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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 3 BV 07.3490
Rechtsgebiete: BeamtVG, VO (EWG) Nr. 1408/71, Ermessensrichtlinien 2002


Vorschriften:

BeamtVG § 12
VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 46 b
Ermessensrichtlinien 2002
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

3 BV 07.3490

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Neufestsetzung der Versorgungsbezüge;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. November 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Oktober 2008

am 9. Oktober 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 3. Juli 1939 geborene Kläger stand als Studiendirektor im Dienst des Beklagten. Er ist zum 1. August 2004 in den Ruhestand getreten.

Mit Bescheid der Bezirksfinanzdirektion R*********, (nunmehr Landesamt für Finanzen) vom 2. November 2004 wurden die dem Kläger ab 1. August 2004 zustehenden Versorgungsbezüge auf der Grundlage eines Ruhegehaltsatzes vom 73,58 v.H. auf 2.594,40 Euro festgesetzt. In den Hinweisen und Bemerkungen ist ausgeführt, die Studienzeiten an der TU W*** könnten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit im Rahmen der Mindestzeit berücksichtigt werden (§ 12 BeamtVG). Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) W*** berücksichtige die Studien- und Ausbildungszeiten als Ersatzzeiten nur für die Erfüllung der Pensionsanspruchsvoraussetzungen. Dagegen würden die Studien- und Ausbildungszeiten nur bei Bedarf für die Höhe der Pension berücksichtigt. Es werde gebeten, den Bezug von Renten unverzüglich anzuzeigen und eine Fotokopie des vollständigen Rentenbescheides vorzulegen. Auf Ziff. 2.1 der beiliegenden Hinweise und Anzeigepflichten werde verwiesen. Aus Ziff. 2.1 der Hinweise ergibt sich, dass Zeiten, die aufgrund von § 12 BeamtVG auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet worden seien, für den Fall, dass dem Kläger derzeit oder später eine andere Versorgungsleistung als die von § 55 BeamtVG erfassten Renten und Leistungen zustehe, unter Vorbehalt eines (rückwirkenden) Widerrufs der Anrechnung berücksichtigt würden.

Hinsichtlich der dem Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV, zuvor BfA) zustehenden Regelaltersrente (Bescheid vom 1.12.2004) wurde eine Ruhensberechnung nach § 55 BeamtVG ab 1. August 2004 durchgeführt (Bescheid vom 3.5.2005).

Die PVA W*** hat einen Anspruch des Klägers auf eine Alterspension ab 1. August 2004 mit Bescheid vom 30. Dezember 2004 anerkannt und die Pension auf monatlich 195,07 Euro festgesetzt.

Mit Änderungsbescheid vom 5. Dezember 2006 und der dazu als Anlage beigefügten Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge setzte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle R*********, aufgrund der Alterspension der PVA W*** die Versorgungsbezüge des Klägers rückwirkend zum 1. August 2004 auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes von 69,68 v. H. auf 2.398,96 Euro fest.

Einen hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Landesamt für Finanzen, Dienststelle R*********, mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2006 zurück. Im Bescheid vom 2. November 2004 sei das Studium des Klägers (1.10.1959 bis 31.3.1964) gemäß § 12 BeamtVG als ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet worden, da zu diesem Zeitpunkt nicht festgestanden habe, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger bei der PVA W*** ein Anspruch auf eine Alterspension zustehe. Aus diesem Grund sei die Festsetzung der Versorgungsbezüge unter dem Vorbehalt der Rücknahme und der Rückforderung für den Fall ergangen, dass der Kläger entsprechende Versorgungsleistungen beziehe. Die PVA W*** habe den Anspruch auf eine Alterspension ab 1. August 2004 anerkannt. Zwar sei die Berücksichtigung der österreichischen Alterspension im Rahmen des § 55 BeamtVG aufgrund von Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 ausgeschlossen, jedoch sei diese Alterspension eine andere Versorgungsleistung im Sinne der Ermessensvorschriften. Hierbei gehe es allein um die ausreichende Gleichstellung in der Versorgung mit derjenigen eines sog. "Nur-Beamten", dessen gesamte dienstliche Tätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls im Rahmen des Beamtenverhältnisses erfolge. Bei der Anwendung der Ermessensvorschriften sei es daher sachgerecht, die Höchstgrenze entsprechend § 55 BeamtVG zu berechnen, woraus sich ein Ruhegehaltsatz von 69,58 v.H. ergebe.

