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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 3 B 05.1370
Rechtsgebiete: BeamtVG, Anlage zur Berufskrankheitenverordnung Nr. 2103, Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen


Vorschriften:

BeamtVG § 31 Abs. 3
Anlage zur Berufskrankheitenverordnung Nr. 2103
Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

3 B 05.1370

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Dienstunfallfürsorge;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 5. April 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2008

am 9. Oktober 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revison wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1958 geborene Kläger steht als Polizeihauptmeister im Dienst des Beklagten. Von März 1982 bis März 2003 überprüfte er Lang- und Kurzwaffen und führte mit diesen Waffen Funktions-, An- und Einweisungsschießen durch. 1984/85 war er zum Waffenmechanikermeister ausgebildet worden.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2003 beantragte er beim Beklagten, eine Schulterverletzung als Dienstunfall bzw. Berufskrankheit anzuerkennen und ihm diesbezüglich Unfallausgleich zu gewähren. Seit seiner Tätigkeit im waffentechnischen Bereich habe er alle Schießvorgänge als Rechtshänder vorgenommen. Ab 1995 habe er Veränderungen im Bewegungsapparat der rechten Schulter festgestellt. Diese seien mit Bewegungsschmerzen im Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenksbereich verbunden gewesen. Im Herbst 2000 habe er sich einer Schulteroperation unterzogen. Nach dieser sei zwar die Bewegungseinschränkung verbessert gewesen, seine Schmerzen nach dem Schießen, insbesondere nach dem Langwaffenschießen, hätten sich jedoch kaum verändert. Im linken Schulterbereich bestünden keine Beschwerden. Nach dem diesem Antrag beigefügten Befundbericht wurde bei dem Kläger eine Schulterhaupt- und Eckgelenkarthrose rechts diagnostiziert.

Mit Bescheid vom 15. September 2003 lehnte die Bezirksfinanzdirektion R********* (BFD) den Antrag des Klägers unter Ziff. 1 ab und forderte ihn unter Ziff. 2 auf, die mit Bescheiden vom 9. Mai und 22. Juli 2003 gewährten vorläufigen Unfallfürsorgeleistungen in Höhe von insgesamt 1.059,88 Euro zurückzuzahlen. Ein plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Unfallereignis i.S.v. § 31 Abs. 1 BeamtVG sei nicht erkennbar. Aus polizeiärztlicher Sicht seien die Beschwerden des Klägers im Wesentlichen auf eine Schultereckgelenkarthrose und die zuvor erlittene Sportverletzung zurückzuführen. Der Beschuss von Langwaffen habe diese Ausgangssituation verschlimmert, trete aber anteilsmäßig hinter die durch die Sportverletzung verursachten Veränderungen zurück. Das bei ihm festgestellte Krankheitsbild sei nicht in der Berufskrankheitenverordnung aufgeführt. Da die Voraussetzungen des § 31 BeamtVG nicht erfüllt seien, komme es nicht darauf an, ob der Kläger seinen Meldeverpflichtungen nach § 45 Abs. 1 und 2 BeamtVG rechtzeitig nachgekommen sei. Die vorläufigen Unfallfürsorgeleistungen seien unter dem ausdrücklichen Vorbehalt erbracht worden, dass die Heilbehandlungskosten dienstunfallbedingt seien. Billigkeitsgründe für das Absehen von der Rückforderung seien nicht ersichtlich.

