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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.11.2002
Aktenzeichen: 4 B 98.1347
Rechtsgebiete: KAG, AO


Vorschriften:

KAG Art. 6
AO § 12
1. Eine Vorauszahlung darf (auch) auf den Fremdenverkehrsbeitrag nicht mehr festgesetzt werden, wenn die Beitragsschuld bereits endgültig entstanden ist.

2. Ein Vorteil durch den Fremdenverkehr kann bei einem Ortsfremden nur aus derjenigen Geschäftstätigkeit hergeleitet werden, mit der der Betroffene in nicht nur vorübergehender, objektiv verfestigter Beziehung zur beitragserhebenden Gemeinde steht (hier bejaht für Telefonzellen der Deutschen Telekom AG). Bei der Beitragsbemessung darf dementsprechend nur der Gewinn oder Umsatz aus dieser Geschäftstätigkeit zu Grunde gelegt werden.


4 B 98.1347

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Fremdenverkehrsbeitrags;

hier: Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. März 1998,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dillmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Scheder, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz

ohne mündlicher Verhandlung am 29. November 2002 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. März 1998 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin erhebt auf Grund ihrer Satzung vom 28. November 1978 i.d.F. der Änderungssatzung vom 20. Januar 1981 (FBS) Fremdenverkehrsbeiträge. Mit zwei Bescheiden vom 11. September 1996 zog sie die Deutsche Telekom AG (Beigeladene) - erstmals - zu Vorauszahlungen auf die Fremdenverkehrsbeiträge für die Jahre 1995 und 1996 in Höhe von jeweils 1.000 DM heran. In den Bescheiden ist nicht weiter ausgeführt, wodurch die Beigeladene den Beitragstatbestand verwirklicht haben soll und wie sich der Vorauszahlungsbetrag errechnet. In einem beiliegendem Standard-Schreiben heißt es, dass die Höhe der Vorauszahlung geschätzt worden sei und nach Abgabe der Erklärung über den Gewinn und steuerbaren Umsatz berichtigt werde. Auf den Widerspruch der Beigeladenen hin hob das Landratsamt Ansbach die Vorauszahlungsbescheide mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1997 auf, weil die Beigeladene ebenso wie ihre Rechtsvorgängerin, die Deutsche Bundespost, gemäß § 1 Abs. 2 FBS von dem Fremdenverkehrsbeitrag befreit sei.

Auf Antrag der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 17. März 1998 den Widerspruchsbescheid aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Vorauszahlungsbescheide seien rechtmäßig. Die Beigeladene sei fremdenverkehrsbeitragspflichtig. Sie unterliege als Ortsfremde der Satzungsgewalt der Klägerin, weil sie mit den von ihr aufgestellten und betriebenen Telefonzellen im Gebiet der Klägerin Betriebsstätten im Sinn des § 12 AO unterhalte. Der Beigeladenen erwüchsen durch den Fremdenverkehr auch fremdenverkehrsbeitragspflichtige Vorteile. Dazu zählten als mittelbare Vorteile sämtliche fremdenverkehrsbedingten Telefonate im Gebiet der Klägerin, wie etwa diejenigen von Fremdenverkehrsbetrieben mit ihren Lieferanten. Die Beigeladene könne sich ferner als juristische Person des Privatrechts entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde nicht auf den Befreiungstatbestand des § 1 Abs. 2 FBS berufen. Gründe dafür, dass die festgesetzten Vorauszahlungen überhöht sein könnten, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beigeladene im wesentlichen vor: Die Widerspruchsbehörde habe die Vorauszahlungsbescheide zu Recht aufgehoben. Denn sie, die Beigeladene, unterfalle mit den von ihr im Gebiet der Klägerin betriebenen Einrichtungen nicht deren Fremdenverkehrsbeitragssatzung. Sie sei überörtlich und zudem nicht fremdenverkehrsbezogen tätig. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erwachse ihr auch kein besonderer wirtschaftlicher Vorteil aus dem Fremdenverkehr, weil die Bereitstellung von öffentlichen Fernsprecheinrichtungen defizitär sei. In welchem Ausmaß Telefoneinrichtungen und öffentliche Fernsprecher im Gebiet der Klägerin gerade von Fremden oder für diese genutzt würden, sei ferner nicht messbar und auch durch Schätzung nicht annähernd konkret zu ermitteln. Sie könne schon deshalb nicht mit einem reinen Fremdenverkehrsbetrieb gleichgestellt werden, weil sie in erster Linie einen ihr vom Gesetzgeber auferlegten Infrastrukturauftrag erfülle. Außerdem sei sie nach § 1 Abs. 2 FBS von einer unterstellten Beitragspflicht befreit. Nach Sinn und Zweck dieser Regelung sei nämlich ihre Rechtsvorgängerin, die Deutsche Bundespost, nicht nur deshalb freigestellt worden, weil sie dem Bundesvermögen inkorporiert gewesen sei, sondern auch deshalb, weil sie einen über die bloße Gewinnerzielungsabsicht von Gewerbebetrieben hinausgehenden gesetzgeberischen Auftrag zu Gunsten des Gemeinwohls zu erfüllen gehabt habe; das gelte, jedenfalls was die flächendeckende Bereitstellung von Telekommunikationsanlagen anbelange, auch für die Beigeladene. Die Vorauszahlungsbescheide würden schließlich gegen das Willkürverbot verstoßen, weil aus ihnen in keiner Weise ersichtlich sei, wie sich der Betrag von 1.000 DM errechne.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. März 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt unter Vorlage einer Auflistung der für die Schätzung der Vorauszahlung maßgeblichen Gesichtspunkte das angegriffene Urteil. Sie beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil der Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 1997 rechtmäßig ist (vgl. §§ 115, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Widerspruchsbehörde hat die Bescheide der Klägerin vom 11. September 1996, mit denen die Beigeladene zu Vorauszahlungen auf die Fremdenverkehrsbeitragsschuld für die Jahre 1995 und 1996 in Höhe von jeweils 1.000 DM herangezogen worden ist, - im Ergebnis - zu Recht aufgehoben. Denn die Vorauszahlungsbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Beigeladene in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