Am 21. Dezember 2006 erhob der Kläger Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Landesamts für Finanzen, Dienststelle R*********, vom 5. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts für Finanzen vom 1. Dezember 2006 aufzuheben.

Zur Begründung brachte er vor: Die VO (EWG) 1408/71 lasse keinen Raum für die Anwendung der Ermessensvorschriften. Vorliegend handle es sich um ein Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art, eine Ausnahme hiervon sei gemäß Art. 46 b Abs. 2 VO (EWG) 1408/71 nicht erkennbar. Zumindest sei kein Raum für eine Rückforderung, da dem Beklagten die Alterspension der PVA W*** bekannt gewesen sei.

Mit Urteil vom 7. November 2007 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Die Neufestsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers ab 1. August 2004 beurteile sich nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Mit der Vorschrift des § 12 BeamtVG verfolge der Gesetzgeber den Zweck, einem erst im vorgerückten Lebensalter in das Beamtenverhältnis übernommenen Beamten annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die er erhalten würde, wenn er sich während der fraglichen Zeit, in der er die besondere Eignung für die Wahrnehmung seines späteren Amtes erlangt habe, bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte. Durch die Ermessensrichtlinien 2002 sei das Ermessen der Versorgungsbehörden dahingehend gebunden, dass Vordienstzeiten nur teilweise oder überhaupt nicht als ruhegehaltsfähige Dienstzeiten berücksichtigt werden dürfen, wenn und soweit sich durch ihre Berücksichtigung eine höhere Gesamtversorgung (beamtenrechtliche Versorgung zuzüglich anderer Versorgung) ergeben würde. Dabei habe nur die Ermittlung des zu berücksichtigenden Betrages der anderen Versorgungsleistung nach den Grundsätzen des § 55 BeamtVG zu geschehen. Zu den anderen Versorgungsleistungen gehörten u.a. gleichartige ausländische Leistungen, deren Berücksichtigung im Rahmen des § 55 BeamtVG aufgrund von Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 ausgeschlossen sei. Die Ermessensvorschriften setzten gerade voraus, dass die Rente oder andere Versorgungsleistung nicht unter § 55 BeamtVG falle, weil andernfalls die Begrenzung verschiedener Versorgungsleistungen bis zu einem Höchstbetrag schon nach dieser Norm erfolgen würde (vgl. Ziff. 1.1.1 Ermessensrichtlinien 2002). Im Rahmen der Ermessensentscheidungen nach §§ 11, 12 BeamtVG gehe es nicht um die Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln, sondern allein um die annähernde Gleichstellung der Versorgung mit derjenigen eines "Nur-Beamten". Durch die ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften sei der Beklagte gehalten, die Anrechnung von Vordienstzeiten soweit zu beschränken, dass der Kläger an Altersversorgung aus Beamtenversorgung und Pension der PVA W*** insgesamt nicht mehr als ein "Nur-Beamter" erhalte. Die neue Festsetzung erweise sich auch unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts, als rechtmäßig. Hintergrund der Vorgabe in den Ermessensrichtlinien 2002 sei, dass durch die VO(EG) Nr. 1606/98 die Sonderversorgungssysteme für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen mit Wirkung vom 25. Oktober 1998 in den Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 mit der Folge einbezogen worden seien, dass die zur Vermeidung der Überalimentation zuvor angewandte Ruhensregelung nach § 55 Abs. 8 BeamtVG nicht mehr angewendet werden dürfe. Die Einbeziehung der ausländischen Versorgungsleistung erfolge nicht im Rahmen der Ruhensvorschrift des § 55 BeamtVG, sondern sei bei der Anrechnung der Vordienstzeiten im Rahmen der Ermessensvorschrift des § 12 BeamtVG berücksichtigt worden. Diese Vorgehensweise verstoße nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, hier Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 bzw. stelle eine Umgehung dieser Vorschrift dar. Denn zum einen stelle die Vorschrift des § 12 BeamtVG mit der ins Ermessen der Behörde gestellten Möglichkeit der Anrechnung von Ausbildungszeiten keine Kürzungs- und Entziehungsbestimmung und auch keine Ruhensbestimmung im engeren Sinne wie z.B. §§ 53, 55 BeamtVG dar, zum anderen sollten nach dem System der VO (EWG) Nr. 1408/71 in anderen Staaten zurückgelegte Zeiten zur Erfüllung bestimmter Mindest- bzw. Wartezeiten zum Erwerb eines Anspruchs auf Pensionsleistungen berücksichtigt werden, nicht jedoch mittelbar, wenn es um die Höhe der Leistung gehe. Hinsichtlich der rechtmäßigen Neufestsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers ab 1. August 2004 habe es keiner Rücknahme des ursprünglichen Versorgungsfestsetzungsbescheides vom 2. November 2004 nach Art. 48 BayVwVfG bedurft. Die ab Rentenbezug geleisteten Versorgungsbezüge seien nach dem allgemeinen Vorbehalt als vorläufige Zahlungen anzusehen, deren Rechtsgrundlage nicht erst ausdrücklich widerrufen oder zurückgenommen werden müsse, sondern durch den Bedingungseintritt weggefallen sei.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. November 2007, den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 5. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Finanzen vom 1. Dezember 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger beginnend ab dem 1. August 2004 ungekürzte Versorgungsbezüge zu gewähren.

