Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 02.11.2005
Aktenzeichen: 4 B 99.2582
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 21
BGB § 22
BGB § 43 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 B 99.2582

Verkündet am 2. November 2005

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Vereinsrecht: Entzug der Rechtsfähigkeit;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 02. Juni 1999,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Kraft

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 2.Juni 1999 sowie der Bescheid der Landeshauptstadt München vom 13. November 1995 in der Gestalt Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 10. September1996 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Verfahrens ist der Entzug der Rechtsfähigkeit des Klägers, einer Untergliederung der Scientology Kirche in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins.

Der Verein wurde am *** ***** 1980 unter *** Namen " **************** ********** - Scientology Mission e.V." in das Vereinsregister des Amtsgerichts München eingetragen. Am ** **** 1992 erhielt er den gegenwärtigen Name eingetragen. Nach der Vereinssatzung verfolgt der Verein die Ziele der Scientology Kirche als deren Mission. Ausdrücklich festgelegt ist unter anderem, dass er ausschließlich den in der Satzung im Einzelnen aufgelisteten religiösen und seelsorgerischen Zwecken dient, selbstlos tätig ist und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.

Mit Schreiben vom 13. April 1994 forderte die Landeshauptstadt München den Kläger zur Gewerbeanmeldung auf, weil er Magazine, Karten, Tonträger, Videokassetten und anderes mehr in seinen Geschäftsräumen gegen Entgelt anbiete. Am 5. April 1995 meldete der Kläger unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass er kein Gewerbe betreibe, sondern eine Religionsgemeinschaft sei, ein Gewerbe für den Verkauf religiöser Literatur und Abhalten religiöser Seminare und Kurse an.

Mit Bescheid vom 13. November 1995 entzog die Beklagte dem Verein die Rechtsfähigkeit. Entgegen dem Satzungszweck unterhalte er einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, in dem er gegen Entgelt Bücher, Magazine, Videokassetten, Karten, Tonträger und anderes mehr an die Mitglieder verkaufe und ihnen ebenfalls gegen Entgelt Kurse anbiete. Nach dem Gesamtbild sei er als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu qualifizieren. Die Mitglieder träten dem Verein als Kunden gegenüber und nähmen gegen Entgelt Leistungen in Anspruch, die üblicherweise auch am Markt gegen Entgelt angeboten würden. Die Vereinsmitgliedschaft bestehe in einer marktmäßigen Austauschbeziehung. Das Ziel der Scientology Religion, dem Menschen Weisheit zu vermitteln, um seelisch frei zu werden, lasse sich nur durch ständige Teilnahme an Kursen, für die zu zahlen sei, erreichen. Die wirtschaftliche Betätigung sei Hauptzweck und nicht nur ein Nebenzweck. Die in der Satzung festgelegte ideelle Zielsetzung werde kommerzialisiert. Das zeige sich insbesondere daran, dass für das Auditing, d.h. die praktische Seelsorge, Kursgebühren erhoben würden. Grundsätzlich seien alle Scientology Unterorganisationen durch Richtlinien angewiesen, möglichst viel Geld zu verdienen. Der Verein könne sich nicht auf die Religionsfreiheit berufen, da die wirtschaftlichen Aktivitäten durch Berufung auf religiöse Ziele nicht verschleiert werden dürften. Aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes und zur Vermeidung einer Privilegierung gegenüber anderen Rechtspersonen des Handelsrechts, werde ihm daher die Rechtsfähigkeit entzogen. Es stehe dem Verein frei, seine Tätigkeiten in anderer Rechtsform fortzusetzen.

Den vom Kläger gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 1996 zurück. Im Widerspruchsbescheid wurden die Gründe des Ausgangsbescheids vertieft und die Ermessenserwägungen ergänzt.

Am 11. Oktober 1996 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Ziel, den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 13. November 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 10. September 1996 aufzuheben. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, er sei eine Religionsgemeinschaft und unterhalte - jedenfalls in der Hauptsache - keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die angebotenen Kurse und Seminare seien keine allgemeine Lebenshilfe, sondern in die religiöse Lehre eingebunden. Dies sei auch allen Mitgliedern bewusst. Alle Kurse und Seminare stellten eine Vermittlung grundsätzlicher Lehrsätze von Scientology dar. Das Selbstverständnis der Gemeinschaft dürfe nicht außer Betracht bleiben. Letztlich fußten alle Vorwürfe darauf, dass der Verein seine religiösen Dienste nicht an die Mitglieder verschenke, sondern über Spendenbeiträge finanziere.