1. Der das Kalenderjahr 1995 betreffende Bescheid ist schon deshalb rechtswidrig, weil bei seinem Erlass am 11. September 1996 kein Raum mehr für die Festsetzung einer Vorauszahlung auf die Fremdenverkehrsbeitragsschuld war.

Rechtsgrundlage für die Inanspruchnahme der Beigeladenen ist Art. 6 KAG in Verbindung mit der Satzung der Klägerin für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags vom 28. November 1978 i.d.F. der Änderungssatzung vom 20. Januar 1981 (FBS), deren Gültigkeit keinen Zweifeln begegnet. Der Fremdenverkehrsbeitrag ist als Jahresabgabe ausgestaltet (vgl. § 2 Abs. 1 FBS). Die Beitragsschuld entsteht gemäß § 4 Abs. 1 FBS mit Ablauf des Kalenderjahres, auf das sie sich bezieht. Nach Art. 6 Abs. 3 KAG i.V.m. § 5 FBS können auf die Fremdenverkehrsbeitragsschuld eines Kalenderjahres bereits während des Jahres Vorauszahlungen erhoben werden. Das ermöglicht es, einen Teil der Fremdenverkehrsbeitragsschuld bereits vor ihrem endgültigen Entstehen (§ 4 Abs. 1 FBS) und vor ihrer Fälligkeit (§ 6 Abs. 1 FBS) zu erheben. Das verlangt jedenfalls in solchen Fällen, in denen - wie hier - für die Vorjahre ein (endgültiger) Fremdenverkehrsbeitrag nicht festgesetzt war, eine rechtsbegründende Ermessensentscheidung über die Erhebung einer Vorauszahlung (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 FBS). Eine solche Entscheidung kann aber begrifflich wie nach Sinn und Zweck der Regelungen über die Vorauszahlung nur getroffen werden, wenn und solange die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist (vgl. auch allgemein Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Abschn. 2.7.11.4 m.w.N.). Ist die Fremdenverkehrsbeitragsschuld mit Ablauf des Kalenderjahres entstanden (§ 4 Abs. 1 FBS), so kann und muss sie - gegebenenfalls nach Schätzung der Bemessungsgrundlagen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i.V.m. § 162 AO) - durch schriftlichen Bescheid festgesetzt werden (vgl. § 6 Abs. 1 FBS); für die Erhebung von Vorauszahlungen ist daneben kein Raum mehr. Ob der Vorauszahlungsbescheid in einen endgültigen Beitragsbescheid umgedeutet werden könnte, bedarf keiner Klärung; ein solcher hätte aus den nachfolgenden Gründen (erst recht) keinen Bestand.