Er trägt vor, die Neufestsetzung der Versorgungsbezüge unter Anwendung der Ermessensrichtlinien 2002 sei rechtswidrig und verstoße zum einen gegen das Recht auf Freizügigkeit aus Art. 39 des Vertrages der Europäischen Gemeinschaft sowie gegen Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71. Gleichzeitig werde durch die Anwendung der Ermessensrichtlinien 2002 der allgemeine Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Anwendung der Ermessensrichtlinien 2002 stelle eine Umgehung des bindenden Gemeinschaftsrechts, normiert in Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 dar. Nach § 4 Abs. 3 BeamtVG werde das Ruhegehalt grundsätzlich auf der Grundlage der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten berechnet. Dieser Grundsatz werde in den §§ 10 und 11 BeamtVG sowie in § 67 BeamtVG durchbrochen. Diese Durchbrechungen seien dann im Rahmen der Kannvorschrift des § 12 BeamtVG zu messen. Vorliegend finde § 12 BeamtVG und damit die Ermessensrichtlinien 2002 keine Anwendung. Es sei ausschließlich § 55 BeamtVG einschlägig, der durch Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 in seinem Anwendungsbereich eingeschränkt sei. § 12 BeamtVG solle grundsätzlich den Beamten, der seine berufliche Laufbahn nicht von Beginn an als Beamter begonnen habe, dem "Nur-Beamten" gleichstellen und insoweit unbillige Benachteiligungen ausgleichen. Der Beklagte wende die Vorschrift aber zu seinem Nachteil an. Die Nichtgewährung dieser Rechtsposition stelle eine Entziehung und stelle damit einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und verweist auf das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Reduzierung der Versorgungsbezüge aufgrund der nachträglichen Anwendung der Ermessensrichtlinien 2002 rechtmäßig ist. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 130 b VwGO). Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

