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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.10.2005
Aktenzeichen: 3 B 02.1532
Rechtsgebiete: BayVwVfG, BRRG, BBVAnpG 99


Vorschriften:

BayVwVfG Art. 32
BRRG § 126 Abs. 3
BBVAnpG 99 Art. 9 § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

3 B 02.1532

In der Verwaltungsstreitsache

wegen amtsangemessener Besoldung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Mai 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19. Oktober 2005

am 24. Oktober 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Jahr 1952 geborene Kläger steht im Dienst des Beklagten, seit dem 1. Mai 1992 als Steueramtmann (Besoldungsgruppe A 11)). Er ist verheiratet und hat drei Kinder, von denen das jüngste (Simon) am 26. September 1992 geboren wurde; alle waren bis zum Ende des Jahres 1998 als kindergeldberechtigend bei der Besoldung zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Entscheidung vom 22.3.1990, BVerfGE 81, 363 ff.) zur Höhe der familienbezogenen Anteile der Alimentation der Beamten für den Zeitraum vom 1. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1981 und ihrer möglichen Auswirkungen aus damaliger Sicht für die Zukunft erließ das Bayerische Staatsministerium der Finanzen (StMF) ein Schreiben vom 21. Dezember 1990 (künftig: FMS), das unter anderem an die Staatskanzlei, die Staatsministerien sowie die nachgeordneten Behörden des eigenen Ressorts gerichtet war. Der einleitende Absatz und der nachfolgende Abschnitt lauten wie folgt (wobei die zur Verbesserung der Zitierfähigkeit eingefügten Nummerierung der Absätze und Sätze im Original nicht enthalten ist):

"Zu den Bundesverfassungsgerichtsbeschlüssen vom 22.3.1990 - 2 BvL 1/86 - und vom 29.5.1990 - 1 BvL 20/84, 25/84, 4/86 - wird auf folgendes hingewiesen:

I. Verfassungswidrigkeit der kinderbezogenen Teile des Ortszuschlags

[1] Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Art. I § 1 Nr. 8 i.V.m. Anlage 2 sowie Art. VIII § 4 Abs. 1 des Siebenten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern vom 20. März 1979 mit Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, soweit der Gesetzgeber es unterlassen hat, die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile bei verheirateten Beamten der Besoldungsgruppe A 11 mit mehr als 2 Kindern zum 1. Januar 1977 in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festzusetzen.

[2] 1Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3.1990 beschränkt sich auf einen konkreten Fall, d. h. auf einen konkreten Zeitraum vom 1.1.1977 bis 31.1.1981. 2Zum damaligen Zeitpunkt gab es nur einen einheitlichen Familienlastenausgleich, d. h. es wurde ein vom Elterneinkommen unabhängig gestaffeltes Kindergeld gezahlt, aber kein Kinderfreibetrag gewährt. 3Zudem wurde in der Zeit vom 1.3.1978 bis 31.12.1978 der kinderbezogene Teil nur in den Stufen 5 und höher des Ortszuschlags erhöht. 4Für das dritte Kind (Stufe 5) wurde der Ortszuschlag im Vergleich zur vorangegangenen Regelung von DM 37,75 auf DM 90, für das vierte und fünfte Kind von je DM 71,55 auf DM 110 etc. erhöht. 5Heute dagegen gilt wieder das duale System, d.h. es werden Kinderfreibeträge (zur Zeit in Höhe von DM 3.024) und Kindergeld nebeneinander gewährt. 6Zusätzlich wurden 1985 einheitliche Kinderanteile im Ortszuschlag (zur Zeit in Höhe von DM 126,44 pro Kind) eingeführt.

[3] 1Die Besoldungsrechtslage nach dem 31.1.1981 war nicht entscheidungserheblich. 2Es wurde dem Gesetzgeber aber in dem Beschluss nahe gelegt, dass die Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung vorgelegten Vorschriften nicht ohne Folgen für spätere Regelungen bleiben kann. 3Hierbei geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass eine allgemeine Korrektur der für verfassungswidrig erklärten Regelung nur für den Zeitraum in Betracht kommt, der mit dem Haushaltsjahr beginnt, in dem durch die verfassungsgerichtliche Entscheidung die Verfassungswidrigkeit festgestellt worden ist, d. h. ab dem Jahr 1990 (vgl. S. 30).

[4] Insoweit müssen weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden.

[5] 1In Besprechungen zwischen dem Bundesminister des Innern und den Ländern wird demnächst geklärt, ob die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch auf die heutige Rechtslage zutreffen. 2Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass bei der Bedarfsfeststellung bezüglich der entsprechenden familiengerechten Besoldung betragsmäßig auch die an alle gewährten staatlichen Sozialleistungen, wie Kindergeld und die im Steuerrecht gewährten Kinderfreibeträge mitberücksichtigt werden dürfen. 3Demgemäß muss erst abgewartet werden, welche Regelung der Gesetzgeber hinsichtlich der Bundesverfassungsgerichtsbeschlüsse vom 29.5.1990 zum Kindergeld und Kindergeldfreibetrag trifft.

