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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.10.2006
Aktenzeichen: 3 N 04.404
Rechtsgebiete: VwGO, BBesG, GVEntschV, ÄndV zur GVEntschV


Vorschriften:

VwGO § 47
BBesG § 49 Abs. 3 Satz 1
GVEntschV § 2
GVEntschV § 3
ÄndV zur GVEntschV vom 18. September 2002 (GVBl S. 517)
ÄndV zur GVEntschV vom 29. September 2003 (GVBl S. 754)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 N 03.1683 3 N 04.402 3 N 04.404 3 N 04.405 3 N 04.406 In den Normenkontrollsachen

wegen Ungültigkeit der Verordnungen zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungs- verordnung vom 18. September 2002 und vom 29. September 2003;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 16. Oktober 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Verwaltungsstreitsachen 3 N 03.1683, 3 N 04.402, 3 N 04.404, 3 N 04.405 und 3 N 04.406 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Verordnungen zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung (ÄndV zur GVEntschV) vom 18. September 2002 (GVBl S. 517) und vom 29. September 2003 (GVBl S. 754) sind unwirksam.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Auf Grund des § 49 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in Verbindung mit § 1 der Verordnung zum Vollzug des § 49 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (BayRS 2032-2-1-F) erließ das Bayerische Staatsministerium der Justiz (BayStMJ) im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen (BayStMF) die Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung -GVEntschV) vom 15. Oktober 1998 (BayRS 2032-2-41-J; GVBl S. 893).

Nach § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GVEntschV erhalten die im Außendienst beschäftigten Gerichtsvollzieher (planmäßige und hilfsweise beschäftigte Beamte) zur Abgeltung des ihnen durch die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Aufwands als Entschädigung die von ihnen erhobenen Dokumentenpauschalen und einen Anteil der von ihnen für die Erledigung der Aufträge vereinnahmten Gebühren. Dieser Anteil wird jeweils - in der Regel - kalenderjährlich auf einen bestimmten Vom-Hundert-Satz festgesetzt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschV steht der so ermittelte Gebührenanteil dem Gerichtsvollzieher in vollem Umfang nur bis zu einem, ebenfalls - in der Regel - kalenderjährlich zu beziffernden Höchstbetrag fest. Wird dieser überschritten, so verbleiben dem Gerichtsvollzieher 50 v.H. des Mehrbetrags.

Die danach bezifferten Beträge werden dementsprechend jeweils in einer Verordnung zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung (ÄndV zur GVEntschV) festgesetzt.

Im Zuge der danach vorzunehmenden Anpassungen hat das BayStMJ im Einvernehmen mit dem BayStMF u.a. folgende Änderungsverordnungen erlassen:

1. Die Verordnung zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung (ÄndV zur GVEntschV) vom 18. September 2002 (GVBl S. 517). Aufgrund der darin enthaltenen, am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderungen erhielten die entsprechend geänderten Vorschriften der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung folgenden Wortlaut:

§ 2

(1) Als Entschädigung erhalten die Gerichtsvollzieher die von ihnen erhobenen Schreibauslagen und einen Anteil der von ihnen für die Erledigung der Aufträge vereinnahmten Gebühren (Gebührenanteil).

(2) 1 Der Gebührenanteil wird jeweils jährlich festgesetzt, für das Kalenderjahr 2001 auf 65,8 v.H. 2 Solange für ein Kalenderjahr noch kein Gebührenanteil festgesetzt ist, gilt der Gebührenanteil des vorangegangenen Kalenderjahres vorläufig weiter. 3 In diesem Fall wird der endgültige Gebührenanteil rückwirkend zum 1. Januar neu festgesetzt. 4 Für die Zeit ab 1. Januar 2002 wird der Gebührenanteil vorläufig auf 52,5 v.H. festgesetzt.

§ 3

(1) 1 Der Gebührenanteil für die Erledigung eines einzelnen Auftrags darf im Regelfall den Betrag von 600 DM nicht übersteigen. 2 Über einen höheren Gebührenanteil entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts.

(2) 1 Der Höchstbetrag der den Gerichtsvollziehern jeweils zustehenden Gebührenanteile beträgt im Kalenderjahr 47 700 DM. 2 Wird der Höchstbetrag an Gebührenanteilen überschritten, so verbleiben den Gerichtsvollziehern 50 v.H. des Mehrbetrags. 3 Bei der Festsetzung und Anweisung der Gebührenanteile in den ersten drei Kalendervierteljahren ist Satz 2 mit der Maßgabe anzuwenden, daß jeweils ein Betrag von 11 925 DM zugrunde zu legen ist. 4 Die Höchstbeträge werden für das in § 2 Abs. 2 Satz 1 genannte Kalenderjahr festgesetzt; § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. 5 Für die Zeit ab 1. Januar 2002 wird der Jahreshöchstbetrag vorläufig auf 19.500 Euro und der Vierteljahreshöchstbetrag vorläufig auf 4.875 Euro festgesetzt.

2. Die Verordnung zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung (ÄndV zur GVEntschV) vom 29. September 2003 (GVBl S. 754). Aufgrund der darin enthaltenen, am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Änderungen erhielten die entsprechend geänderten Vorschriften der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung folgenden Wortlaut:

§ 2

(1) Als Entschädigung erhalten die Gerichtsvollzieher die von ihnen erhobenen Schreibauslagen und einen Anteil der von ihnen für die Erledigung der Aufträge vereinnahmten Gebühren (Gebührenanteil).

(2) 1 Der Gebührenanteil wird jeweils jährlich festgesetzt, für die Kalenderjahre 2002 und 2003 auf jeweils 51,9 v. H. 2 Solange für ein Kalenderjahr noch kein Gebührenanteil festgesetzt ist, gilt der Gebührenanteil des vorangegangenen Kalenderjahres vorläufig weiter. 3 In diesem Fall wird der endgültige Gebührenanteil rückwirkend zum 1. Januar neu festgesetzt.

§ 3

(1) 1 Der Gebührenanteil für die Erledigung eines einzelnen Auftrags darf im Regelfall den Betrag von 300 Euro nicht übersteigen. 2 Über einen höheren Gebührenanteil entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts.