Der Kläger legte gegen den am 2. Oktober 2003 zugestellten Bescheid am 31. Oktober 2003 Widerspruch ein. Er leide an einer Erkrankung i.S.d. Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV). Die Lang- und Kurzwaffen, mit denen er seit 1982 als Rechtshänder gearbeitet habe, seien als gleichartig wirkende Werkzeuge im Sinn dieser Vorschrift anzusehen. Er habe Dauerfeuerbeschuss mit einer Dauerfeuerkadenz bis zu 600 Schuss pro Minute durchgeführt. Die durch Druckluftwerkzeuge hervorgerufenen Erkrankungen beruhten auf rhythmischen Erschütterungen, die durch aktiven Gegendruck des menschlichen Körpers abgefangen würden und von denen auch das Schultereckgelenk betroffen sei. Gefährdend seien alle tieffrequenten Schwingungsvorgänge an den Handgriffen, wenn die Hände kraftschlüssig mit diesen verbunden seien, so dass es zu Stauchungs- und Streckbewegungen in den Geweben der Gelenke des Hand-Arm-Systems mit der Folge vorzeitigen degenerativen Verschleißes dieses Gewebes komme. Die von ihm benutzten Schusswaffen seien in ihrer Anwendungs- und Wirkweise wie Schlagwerkzeuge zu betrachten. Die aufgetretene schwere Schädigung des Schultereckgelenks werde typischerweise durch Druckluftwerkzeuge hervorgerufen. Über 21 Jahre lang habe er Schießübungen durchgeführt; nach dem einschlägigen Merkblatt zur BKV werde eine zweijährige Belastung als Mindestvoraussetzung betrachtet. Es könne ausgeschlossen werden, dass die aufgetretene Erkrankung auf einer sonstigen Grunderkrankung oder allgemeinen Veranlagung beruhe. Durch die vom Beklagten als Grunderkrankung bewertete Handballverletzung sei keine Vorschädigung erfolgt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2004, zugestellt am 28. Mai 2004, wies die BFD den Widerspruch nach Einholung einer Stellungnahme des polizeiärztlichen Dienstes zurück. Eine Analogie zu Nr. 2103 der Anlage zur BKV scheide aus, da keine Erkenntnisse vorlägen, dass die Gruppe der waffentechnischen Beamten in "erheblich höherem Maße", d.h. mit einer Verdoppelung des Risikos der Krankheitsentstehung behaftet sei.

Mit seiner zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage vertiefte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und beantragte,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der BFD R********* vom 15. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 17. Mai 2004 zu verpflichten, eine Schulterhaupt- und Eckgelenkarthrose rechts als Dienstunfall anzuerkennen und hierfür Unfallfürsorge zu gewähren.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Er machte im Wesentlichen geltend, dass Werkzeuge oder Maschinen, bei denen es an rythmischen Rückstoßerschütterungen fehle, wie bei Schusswaffen, keine gleichartig wirkenden Werkzeuge i.S. der Nr. 2103 der BKV seien.

Mit Urteil vom 5. April 2004 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 15. September 2003 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2004 in Nr. 2 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer Schulterverletzung als Dienstunfall nach § 31 Abs. 3 BeamtVG sowie auf Unfallfürsorgeleistungen. Er sei nicht i.S.v. § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG der Gefahr der Erkrankung an einer Schulterverletzung nach Art seiner dienstlichen Verrichtung besonders ausgesetzt gewesen. Außerdem habe er die Meldefristen des § 45 BeamtVG nicht eingehalten. Der Kläger habe nach seinen Angaben schon 1995 Veränderungen im Bewegungsapparat der rechten Schulter festgestellt. Im Jahr 2000 sei eine Schultereckgelenkarthrose rechts diagnostiziert und die Schulter im November 2000 operiert worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger eine Dienstunfallmeldung einreichen können. Im Februar 2003 sei die Zweijahresfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG verstrichen gewesen.

Die Rückforderung der gewährten Unfallfürsorgeleistung sei jedoch rechtswidrig, weil die Rückforderung der Billigkeit widerspreche (§ 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG). Es sei nicht hinnehmbar, wenn der Kläger aus Fristgründen Erstattungsansprüche hinsichtlich der angefallenen Behandlungskosten gegenüber der Beihilfestelle und der privaten Krankenversicherung nicht mehr realisieren könne.

Mit seiner - mit Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2006 zugelassenen -Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, eine Schulterhaupt- und Eckgelenkarthrose rechts als Berufskrankheit i.S. des § 31 Abs. 3 BeamtVG anzuerkennen. Beim Probeschießen mit Kurz- und Langwaffen handle es sich um gleichartig wirkende Werkzeuge i.S.d. Nr. 2103 der Anlage zur BKV.

Der Senat hat ein fachorthopädisches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob der Kläger nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung (häufiges Schießen als waffentechnischer Beamter) der Gefahr besonders ausgesetzt war, durch Erschütterungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen an einer Schulterhaupt- und Eckgelenkarthrose rechts zu erkranken.