2. Der das Kalenderjahr 1996 betreffende Vorauszahlungsbescheid ist ebenfalls in vollem Umfang rechtswidrig. Zwar war die Beigeladene fremdenverkehrsbeitrags-, mithin vorauszahlungspflichtig (a) und von dem Beitrag nicht befreit (b). Die Vorauszahlung ist jedoch in ihrer Höhe willkürlich festgesetzt worden (c).

a) Die Beigeladene war für das Kalenderjahr 1996 fremdenverkehrsbeitrags- und damit vorauszahlungspflichtig.

Vorauszahlungen auf die Fremdenverkehrsbeitragsschuld können nur von denjenigen erhoben werden, die voraussichtlich fremdenverkehrsbeitragspflichtig sind. Das sind nach § 1 Abs. 1 FBS alle selbstständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet - mittelbare oder unmittelbare (vgl. § 2 Abs. 1 FBS) wirtschaftliche (vgl. Art. 6 Abs. 1 KAG) - Vorteile erwachsen. Der Beitragspflicht können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch ortsfremde Personen unterfallen; das setzt allerdings voraus, dass sie zu der beitragserhebenden Gemeinde in einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung stehen (etwa BayVGH vom 23.3.1988 BayVBl 1989, 658/659; vom 7.2.1990 NVwZ-RR 1990, 647; vom 28.11.2002 Az. 4 ZB 02.2347). Eine derartige Beziehung kann insbesondere durch den Besitz einer gewerblichen Niederlassung bzw. einer Betriebsstätte gemäß § 12 AO in der Gemeinde vermittelt werden. Dieses Merkmal ermöglicht eine aus Gründen der Rechtsklarheit unumgängliche und praktikable Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen und verhindert, dass auswärtige Lieferanten, die lediglich in Geschäftsbeziehung zu ortsansässigen Betrieben stehen, zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden mit der Folge, dass der Kreis der Beitragspflichtigen unüberschaubar würde.

Die Beigeladene ist nach diesem Maßstab als - selbstständig tätiges - Telekommunikationsunternehmen persönlich beitragspflichtig. Auch wenn sie ihren Sitz nicht im Gebiet der Klägerin hat, so steht sie mit einem Teil ihrer Geschäftstätigkeit in hinreichend verfestigter Beziehung zur Klägerin. Denn mit den von ihr betriebenen Telefonzellen unterhält die Beigeladene im Gemeindegebiet Betriebsstätten im Sinn von § 12 Satz 1 AO. Die Annahme einer Betriebsstätte setzt eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Abgabepflichtige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (vgl. BFH vom 30.10.1996 BStBl 1997 II, S. 12/14). Eine Telefonzelle erfüllt all diese Merkmale. Auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Urteil (AU S. 6 f.) wird Bezug genommen. Dem kann die Beigeladene nicht entgegenhalten, dass die Telefonzelle nur einen unselbständigen, für sich alleine nicht funktionsfähigen Teil der - ortsübergreifenden - Gesamtanlage "Telefonnetz" darstellt. Denn das ändert nichts an der - zur Qualifizierung als Betriebsstätte ausreichenden - generellen Eignung einer Telefonzelle, im Zusammenhang mit dem übrigen Leitungsnetz der Telekommunikation und der Tätigkeit des Unternehmens zu dienen (vgl. BFH vom 30.10.1996 a.a.O. zur Betriebsstätteneigenschaft einer Rohöl-Pipeline).

Keine Betriebsstätten unterhält die Beigeladene hingegen mit den im Gemeindegebiet vorhandenen Telefon- und Kabelanschlüssen in Verbindung mit den daran angeschlossenen Endgeräten (ebenso VG Oldenburg vom 29.3.2001 - 2 A 1615/99 - Juris). Der Beigeladenen fehlt die Verfügungsmacht hierüber. Diese liegt allein bei ihren Kunden, denen die Endgeräte bei rechtlicher wie tatsächlicher Betrachtung zuzuordnen sind. Das von der Beigeladenen vorgehaltene Leitungsnetz mag als Betriebsstätte zu bewerten sein. Gleichwohl kann daraus keine hinreichend verfestigte Beziehung der Beigeladenen zur Klägerin hergeleitet werden. Denn es handelt sich hierbei - anders als bei einer Telefonzelle - nicht um eine Betriebsstätte "in der Gemeinde", sondern um eine (einheitliche) überregionale Betriebsstätte, die sich lediglich auch auf das Gebiet der Klägerin erstreckt. Mit ihr hält die Beigeladene die technische Voraussetzung - das Medium - für Telekommunikation bereit, die ihrerseits wiederum auf Überörtlichkeit angelegt ist. Deshalb unterliegt die Beigeladene mit dem Betreiben des Leitungsnetzes ebenso wenig der Fremdenverkehrsbeitragspflicht, wie ein auswärtiges Nahverkehrsunternehmen, das die Fremdenverkehrsgemeinde anfährt und dort eine Haltestelle eingerichtet hat (vgl. BayVGH vom 23.3.1988 a.a.O. S. 660).