Zutreffend kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers für die Zeit ab 1. August 2004 zu Recht auf 69,58 v.H. festgesetzt hat, indem er die Ausbildungszeiten nicht mit der Mindeststudienzeit von vier Jahren und 183 Tagen, sondern lediglich mit zwei Jahren und 123 Tagen als ruhegehaltsfähige Dienstzeit i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG berücksichtigt hat. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung (Fachschul-, Hochschul- und praktische Ausbildung, Vorbereitungsdienst, übliche Prüfungszeit) als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Die Anrechnungsvorschrift hat den Zweck, eine für die Beamten aller Laufbahngruppen annähernd gleiche Ausgangslage bei der Berechnung ihrer ruhegehaltsfähigen Dienstzeit und damit des Ruhegehaltssatzes zu schaffen. Die Entscheidung, ob solche Zeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt werden sollen, ist eine Ermessensentscheidung, bei der jede Erwägung, die im Hinblick auf den geforderten Zweck der Bestimmung sachgerecht erscheint, den Ausschlag geben kann. (BVerwG Urteil vom 28.6.1982, NVwZ 1983, 157; Beschluss vom 24.9.1991, ZBR 1992, 84). Zur Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit aufgrund von Kann-Vorschriften existieren die Ermessensrichtlinien 2002 gemäß der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 4. Dezember 2002, Az. 24 -P 1601 - 038 - 49 685/02 (Ermessensrichtlinien 2002). Grundlage für den Erlass der Ermessensrichtlinien 2002 und auch der Vorgängervorschriften war der Gedanke, dass keine Veranlassung besteht, das aus dem Beamtenverhältnis dem Beamten zustehende Ruhegehalt durch die Anrechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit zu erhöhen und dadurch einen Ausgleich zu gewähren, wenn der Beamte während der Kann-Vordienstzeiten bereits eine der Art nach dem Ruhegehalt entsprechende Versorgung erworben hat. Im Rahmen des § 12 BeamtVG geht es nicht um die Vermeidung einer Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln, sondern allein um die annähernde Gleichstellung in der Versorgung mit derjenigen eines "Nur-Beamten" (BVerwG vom 28.6.1982, a.a.O.). Damit wäre es unvereinbar, den Beamten durch die Anrechnung einer nach § 12 BeamtVG anrechnungsfähigen Zeit bezüglich seiner Altersversorgung besser zu stellen, als er stehen würde, wenn er seine gesamte Dienstzeit im Beamtenverhältnis verbracht hätte. Der "Nur-Beamte" hätte während seiner Dienstzeit nicht die Gelegenheit gehabt, eine solche zusätzliche Altersversorgung zu erwerben. Nach den Ermessensrichtlinien 2002 ist die Einschränkung bei der Anrechnung von Vordienstzeiten aufgrund von Kann-Vorschriften geboten, wenn dem Versorgungsempfänger neben seinen Versorgungsbezügen noch eine andere Versorgungsleistung als die von § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG erfassten Renten zusteht. Dazu gehören gleichartige ausländische Leistungen, deren Berücksichtigung im Rahmen des § 55 BeamtVG aufgrund von Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 (ABL EG Nr. L 149 v. 5.7.1971 S. 2) ausgeschlossen ist. Die Ermessensrichtlinien 2002 gewährleisten eine sachgerechte Behandlung unterschiedlicher Sachverhalte, so dass ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht erkennbar ist.

Aufgrund der durch Bescheid der BfA vom 1. Dezember 2004 gewährten Rente erhält der Kläger den höchstmöglichen Ruhegehaltssatz, was zu einem Ruhensbetrag von 26,63 Euro geführt hat. (vgl. Bescheid der Bezirksfinanzdirektion R********* vom 3. Mai 2005)

Durch die Pension der Pensionsversicherungsanstalt W*** beginnend vom 1. August 2004 in Höhe von 195,07 Euro überschreitet der Kläger den höchstmöglichen Ruhegehaltssatz. Daher konnte der Beklagte aufgrund der Ermessensrichtlinien 2002 durch Anwendung der Kann-Vorschriften die Anrechnung der Ausbildungszeiten im Rahmen der Hochschulausbildung kürzen. Die Ermessensrichtlinien 2002 setzen voraus, dass die andere Versorgungsleistung nicht unter § 55 BeamtVG fällt, weil andernfalls die Begrenzung verschiedener Versorgungsleistungen bis zu einem Höchstbetrag schon nach dieser Norm erfolgen würde. Die Beschränkung der Anrechnung der Kann-Vordienstzeiten im Rahmen der Ausbildungszeiten von vier Jahren und 128 Tagen auf zwei Jahre und 123 Tagen hat zum Ergebnis, dass der Kläger unter Berücksichtigung der Pension der PVA W*** die höchstmöglichen Ruhestandsbezüge eines "Nur-Beamten" erhält.