In seinem fachorthopädischen Gutachten vom 18. Oktober 2007 verneinte Prof. Dr. ****** (Klinikum der Universität *******) die Kausalität des Langwaffenschießens für die bei dem Kläger aufgetretene AC-Gelenkarthrose. Die Rückstoßschläge gegen die rechte Schulter und das rechte AC-Gelenk während des Langwaffenschießens könnten möglicherweise, wie andere Bewegungen/einwirkende Kräfte auch, einen die Arthroseentwicklung fördernden Einfluss auf das bereits durch den Sportunfall 1987 vorgeschädigte AC-Gelenk gehabt haben. Dieser Einfluss sei jedoch nicht als spezifisch, sondern als allgemein und durch andere Bewegungen/andere Kräfte austauschbar anzusehen. Unklarheit bestehe hinsichtlich des im Operationsbericht beschriebenen Knorpelschadens am Oberarmkopf des Schulterhauptgelenks. Eine Ätiologie dieses Befundes als Folge des Langwaffenschießens sei eher als unwahrscheinlich anzusehen. Außerdem sei aus biomechanischer Sicht das Entstehen eines Knorpeldefekts an der beschriebenen Lokalisation (dorsal) nur in Außenrotation des Oberarmkopfes möglich. Diese Stellung werde beim Schießen nicht eingenommen.

Die Klägerseite hat demgegenüber im wesentlichen beanstandet, der Gutachter habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger nicht als "waffentechnischer Beamter", sondern als Waffenmechanikermeister eingesetzt worden sei, der bei seiner Arbeit besondere, verschiedene Schusshaltungen einnehme und der die Funktion im Einzelfeuer mit hoher Kadenz oder im Dauerfeuer prüfe. Ferner habe der Gutachter den Kläger nicht persönlich untersucht.

Nach Einholung ergänzender Angaben der Beteiligten zu den verwendeten Waffen, zur Rückstoßenergie etc. erstattete der Sachverständige unter dem 24. Juni 2008 ein Ergänzungsgutachten, in dem er ausführte, dass eine klinische Untersuchung des Klägers nicht zielführend sei, da wegen der zwischenzeitlich erfolgten Operation des Schultereckgelenks der Arthrosegrad in dem Gelenk anhand einer Untersuchung nicht mehr beurteilt werden könne. Der Gutachter gelangte zu dem Ergebnis, dass der eindeutige Beweis des kausalen Zusammenhangs zwischen der Belastung durch das (Lang-)Waffenschießen und der Schultereckgelenkarthrose nicht zu führen sei, sondern eine "non-liquet-Situation" vorliege. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei die AC-Gelenkarthrose auf eine Vorschädigung im Rahmen des Sportunfalls von 1987 zurückzuführen. Allerdings könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob und in welchem Ausmaß der traumatisch bedingte Vorschaden durch die repetitive Beanspruchung der rechten Schulter im Rahmen der beruflichen Tätigkeit verschlechtert und so das Voranschreiten der Arthrose begünstigt worden sei.

Die Klägerseite hat zu dem Ergänzungsgutachten darauf hingewiesen, dass die umfangreichen Angaben zu den Arten der Waffen, Schießhaltung, Kadenz und zur Impulskraft nicht bewertet worden seien. Außerdem habe der größte Teil der Tätigkeit Kurzwaffen betroffen. Der Gutachter habe ferner nicht die besondere Schießhaltung eines Waffenmechanikermeisters beim "sitzend Schießen am Anschusstisch" bewertet. Zudem seien die Beschwerden des Klägers erst lange nach der im Jahr 1987 erlittenen Sportverletzung aufgetreten.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behörden- sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge, insbesondere auf die Gutachten von Prof. Dr. M. sowie seine Vernehmung als Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung zu der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung demonstrierten und erläuterten Handhabung der Waffen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Schulterhaupt- und Eckgelenksarthrose rechts als Berufskrankheit gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG anerkennt und Unfallfürsorge gemäß §§ 30 ff. BeamtVG leistet.

Zwar sieht der Senat - anders als das Erstgericht - die zweijährige Meldefrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG als gewahrt an. Bei einer Erkrankung i.S.d. § 31 Abs. 3 Sätze 1 und 3 BeamtVG kommt es für den Beginn der Frist darauf an, dass dem Beamten die Diagnose der Erkrankung bekannt ist u n d dass er mit der Möglichkeit eines Zusammenhangs seiner Erkrankung mit seiner dienstlichen Tätigkeit rechnen konnte (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Erl. 1 Unterpunkt 6.2.2 zu § 45). Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 24. Juni 2005 (S. 3) geltend gemacht, er sei erst Ende 2002 bei einer Untersuchung durch den Polizeiarzt Dr. K. mit der Vermutung konfrontiert worden, dass das Schulterleiden von der dauerhaften Schießbelastung herrühren könne. Dem hat der Beklagte nicht widersprochen. Ausgehend von der erst Ende 2002 gewonnenen Erkenntnis des Klägers bezüglich des möglichen Zusammenhangs zwischen dienstlicher Tätigkeit und Schulterleiden war die Zweijahresfrist mit seinem Antrag vom 21. Januar 2003 gewahrt.