Ob die Beigeladene im Veranlagungszeitraum 1996 neben den Telefonzellen weitere Betriebsstätten, etwa eine Verkaufsstelle (§ 12 Satz 2 Nr. 7 AO), unterhalten und hieraus fremdenverkehrsbeitragspflichtige Tätigkeiten entfaltet hat, bedarf keiner Prüfung. Denn die Klägerin hat ausweislich des im Berufungsverfahrens vorgelegten Berechnungsbogens (Bl. 163 d.A) bei der Bemessung der Vorauszahlung keine Umsätze berücksichtigt, die derartigen Betriebsstätten zugeordnet werden könnten.

Die Beigeladene ist auch sachlich beitragspflichtig. Ihr erwachsen aus dem Fremdenverkehr im Gebiet der Klägerin wirtschaftliche Vorteile, indem sie dort Geschäfte direkt mit Fremden im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts (unmittelbarer Vorteil) oder - in typischem und offensichtlichem Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr - mit den örtlichen Fremdenverkehrsgewerbe (mittelbarer Vorteil) tätigt. Entgegen der Annahme der Klägerin und des Verwaltungsgerichts kann dabei allerdings nicht auf die von der Beigeladenen aus dem Gemeindegebiet über ihr Leitungsnetz insgesamt vermittelte Telekommunikation abgestellt werden, sondern nur auf die aus den Telefonzellen im Gemeindegebiet geführten Gespräche (das Fehlen weiterer Betriebsstätten unterstellt). Denn bei einem ortsfremden Unternehmer kann der Vorteil, der durch den Fremdenverkehrsbeitrag abgegolten werden soll, nur aus solchen Geschäftstätigkeiten hergeleitet werden, mit denen er in hinreichend verfestigter Beziehung zur beitragserhebenden Gemeinde steht. Das ergibt sich aus dem Territorialitätsprinzips, nach dem die Gemeinden durch Abgabesatzungen nur solche Personen verpflichten können, die in ihrem Gebiet Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, ein Gewerbe ausüben oder sonstige Tatbestände erfüllen, durch die sie in nähere Beziehungen zur Gemeinde treten und sich damit in die Abgabengewalt der Gemeinde begeben (vgl. BayVGH vom 17.5.1965 VGH n.F. 18, 47/48). Das Merkmal der "verfestigten Beziehung" betrifft die persönliche und (spiegelbildlich) die sachliche Beitragspflicht. Zwar können auch Ortsfremde der Fremdenverkehrsbeitragspflicht unterworfen sein, allerdings nur bezüglich solcher Tätigkeiten, durch die sie in nähere Beziehungen zur Gemeinde treten und für die sie einen Vorteil durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet erfahren. Das ist bei der Beigeladenen - wie oben ausgeführt - nur mit Blick auf den Betrieb der Telefonzellen der Fall, nicht aber bezüglich der übrigen Geschäftstätigkeit. Es besteht ersichtlich auch kein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Betrieb der Telefonzellen und den anderen Geschäftsbereichen der Beigeladenen, der zu einer gemeinsamen Betrachtung zwingt.

Der Annahme eines fremdenverkehrsbeitragsrechtlichen Vorteils aus dem Betrieb von Telefonzellen im Gemeindegebiet steht nicht entgegen, dass dieser nach Angaben der Beigeladenen defizitär ist, weil einerseits das Kundenverhalten sich seit der zunehmenden Verbreiterung von Mobiltelefonen verändert hat und weil andererseits die Beigeladene aufgrund des gesetzlichen Infrastrukturauftrags Telefonzellen flächendeckend und in der Menge ausreichend bereithalten muss. Der Vorteil der Beigeladenen aus dem Fremdenverkehr im Gebiet der Klägerin ist darin zu erblicken, dass ohne fremdenverkehrsbedingte Einnahmen das beim Betrieb der Telefonzellen entstehende Defizit noch größer wäre (vgl. VG München vom 28.8.1997 BayVBl 1999, 27 zum Betrieb einer Postfiliale). Denn der Vorteil im Sinn des Fremdenverkehrsrecht ist unabhängig von der konkreten Ertragssituation (BayVGH vom 12.12.1985 GK 1986 RdNr. 166).

b) Die Beigeladene kann sich nicht auf den Befreiungstatbestand des § 1 Abs. 2 FBS für den "Bund (einschließlich der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn) und die Länder" berufen.