Der Verein, der entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegenüber Nichtmitgliedern tätig werde, entfalte keine wirtschaftliche Tätigkeit am Binnenmarkt. Seelsorgerische Dienste seien keine Wirtschaftsgüter, auch bestehe zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern kein wirtschaftliches Austauschverhältnis. Der Verein handele nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung, möchte aber sicherstellen, dass er genügend Einnahmen erziele, damit seine Existenz gesichert sei und er die Scientology Religion weiter verbreiten könne. Letztlich sei die Art und Weise der Finanzierung eine innere Angelegenheit der Kirche. Einer Religionsgemeinschaft dürfe nicht unter Berufung auf ein bestimmtes Finanzierungssystem die Rechtsfähigkeit entzogen werden. Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid auch deshalb aufzuheben, weil das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei. Der angefochtene Bescheid widerspreche der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 1997. Die vom Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVerwG) angesprochene enge Verknüpfung der vom Verein angebotenen Leistungen mit der religiösen Überzeugung seiner Mitglieder, die das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausschließe, liege eindeutig vor.

Die Beklagte trat der Klage im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids entgegen und betonte die Schwierigkeiten ehemaliger Scientology Mitglieder, entrichtete "Spendenbeiträge" zurückzuerhalten.

Mit Urteil vom 2. Juni 1999 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab (GewArch. 2000, 334). Die Voraussetzungen für den Entzug der Rechtsfähigkeit nach § 43 Abs. 2 BGB lägen vor. Der Kläger unterhalte entgegen dem ausdrücklichen Satzungszweck einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, auch wenn davon ausgegangen werden könne, dass die erbrachten Leistungen in die scientologische Lehre eingebunden seien. Nach seinem Gesamtgebaren nehme der Kläger beim Angebot und Erbringen seiner Leistungen wie ein Kaufmann am Marktgeschehen teil. Die Beklagte habe darauf hingewiesen, dass in Listen des Klägers unterschiedliche Preise für Mitglieder und Nichtmitglieder enthalten seien; ferner habe die Präsidentin des Vereins in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass Mitglieder ihres Vereins Leistungen, die der Verein nicht erbringe, bei anderen Scientology Untergliederungen in Anspruch nehmen könnten. Gleiches gelte für den umgekehrten Fall. Hierin liege eine Tätigkeit über den vereinsinternen Bereich hinaus. Dies gelte letztlich auch in Bezug auf die fördernden Mitgliedern. Bei diesen erschöpfe sich die Mitgliedschaft in der Inanspruchnahme entgeltlicher Leistungen. Der Erwerb der Mitgliedschaft sei eine reine Formalie, die keinerlei vereinsrechtliche Rechte oder Pflichten nach sich ziehe. Zwar würden die Entgelte für die Leistungen als Spendenbeiträge deklariert, dies sei jedoch ohne Belang. Für die Leistungen gebe es Preislisten, Leistungen könnten nur gegen Vorauszahlung in Anspruch genommen werden. Ausnahmen von der Zahlungspflicht, etwa bei Bedürftigkeit, seien nicht vorgesehen. Tatsächlich liege ein wirtschaftliches Austauschverhältnis vor, das auf vermögenswerte Vorteile für den Verein abziele. Nach den Ausführungen der Präsidentin des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei ferner davon auszugehen, dass zwischen den einzelnen Scientology Organisationen hinsichtlich der Werbung von Mitgliedern Konkurrenz bestehe. Dies gelte zumindest in Bezug auf die in München ansässigen und tätigen Scientology Organisationen. Dementsprechend sei der Kläger auch Marktrisiken ausgesetzt. Auf jeden Fall liege aber eine wirtschaftliche Betätigung des Klägers auf einem aus seinen Mitgliedern bestehenden inneren Markt vor. Die vom Kläger angebotenen Leistungen würden üblicherweise auch von anderen - etwa von anderen Scientology Untergliederungen - angeboten. Bei wertender Betrachtung stehe das fördernde Mitglied trotz der formalen Mitgliedschaft dem Verein als anonymer Kunde gegenüber. Das so genannte Nebenzweckprivileg führe zu keinem anderen Ergebnis, denn das Erreichen des religiösen Endziels hänge von der fortgesetzten Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen gegen Entgelt ab. Somit seien die Leistungen gegen Entgelt nicht Neben-, sondern Hauptzweck des Vereins.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Das Urteil widerspreche dem materiellen Recht und sei im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 9 GG unhaltbar. Das Verwaltungsgericht stufe in fehlerhafter Weise die Mitglieder des Vereins zu anonymen Kunden herab. Prinzipiell lasse sich aus der Gestaltung der Mitgliedschaftsrechte weder auf eine Tätigkeit des Vereins auf dem äußeren Markt noch auf einen Binnenmarkt schließen. Die Vereinsmitgliedschaft könne auch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wegen der Höhe des jährlichen Mitgliedbeitrags nicht als reine Formalie eingestuft werden. Vielmehr sei auf den Inhalt der vom Kläger erbrachten Leistungen abzustellen. Wenn sich in diesen der ideale Vereinszweck verwirkliche, spiele die Entgeltlichkeit der Leistungen keine Rolle. Die vom Kläger erbrachten Leistungen seien religiöser Natur und gingen über den Austausch allgemein verfügbarer Waren hinaus. Fehlerhaft sei es insbesondere, eine Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Scientology Untergliederungen anzunehmen. Insoweit betone das Bundesverwaltungsgericht, dass der Begriff des Marktes auf den Austausch von Waren und Dienstleistungen, nicht aber auf die Konkurrenz missionierender Religionen abstelle. Im Übrigen erbringe der Kläger gegenüber seinen Mitgliedern eine Reihe beitragsfreier Leistungen wie etwa das sog. "Charity Auditing" sowie Sonntagsandachten, Eheschließungen, Namensgebung, Begräbnisse und die kostenlose Kirchenzeitschrift. Zu beanstanden sei das Urteil weiterhin auch insoweit, als das Gericht die Entscheidung nach § 43 Abs. 2 BGB nicht als Ermessensvorschrift ansehe.