(2) 1 Der Höchstbetrag der den Gerichtsvollziehern jeweils zustehenden Gebührenanteile beträgt in den Kalenderjahren 2002 und 2003 jeweils 19.600 Euro. 2 Wird der Höchstbetrag an Gebührenanteilen überschritten, so verbleiben den Gerichtsvollziehern 50 v.H. des Mehrbetrags. 3 Bei der Festsetzung und Anweisung der Gebührenanteile in den ersten drei Kalendervierteljahren ist Satz 2 mit der Maßgabe anzuwenden, daß jeweils ein Betrag von 4.900 Euro zugrunde zu legen ist. 4 Die Höchstbeträge werden für das in § 2 Abs. 2 Satz 1 genannte Kalenderjahr festgesetzt; § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

Die Antragsteller sind Gerichtsvollzieher im Dienst des Antragsgegners. Sie wenden sich mit ihren Anträgen auf Normenkontrolle gegen die Änderungsverordnungen vom 18. September 2002 (Az. 3 N 03.1683; 3 N 04.404 und 3 N 04.406) und vom 29. September 2003 (Az. 3 N 04.402 und 3 N 04.405).

Im Wesentlichen machen sie geltend, die Verordnungen seien ungültig, weil sie zu Fassungen der maßgeblichen Vorschriften der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung führten, nach denen sich keine für die Entschädigung der Bürokosten auskömmlichen Gebührenanteile errechneten.

Damit verstießen die angegriffenen Verordnungen gegen den aus § 49 Abs. 3 BBesG abzuleitenden Grundsatz einer dem Gerichtsvollzieher zustehenden großzügigen Deckung seiner Bürokosten (Personalbedarf, Sachkostenbedarf). Während die Antragsteller bei der Ermittlung ursprünglich auf die Kosten abgestellt haben, die typischerweise für ein angemessenes bayerisches Gerichtsvollzieherbüro betriebswirtschaftlich sachgerecht anfallen (insoweit im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl.Beschluss vom 5.9.2003 Az. 3 B 02.2266 u.a.), halten sie an diesem Maßstab in Kenntnis des diesen Beschluss aufhebenden und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisenden Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2004 (Az. 2 C 41.03) nicht mehr fest. Maßgebend sei (so die zuletzt vertretene Auffassung, vgl. Schriftsatz vom 20.7.2006, v.a. S. 5), ob der Antragsgegner die angefallenen notwendigen Sach- und Personalkosten realitätsnah festgesetzt, d.h. den jährlichen Aufwand sowohl fortlaufend aktuell als auch realitätsnah ermittelt und die Ballance zwischen "Auskömmlichkeit" und "Realitätsnähe" im Licht der verfassungsrechtlichen und einfachrechtlichen Vorgaben (Art. 33 Abs. 5, Art. 20 Abs. 3 GG, § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG) herzustellen vermocht habe. Der Antragsgegner habe dies nicht getan und auch bislang nicht dargelegt, dass die Gerichtsvollzieher im Freistaat Bayern im Landesdurchschnitt auf ihre Bürokosten gekommen seien. In keinem Fall habe der Antragsgegner zu niedrige Ansätze bei den Sach - oder Personalkosten gleichsam "nach oben" korrigiert; Anlass dazu hätte u. a. bei denjenigen Gerichtsvollziehern bestanden, die Hilfskräfte entweder ohne oder nur gegen geringes Entgelt beschäftigten oder nur für einen Teilzeitraum des Jahres Hilfskräfte einsetzten. Auch habe der Antragsgegner nicht die Varianz bei den jeweiligen Einzelpositionen berücksichtigt. Danach seien die - tatsächlich mit einer erheblichen Bandbreite auseinander liegenden - Erhebungsbefunde zu bereinigen, so dass bei sachgerechter Typisierung bzw. Pauschalierung mindestens 90% der Gerichtsvollzieher des Freistaates Bayern (90er Perzentile) ihre Bürokosten erstattet erhielten. Dabei gehe es nicht nur um die Personalkosten. Auch hinsichtlich der Sachkosten bestehe eine erhebliche Spannbreite; nur wenige Gerichtsvollzieher hätten Räume angemietet, ansonsten beruhten die entsprechenden Angaben bestenfalls auf Schätzungen, ebenso etwa bei den Heizkosten.

Entgegen der vom Antragsgegner im Lauf des Antragsverfahrens geäußerten Auffassung könne die Bürokostenentschädigung nicht als reine Aufwandsentschädigung gesehen und demnach auch nicht an § 17 BBesG gemessen werden. Die Sonderregelung des § 49 Abs. 3 BBesG sei lex specialis gegenüber § 17 Satz 2 BBesG und erlaube dementsprechend andere Ausgestaltungen. Unbeschadet dessen sei zumindest davon auszugehen, dass die angegriffenen Verordnungen noch nicht einmal dazu geeignet seien, sicherzustellen, dass - wie aus dem Alimentationsgrundsatz folge - die tatsächlich bei Gerichtsvollziehern im Geltungsbereich der Verordnung regelmäßig anfallenden Kosten in jedem Fall abgedeckt würden.

Im übrigen verstießen die Verordnungen im Hinblick auf die ihnen zu Grunde liegende unzulässige Typisierung und Pauschalierung in jedem Fall gegen den aus dem allgemeinen (Art. 3 Abs. 1. GG) wie für den Bereich des Beamtenrechts spezialgesetzlich als Teil der hergebrachten Grundsätze des Beamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) geregelten Gleichheitsgrundsatz.

Weiterhin verletzten die Verordnungen das in § 2 Abs. 2 Satz 1 GVEntschV festgelegte Jährlichkeitsprinzip und damit den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung sowie das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot. Es handele sich um Fälle "echter" (retroaktiver) Rückwirkung, da der Normgeber jeweils nachträglich in Tatbestände eingreife, die in der Vergangenheit begonnen und abgeschlossen worden seien, und nunmehr an diese Tatbestände andere Rechtsfolgen knüpfe. Gründe, mit denen der hier bestehende hohe Vertrauensschutz - ausnahmsweise - überwunden werden könnte, seien nicht ersichtlich. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, das die Gerichtsvollzieher innerhalb des laufenden Kalenderjahres durchaus mit einer rückwirkenden Neufestsetzung des gebühren Anteils hätten rechnen müssen. Gegen das Jährlichkeitsprinzip sei in rechtswidriger Weise verstoßen, da eine nur unterjährige rückwirkende Festsetzung erfolge.