Im Gesetzeswortlaut kommt zum Ausdruck, dass die Deutsche Post und die Deutsche Bundesbahn als unselbständige Teile der öffentlich-rechtlichen Körperschaft Bundesrepublik Deutschland von der Beitragspflicht befreit sind. Durch die Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in Aktiengesellschaften nach § 1 Abs. 1 Postumwandlungsgesetz vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325, 2339) wurden die Unternehmen der Deutschen Bundespost juristische Personen des privaten Rechts. Sie haben damit kraft Gesetzes die Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Teile von diesen verloren und erfüllen deshalb nicht mehr die Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht nach § 1 Abs. 2 FBS. Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt mangels einer vom Satzungsgeber nicht gewollten Regelungslücke nicht in Betracht. Das hat der Verwaltungsgerichtshof bereits für eine wortgleiche Satzungsbestimmung mit Blick auf die Deutsche Post AG entschieden (BayVGH vom 24.4.1998 BayVBl 1999, 22 zur Deutschen Post AG; vgl. auch BayVGH vom 28.11.2002 Az. 4 ZB 02.2347 zur Deutschen Postbank AG). Für die Deutsche Telekom AG gilt nichts anderes.

c) Die Vorauszahlung für das Kalenderjahr 1996 ist jedoch mit 1.000 DM willkürlich festgesetzt worden.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 bemessen sich die Vorauszahlungen grundsätzlich nach der Höhe der Schuld, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Nach Satz 2 dieser Bestimmung kann die Vorauszahlung der Schuld angepasst werden, die sich für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird. Wenn - wie hier - vor der Festsetzung einer Vorauszahlung noch keine Veranlagung zum Fremdenverkehrsbeitrag durchgeführt worden war und damit ein Vergleichsmaßstab fehlt, reicht es als Ausnahme vom Grundsatz des § 5 Abs. 2 Satz 1 FBS aus, ist aber auch erforderlich, die Vorauszahlung entsprechend § 5 Abs. 2 Satz 2 FBS nach der Fremdenverkehrsbeitragsschuld zu bemessen, die sich für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird. Der Vorauszahlungsbescheid ist (bereits) dann rechtmäßig, wenn mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war, dass die Höhe der Vorauszahlung die endgültig zu erwartende Schuld voraussichtlich nicht übersteigen würde (BayVGH vom 25.10.1990 Az. 4 B 87.1761).

Diesen Anforderungen genügt der Vorauszahlungsbescheid vom 11. September 1996 nicht. Weder ihm noch den Behördenakten kann auch nur im Ansatz entnommen werden, wie sich der Betrag von 1.000 DM errechnen soll. Der Eindruck, er sei willkürlich gegriffen, wird durch den Berechnungsbogen, den die Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegt hat (Bl. 163 der Akten), nicht ausgeräumt, sondern im Gegenteil bestätigt: Die Klägerin will die voraussichtliche Beitragsschuld nach dem steuerbaren Umsatz ermitteln (§ 3 Abs. 2, 3 und 5 FBS) und hat dazu den ihrer Meinung nach fremdenverkehrsbezogenen Umsatz der Beigeladenen aus dem Betrieb des Telefonnetzes und der Telefonzellen im Gemeindegebiet (etwa 900.000 DM) mit einem geschätzten Vorteilsatz von 25 % und einem Beitragssatz von 0,4375 % (für einen branchendurchschnittlichen Anteil des Gewinns am Umsatz von 15 bis 20 %) multipliziert. Diese Berechnung ist bereits in sich unschlüssig. Wie sich aus § 3 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 FBS ergibt, hätte in einem ersten Schritt der steuerbare Umsatz aus der gesamten Geschäftstätigkeit zu Grunde gelegt werden müssen, um in einem zweiten Schritt durch Multiplikation mit einem gesondert zu ermittelnden Vorteilssatz den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Anteil an diesem Umsatz zu erfassen; bei dieser Vorgehensweise müsste der Vorteilssatz ersichtlich deutlich unter 25 % liegen. Wenn die Klägerin statt dessen allein den ihrer Meinung nach fremdenverkehrsbezogenen Umsatz berücksichtigen will, hätte sie konsequenterweise einen Vorteilsatz von 100 % annehmen müssen. Diese widersprüchliche Berechnungsmethode würde sich freilich allein zu Gunsten der Beigeladenen auswirken, wenn der Klägerin bei Zusammenstellung der fremdenverkehrsbedingten Umsätze nicht ein weiterer Fehler unterlaufen wäre. Sie hat nämlich mit einem erheblichen Betrag von 540.000 DM auch diejenigen Umsätze undifferenziert als fremdenverkehrsbedingt angesehen, die die Beigeladene aus Geschäften mit Betrieben erzielt hat, "die direkten und/oder indirekten Vorteil aus dem Fremdenverkehr ziehen (z.B. Einzelhandel, Handwerk, Steuerberater, Künstler etc.)". Dabei hat sie übersehen, dass Geschäfte, die jemand (gleichsam als drittes Glied in der Kette zum Fremden) lediglich mit ihrerseits nur mittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten tätigt, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keinen Sondervorteil herbeiführen und deshalb fremdenverkehrsbeitragsrechtlich unbeachtlich sind (zuletzt BayVGH vom 14.10.2002 Az. 4 ZB 02.583 m.w.N.; vgl. auch Ecker, a.a.O. Abschn. 4.5.3.3.2).