[6] 1Für den Zeitraum 1.1.1982 bis 31.12.1989 muss ebenfalls erst geklärt werden, ob und vor allem welche Korrektur der kinderbezogenen Ortszuschlagsregelung sich als notwendig erweist. 2Eine besoldungsrechtliche Komponente ist hierbei ab 1983 abhängig von den rückwirkenden Änderungen beim Kinderfreibetrag und Kindergeld. 3Eine Korrektur kann sich hierbei laut Bundesverfassungsgericht (vgl. S. 30) auf "diejenigen Beamten beschränken, welche den ihnen von Verfassung wegen zustehenden Anspruch auf amtsangemessene Alimentation zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. 4Die gesetzliche Regelung des Bundesbesoldungsgesetzes gilt daher für alle Beamten, die ihre Ansprüche nicht gerichtlich geltend gemacht haben.

[7] Wegen der unklaren Rechtslage - es könnten weitere Entscheidungen des BVerfG für diesen Zeitraum ergehen bzw. es sind die politischen Erwägungen des Gesetzgebers nicht absehbar -, wird auf die Einrede des Eintritts der Verjährung gemäß § 197 BGB zum 31.12.1990 aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung verzichtet.

[8] Alle Entscheidungen über gestellte Anträge und eingelegte Widersprüche sind bis zur Entscheidung des Gesetzgebers zurückzustellen und die Beamten entsprechend zu unterrichten."

Mit Schreiben vom 11. Mai 1999 erhob der Kläger bei der Bezirksfinanzdirektion - Familienkasse - L. (künftig: BFD) gegen die Höhe des Familienzuschlags Widerspruch und beantragte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (Az. 2 BvL 26/91, BVerfGE 99, 300 ff.) zur amtsangemessenen Besoldung kinderreicher Beamtenfamilien rückwirkend ab September 1992 eine Erhöhung des Familienzuschlags für das dritte Kind.

Im Januar 2000 zahlte die BFD dem Kläger dem gemäß Art. 9 § 2 Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 (vom 19.11.1999, BGBl I S. 2198, künftig BBVAnpG 99) den erhöhten Familienzuschlag (Kinderanteil für das dritte Kind) für das Jahr 1999 nach.

Im Übrigen behandelte die BFD den Widerspruch als Leistungsantrag und lehnte ihn mit Bescheid vom 27. April (richtig:) 2001 ab, da Art. 9 §§ 1 und 2 BBVAnpG 99 für den Zeitraum bis Ende des Jahres 1998 eine allgemeine Rückwirkung nicht vorgesehen hätten. Den hiergegen am 17. Mai 2001 erhobenen Widerspruch wies die BFD mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2001 zurück.

Der Kläger erhob am 26. Juni 2001 Klage zum Verwaltungsgericht und begründete sie im Wesentlichen damit, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 (Az. 2 BvL 1/86, BVerfGE 81, 363 ff.) habe ihn noch nicht betroffen, da das dritte Kind erst im September 1992 geboren worden sei. Allerdings sei im Jahr 1991 eine Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 21. Dezember 1990 (künftig: FMS) veröffentlicht worden. Darin sei (in Bezug auf Ansprüche, wie sie der Kläger vorliegend geltend mache) ausgesagt, dass ab dem Jahr 1990 mit einer allgemeinen Erhöhung der kinderbezogenen Besoldungsbestandteile zu rechnen sei. Im Anschluss daran werde darauf hingewiesen, dass insoweit weder Anträge gestellt noch Widersprüche eingelegt werden müssten. Aufgrund dieser Bekanntmachung bestehe für den Kläger ein Anspruch, selbst wenn er einen Antrag überhaupt nicht gestellt habe. Nach dem Inhalt des FMS wäre über einen zur Zeit der Geburt des dritten Kindes gestellten Antrag (auch derzeit) noch nicht entschieden worden. Deshalb sei es unbillig, wenn der Dienstherr sich nunmehr auf das Fehlen der Antragstellung berufe. Der Anspruch auf die Nachzahlungsbeträge ergebe sich unmittelbar aus dem FMS, denn dort sei ausgeführt, dass eine allgemeine Korrektur ab dem Haushaltsjahr 1990 zu erwarten sei. Der Kläger sei sich nicht mehr sicher, ob er das FMS zur damaligen Zeit gekannt habe; dies sei bei einem bereits über 10 Jahre zurückliegenden Vorgang auch verständlich. Da es jedoch veröffentlicht worden sei, sei die Kenntnis des Klägers zu vermuten.