Eine - als Dienstunfall geltende - Erkrankung gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG liegt nicht vor. Voraussetzung ist, dass ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit erkrankt. Die hierfür in Betracht kommenden Krankheiten sind gemäß § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG durch die Verordnung betreffend Bestimmung von Krankheiten für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge vom 20. Juni 1977 (BGBl I, S. 1004) festgelegt, die als Krankheiten i.S.d. § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung genannten Krankheiten mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben bestimmt. Nicht in der Verordnung aufgeführte Krankheiten sind im Rahmen des § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht berücksichtigungsfähig. Die in § 9 Abs. 2 SGB VII gegebene Möglichkeit, auch andere Krankheiten wie eine Berufskrankheit zu entschädigen, besteht im Dienstunfallrecht nicht, (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Erl. 16 Unterpunkt 1.2 zu § 31).

Eine Erkrankung an einer in der Berufskrankheitenverordnung genannten Krankheit gilt nur dann als Dienstunfall, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an einer solchen Krankheit besonders ausgesetzt war. Eine Anerkennung kommt dagegen nicht in Betracht, wenn feststeht, dass der Beamte sich die Erkrankung außerhalb des Dienstes zugezogen hat (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BeamtVG, Erläuterung 178, 179 zu § 31).

Nr. 2103 der Berufskrankheitenverordnung betrifft "Erkrankungen durch Erschütterungen bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen". Die sich vorliegend stellende Frage, ob die vom Kläger über ca. 20 Jahre ausgeübte Tätigkeit als Waffenmechanikermeister im Hinblick auf die Aufgabenstellung des Klägers (Anschuss-, Erprobungs-, Funktions- und Einweisungsschießen mit verschiedenen bei der Polizei verwendeten Kurz- und Langwaffen), bei der Erschütterungen des rechten Schulterbereichs durch das häufige Schießen erfolgten, grundsätzlich der Tätigkeit mit "gleichartig wirkenden" Werkzeugen oder Maschinen der Nr. 2103 gleichzustellen ist, ist jedoch zu verneinen.

Nach dem Merkblatt gemäß Bekanntmachung des BMGS, BArbBl. 2005 H 3 S. 51 betreffend Erkrankungen nach Nr. 2103 kommen diese Erkrankungen bei Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Maschinen vor, die durch Vibrationen mit vorrangig tiefen Frequenzanteilen (8 bis 50 Hz) erzeugte Schwingungsenergie über die Handgriffe auf das Hand-Arm-Schulter-System übertragen. Längere Einwirkungen solcher Schwingungen können pathologische Veränderungen an den Gelenken des Hand-Arm-Schulter-Systems verursachen. Gefahrenquellen sind nach diesem Merkblatt z.B. bei Arbeiten mit schlagenden Werkzeugen, Geräten oder Maschinen gegeben, zu denen u.a. Aufbruchhämmer, schwere Meißelhämmer oder Vibrationsstampfer zählen, sofern die übertragenen Schwingungen im genannten Frequenzbereich liegen. Der Schädigungsmechanismus an Knochen und Gelenken beruht vorwiegend auf gleichförmigen oder auch regellosen mechanischen Schwingungen und Stößen, sofern diese bei starker Ankoppelung der Hände an den Werkzeuggriffen tieffrequente Schwingungsenergie übertragen. Diese Schwingungen bewirken eine hohe mechanische Belastung der Knochen und insbesondere der Gelenke in Form von Druck- und Zugkräften, die zu einer ständigen Stauchung und Streckung der Gelenkgewebe führen. Vibrationsschäden können sich - u.a. - am Schultereckgelenk (Akromioclavikulargelenk) manifestieren, wobei sich typischerweise degenerative Veränderungen (Arthrosis deformans) entwickeln. Am Schultereckgelenk geht die schädigende Wirkung der Schwingungsbelastung insbesondere von Scherbewegungen aus. Das Merkblatt weist schließlich darauf hin, dass bei Bergleuten gewonnene Erfahrungen darauf hindeuten, dass die arbeitsbedingten arthrotischen Veränderungen an den Gelenken in der Regel nicht vor Ablauf einer zweijährigen, täglich wiederholten mehrstündigen Arbeit mit hoher Schwingungsindentität auftreten.

Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Der Senat legt dabei das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 18. Oktober 2007, ergänzt mit Gutachten vom 24. Juni 2008 zu Grunde sowie das Ergebnis der Vernehmung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, der die vom Kläger zuvor in der mündlichen Verhandlung demonstrierte und erläuterte Handhabung der verschiedenen Waffen und der verschiedenen Schießhaltungen vorausgegangen ist.