Dem braucht nicht weiter nachgegangen werden, weil bei der Beitragsbemessung nicht allein Umsätze aus Geschäften mit nur mittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten außer Betracht bleiben müssen, sondern entgegen der Grundannahme der Klägerin auch sämtliche Umsätze, die die Beigeladene "über ihr Leitungsnetz" erzielt. Denn die - oben (unter a) dargelegte - Beschränkung des Vorteilsbegriffs durch das Merkmal der "verfestigten Beziehung zur Gemeinde" wirkt auf der Ebene der Beitragsbemessung fort. Das ist die zwingende Folge des in § 2 FBS (und Art. 6 Abs. 2 KAG) vorgegebenen Beitragsmaßstabes, wonach durch den Beitrag der durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet erwachsene Vorteil abgegolten wird (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 FBS) und zur Bestimmung dieses Vorteils Gewinn und Umsatz dienen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 FBS). Bei Anwendung des § 3 FBS darf also als Ausgangsgröße für die Beitragsermittlung nur der Gewinn oder Umsatz aus solchen Geschäftstätigkeiten berücksichtigt werden, mit denen der Betroffene in einer hinreichend verfestigten Beziehung zur beitragserhebenden Gemeinde steht. Wäre die Beitragsbemessung inhaltlich von dem Vorteilsbegriff gelöst und eine Geschäftstätigkeit unabhängig von ihrer Beziehung zur beitragerhebenden Gemeinde beachtlich, so stünde zudem ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz im Raum (so überzeugend VG Oldenburg vom 29.3.2001 a.a.O.). Aus diesen Gründen hätte die Klägerin bei Ermittlung der voraussichtlichen Beitragsschuld nur die Umsätze berücksichtigen dürfen, die die Beigeladene mit ihren im Gemeindegebiet vorgehaltenen Telefonzellen erzielt.

Der Vorauszahlungsbescheid für das Kalenderjahr 1996 ist wegen der willkürlichen Bemessung insgesamt rechtswidrig, die Klage gegen den Widerspruchsbescheid mithin in vollem Umfang unbegründet. Zwar hat die Klägerin in dem Berechnungsbogen auch den Umsatz der Beigeladenen hinsichtlich der Telefonzellen beziffert. Das kann jedoch ihrer Klage nicht zu einem zumindest teilweisen Erfolg verhelfen. Denn es bedarf einer neuen (isolierten) Beitragsermittlung einschließlich Schätzung von Vorteils- und Beitragssatz für den Geschäftsbereich Telefonzellen, die den Verfahrensgegenstand dieses Verfahrens überschreitet.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Aufgrund der besonderen Konstellation nach dem erfolgreichen Widerspruch erscheint es sachgerecht, der unterlegenen Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im erstinstanzlichen Verfahren aufzuerlegen, obwohl diese dort keine Sachanträge gestellt hat.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Berufungsverfahren auf 1.022,50 Euro - das entspricht 2.000 DM - festgesetzt (§§ 14, 13 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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