Schließlich führe die Anwendung der angegriffenen Verordnungen zu einer mittelbaren Diskriminierung von Teilzeitgerichtsvollziehern. Sie erhielten bei gleicher Zahl geleisteter Stunden ein geringeres Gesamtentgelt als vollzeitbeschäftigte Gerichtsvollzieher. Der Jahreshöchstbetrag werden nämlich gemäß § 3 Abs. 5 GVEntschV anteilig verringert; dabei sei unbeachtlich, welches konkrete Arbeitspensum täglich erbracht werde. Darin liege eine dreifache Diskriminierung: Zunächst sei bei dieser Berechnung unbeachtlich, welches konkrete Arbeitspensum tatsächlich erbracht werde. Eine mittelbare Diskriminierung liege im Lichte dessen aber auch darin, dass es für die Bemessung der Bürokostenentschädigung auch bei in Vollzeit beschäftigten Gerichtsvollziehern nach dem Berechnungsmodus nicht auf die Stundenzahl oder das Pensum, sondern auf das real erzielte Gebührenaufkommen ankomme. Schließlich fielen für die durch die anteilige Kürzung der Höchstbeträge betroffenen Teilzeitgerichtsvollzieher dennoch die ungekürzten Bürokosten an; dies sei aufgrund verfehlter Annahmen über den Zusammenhang von Arbeitszeit und Bürokosten vom Antragsgegner nicht berücksichtigt worden. Darin liege ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht (Art. 141 EG i.V.m. Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10.2. 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgeltes für Männer und Frauen - ABlEG Nr. L 045 vom 19.2.1975, S. 19 f.). Außerdem verstoße die Regelung der Bürokostenentschädigung auch gegen das in der RL 97 - 1/81/EG enthaltene Diskriminierungsverbot von Teilzeitbeschäftigten.

Die Antragsteller beantragen,

die Verordnung zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 18. September 2002 (GVBI S. 517) sowie die Verordnung zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 29. September 2003 (GVBl S. 754) für nichtig zu erklären.

Hilfsweise beantragen die Antragsteller,

festzustellen, dass § 1 der Verordnung zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 18. September 2002 wegen Verstoßes gegen Art. 141 EGV i.V.m. Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Anwendung des Grundsatzes gleichen Entgeltes für Männer und Frauen sowie wegen Verstoßes gegen die Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit nicht anwendbar ist.

Sollte das Gericht der Rechtsauffassung der Antragsteller hinsichtlich der Auslegung des Art. 141 EGV i.V.m. der Richtlinie 75/117/EWG sowie der Auslegung der Richtlinie 97/81/EG nicht folgen, so wird hilfsweise beantragt,

folgende Fragen dem Europäischengerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 3 EGV zur Beantwortung vorzulegen:

"Sind Art. 141 EGV i.V.m. Art. 1 der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes gleichen Entgeltes für Männer und Frauen sowie Art. 1 der Richtlinie 9/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit i.V.m. §§ 4 Nr. 1, 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit dahingehend auszulegen, dass sie einer Regelung für den öffentlichen Dienst entgegenstehen, die pauschale Höchstbeträge für die Erstattung von den Arbeitnehmern entstehenden Bürokosten festsetzt, wobei die Höhe der Pauschale im direkten Verhältnis zur erbrachten Arbeitszeit steht, ohne dass die den teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in gleicher Höhe wie den vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern entstehenden Fixkosten angemessen berücksichtigt werden, und wenn zugleich die Gruppe der Personen, die von dieser Benachteiligung betroffen sind, überwiegend aus Frauen besteht?".

Der Antragsgegner beantragt,

die Normenkontrollanträge zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, hinsichtlich der Höhe der Bürokostenentschädigung komme es nicht auf die objektiv erforderlichen, sondern auf die tatsächlich entstandenen durchschnittlichen Kosten an. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut von § 49 Abs. 3 BBesG. Ihrer Rechtsnatur nach sei die Bürokostenentschädigung daher eine Aufwandsentschädigung für tatsächlich angefallene Kosten. Dies werde auch bestätigt durch die den Gerichtsvollziehern gewährten Vergütungen: die Gerichtsvollzieher erhielten ein Grundgehalt (Besoldungsgruppe A 8, A 9 oder A 9 mit Zulage), das der Sicherung des amtsangemessenen Unterhalts diene. Darüberhinaus werde den Gerichtsvollziehern nach § 49 Abs. 1 BBesG i.V. mit der Vollstreckungsvergütungsverordnung eine Vollstreckungsvergütung gewährt, die als leistungsabhängige Zahlung den Einsatz und auch besondere Erschwernisse der Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers entlohne. Daher wäre es völlig systemwidrig, wenn zusätzlich zu diesen Vergütungen auch noch die Bürokostenentschädigung der Entlohnung der Eigenleistung des Gerichtsvollziehers dienen sollte. Sinnvoll sei dementsprechend ausschließlich die Beschränkung der Bürokostenentschädigung auf die (durchschnittlich) angefallenen Kosten. Eine Berücksichtigung fiktiver Kosten sei ausgeschlossen.

Somit sei die Bürokostenentschädigung gemäß § 49 Abs. 3 BBesG als Aufwandsentschädigung anzusehen. Nach § 17 Satz 2 BBesG dürften Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen nur gewährt werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächliche Erhebungen nachvollziehbar sei, dass und in welcher Höhe dienstbezogene finanzielle Aufwendungen typischerweise entstünden. Mit diesem Grundsatz sei die Berücksichtigung fiktiver Kosten nicht zu vereinbaren. Würden im Rahmen des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG Entschädigungen beispielsweise auch für die unentgeltliche Mitarbeit von Familienangehörigen oder die eigene Bürotätigkeit der Gerichtsvollzieher gezahlt, ergäben sich erhebliche Bewertungswidersprüche. Sonstigen Beamten dürften nach § 17 Satz 2 BBesG Aufwandsentschädigungen in festen Beträgen nur gezahlt werden, wenn entsprechende Aufwendungen typischerweise entstünden. Die Bürokostenentschädigung würde hingegen in einer Höhe gezahlt, in der Kosten tatsächlich nicht anfielen. Diese Privilegierung der Gerichtsvollzieher erscheine nicht gerechtfertigt. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 5. September 2003, Az. 3 B 02.2263 bis 2266 eine andere Auffassung vertreten habe, erscheine diese unzutreffend.

Die in diesem Sinn maßgeblichen, tatsächlich entstandenen Bürokosten würden durch die gewährte Bürokostenentschädigung ausreichend gedeckt. Demgegenüber legten die Antragsteller ihren Berechnungen - unzulässigerweise - nicht ein durchschnittliches, sondern ein idealtypisches Gerichtsvollzieherbüro bzw. auf nicht realistischen Kostenermittlungen beruhende Daten zugrunde. Selbst wenn man aber die dadurch ermittelten - überhöhten - Zahlen verwende, reiche die auf der Grundlage der angegriffenen Verordnungen gewährte Bürokostenentschädigung im Regelfall aus, die Kosten eines durchschnittlichen Gerichtsvollziehers zu decken. Dies wird im einzelnen ausgeführt.

Die Verordnung vom 18. September 2002 enthalte keine echte, sondern eine unechte Rückwirkung, die zulässig sei. Die Gebührenanteile für das Jahr 2001 seien bis zur Anpassung durch die Änderungsverordnung vom 18. September 2002 ausdrücklich vorläufig nach den für das Jahr 2000 geltenden Sätzen zu berechnen und einzubehalten. Gründe, die gegen die Zulässigkeit dieser unechten Rückwirkung sprächen, insbesondere ein Vertrauensschutz, lägen nicht vor.