Der Kläger beantragte,

den Bescheid der BFD von 27. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Erhöhungsbeträge nach Art. 9 § 1 Abs. 1 BBVAnpG 99 für die Zeit vom 1. September 1992 bis 31. Dezember 1998 zu gewähren.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Das FMS stelle kein Gesetz im Sinn des § 2 Abs. 1 BBesG dar. Unerheblich sei deshalb, ob der Kläger es gekannt habe. Als Anspruchsgrundlage kämen allenfalls Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BBVAnpG 99 in Betracht, deren Voraussetzungen er aber nicht erfülle. Dieses Ergebnis sei nicht unbillig, da nach dieser Regelung im Fall seines rechtzeitigen Begehrens die Erhöhungsbeträge nachbezahlt worden wären.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 15. Mai 2002 ab. Der Kläger könne den geforderten Betrag nach Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBVAnpG 99 (eine Regelung, die mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3.1990 und vom 24.11.1998 - jeweils a.a.O. - in Übereinstimmung stehe) für den von ihm geltend gemachten Zeitraum von September 1992 bis Ende 1998 nicht beanspruchen, denn er gehöre nicht zu dem im Gesetz als anspruchsberechtigt genannten Personenkreis. Dieser umfasse nur Kläger und Widerspruchsführer, die ihren - in der Vergangenheit nicht erfüllten - Anspruch auf amtsangemessene Besoldung auch hinsichtlich des dritten Kindes (und weiterer Kinder) in dem jeweiligen Haushaltsjahr als Kläger und Widerspruchsführer geltend gemacht hätten, ohne dass darüber schon abschließend entschieden worden sei. Auf diese Weise werde dem Umstand Rechnung getragen, dass aus dem Beamtenverhältnis keine Klage ohne Vorverfahren erhoben werden dürfe und dass der Beamte den verfassungsrechtlichen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation unmittelbar mit dem Widerspruch verfolgen könne. Eine schriftliche Erklärung, mit der der Beamte höhere als die ihm tatsächlich fortlaufend gezahlten Bezüge begehre, genüge den sich aus § 126 Abs. 3 BRRG ergebenden inhaltlichen Anforderungen an einen Widerspruch (BVerwG vom 28.6.2001 a.a.O.). Eine solche schriftliche Erklärung habe der Kläger erst mit Schreiben vom 11. Mai 1999 und somit zu spät abgegeben. Einem weitergehenden Zahlungsanspruch stehe der in § 2 BBesG festgeschriebene hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums i.S.d. Art.33 Abs.5 GG, dass die Besoldung durch Gesetz geregelt werden muss (Gesetzesvorbehalt) und nur nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung gezahlt und gefordert werden kann (Gesetzesvorrang), entgegen. Deshalb komme auch das FMS als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.

Der Kläger legte gegen dieses Urteil die vom Senat zugelassene Berufung ein und begründete sie im Wesentlichen wie folgt:

Ab der Geburt des dritten Kindes am 26. September 1992 sei er mit der Höhe des Orts- bzw. Familienzuschlags nicht mehr einverstanden gewesen. Dies habe er mit seinem Antrag vom 11. Mai 1999 zum Ausdruck gebracht. Von einer früheren Antragstellung habe er im Vertrauen auf das FMS abgesehen. Er sei sich sicher, dass er seinerzeit (also ab Ende 1990/Anfang 1991) über die Vorgänge hinsichtlich der amtsangemessenen Alimentierung informiert gewesen sei. Bekräftigen könne er seine schon zu jener Zeit vorhandene Kenntnis damit, dass ihm damaliges - zeitgleich ergangenes - Informationsmaterial zum Kindergeld und zu den Kinderfreibeträgen noch nachweislich vorliege. Zum Beweis legte er nunmehr (als Anlage K 2) seinen Formblatt-Antrag vom 20. Dezember 1990 vor, betreffend Kindergeld für die beiden damals schon geboren gewesenen Kinder Katjana und Marina, in dem aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 (Az. 1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60 ff.) vorsorglich rückwirkend ab 1. Januar 1986 bzw. ab dem angegebenen Geburtsdatum ein höheres Kindergeld beantragt worden ist.

Der Kläger sei zum Zeitpunkt dieser Antragstellung am 20. Dezember 1990 davon ausgegangen, mit diesem Antrag auf höheres Kindergeld auch eine amtsangemessene kinderbezogene Nachzahlung seiner Bezüge begehrt bzw. einen dahingehend auszulegenden Antrag gestellt zu haben.

Von dem FMS seien auch sehr viele Finanzbeamte unmittelbar unterrichtet worden; außerdem sei es in den BBB-Nachrichten 1/2/ 1991 veröffentlicht. Aus der eindeutigen Aufforderung, die im FMS enthalten sei (nämlich keine Anträge zu stellen), und aus darauf beruhenden Gründen der Billigkeit und des Vertrauensschutzes ergebe sich bereits der unmittelbare Anspruch des Klägers auf die von ihm begehrten Leistungen.