Der Kläger beantragt:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. Juni 1999 Az. M 7 K 96.5439 wird aufgehoben.

II. Der Bescheid der Beklagten vom 13. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchbescheids der Regierung von Oberbayern vom 10. September 1996 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe richtig entschieden, insbesondere liege der behauptete Verstoß gegen Art. 4 und Art. 9 GG nicht vor. Die Glaubens- und die Religionsausübungsfreiheit beinhalteten nicht den Anspruch auf eine bestimmte Rechtsform, sondern gewährleisteten nur eine irgendwie geartete Existenz und Teilnahme am Rechtsverkehr. Das Urteil stehe mit den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen in Einklang. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Vereinsmitglieder dem vereinsexternen Bereich zuzuordnen seien, sei zutreffend. Die Nachschau durch Bedienstete der Beklagten in den Geschäftsräumen des Klägers habe ergeben, dass Einführungskurse und Einführungsauditings ohne vorherige Mitgliedschaft gegen Entgelt möglich seien; sonach liege eine wirtschaftliche Tätigkeit auf dem äußeren Markt vor. Gleiches gelte aber auch für den Binnenmarkt. Mit dem Verwaltungsgericht sei davon auszugehen, dass der Leistungsaustausch zwischen Verein und seinen Mitgliedern nicht in Verwirklichung eines idealen Zwecks vorgenommen werde, vielmehr sei die Religion nur vorgeschoben. Das Bundesverwaltungsgericht habe ausdrücklich offen gelassen, ob der seinerzeitige Kläger eine Religionsgemeinschaft sei und die religiöse Lehre nur Vorwand für geschäftliche Betätigungen darstelle. Auch wenn nach der Rechtsprechung allein die Entgeltlichkeit der Leistung nicht zwangsläufig zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führe, habe die Höhe der Mitgliedsleistungen ein Maß erreicht, das weit über die Finanzierung eines Idealvereins hinausgehe. Der Kläger erbringe gegenüber seinen Mitgliedern Leistungen, die üblicherweise auch von anderen angeboten würden. Die Scientology Untergliederungen seien Dienstleister auf dem Psychomarkt und verkauften Persönlichkeitsentwicklung. Diese Leistungen würden darüber hinaus auch von ehemaligen Scientologymitgliedern und selbstständigen Feldauditoren angeboten. Hinsichtlich der Ermessensausübung stimme das Verwaltungsgericht mit dem Bundesverwaltungsgericht überein.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er teilt die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung. Der Kläger entspreche dem Volltypus des unternehmerisch tätigen Vereins, der durch das vom Vereinswillen getragene Gesamtgebaren bestimmt werde. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auf die Gestaltung der Mitgliedschaftsrechte abgestellt. Da das fördernde Mitglied keinerlei Einfluss auf die Willensbildung des Vereins habe, liege ein äußerer Markt vor. Zutreffend sei auch, dass die vom Kläger angebotenen Leistungen unabhängig von mitgliedschaftlichen Bindungen auch von anderen Anbietern angeboten würden. Ebenso seien die Darlegungen des Verwaltungsgerichts zum Ermessen nicht zu beanstanden. Der Hinweis des Klägers, in seiner fast zwanzigjährigen Existenz seien keine Gläubigerrisiken aufgetreten, sei irrelevant, da diese nur abstrakt vorliegen müssten.