Der Antragsgegner erläuterte mit Schriftsatz vom 23. Februar 2005, ergänzt durch Schriftsatz vom 9. August 2006, das bundeseinheitliche Entschädigungsmodell, das den verfahrensgegenständlichen Regelungen zu Grunde gelegt worden sei, die Umsetzung seiner Vorgaben sowie die Ergebnisse von Erhebungen zu tatsächlich angefallenen Bürokosten. Danach hätten die bayerischen Gerichtsvollzieher im Jahr 2000 durchschnittlich 28.505 DM (= 14.574 Euro) für Bürokosten ausgegeben, aber auf der Grundlage der für das Jahr 2000 maßgeblichen Verordnung vom 15. Dezember 2000 (GVBl S. 978), mit der der Gebührenanteil auf 80,3% und der Jahreshöchstbetrag auf 50.800 DM festgesetzt worden sei, bei durchschnittlichen Einnahmen an Dokumentenpauschalen und Gebühren eine Bürokostenentschädigung von 62.662 DM (= 32.038 Euro) erhalten. Angesichts dieses eindeutigen Erhebungsergebnisses bestehe auch bei Einbeziehung eines Inflationsausgleichs weiterhin keine Veranlassung für die Annahme, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit dem Jahr 2000 dermaßen verändert hätten, dass die auf der Grundlage der angegriffenen Entschädigungs Verordnungen gewährte Bürokostenentschädigung (Verordnung vom 18.9.2002: für das Jahr 2001 bei durchschnittlichem Aufkommen an Dokumentenpauschalen und Gebühren = 57.659 DM [= 29.480 Euro]; Verordnung vom 29.9.2003: für die Jahre 2002 und 2003 bei durchschnittlichem Aufkommen an Dokumentenpauschalen und Gebühren = 23.254 Euro) nicht mehr ausreichend wäre und die bayerischen Gerichtsvollzieher deshalb gezwungen wären, eigene Mittel für die Einrichtung und den Betrieb des Gerichtsvollzieherbüros einzusetzen.

Die im Jahr 2001 durchgeführte Erhebung über die im Jahre 2000 angefallenen Bürokosten sei auch für die Folgejahre aktuell. Die Verpflichtung des Dienstherrn, die Bürokosten "aktuell und realitätsnah" zu ermitteln, begründe kein Gebot, für das jeweilige Abrechnungsjahr ein "Monitoring" durchzuführen; dies würde einen Verwaltungsaufwand erfordern, der sich nicht wesentlich von demjenigen für eine Einzelabrechnung unterscheiden würde.

Der Senat teilte den Beteiligten mit Schreiben vom 11. April 2006 mit, nach dem bisherigen Sachstand komme eine Entscheidung durch Beschluss in Betracht, da der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Zur Information wurde den Beteiligten ein Abdruck des Senatsurteils vom 6. März 2006, Az. 3 B 04. 3383 u. a. beigelegt. Es folge der dort zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die auf dieser Basis gefundenen, die Entscheidung tragenden Grundsätze erschienen auf die Normenkontrollverfahren übertragbar, auch im Hinblick auf die im maßgeblichen Bereich vergleichbare Tatsachengrundlage.

Die Antragsteller nahmen mit Schriftsatz vom 20. Juli 2006 unter Anregung einer mündlichen Verhandlung insbesondere wie folgt Stellung: Im vorliegenden Verfahren stehe - einerseits - nicht fest, dass es im maßgebenden Abrechnungsjahr tatsächlich dadurch zu einer "Überalimentierung" der bayerischen Gerichtsvollzieher gekommen sei, dass die Anwendung der angegriffenen Vorschriften zwangsläufig Bürokostenentschädigungen in einer Höhe ergeben habe, die regelmäßig den Rahmen einer zulässigen Aufwandsentschädigung i.S.d. § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG derart überstiegen, dass zwingend eine von der Ermächtigungsgrundlage nicht mehr gedeckte Besoldungsleistung anzunehmen wäre. Andererseits habe das Bundesverwaltungsgericht bislang keinen strikten Rechtssatz aufgestellt, dass es dem Landesgesetzgeber verwehrt sei, über das verfassungsrechtlich und durch § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG gebotene Mindestniveau der Abgeltung der Bürokosten hinauszugehen.

Der Antragsgegner wiederholte mit Schriftsatz vom 9. August 2006 seine Auffassung, wonach die mit den angegriffenen Verordnungen gewährte Bürokostenentschädigung auskömmlich sei und legte ergänzende Zahlen sowie einen Abdruck des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 6. Juni 2006 Az. K6/04 vor, das nach Meinung des Antragsgegners dessen Auffassung stützt.

Mit Schriftsätzen vom 11. September und vom 12. Oktober 2006 legten die Antragsteller den Abdruck eines Schreibens des StMJ mit weiterem Zahlenmaterial vor, u.a. für das Jahr 2005 unter Hinweisen auf die Spannbreite der Gebühreneinnahmen der einzelnen Gerichtsvollzieher. Ferner übermittelten sie einen Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs vom 2. August 2006 an das Bundesverfassungsgericht zur Problematik der Verfassungsmäßigkeit einer rückwirkend verschärften Besteuerung von Entlassungsentschädigungen sowie einen Vorlagebeschluss des VG Neustadt an der Weinstraße vom 23. Juni 2006 an den Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz zur Problematik der echten Rückwirkung eines Landesgesetzes, das nachträglich bereits entstandene, gegen das Land gerichtete kommunale Erstattungsansprüche reduziert habe.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1.) Die Normenkontrollanträge sind zulässig.

Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 AGVwGO zuständige Senat kann durch Beschluss entscheiden, da er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden insofern gehört.

Ziel der Antragsteller ist es, für die fraglichen Jahre eine für sie günstige Erstattungsregelung zu erreichen.

Ermächtigungsgrundlage für angegriffenen Verordnungen zur Änderung der Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 18. September 2002 (GVBl S. 517) und vom 29. September 2003 (GVBl S. 754) war jeweils § 49 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3082) bzw. durch Gesetz vom 10. September 2003 (BGBl I S. 2798). Die Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung wie die zu ihr ergangenen Änderungsverordnungen sind im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsverordnungen, über deren Gültigkeit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheiden kann. Die gegen den Antragsgegner als die Körperschaft, welche die Rechtsvorschriften erlassen hat, gerichteten Normenkontrollanträge (§ 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) sind demnach statthaft.