Bei Beamten, die "lediglich" einen Antrag auf Neufestsetzung ihrer Dienstbezüge gestellt hätten, die aber weder (ausdrücklich) Widerspruch eingelegt noch Klage erhoben hätten, folge der Anspruch auf die Gewährung der Nachzahlung nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG. Der Anspruch sei vielmehr aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 (Az. 2 C 48/00, BVerwGE 114, 350 ff.) herzuleiten. Der Kläger, der aufgrund des FMS davon abgesehen habe, innerhalb der gesetzlichen Frist einen solchen Antrag zu stellen, dürfe in seinem Vertrauen nicht enttäuscht und gegenüber solchen Beamten schlechter gestellt werden.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verpflichten,

den Bescheid der Bezirksfinanzdirektion L. vom 27. April (richtig:) 2001 Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Mai 2001 aufzuheben und dem Kläger den familienbezogenen Gehaltsbestandteil gemäß den in BBVAnpG 99 festgesetzten monatlichen Erhöhungsbeträgen für das dritte Kind für die Zeit vom 1. September 1992 bis 31. Dezember 1998 zu zahlen,

ferner, dem Kläger Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Die Antragstellung vom 20. Dezember 1990 sei unmaßgeblich, weil expressis verbis nur höheres Kindergeld beantragt worden und zu diesem Zeitpunkt das dritte Kind des Klägers, ab dem eine Erhöhung der amtsangemessenen Alimentation in Betracht komme, noch nicht geboren gewesen sei. Eine vorsorgliche Antragstellung für einen späteren hypothetischen Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen sei aber nicht möglich. Der Antrag vom 11. Mai 1999 habe mangels gesetzlicher Grundlage nicht zur Gewährung der beantragten Leistung für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum führen können. Auf das FMS könne sich der Kläger nicht berufen, da es sich dabei nur um eine Information der nachgeordneten Behörden durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen handle, nicht aber um eine Einzelfallentscheidung oder gar Allgemeinverfügung. Ein Hinweis dahingehend, dass von einer erforderlichen Antragstellung abgesehen werden könne, sei daraus nicht zu entnehmen. Dies gelte insbesondere für den Passus, dass "weder Anträge zu stellen noch Widersprüche einzulegen" seien. Die gegenteilige Auslegung durch den Kläger verbiete sich schon deshalb, weil davon auszugehen sei, dass sich das Bayerische Staatsministerium der Finanzen habe rechtlich korrekt verhalten und dass es somit nicht die Regelungen des § 126 BRRG und der §§ 68 ff. VwGO allein mit einem Verwaltungsschreiben habe außer Vollzug setzen wollen. Ein Anspruch auf Gewährung der nunmehr beantragten Nachzahlung könne auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 (a.a.O.) nicht entnommen werden; der Kläger habe seinen Antrag vom 20. Dezember 1990 nicht auslegungsfähig ausschließlich auf das Kindergeld beschränkt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger kann auch in der Berufungsinstanz mit seinem Klageantrag nicht durchdringen, wonach der Bescheid der BFD vom 27. April 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Mai 2001 aufgehoben werden soll und der Beklagte zu verpflichten sei, dem Kläger den familienbezogenen Gehaltsbestandteil gemäß den in Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 festgesetzten monatlichen Erhöhungsbeträgen für das dritte Kind für die Zeit vom 1. September 1992 bis 31. Dezember 1998 zu zahlen.

Maßgebliche Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 mit 3 BBVAnpG 99. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend feststellt, steht diese Norm in Übereinstimmung mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 1990 und vom 24. November 1998 (jeweils a.a.O.). Der Kläger erfüllt zwar die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Gesetzes insofern, als er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum drei im Ortszuschlag bzw. Familienzuschlag zu berücksichtigende Kinder hatte. Doch stellt das Gesetz die weitere Bedingung, dass die betroffenen Beamten ihren Anspruch als Kläger bzw. Widerspruchsführer innerhalb des genannten Zeitraums geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist, wobei die Nachzahlung frühestens mit Wirkung ab dem 1. Januar des Haushaltsjahres erfolgt, in dem das Vorverfahren begonnen hat. Diese unabdingbare Voraussetzung ist nicht erfüllt, denn der Kläger hat seinen Anspruch nicht hinreichend zeitnah geltend gemacht.

Es fehlt nämlich an einem in dem erforderlichen Zeitraum gestellten Antrag.