Die Anwendung der Ermessensrichtlinien 2002 verstößt auch nicht gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft. Die Art. 46 a bis 46 c der VO (EWG) Nr. 1408/71 regeln das Zusammentreffen von Leistungen mit Leistungen und sonstigen Einkünften aus anderen Mitgliedstaaten. Art. 46 b VO (EWG) Nr. 1408/71 betrifft das Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art. Leistungen gleicher Art sind gemäß Art. 46 a Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 Leistungen bei Invalidität, Alter oder für Hinterbliebene, die auf der Grundlage der von ein und derselben Person zurückgelegten Zeiten berechnet oder gewährt werden. Durch die VO (EG) Nr. 1606/98 (ABl EG Nr. L 209 v. 25.7.1998) sind die Sonderversorgungssysteme für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen mit Wirkung vom 25. Oktober 1998 in den Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, einbezogen worden. Nach Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 dürfen beim Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art aus verschiedenen Mitgliedstaaten die Kürzungs-, Ruhens- oder Entziehungsbestimmungen eines Mitgliedstaates nur ausnahmsweise angewendet werden. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet, da es sich sowohl bei der österreichischen Pension als auch bei dem deutschen Ruhegehalt um Leistungen im Alter handelt, die auf der Grundlage von derselben Person zurückgelegten Zeiten berechnet oder gewährt werden und es sich damit um Leistungen gleicher Art handelt. Das Zusammentreffen der hier streitgegenständlichen Ruhestandsbezüge und der österreichischen Pension ist auch keiner der in § 46 b Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1408/71 geregelten Fälle, in denen die mitgliedstaatlichen Ruhensvorschriften ausnahmsweise anwendbar bleiben. Die Höhe der Leistungen ist weder von der Dauer der zurückgelegten Zeiten unabhängig noch aufgrund einer fiktiven Zeit bestimmt. Diese nicht sachgerechte Konsequenz hat ihre Ursache darin, dass nach dem System der VO (EWG) Nr. 1408/71 in anderen Staaten zurückgelegte Zeiten nur zur Erfüllung von bestimmten Mindest- bzw. Wartezeiten zum Erwerb eines Anspruchs auf Pensionsleistungen berücksichtigt werden, nicht unmittelbar jedoch, wenn es um die Höhe der Leistungen geht. Ausgehend von dieser Prämisse, wobei § 12 BeamtVG mit der Anrechnung einen anderen Weg geht, ist die Regelung des Art. 46 b Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 sachgerecht (vgl. Stürmer/Biller, Die Einbeziehung der Beamten in den Anwendungsbereich der Verordnung EWG Nr. 1408/71, DÖD 2001, 104, 108). Letztlich geht es um die Frage, ob die in einem fremden Mitgliedstaat (hier Österreich) verbrachten Ausbildungszeiten des Klägers im Rahmen der Bemessung der Höhe des deutschen Ruhegehalts Berücksichtigung finden. Nach dem System der VO (EWG) Nr. 1408/71 spielen die zurückgelegten Zeiten für die Hochschulausbildung bei der Berechnung der Höhe der Rente bzw. Ruhestandsbezüge keine Rolle. Insoweit ist es auch konsequent, dass eine Kürzung der Anrechnungszeiten nicht erfolgen darf. Das Beamtenversorgungsgesetz geht jedoch einen anderen Weg und berücksichtigt die Ausbildungszeiten bei der Höhe der Ruhestandsbezüge, so dass die VO (EWG) Nr. 1408/71 einer Kürzung der Anrechnungszeiten, soweit es um die Höhe der Ruhestandsbezüge geht, nicht entgegensteht. Grundsätzlich ist es ungeachtet der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine Frage des nationalen Rechts, ob die in einem fremden Mitgliedstaat verbrachten Beschäftigungs- bzw. Ausbildungszeiten im Rahmen der Bemessung der Ruhestandsbezüge Berücksichtigung finden (vgl. VG Berlin vom 28.5.2006 Az. 28 A 262.03 zitiert nach juris; Schuler in: Fuchs, Kommentar zum Europäischen Sozialrecht RdNr. 6 zu Art. 51 a). Unter diesen Gesichtspunkten ist auch nicht das Recht der Freizügigkeit gemäß Art. 39 EGV berührt.

Bei den Hinweisen unter Ziffer 2.1 zum Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 2. November 2004 handelt es sich nicht um Rücknahme- oder Widerrufsvorbehalte, sondern um Nebenbestimmungen zu dem Bescheid über die Festsetzung der Ruhestandsbezüge, die eine den Versorgungsempfänger belastende Regelung für den Fall einer anrechenbaren Rente (Pension) enthalten. Diese Nebenbestimmung unterscheidet sich von einer auflösenden Bedingung nur insoweit, als die bei Eintritt dieser Bedingung zu leistenden Versorgungsbezüge erst neu berechnet und festsetzt werden müssen. (BayVGH Beschluss vom 7.11.1984, Nr. 3 CS 84 A.1292; Schmalhofer in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer BeamtVG Stand: April 2008, RdNr. 12 zu § 11). Dies ist mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. September 2006 geschehen, wobei dem Beklagten nicht bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 2. November 2004 die Alterspension der PVA W*** bekannt war, da diese erst mit Bescheid vom 30. Dezember 2004 festgesetzt wurde.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.051,68 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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