Die Antragsbefugnis der Antragsteller ergibt sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Sie sind sämtlich Gerichtsvollzieher im Dienst des Antragsgegners, die für die ihnen entstandenen Bürokosten (u.a.) für die von der Geltungsdauer der angegriffenen Änderungsverordnungen umfassten Zeiträume maßgeblich nach den dort aufgestellten Regelungen entschädigt werden. Sie machen demnach geltend, durch diese Rechtsvorschriften in ihren Rechten verletzt zu sein.

Die Anträge sind auch innerhalb der gesetzlichen Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Die Änderungsverordnung vom 18. September 2002 wurde im GVBl Nr. 21/2002 am 30. September 2002, die Änderungsverordnung vom 29. September 2003 wurde im GVBl Nr. 22/2003 am 15. Oktober 2003 veröffentlicht. Einer der Normenkontrollanträge, betreffend die Änderungsverordnung vom 18. September 2002 (Az. 3 N 03, 1683), ist beim Verwaltungsgerichtshof am 1. Juli 2003, alle übrigen Normenkontrollanträge sind beim Verwaltungsgerichtshof am 10. Februar 2004 eingegangen.

2.) Die Normenkontrollanträge sind auch begründet.

Die angegriffenen Rechtsvorschriften sind für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO), da sie nach der Überzeugung des Senats ungültig sind. Zum einen lassen sie nämlich eine gebotene Differenzierung bei der Höhe der Vergütung nach den deutlich unterschiedlich strukturierten Typen der real vorhandenen, eingerichteten und unterhaltenen Gerichtsvollzieherbüros und den demnach tatsächlich angefallenen Bürokosten vermissen. Zum anderen führt die Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschriften dazu, dass sich zumindest für eine ganz erhebliche Zahl von Gerichtsvollziehern Entschädigungen errechnen, die deutlich über den tatsächlich angefallenen Unkosten liegen, damit den Rahmen von Aufwandsentschädigungen i. S. v. § 17 BBesG sprengen und deshalb zu einer nach § 2 Abs. 1 BBesG nicht zulässigen ergänzenden Besoldung der beamteten Gerichtsvollzieher führen.

Dieser Systemmangel betrifft - und nur dies ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens - den gesamten, von den angegriffenen Normen erfassten Zeitraum. Er gestattet wegen des die grundlegenden Regelungsparameter erfassenden Defizits weder eine Heilung noch eine Beschränkung der Erklärung der Nichtigkeit auf Teile der Rechtsvorschriften. Ebenso wenig ist es möglich, für einen befristeten Zeitraum bis zum Erlass einer anderen Regelung die bisherige als wirksam aufrecht zu erhalten.

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Rahmen von Verwaltungsstreitverfahren, die an verschiedenen Amtsgerichten des Antragsgegners eingesetzte Gerichtsvollzieher mit dem Ziel der Erhöhung der Bürokostenentschädigung für das Jahr 1993 geführt hatten, mit Revisionsurteilen vom 4. Juli 2002 (Az. 2 C 13.01, NVwZ 2002, 1505) und vom 19. August 2004 (Az 2 C 41.03, NVwZ-RR 2005, 214) grundsätzliche Ausführungen zur Rechtsnatur der Bürokostenentschädigung und zu den Anforderungen an ihre Höhe bzw. Ausgestaltung gemacht. In den Blick zu nehmen hatte das Gericht die Ermächtigungsnorm des § 49 Abs. 3 BBesG in der maßgeblichen Fassung der Neubekanntmachung vom 9. März 1992 (BGBI I S.409) und die auf ihrer Grundlage vom Antragsgegner erlassene Verordnung zum Vollzug des § 49 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes vom 16. September 1975 (GVBI S. 303) sowie die Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 26. September 1975 - GVEntschV - (GVBI S. 338) in der maßgeblichen, zum 1. Januar 1993 rückwirkenden Fassung vom 22. Februar 1994 (GVBI S. 159).

Diese Normen entsprechen in den für die Entscheidung relevanten Teilen (abgesehen von den unterschiedlichen Anwendungszeiträumen, Geldbeträgen und Vom-Hundert-Sätzen) den Normen, die (als Ermächtigungsnorm bzw. deren Vollzugsverordnung) im vorliegenden Normenkontrollverfahren entscheidungserheblich anzuwenden bzw. die als verfahrensgegenständlich zu überprüfen sind (also den Änderungsverordnungen vom 18.9.2002 und vom 29.9.2003). Infolgedessen hat der erkennende Senat die vom Bundesverwaltungsgericht festgehaltenen Grundsätze auch hier anzuwenden. Er hat dies den Verfahrensbeteiligten unter Gewährung des rechtlichen Gehörs mitgeteilt und dabei hinsichtlich seiner Auffassung zur objektiven Rechtslage insbesondere auf die in seinem Urteil vom 6. März 2006 dargelegten Entscheidungsgründe hingewiesen.

b) Danach ist Ausgangspunkt bei der Anwendung des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG entsprechend der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19.8.2004 a.a.O.), dass diese Norm nicht nur eine bloße Ermächtigung zum Erlass einer Abgeltungsregelung enthält, sondern den Dienstherrn zugleich zum regelmäßigen Ersatz der angefallenen Bürokosten verpflichtet. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Gebot amtsangemessener Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG). Den Gerichtsvollziehern soll nicht zugemutet werden, Kosten selbst zu übernehmen, die ihnen zwangsläufig aufgrund dienstlicher Verpflichtungen entstehen und die andere Beamte gleichen Amtes nicht zu tragen haben. Deshalb ist die Entschädigung an den anfallenden notwendigen Sach- und Personalkosten auszurichten und realitätsnah festzusetzen.

aa) Das bedeutet zunächst, dass der Senat (den diesbezüglichen Ausführungen im Urteil des BVerwG vom 19.8.2004 a.a.O. folgend) nicht an seiner dem Beschluss vom 5. September 2003 zugrunde liegenden Auffassung festhält, wonach - fiktiv - auf den objektiven Kostenaufwand eines - als Idealtyp gesehenen - ordnungsgemäß arbeitenden Gerichtsvollzieherbüros abzustellen ist, das für delegierbare Aufgaben halbtags eine entgeltliche Bürohilfskraft beschäftigt.

bb) Des Weiteren ergibt sich, dass die angegriffenen Regelungen den Anforderungen des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG nicht entsprechen.