In ihrer Stellungnahme vom 26. Januar 2005 verwies die Beklagte auf verschiedene neuere Gerichtsentscheidungen (Finanzgericht Köln) und sonstige "Erkenntnisse", die belegten, dass alle Scientology Organisationen und somit auch der Kläger nur den Zweck hätten, Hubbard-Technologien zu vermarkten. Dies zeige auch etwa die Höhe der Entgelte für die Kurse bis zum Erreichen der Stufe "clear", die sich etwa zwischen 40.000 und 60.000 DM bewegten. Nach Auffassung verschiedener Gerichte verfolge Scientology verfassungsfeindliche Bestrebungen und strebe die Beseitigung von Menschenrechten an. Dies spiele auch im Rahmen des § 43 Abs. 2 BGB eine Rolle, denn wenn die Rechtsfähigkeit entzogen sei, gehe der mit der Rechtsform verbundene Vertrauensvorschuss verloren. Der Kläger werde dadurch "demaskiert".

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2003 (im Folgenden: VGH Baden-Württemberg) gebe keinen Anlass, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben. Das Gericht habe den Umstand der Fremdbestimmung aufgrund der Franchiseverträge nicht richtig erkannt. Aus der herangezogenen wissenschaftlichen Expertise von Küfner/Nedopil/Schöch werde unvollständig und damit sinnentstellend zitiert. Bei den Ausführungen zu den gemeinsamen Überzeugungen der Mitglieder würde nicht der konkrete Inhalt der Leistungen und die Motive der Mitglieder für den Eintritt in den Verein untersucht. Der Expertise ließen sich unterschiedliche Motive für den Eintritt in den Verein entnehmen, wie Verbesserung der familiären oder beruflichen Situation. Religiöse Gründe spielten hiernach jedenfalls keine Rolle. Ebenso wenig könne der Auffassung des Gerichts gefolgt werden, dass die angebotenen Leistungen für Scientology Organisationen eigentümlich und unverwechselbar seien und eine Konkurrenz mit anderen Anbietern (z.B. "Freie Zone") nicht gegeben sei.