Der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Antrag vom 20. Dezember 1990 bezieht sich nicht auf Leistungen der verfahrensgegenständlichen Art, sondern auf die (aus seinerzeitiger Sicht auch rückwirkende) Zahlung eines höheren Kindergeldes unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 (Az.1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60 ff.). Dies ergibt sich zunächst aus dem eindeutigen Wortlaut des sich als vom Kläger ausgefülltes Formblatt darstellenden Antragsformulars, in dem sich insbesondere keine Begriffe wie etwa "Besoldung", "Bezüge", "Alimentation" oder "Geld" finden. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gewährleistung einer amtsangemessenen Alimentation kinderreicher Beamter durch den Familienzuschlag für das dritte und weitere Kind (vgl. BVerfG vom 24.11.1998 unter Hinweis auf BVerfG vom 22.3.1990 - jeweils a.a.O.) werden im Antrag nicht erwähnt. Auch der vom Kläger individuell ausgefüllte Text spricht klar gegen einen Bezug zu der Frage der amtsangemessenen Besoldung von Beamten mit drei oder mehr Kindern, denn es sind entsprechend der damaligen familiären Situation nur die beiden in den Jahren 1979 und 1980 geborenen Kinder Tatjana und Marina eingetragen. Unter diesen Umständen wäre es völlig sinnwidrig, in dem Dokument eine - gewissermaßen vorsorglich vorweggenommene - Beantragung einer Besoldungserhöhung im Hinblick auf eine eventuelle spätere Erhöhung der Zahl der zum Bezug von Kindergeld berechtigenden Kinder auf drei zu sehen. Die dann am 26. September 1992 erfolgte Geburt des dritten Kindes (Simon) stellte sich seinerzeit selbst für den Fall einer bewussten Familienplanung lediglich als eine vage Zukunftsoption dar, die mangels weiterer glaubwürdiger Anhaltspunkte nicht als Interpretationshilfe für den Antrag herangezogen werden kann. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Bezugnahme des Formblatttextes auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die nicht (wie etwa die Entscheidung vom 22.3.1990, a.a.O.) zu der Frage der amtsangemessenen Besoldung von Beamten mit drei und mehr Kindern, sondern eindeutig zu dem davon zu unterscheidenden Kindergeld ergangen ist. Unter solchen Umständen legen weder der Zweck des Antrags noch sonstige, erkennbaren Begleitumstände die Erwägung nahe, der Senat habe bei der Ermittlung des Inhalts des Antrags neben dem Wortlaut des Weiteren unter dem Gesichtspunkt einer bloß falschen Bezeichnung trotz der Eindeutigkeit der Erklärung nach ihrem Wortlaut weiterhin zu prüfen, ob der Antragsteller mit seiner Erklärung vielleicht auch einen anderen Sinn verbunden haben könnte, als es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht (wie dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einer entsprechend gestalteten Sachlage möglich sein könnte, vgl. das Urteil vom 3.3.2005, Az. 2 C 13/04; s. auch OVG Münster, Urteil vom 9.5.2003, Az. 6 A 1081/01,- jeweils zitiert nach Juris -). Ganz im Gegenteil: Wenn der Kläger nunmehr - erstmals im Berufungsverfahren und neben einer Reihe anderer Argumente - die Auffassung vertritt, er habe seinerzeit geglaubt, mit diesem Antrag auch im Hinblick auf die Erhöhung bzw. Nachzahlung familienbezogener Besoldungsbestandteile alles Notwendige getan zu haben, so stellt sich dies angesichts des bisherigen, für den Kläger ungünstigen Verfahrensverlaufs und im Hinblick auf die (noch darzulegende) Widersprüchlichkeit zur anderweitigen Argumentation des Klägers als eine zweckorientierte Behauptung dar, die nicht glaubwürdig ist.

Der vom Kläger mit Datum vom 11. Mai 1999 gegenüber der BFD erhobene "Widerspruch gegen die Festsetzung des Familienzuschlages" nimmt zwar Bezug auf die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (a.a.O.) und entspricht auch sonst den in Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 1 mit 3 BBVAnpG 99 aufgestellten Anforderungen, aber nur nach dem Inhalt, nicht aber nach der zeitlichen Lage, denn er ist verspätet und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.