Den durch diese Änderungsverordnungen jährlich neu gefassten Rechtsverordnungen, die die Erstattung des Bürokostenaufwands der Gerichtsvollzieher regeln, liegt ein - modellhaftes - pauschales Abrechnungssystem ("Bad Nauheimer Schlüssel") zugrunde, dem die Länder den Vorzug vor der Einzelabrechnung gegeben haben. Dieser Modellansatz ging zunächst von der Beschäftigung einer Teilzeit-Bürokraft (19,25 Wochenstunden, angenommen ein Alter von 41 Jahren, Mischansatz aus VergGr. VII + VI b BAT) aus. Der Sachkostenansatz wurde zu keiner Zeit erhoben, sondern gegenüber der ursprünglichen Annahme des Modells 1975 im Jahr 1992 um 10 v.H. und im Jahr 1993 nochmals um 10 v.H. erhöht, obwohl das - isoliert gesehen - mit Blick auf den Einzug der EDV in das Gerichtsvollzieherbüro nicht auskömmlich war. Erhebungen wie etwa die für die Jahre 1992 und 2000 durchgeführten wurden nicht proportional oder unter Anwendung einer anderen realitätsnahen mathematischen Formel in das in den Änderungsverordnungen fortgeschriebene Modell umgesetzt. Es wurden lediglich in den Folgejahren nach der Erhebung 2000 ein höherer Sachkostenansatz und ein niedrigerer Personalkostenansatz angewendet (vgl. im Einzelnen Senatsbeschluss vom 6.3.2006).

Diese Bürokostenentschädigungsregelung hat weder nach den durchschnittlichen noch nach den individuellen Verhältnissen einen realen Bezug zur Höhe der tatsächlich entstandenen personellen und sächlichen Aufwendungen. So berücksichtigt sie z.B. nicht, dass die Gerichtsvollzieher sich hinsichtlich der Beschäftigung von Angestellten als Bürohilfskräften sehr unterschiedlich verhalten. Bei entsprechenden Umfragen hat eine ganze Reihe von Gerichtsvollziehern bei der Wochenarbeitszeit der Hilfskräfte die Angabe "0" gemacht; andere haben Beschäftigungszeiten zwischen 10 und 30 Wochenstunden angegeben; eine große Zahl hat entsprechende Angaben ganz verweigert. Dabei wurden Jahresentgelte in einer Bandbreite genannt, die ein Mehrfaches des niedrigsten der angegebenen Beträge beträgt (vgl. dazu den Senatsbeschluss vom 6.3.2006 S. 14. f.). Im vorliegenden Verfahren wurde Zahlenmaterial in ähnlicher Streuung genannt, ferner auch z.B. auf den bedeutsamen Unterschied, ob Büros im eigenen Haus oder in gemieteten Räumen unterhalten wurden, und ggf. auf große Differenzen bei den Büromieten hingewiesen.

cc) Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O. S. 5) aus dem Wortlaut des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG entnommen, dass der Abgeltungsmaßstab nicht die dem einzelnen Beamten konkret entstehenden Kosten sind, sondern die im Durchschnitt sämtlichen Gerichtsvollziehern im Geltungsbereich einer landesrechtlichen Abgeltungsregelung entstehenden Kosten. Demnach erlaubt die bundesrechtliche Ermächtigung grundsätzlich die Normierung einer typisierenden und pauschalierenden Aufwandsentschädigung. Die angegriffenen, pauschalierenden Regelungen können dennoch keinen Bestand haben, denn sie haben sich - wie bereits dargelegt - nicht in der erforderlichen Weise realitätsnah an den tatsächlich entstandenen Kosten orientiert. Es fehlt an einer Typisierung (gewissermaßen auf der Tatbestandsseite der Entschädigungsnormen), die einer Pauschalierung der Bürokostenerstattung (auf der Rechtsfolgenseite) voranzugehen und auf sie Einfluss zu nehmen hat.

Zu der geforderten Realitätsnähe gehört nämlich - neben der zeitlichen Dimension, die es gebietet, Entwicklungen im Auge zu behalten und auf sie angemessen zu reagieren, wie dies bei auch dem bisher praktizierten System jährlicher Anpassungsverordnungen an sich ohnehin intendiert ist - die Ausrichtung an der tatsächlich vorgefundenen Struktur der Geschäftsbetriebe. Innerhalb dieser Grenzen ist der Verordnungsgeber zwar frei, da ihm bundeseinheitlich kein bestimmtes Entschädigungsmodell vorgeschrieben ist. Doch darf die danach zulässige Kompensation von Sach- und Personalaufwand nicht insgesamt zu einer Unterdeckung der Aufwendungen führen, was dann z.B. zur Folge haben könnte, dass ein vom Antragsgegner zu niedrig bemessener Sachkostenersatz auf der Personalkostenseite durch unentgeltliche Büroarbeit des Gerichtsvollziehers oder seiner Angehörigen - faktisch - ausgeglichen werden muss.

Das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O., passim) hat berücksichtigt, dass diese Anforderungen womöglich mit einer einheitlich für alle in Bayern tätigen Gerichtsvollzieher vorgenommenen Pauschalierung nicht zu erfüllen sind. So hat es - wohl beispielhaft gemeint - darauf hingewiesen, dass wesentliche regionale Unterschiede (z.B. Stadt-Land-Gefälle) zu Differenzierungen zwingen können. Weiterhin ist das Gericht erkennbar von der Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Gerichtsvollziehern, die - trotz Erforderlichkeit - keine Bürohilfskraft beschäftigen, und solchen, die eine Bürokraft oder gegen vertraglich vereinbartes Entgelt einen Familienangehörigen beschäftigen, ausgegangen. Bei letzteren erhöhe sich zwangsläufig der vom Antragsgegner realitätsnah zu ermittelnde durchschnittliche Kostenaufwand. Die damit gebotene unterschiedliche Behandlung der beiden Typen des von Gerichtsvollziehern praktizierten Geschäftsbetriebs hat der Dienstherr bei einer Pauschalierung der Bürokostenentschädigung differenzierend zu berücksichtigen. Eine Nivellierung im Sinn einer "Angleichung nach oben" als eine "Gegensteuerung", etwa unter dem Gesichtspunkt, es dürfe dem Dienstherrn nicht zugute kommen, wenn Gerichtsvollzieher unter überobligatorischem eigenem Arbeitseinsatz oder unter unentgeltlicher Beschäftigung von Familienangehörigen die Beschäftigung einer angestellten Bürokraft vermeiden, ist demnach nicht nur nicht geboten, sondern unzulässig. Dies würde nämlich den strikt einzuhaltenden Grundsatz durchbrechen, dass nur tatsächlich entstandene Bürokosten erstattbar sind (BVerwG a.a.O. insbes. S. 7). Eine "Angleichung nach unten" in dem Sinn, dass der Aufwand, der bei Gerichtsvollzieherbüros mit und bei solchen ohne gegen Entgelt angestellten Beschäftigten erhoben wird, in eine einheitliche Berechnung eingeht und zu einer undifferenzierten Kostenabgeltung führt, würde bei beiden Bürotypen den gebotenen Realitätsbezug verlassen und wäre deshalb mit der vom Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) vertretenen Auslegung des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG nicht zu vereinbaren.

