf eine ebenfalls drohende entsprechende Behandlung des Klägers im Falle seiner Rückführung nach Togo. Denn - wie ausgeführt - ist die Behandlung von Rückkehrern durch das togoische Regime nach ständiger Rechtsprechung des Senats von besonderer Rücksichtnahme auf das westliche Ausland geprägt, während eine ähnliche Zurückhaltung hinsichtlich der in Togo lebenden Menschen ohne Rückkehrerstatus nicht zu beobachten ist. Wird also eine in Togo lebende Person aus einem bestimmten Grund menschenrechtswidrig behandelt, lässt dies noch keinen Rückschluss darauf zu, dass ein Rückkehrer wegen desselben Grundes ebenso behandelt würde; hiervon ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats vielmehr nur dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auszugehen, wenn der Herrschaftsanspruch des Regimes durch den Rückkehrer als gefährdet angesehen wird. Solche besonderen Umstände liegen in der Person des Klägers aber - wie ausgeführt - nicht vor. Auch der Vortrag des Klägers, er habe eine Videoaufnahme über die regimekritische Demonstration bei der EXPO angefertigt, exponiert ihn nicht in dieser Weise. Es ist nicht ersichtlich, dass das Regime in Togo seinen Herrschaftsanspruch aufgrund der behaupteten Anfertigung einer Videoaufnahme über die regierungskritische Demonstration bei der EXPO als gefährdet ansehen könnte; es spricht nichts dafür, dass der Kläger aus der Sicht des Regimes allein wegen der behaupteten Herstellung einer Videokassette selbst zum exponierten Regime-Gegner geworden ist, der den Herrschaftsanspruch des Regimes tangieren könnte. Insoweit kann auf die Gründe zu den angeblichen Videoaufnahmen des Klägers während der Nationalkonferenz im Juli/August 1991 verwiesen werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass sich der auf der EXPO anwesende ehemalige Präsident Eyadema nach Einschätzung verschiedener Auskunftsstellen persönlich gekränkt gefühlt habe. Selbst wenn man unterstellt, dass dies für den Präsidenten seinerzeit Anlass gewesen sein könnte, Protagonisten der Demonstration gezielt herauszugreifen, geht der Senat davon aus, dass dieser persönliche Aspekt jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine Rolle mehr spielt, nachdem Präsident Eyadema zum einen verstorben ist und die EXPO 2000 zum anderen mittlerweile über fünf Jahre zurückliegt. Dies gilt umso mehr, als kein einziger Fall einer Verfolgung wegen Teilnahme an der Demonstration auf der EXPO bekannt geworden ist. Aus diesen Gründen, die in der Sache bereits dem Berufungsurteil vom 18. Juni 2003 zugrundegelegen haben, die nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts dort aber nicht hinreichend offen gelegt worden waren, geht der Senat unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers zur angeblichen Gefährdung wegen der Videoaufnahme bei der EXPO nach wie vor davon aus, dass das Regime in Togo auch in diesem Fall auf das westliche Ausland besondere Rücksicht nehmen und den Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Togo grundsätzlich korrekt behandeln wird. Eine menschenrechtswidrige Behandlung des Klägers in Togo zeichnet sich auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers zu den Vorgängen anlässlich der Videovorführung seines Freundes in Togo nicht ab. Der Vortrag kann deshalb als wahr unterstellt werden; der in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2003 hierzu gestellte Beweisantrag (Nr. 7) kann auf dieser Grundlage ohne Gehörsverstoß mangels Entscheidungserheblichkeit abgelehnt werden.

Der Berufung war deshalb im Ergebnis unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils stattzugeben; die Klage war abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; da die Entscheidung über Kosten des Beschwerdeverfahrens nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2003 der Kostenentscheidung in der Hauptsache folgt, trägt der Kläger auch diese Kosten. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Beschlusses richtet sich nach § 167 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Abweichend davon können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.



Ende der Entscheidung

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