Nicht nachvollziehbar ist die - ohne nähere plausible Begründung gebliebene - Auffassung des Klägers, wonach bei Beamten, die "lediglich" einen Antrag auf Neufestsetzung ihrer Dienstbezüge gestellt, die aber weder (ausdrücklich) Widerspruch eingelegt noch Klage erhoben hätten, der Anspruch auf die Gewährung der Nachzahlung nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des Art. 9 § 1 Abs. 1 Satz 2 BBVAnpG folge. Der Anspruch sei vielmehr aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 (a.a.O.) herzuleiten. Sollte der Kläger damit zum Ausdruck bringen wollen, dass in solchen Fällen auf eine Antragstellung verzichtet werden könne, so kann dem schon im Hinblick auf die klaren Vorgaben des Gesetzes nicht gefolgt werden. Allerdings besagt der amtliche Leitsatz Nr. 1 der zitierten Entscheidung, dass der Beamte vor Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage oder einer Feststellungsklage die begehrte Leistung nicht zuvor bei seinem Dienstherrn zu beantragen braucht. Doch soll mit dieser Rechtsprechung nicht etwa zum Ausdruck gebracht werden, dass der Beamte in solchen Fällen Leistungen des Dienstherrn ohne dessen vorangegangene Befassung sofort vor Gericht einklagen könnte. Vielmehr ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ganz klar, dass der Beamte zunächst dem Dienstherrn sein Begehren in unmissverständlicher Weise zur Kenntnis bringen und dabei für diesen erkennbar machen muss, wogegen der Rechtsbehelf eingelegt und was mit ihm begehrt wird, damit der Dienstherr die Gelegenheit zu einer entsprechenden verwaltungsinternen Prüfung erhält, wie dies in § 126 Abs. 3 BRRG vorgeschrieben ist. Die Bedeutung dieser Rechtsprechung liegt vor allem darin, dass die Einleitung des Vorverfahrens durch ein Handeln des Beamten zwar inhaltlichen Mindestansprüchen genügen muss, dabei aber nicht bestimmte Formen - wie etwa die Wahl des Begriffs "Widerspruch" - eingehalten zu werden brauchen. Erst recht kann daraus nicht etwa abgeleitet werden, dass von dem Erfordernis eines - wie vorliegend - im Gesetz ausdrücklich vorgeschriebenen Antrags (der zudem noch bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss) in einer Situation wie derjenigen, in der sich der Kläger befindet, abgesehen werden könnte.

Die vom Kläger in unterschiedlichen Zusammenhängen - logisch teils widersprüchlich - vorgetragenen Hinweise auf das FMS können dem Klageantrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Dies gilt zunächst für die bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geltend gemachte Auffassung, der Anspruch auf die Nachzahlungsbeträge ergebe sich unmittelbar aus dem FMS, denn dort sei ausgeführt, dass eine allgemeine Korrektur ab dem Haushaltsjahr 1990 zu erwarten sei. Eine solche Auffassung kann schon deshalb nicht zutreffen, weil sie im Widerspruch zu der klaren Regelung des § 2 Abs. 1 BBesG steht und es eine durch die vollziehende Gewalt (etwa im Wege eines FMS) interpretierbare gesetzliche Leistungsgrundlage nicht gibt. Unabhängig von der Frage, ob sich eine inhaltliche Aussage in der Richtung, wie sie der Kläger aus dem FMS herauslesen möchte, in dieses hineininterpretieren lässt, kann darin auch nicht eine tragfähige selbstständige Zusicherung oder eine sonstige Leistungszusage, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung verschaffen soll, gesehen werden. Der Wirksamkeit einer solchen Anspruchsgrundlage steht nämlich § 2 Abs. 2 BBesG entgegen; dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen könnte zudem nicht unterstellt werden, es habe bei dem Erlass des FMS diese grundlegende Norm des Beamtenrechts außer Acht gelassen.

Aus diesem Grund trifft auch die vom Kläger vertretene Meinung nicht zu, er könne sich auf das FMS unabhängig davon berufen, ob er es während des Zeitraums, indem er nach den zeitlichen Vorgaben des Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBVAnpG hätte handeln müssen, gekannt habe. Vielmehr kann das FMS ausschließlich insofern für einen von ihm betroffenen Beamten eine positive Wirkung entfalten, als der Beamte glaubhaft geltend machen kann, er habe es im Vertrauen auf diese, ihm bekannt gewordene Äußerung der für den Bereich der Beamtenbesoldung zuständigen obersten bayerischen Landesbehörde unterlassen, seine Ansprüche zeitnah im Sinn dieses Gesetzes durch Klage oder Widerspruch (und sei es auch in einer Weise, die den in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2001 [a.a.O.] dargelegten Anforderungen genügt) geltend zu machen, und er habe ausschlaggebend infolge des dadurch bei ihm erregten Irrtums die entsprechenden gesetzlichen Fristen versäumt (vgl. dazu die Senatsentscheidung vom 24.10.2005, Az. 3 B 02.3061). Nur dann können nämlich überhaupt die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung des Betroffenen in den vorigen Stand gemäß Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG vorliegen, weil der Beamte ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Bei Erfüllung der weiteren gesetzlichen Bedingungen kann dann dem Beamten die Möglichkeit eröffnet werden, die versäumte Handlung nachzuholen und seine Ansprüche in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise geltend zu machen.