In seiner Stellungnahme vom 31. August 2005 wies der Kläger darauf hin, dass seine Satzung zwischenzeitlich geändert und die geänderte Fassung beim Registergericht eingetragen sei. Dieser Umstand sei im anhängigen Verfahren zu berücksichtigen, denn nach der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Nach der neuen Satzung gebe es nur stimmberechtigte Mitglieder. Die Ausgestaltung der Mitgliederrechte entspreche insoweit der Lage, die der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg zu Grunde gelegt habe. Letztlich komme es jedoch gar nicht auf die Ausgestaltung der Mitgliedschaftsrechte an. Der VGH Baden-Württemberg habe eindeutig erklärt, dass die religiösen Aktivitäten nicht vorgetäuscht seien. Die Mitglieder strebten spirituelle Vervollkommnung an und stünden dem Verein keinesfalls als anonyme Kunden gegenüber. Tatsächlich sei Scientology eine Religionsgemeinschaft, was auch ein neueres religionswissenschaftliches Gutachten belege. Die immer wieder herangezogenen Richtlinien zur Finanzierung könnten eine wirtschaftliche Betätigung nicht begründen. Entgegen dem Vortrag der Beklagten seien Scientologymitglieder auch nicht überdurchschnittlich hohen Gefahren für ihre Person und ihr Vermögen ausgesetzt. Unbeschadet dessen betone das BVerwG, dass Gefahren, die sich aus der Mitgliedschaft für das einzelne Mitglied ergeben könnten sowie die Gefahren, in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht begründen könnten. §§ 21, 22 und 43 BGB dienten allein dem Gläubiger- und nicht dem Mitgliederschutz. Soweit sich die Beklagte auf Entscheidungen des Finanzgerichts Köln berufe, verkenne sie die Bedeutung dieser Entscheidungen: In beiden Fällen hätten ausländische Organisationen geklagt, die in den USA als gemeinnützig anerkannt seien. Inhaltlich sei es um Lizenzgebühren für die Nutzung bestimmter Marken gegangen. Dies weise keinen Zusammenhang zum anhängigen Verfahren auf.

Erst recht könne sich die Beklagte nicht auf die Expertise von Küfner/Nedopil/Schöch berufen. Hierbei handele es sich um eine Auftragsarbeit für den Freistaat Bayern. Ihre Richtigkeit werde in vollem Umfang bestritten. Fehlerhaft sei auch die Annahme, dass etwa die "Freie Zone" eine Organisation sei, die im Wettbewerb zu Scientology stehe. Deren Leistungen seien für die Mitglieder von Scientology völlig wertlos. Insgesamt beziehe sich der Kläger in vollem Umfang auf die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg. Der Kläger sei im Außenverhältnis uneingeschränkt selbständig und nur im Innenverhältnis in Bezug auf die religiöse Lehre von Scientology in die Kirchenhierarchie eingebunden. Der Kläger betreibe weder Straßenwerbung noch führe er "Gewinne" an die Mutterkirche ab. Die Scientology Religion spreche den Menschen in seiner Gesamtheit an. Aus diesem Grund sei es nicht ungewöhnlich, wenn einzelne Lebensbereiche wie Arbeit oder Familie gleichzeitig unter religiösem und säkularem Blickwinkel gesehen würden. Im Übrigen gebe es eine Reihe eingetragener Vereine (z.B. *********** *********** ********* *** ****), die sich eindeutig wirtschaftlich betätigten; gleichwohl würde ihnen die Rechtsfähigkeit nicht entzogen werden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen nebst Anlagen verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Die Akten des Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren 5 B 84 A.2190 (später: 4 B 84 A.2190) und 5 CS 84 A.2191 waren beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet, da der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 13. November 1995 i.d. Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 10. September 1996 rechtwidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 1. a) Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist § 43 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann einem Verein, dessen Zweck nach der Satzung nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt. Die Vorschrift knüpft an die gesetzliche Typologie von Vereinen an, die zwischen dem Idealverein (§ 21 BGB) und dem wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) unterscheidet. Nach § 21 BGB erlangt ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. Im Gegensatz zum Idealverein steht der wirtschaftliche Verein i.S. des § 22 BGB, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist; dieser erlangt Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Dieser Unterscheidung liegt der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit es sich nicht lediglich um eine untergeordnete, dem idealen Hauptzweck des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs handelt (BGH vom 29.9.1982 BGHZ 85, 84/88 f. m.w.N.; BVerwG vom 6.11.1997 BVerwGE 105, 313/315 f).