Somit ergibt sich, dass der Gesetzmäßigkeit der angegriffenen Regelungen die fehlende Staffelung der Bürokostenentschädigungen entgegensteht. Dies betrifft auf jeden Fall die Unterscheidung zwischen Büros, bei denen Angestellte als Hilfspersonal beschäftigt werden, und solchen, bei denen davon abgesehen wird. Weiterhin spricht auf der Grundlage der vom Senat (in seinem Urteil vom 6.3.2006) festgestellten Zahlen mit Blick auf das von den Beteiligten darüber hinaus ermittelte bzw. im vorliegenden Normenkontrollverfahren ergänzend vorgelegte Zahlenmaterial - auf das Bezug genommen wird - einiges dafür, dass zur Herstellung einer "Erstattungsgerechtigkeit" auch regionale Unterschiede eine sachgerechte Differenzierung erfordert hätten. Weitere Differenzierungskriterien sind denkbar, so etwa Unterscheidungen nach dem räumlichen Zuschnitt der Gerichtsvollzieherbezirke oder den dort vorzufindenden soziologischen Verhältnissen oder auch danach, ob Geschäftsräume angemietet werden oder in welcher Weise sie mit technischen Geräten (z.B. EDV) ausgestattet sind. Die von den Antragstellern angesprochene Problematik der in Teilzeit beschäftigten Gerichtsvollzieher, die möglicherweise aber mit überproportionalen Fixkosten konfrontiert sind, könnte u. U. ebenfalls von Bedeutung sein.

Die solchermaßen fehlende "Erstattungsgerechtigkeit" im Sinn einer Typengerechtigkeit lässt sich nicht mit einer einfachen Nachbesserung der angegriffenen Regelungen erreichen, sondern nur durch eine grundlegende Neukonzeption. Wie erwähnt, ist dem Verordnungsgeber zwar kein bestimmtes Entschädigungsmodell vorgegeben, doch muss das Ergebnis realitätsnah sein, wobei die Notwendigkeit eines Rückgriffs des Gerichtsvollziehers auf Teile seiner ihm als Alimentation zustehenden Besoldung zu vermeiden ist.

Die zu bewältigende Problemlage weist Ähnlichkeiten zum Abgabenrecht auf, das den Begriff der "Abgabengerechtigkeit" kennt und aus dem sich möglicherweise Lösungsansätze ergeben könnten, ohne dass dies hier näher zu untersuchen wäre. Der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit wird als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG gesehen. Er verlangt vom Normgeber die Gleichbehandlung der Abgabenpflichtigen und fordert für Differenzierungen wesentlich gleicher oder die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte einen sachlich einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Grund. Dabei ist für das Abgabenrecht anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können (BVerwG, Urteil vom 29.9.2004, Az. 10 C 3/04, DVBl 2005, 255). So verneint das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O. unter Zitierung seines Urteils vom 16.9.1981, Az. 8 C 48.81, DVBl 1982, 76) einen Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit für den Fall, dass sich der Satzungsgeber (bei der landesrechtlich nicht weiter eingeschränkten Wahl zwischen Beitrags- oder Gebührenfinanzierung einer öffentlichen Einrichtung) für eine (reine) Gebührenfinanzierung entscheidet, bei der die durch eine Ungleichbehandlung bedingte Gebührenmehrbelastung eine bestimmte Quantitätsgrenze nicht überschreitet. Diese Quantitätsgrenze sah das Bundesverwaltungsgericht als überschritten an, wenn der Anteil privilegiert ungleich behandelter Grundstücke mehr als 20 % beträgt und dies zu einer Gebührenmehrbelastung von mehr als 10 % führen würde. Ob im Fall der vorliegend zu wahrenden "Erstattungsgerechtigkeit" ein dem Normgeber grundsätzlich zustehender Gestaltungsfreiraum freilich "nach beiden Seiten" offen oder ob dessen Begrenzung "nach unten" in dem Sinn als strikt anzusehen ist, als in keinem einzigen der betroffenen Fälle eine Kostenunterdeckung eintreten darf, braucht hier nicht entschieden zu werden.

c) Auf der Basis der vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 19. August 2004 (a.a.O.) gefundenen Auslegung des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG ergibt sich als weiterer, selbständiger Grund für die Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Regelungen der Umstand, dass sie in einem ganz erheblichen Umfang den Rahmen der Erstattung angefallener Bürokosten verlassen und sich somit als eine Zusatzalimentierung darstellen. Diese aber wird von § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG nicht gedeckt, ist auch auf keine andere gesetzliche Grundlage zurückzuführen und verstößt somit gegen den strikt einzuhaltenden Grundsatz des § 2 Abs. 1 BBesG, wonach die Besoldung der Beamten durch Gesetz geregelt wird.

aa) Der Senat hat in seinem (bereits mehrfach erwähnten) Urteil vom 6. März 2006 (Az. 3 B 04.3383 u.a.) die Frage der Auskömmlichkeit der Bürokostenentschädigungen, die sich anhand der angegriffenen Regelungen errechnet haben, entscheidungserheblich mit herangezogen. Dabei hat er in seine Betrachtung auch Erhebungen des Antragsgegners vom April 2001 für das Jahr 2000 einbezogen, die bei 37 nach dem Zufallsprinzip ermittelten bayerischen Gerichtsvollziehern (das sind 8 % der Gesamtzahl) angestellt worden sind. (Die Ergebnisse wurden bereits im Klageverfahren Az. 3 B 02.2266 vorgelegt. Der dazu ergangene Senatsbeschluss vom 5.9.2003 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit dem Urteil vom 19.8.2004 unter Zurückweisung an den VGH aufgehoben. Dieser hat die Verfahren unter den Az. 3 B 04.3383 u.a. fortgesetzt).

Die Erhebungen führten zu - durchschnittlich - tatsächlich angefallenen Bürokosten von insgesamt 28.505 DM, davon Personalkosten von 9.872 DM und Sachkosten von 18.633 DM. Die nach dem, von Seiten der Kläger in den Verfahren 3 B 04.3383 u.a. vorgelegten,"Berger-Gutachten" für erforderlich gehaltenen, nur geschätzten Sachkosten sollten sich auf ca. 23.000 DM belaufen; dies würde bei einer Addition zu den soeben genannten, durchschnittlich ermittelten Personalkosten von 9.872 DM zu einer Summe von 32.872 DM führen. Die tatsächlich erhaltene Bürokostenentschädigung belief sich demgegenüber auf 61.000 DM im Durchschnitt (vgl. Senatsurteil vom 6.3.2006, insbes. S. 10).