Der Kläger hat nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit glaubhaft dargelegt, dass das FMS dafür maßgeblich kausal war, dass er seine verfahrensgegenständlichen Ansprüche nicht während des dafür vorgeschriebenen Zeitraums geltend gemacht hat. Voraussetzung dafür ist nämlich zunächst, dass er während dieses Zeitraums Kenntnis von dem FMS erlangt hat, denn nur dann konnte ihn ein dadurch erregter Irrtum von den ihm obliegenden Handlungen abhalten. Zwar ist der Kläger vorliegend nicht für den Umstand beweispflichtig, dass ihm das FMS seinerzeit bekannt gewesen ist. Im Hinblick insbesondere auf dessen Veröffentlichung in den einschlägigen Publikationen des Bayerischen Beamtenbundes als des zuständigen Berufsverbandes, nämlich in den BBB-Nachrichten 1/2 1991, und auf den Umstand, dass einem erheblichen Teil der bayerischen Beamten (zu dem der Kläger allerdings nicht gehört hat) der Inhalt des FMS auf dienstlichen Weg wörtlich und gegen Unterschrift zur Kenntnis gegeben worden ist, muss - jedenfalls grundsätzlich - unterstellt werden, dass die Nachricht diejenigen, die es angeht, tatsächlich erreicht hat. Beruft sich der Beamte auf die Veröffentlichung und einen dadurch begründeten Vertrauensschutz, so kann ihm fehlende Kausalität - grundsätzlich - nur entgegengehalten werden, wenn sich - unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände - nachweisen lässt, dass der Verzicht auf eine entsprechende Geltendmachung der Rechte in seinem konkreten Fall nicht durch die Veröffentlichung veranlasst war (vgl. dazu die Senatsentscheidung vom 24.10.2005, Az. 3 B 03.3367, ferner BSG vom 25.3.2003 Az. B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39 ff.).

Im Fall des Klägers sieht der Senat diese fehlende Kausalität in dem Sinne als erwiesen an, dass es an der Glaubhaftmachung von Wiedereinsetzungsgründen fehlt. Er stützt sich dabei zunächst auf die Klagebegründung vom 1. August 2001 (VG-Akt Blatt 18). Dort ist ausgeführt, dass sich der Kläger im Hinblick darauf, dass die entsprechenden Vorgänge bereits über 10 Jahre zurücklägen, nicht mehr sicher sei, ob er das FMS zum damaligen Zeitpunkt gekannt habe. Der Kläger stellt also die positive Kenntnis selbst in Frage. Damit setzt er eine zu seinen Gunsten wirkende Vermutung außer Kraft. Sein ergänzender Satz, im Hinblick auf die Veröffentlichung sei seine Kenntnis (rechtlich?) zu vermuten, kann dies nicht rückgängig machen. Es bleibt dabei, dass die erforderliche Grundlage fehlt, die es gestatten könnte, von einer kausalen Verknüpfung zwischen Kenntnis und Unterlassen auszugehen .

Bestätigt wird dies durch den weiteren - eigenständigen - Gesichtspunkt, dass der Kläger auch dahingehend argumentiert, das FMS wirke als Anspruchsgrundlage unabhängig davon, ob der Beamte es seinerzeit gekannt habe. Hier wird besonders deutlich, dass der Kläger sich gerade nicht darauf beruft, dass ihm das FMS bekannt gewesen sei und dass diese Kenntnis überhaupt der Anlass dafür gewesen sein konnte, dass er seine Ansprüche nicht zeitgerecht geltend gemacht hat.

Im klaren Widerspruch dazu möchte der Kläger im Berufungsverfahren - auch - auf die positive Kenntnis des FMS abstellen und dadurch eine alternative Argumentationskette einführen. Er variiert nämlich seine in der ersten Instanz vertretene Position dahingehend, dass er nunmehr (vgl. VGH-Akt Blatt 66) behauptet, er sei sich sicher, dass er von einer früheren Antragstellung deshalb abgesehen habe, weil er das FMS (seinerzeit) gekannt und auf dessen Ausführungen vertraut habe. Zur Bekräftigung hat er seinen Antrag betreffend die (auch rückwirkende) Erhöhung der Kindergeldzahlungen vom 20. Dezember 1990 vorgelegt. Wie bereits dargelegt, lässt sich jedoch keine Beziehung zwischen diesem Antrag, der sich nur mit der Materie "Kindergeld" befasst, und der Materie der Zahlung erhöhter familienbezogener Bezüge für Beamte mit drei oder mehr Kindern herstellen. Deshalb ist das vorgelegte Dokument für die vom Kläger beabsichtigte Bekräftigung seiner Behauptung ungeeignet. Die vom Kläger hier vorgetragene Argumentation ist vielmehr als ein im Hinblick auf den Prozessverlauf nachgeschobenes - gesteigertes - Vorbringen zu bewerten, welches das durch das vorangegangene Vorbringen entstandene Bild nicht zu Gunsten des Klägers verändern kann.