Durch § 43 Abs. 2 BGB soll sichergestellt werden, dass ein Idealverein, der sich entgegen dem ausdrücklichen Satzungszweck tatsächlich wirtschaftlich betätigt, sich also wie ein Kaufmann am Markt geriert, auch den für Kaufleute geltenden Vorschriften unterliegen soll. Aus Gründen des Gläubigerschutzes enthält das Handelsrecht zwingende Vorschriften über eine Mindestkapitalausstattung, über Bilanzierungs-, Publizitäts- und Prüfungspflichten sowie über die Vertretungsbefugnis, die weit über vereinsrechtliche Vorschriften hinausgehen (BGHZ 85, 84/89; BVerwGE 105, 313/316). Umgeht ein eingetragener Verein diese der Sicherheit im Rechtsverkehr dienenden Bestimmungen, indem er sich tatsächlich im Widerspruch zum eingetragenen Idealzweck wirtschaftlich betätigt, hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 2 BGB als Korrektiv den Entzug der Rechtsfähigkeit vorgesehen. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang betont, dass die nach § 43 Abs. 2 BGB einschreitende Behörde keine Verbotsentscheidung erlässt, sondern nur einen registerrechtlich unzulässigen Zustand beseitigt (Karsten Schmidt, NJW 1998, 1124/1125).

b) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, wenn es sich um eine planmäßige, auf Dauer angelegte und nach außen gerichtete, d.h. über den vereinsinternen Bereich hinausgehende eigenunternehmerische Tätigkeit handelt, die auf die Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten des Vereins oder seiner Mitglieder abzielt (BGHZ 85, 84/92 f. m.w.N.; BVerwGE 105, 313/316). Diese Umschreibung betrifft den Volltypus des unternehmerischen Vereins, dessen Haupttätigkeit im Anbieten bestimmter Leistungen und/oder Waren an einen Personenkreis außerhalb des Vereins besteht (zur Vereinsklassenabgrenzung siehe Schmidt, a.a.O. S. 1125; Reuter in Münchner Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2001, RdNrn. 26 ff. zu §§ 21, 22). Diese unternehmerische Tätigkeit ist typischerweise mit geschäftlichen Risiken verbunden, die sich u.a. aus den vom Unternehmer nicht zu beeinflussenden Größen wie etwa sich wandelnder Kundengeschmack und Leistungsfähigkeit der Konkurrenz ergeben können (vgl. Reuter, a.a.O., RdNr. 27 zu §§ 21, 22). Die Tätigkeit findet am Markt statt, der durch die Teilnahme an einem Anbieterwettbewerb gekennzeichnet ist. Demgegenüber ist ein Verein nicht wirtschaftlich tätig, wenn er sich mit seinem Angebot nur an bestimmte Interessenten wendet, an deren Förderung ihm gelegen ist, weil er sich nicht werbend am Marktgeschehen beteiligt und ihn daher Marktrisiken nicht treffen (Reuter, a.a.O., RdNr. 30 zu §§ 21, 22 m.w.N.).

Auch wenn der Verein nur oder zumindest ganz überwiegend in Bezug auf seine Mitglieder als Anbieter von Leistungen tätig wird, liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. der §§ 22, 43 Abs. 2 BGB dann vor, wenn das einzelne Mitglied dem Verein in der Rolle eines anonymen Kunden gegenübertritt (vgl. Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 6. Aufl. 1995, RdNr. 120; Reuter, a.a.O., RdNr. 31 zu §§ 21, 22). Eine solche wirtschaftliche Tätigkeit auf dem sog. Binnenmarkt liegt beispielsweise bei Buchgemeinschaften, Einkaufszentralen für bestimmte Berufsgruppen oder Gewerkschaftsmitglieder vor (vgl. Reuter, a.a.O., RdNr. 31 zu §§ 21, 22; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, RdNr. 3 a zu § 21). Dabei muss es sich um Leistungen handeln, die typischerweise an einem äußeren Markt gegen Entgelt erworben werden können. Das Mitgliedschaftsverhältnis muss sich faktisch auf den Austausch einer Ware oder Dienstleistung gegen Entgelt beschränken (Palandt/Heinrichs, RdNr. 3 a zu § 21 m.w.N.).