Hierauf kann vorliegend verwiesen werden. Selbst wenn man hinsichtlich des Umstands, dass es sich um Durchschnittswerte handelt, oder hinsichtlich der Erhebungsmethode Vorbehalte machen wollte, so würde doch immer noch hinreichend deutlich eine große Wahrscheinlichkeit dafür zu erkennen sein, dass bei einer ganz erheblichen Zahl von Gerichtsvollziehern eine starke Überkompensation der tatsächlich angefallenen Gesamt-Bürokosten eingetreten ist. Bestätigt wird dies durch die im vorliegenden Verfahren von den Beteiligten genannten Zahlen.

bb) Die Antragsteller vertreten die Auffassung, der Effekt einer zusätzlichen Alimentation sei mit § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG vereinbar; diese Vorschrift sei sogar unter diesem Aspekt als lex specialis zu § 17 BBesG ergangen, um den Besonderheiten der Rechtsverhältnisse der Gerichtsvollzieher Rechnung zu tragen. § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG sei keine reine Kostenerstattungsregelung, sondern habe einen zusätzlichen alimentativen Charakter. Er solle z.B. auch die Vergütung der Eigenleistung des Gerichtsvollziehers bzw. der Mitarbeit von Familienangehörigen ermöglichen. Dies entspreche auch der langjährig stillschweigend und in allseitigem Einvernehmen praktizierten Übung der Justizverwaltungen.

Dieser Ansatz steht in direktem Widerspruch zu der Auslegung des § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG durch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 19.8.2004, a.a.O.), welcher der Senat folgt. Danach besteht der Zweck der Vorschrift nicht darin, den Gerichtsvollziehern eine zusätzliche Alimentation zu gewähren, sondern darin, eine landesrechtliche Aufwandsentschädigung zu ermöglichen, um die Beamten nicht mit Kosten zu belasten, die ihnen auf Grund dienstlicher Verpflichtungen effektiv entstehen und die sie sonst aus ihrer Alimentation zu bestreiten hätten. Das Bundesverwaltungsgericht leitet dies aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und der Entstehungsgeschichte der Norm her: Da einem typisierend und pauschalierend ermittelten Kostenaufwand nicht zwingend ein gleich hoher tatsächlicher Aufwand gegenüber steht und es im Fall eines im Vergleich zur Abgeltung geringeren tatsächlichen Aufwandes zu einem steuerpflichtigen Einkommen des Gerichtsvollziehers kommen würde, sollte mit § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG eine im Verhältnis zu § 17 BBesG speziellere Vorschrift geschaffen werden, die den rechtlichen Tatbestand einer Aufwandsentschädigung klarstellt.

cc) Daran kann auch das von Seiten der Antragsteller vorgebrachte Argument nichts ändern, wonach die Gerichtsvollzieher typischerweise den Auftragseingang nur durch Mehrarbeit (etwa: Arbeitsplatzanalyse Gerichtsvollzieher 11,5 Stunden täglich, Hilfskräfte 4,4 Stunden täglich) bewältigen können. Darauf kommt es nämlich für die Frage der Angemessenheit der Bürokostenerstattung nicht an. Für den Gerichtsvollzieher gilt ungeachtet seiner Selbständigkeit und Freiheit bei der Ausgestaltung seiner Arbeitszeit die jeweilige gesetzliche Arbeitszeit für Beamte. Die Bürokostenentschädigung dient nicht der Abgeltung von Mehrarbeit. Diese ist nach Maßgabe der für alle Beamten geltenden Regelungen teils unentgeltlich zu leisten, teils - nach vorheriger Anordnung durch den Dienstherrn - durch Mehrarbeitsvergütung abzugelten.

Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen zur gebotenen Typisierung und Pauschalierung verwiesen. Es steht dem Gerichtsvollzieher frei, im erforderlichen Umfang Personal im Anstellungsverhältnis zu beschäftigen. Hingegen ist eine arbeitnehmergleiche Beschäftigung von Angehörigen ohne Entgelt und ohne die Entrichtung von Sozialbeiträgen - nach Wertung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) - bei der Bemessung der Entschädigung außer Betracht zu lassen.

d) Der Senat folgt den zu vergleichbaren Gegenständen wie dem vorliegenden ergangenen Entscheidungen in Normenkontrollverfahren des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2005 (Az. 5 KN 95/04, DÖD 2006, 179 ff), des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2005 (Az. 2 D 7/04, DGVZ 2006, 8 ff., Juris-Dokument MWRE001730600), des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 2006 (Az. 1 A 4120/04, Juris-Dokument MWRE206012886) oder des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 6. Juni 2006 (Az. K 6/04, Juris-Dokument MWRE060000392), nur insoweit, als dort jeweils festgestellt wird, subjektiv-öffentliche Rechte der Gerichtsvollzieher würden mit Blick auf den Sachkostendefizite deutlich übersteigenden ungerechtfertigten Personalerstattungsbetrag nicht verletzt. Doch zieht der erkennende Senat, anders als diese Gerichte, daraus nicht den Schluss, dass die Normenkontrollanträge deshalb erfolglos bleiben müssen.

Da die angegriffenen Rechtsvorschriften objektiv mit einem für die Gültigkeit der Normen bedeutsamen Mangel behaftet sind, kommt es für den Erfolg des Normenkontrollverfahrens auf die Frage einer Verletzung subjektiver Rechte der Antragsteller insofern nicht an, weil § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Normenkontrollverfahren keine Anwendung findet (BVerwGE 88, 268). Das Normenkontrollverfahren hat nämlich den Charakter eines objektiven Rechtsbeanstandungsverfahrens (vgl. zutreffend Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 47RdNr. 3). Deshalb sind auch Verstöße gegen den Grundsatz der Erstattungsgerechtigkeit und gegen das Verbot der Überalimentierung entscheidungsrelevant. Diese liegen aber - wie dargelegt - vor.

e) Ergibt sich aus dem Vorstehenden der Verstoß der angegriffenen Verordnungen gegen höherrangiges Recht, so kommt es auf die weiteren, von den Antragstellern vorgetragenen Gesichtspunkte nicht mehr entscheidungserheblich an. Somit besteht kein Anlass zu einem Eingehen auf die Aspekte des Jährlichkeitsprinzips (abgesehen von der oben behandelten Frage der notwendigen Realitätsnähe auch in zeitlicher Hinsicht), eines rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots oder einer mittelbaren Diskriminierung von Teilzeitgerichtsvollziehern.

Bei dieser Sach- und Rechtslage sind die angegriffenen Änderungsverordnungen vom 18. Dezember 2002 (GVBl S. 517)und vom 29. September 2003 (GVBl S. 754) entsprechend dem Hauptantrag der Antragsteller für nichtig zu erklären.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Zulassung der Revision: § 132 Abs. 1 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG.

Beschluss:

Der Streitwert wird bis zur Verbindung der Verfahren jeweils auf 5.000 Euro, danach auf 25.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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