Darüber hinaus - und noch gewichtiger zu werten - ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers in der zweiten Instanz weitere Gesichtspunkte, die das Fehlen der Kausalität eines durch das FMS beim Kläger erregten Irrtums für das nicht zeitgerechte Geltendmachen seiner Ansprüche belegen. Der Kläger behauptet, er sei zum Zeitpunkt der Antragstellung am 20. Dezember 1990 davon ausgegangen, mit diesem Antrag auf höheres Kindergeld auch eine amtsangemessene kinderbezogene Nachzahlung seiner Bezüge begehrt bzw. einen dahingehend auszulegenden Antrag gestellt zu haben. Dies ist bereits im Hinblick auf den Umstand, dass die - insofern anspruchsbegründende - Geburt des dritten Kindes erst einunddreiviertel Jahre später erfolgte, nicht nachvollziehbar. Noch unglaubwürdiger wird das Vorbringen, wenn man in Rechnung stellt, dass das FMS überhaupt erst einen Tag nach dem Antrag datierte und man nicht davon ausgehen kann, dass der Kläger es sofort zur Kenntnis erhielt. Realistisch wäre eine - hier einmal unterstellte - Kenntnisnahme erst einige Wochen später.

Gänzlich unglaubwürdig wird aber die Argumentation des Klägers, wenn man in den Blick nimmt, dass er sich in seinem eigenen Vorbringen dadurch in Widerspruch setzt, dass er einerseits behauptet, davon ausgegangen zu sein, mit seinem Antrag vom 20. Dezember 1990 alles getan zu haben, was für die Wahrung seiner Ansprüche auf angemessene familienbezogene Besoldung erforderlich war, andererseits aber auch behauptet, durch das - ihm bekannt gewordene - FMS davon abgehalten worden zu sein, überhaupt einen Antrag gestellt zu haben - und das im Hinblick auf die maßgebliche Geburt des dritten Kindes erst am 26. September 1992. Diese sich gegenseitig ausschließenden Argumente entwerten das gesamte Vorbringen des Klägers sogar unabhängig von der Frage, ob und wann er von dem FMS Kenntnis genommen hat bzw. ob und ab wann man diese Kenntnis zu seinen Gunsten unterstellen könnte. Dem Kläger ist unter diesen Umständen anhand seines eigenen Vortrags der Vorhalt zu machen, dass er in der von Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBVAnpG eröffneten Zeitspanne entweder überhaupt nicht erwogen hat, eine Erhöhung seiner Besoldung einzufordern, oder aber dass er aus rechtlich unbeachtlichen Motiven davon Abstand genommen hat und dass er nunmehr versucht, nachträglich eine rechtlich tragfähige Argumentationskette zu konstruieren. Der ihn nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG treffenden Obliegenheit, als Grund für die von ihm unverschuldete Versäumung der Antragsfrist die Kausalität eines durch das FMS erregten Irrtums glaubhaft zu machen, ist er damit nicht nachgekommen. Ein anderer plausibler Grund für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Auch andere Anspruchsgrundlagen wie die Gesichtspunkte der Billigkeit, der Wahrung von Treu und Glauben, ferner Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung, etwa im Hinblick auf eine Verletzung des beamtenrechtlichen Fürsorgeverhältnisses, auf die sich der Kläger berufen möchte, bestehen bei dieser Sachlage nicht. Auf das FMS können solche Ansprüche (etwa aus dem allgemeinen Rechtsgedanken einer aus "vorangegangenem Tun" erwachsenen Garantenstellung) schon deshalb nicht zurückgeführt werden, weil es - wie soeben dargelegt - für das Verhalten des Klägers und damit auch für die Vereitelung seines Primäranspruchs nicht als kausal anzusehen ist. Auch der vom Kläger mehrfach vorgetragene Aspekt, wonach er gegenüber Kollegen, die (mit geringem Aufwand und evtl. sogar entgegen der in dem FMS enthaltenen Aufforderung) ihre Ansprüche zeitgerecht angemeldet haben, ungerechtfertigt benachteiligt werde, kann nicht zu einem Leistungsanspruch führen. Dem steht die abschließende Regelung des Art. 9 § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBVAnpG entgegen, die insofern eine Sperrwirkung hat. Ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz steht nicht in Frage und wurde vom Kläger auch nicht angezweifelt. Daraus ergibt sich weiterhin, dass den Dienstherrn - wie auch sonst bei klaren gesetzlichen Vorgaben - keine allgemeine Aufklärungspflicht gegenüber den in seinem Dienst stehenden Beamten getroffen hat, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen könnte.

Bei dieser Sach- und Rechtslage erweisen sich die Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht als rechtmäßig und die Berufung als unbegründet.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO und § 127 BRRG nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.467,83 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG i.d.F. des Gesetzes vom 5.5.2004 [BGBl I S. 718]).

Ende der Entscheidung

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