Die Berufskrankheit nach Nr. 2103 BKV erfordert tieffrequente Schwingungen im Bereich von 8 bis 50 Hz. Dies ergibt - auf eine Stunde umgerechnet - ca. 29.000 bis 180.000 Schwingungen. Diese Belastung muss zudem über einen längeren Zeitraum - ausgehend von dem genannten Merkblatt sind dies ca. zwei Jahre -erfolgen. Demgegenüber hat der Kläger nach eigenen Angaben in einem Zeitraum von ca. 20 Jahren ca. 220.000 Schüsse abgegeben. Die vom Kläger beschossenen Lang- und Kurzwaffen, die durch den jeweiligen Rückstoß auf das Hand-Arm- und Schulter-System des Klägers einwirkten, können deshalb nach Auffassung des Senats nicht als "gleichartig wirkende Werkzeuge oder Maschinen" im Vergleich zu Druckluftwerkzeugen angesehen werden, die die dargelegten Erschütterungen erzeugen.

Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass es als höchst unwahrscheinlich einzustufen ist, dass die Schießtätigkeit des Klägers eine wesentliche Ursache oder zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache für die Schädigung des AC-Gelenks des Klägers darstellt. Der Senat legt dabei die nachvollziehbaren und schlüssigen Erläuterungen des Sachverständigen, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung, zu Grunde. Voraussetzung für eine Schädigung des AC- Gelenks ist, dass der Rückschlag durch das Schießen durch wiederholte Traumatisierung auf das AC Gelenk wirkt. Entscheidend ist die Kompression des AC-Gelenks. Ein relevanter Impuls kann dabei der Rückschlag sein, der - zunächst durch das Hand- und das Ellenbogengelenk gedämpft - über die Pfanne auf das Schulterdach und dann auf das AC-Gelenk einwirkt. Bei der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung demonstrierten Schießhaltung, bei der er das Gewehr mittig an der Schulter hält, findet nach Aussagen des Sachverständigen keine Stoßwirkung auf das AC-Gelenk statt. Eine solche Stoßwirkung ist nur bei der seitlichen Schießhaltung gegeben, wobei die Kompression des AC-Gelenks wegen der stattfindenden Dämpfung durch das Hand- und das Ellenbogengelenk abgemildert wird.

Demgegenüber sind andere Ursachen, die nicht in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten sind, für den Schaden am rechten AC-Gelenk des Klägers nach Einschätzung des Senats (der auch insoweit den Ausführungen des Sachverständigen folgt) von erheblich größerer Wahrscheinlichkeit. Wie zuvor schon in seinem Gutachten vom 18. Oktober 2007 (S. 10) und dem Ergänzungsgutachten vom 24. Juni 2008 (S. 10) dargelegt, hat der Sachverständige auch in der mündlichen Verhandlung, also nachdem der Kläger seine verschiedenen Schießhaltungen demonstriert hatte, erläutert, dass die frühere Sportverletzung (eine Verletzung des rechten Schlüsselbeins im Jahr 1987) die Arthrose des Klägers erklärt. Der Sachverständige hat außerdem sowohl in seinem Gutachten vom 18. Oktober 2007 (S. 8 bis 10) wie auch in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass bei fast allen über 50jährigen am AC-Gelenk Arthroseerscheinungen feststellbar sind, auch wenn diese häufig keine Beschwerden verursachen. Zur Beschwerdesymptomatik des Klägers hat der Sachverständige erläutert, dass das häufige Schießen zu dieser Symptomatik beigetragen haben kann (Ergänzungsgutachten vom 24.6.2008 S. 11 sowie Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung), er hat jedoch überzeugend dargelegt, dass die Schießtätigkeit nicht wesentlich kausal für die Schädigung des rechten AC-Gelenks war (vgl. Gutachten vom 18.10.2007 S. 14 sowie Ergänzungsgutachten vom 24.6.2008 S. 9 ff), sondern dass die dienstliche Tätigkeit als bloße Gelegenheitsursache einzustufen ist. Der Einfluss durch die Schießtätigkeit ist nicht als spezifisch, sondern allgemein und durch andere Bewegungen oder Kräfte austauschbar anzusehen. Dementsprechend kann von der Ursächlichkeit der dienstlichen Schießtätigkeit des Klägers für den Schaden im rechten Schultergelenk nicht ausgegangen werden.

Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG nicht erfüllt sind.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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