Anknüpfend an diese Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. November 1997, die den Entzug der Rechtsfähigkeit einer Scientology Unterorganisation betraf, betont, dass Leistungen, die ein Verein in Verwirklichung seines idealen Zwecks seinen Mitgliedern gegen Entgelt anbietet, grundsätzlich keine unternehmerische Tätigkeiten im Sinne des Vereinsrechts darstellen (BVerwGE 105, 313/317). Gehen die Leistungen des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern über den Austausch allgemein verfügbarer Waren und Leistungen hinaus und werden diese von einer gemeinsamen Überzeugung der Mitglieder getragen, von der sie nicht gelöst werden können, ohne ihren Wert für den Empfänger zu verlieren, liegt trotz Entgeltlichkeit der Leistungen kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. des § 43 Abs. 2 BGB vor (BVerwGE 105, 313/318; kritisch dazu Anmerkung von Müller-Laube, JZ 1998, 788/789; Dostmann, DÖV 1999, 993/998; offen gelassen Schmidt, a.a.O. S. 1125). Bei der Bewertung, ob ein Idealverein sich wirtschaftlich betätigt, ist allein auf den konkret betroffenen Verein abzustellen, dem die Rechtsfähigkeit entzogen werden soll; die (zahlreichen) Scientology Organisationen sind insoweit nicht als Einheit zu betrachten (BVerwGE 105, 313/320 f.).

c) Für die gerichtliche Überprüfung des Entzugs der Rechtsfähigkeit ist auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 10.9.1996) abzustellen (ebenso VGH Baden-Württemberg vom 12.12.2003 NVwZ-RR 2004, 904/ 905). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage nach dem materiellen Recht und nicht - jedenfalls nicht primär - nach der Klageart (BVerwG vom 29.11.1981 BVerwGE 64, 218/221). Beim Entzug der Rechtsfähigkeit handelt es sich um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, denn dieser wirkt sich auf den Status des Betroffenen aus. In diesen Fällen ist eine nachträgliche Veränderung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, Rdnr. 46 zu § 113). Ferner liegt die Entscheidung über den Entzug der Rechtsfähigkeit im - wenn auch intendierten - Ermessen der Behörde und die Abwägung der für oder gegen die Entzugsentscheidung sprechenden Gesichtspunkte kann sich nur auf solche beziehen, die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bereits vorlagen.

2. Ausgehend von den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen, denen sich der erkennende Senat anschließt, unterhält das ********* ****** *********** ****** ******* e.V. keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des Vereinsrechts. Der Kläger verfolgt nach der alten wie auch der neuen Satzung einen idealen Zweck, nämlich die Verbreitung des Ideengutes der Scientology Kirche als deren Mission unter Zugrundelegung ihres Glaubensbekenntnisses. Das vom Vereinswillen getragenen Gesamtgebaren des Klägers (vgl. dazu BVerwGE 105, 313/317 mit Verweis auf BVerwG vom 20.3.1979 NJW 1979, 2265) lässt keine von dem Satzungszweck abweichende, über das Nebenzweckprivileg hinausgehende wirtschaftliche Betätigung im Sinne des Vereinsrechts erkennen.

a) Für die Frage, ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, erweist sich das Selbstverständnis des Klägers, er sei eine Religionsgemeinschaft i.S. des Art. 4 GG, als unerheblich. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 6. November 1997 ausdrücklich dargelegt, dass die Frage, ob es sich bei der Scientology Organisation um eine Religionsgemeinschaft handele, für die Frage der Rechtmäßigkeit des Entzugs der Rechtsfähigkeit nicht von Bedeutung ist. Dies wird darauf gestützt, dass die §§ 21, 22, 43 Abs. 2 BGB bei zutreffendem Verständnis die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Teilnahme von Religionsgemeinschaften am Rechtsverkehr nicht in unzumutbarer Weise erschweren (BVerwGE 105, 313/321; für den Fall der Gewerbeanmeldung BVerwG vom 16.2.1995, NVwZ 1995, 473/474 ; siehe auch Morlok in Dreier, GG, 2000, RdNr. 34 zu Art. 140). Dem schließt sich der Senat an, so dass das umfangreiche Vorbringen des Klägers, das sich auf die von ihm in Anspruch genommene Eigenschaft als Religionsgemeinschaft bezieht, keiner Bewertung bedarf.

b) Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb des Klägers i.S. des § 43 Abs. 2 BGB liegt deshalb nicht vor, weil die vom Kläger seinen Mitgliedern angebotenen Waren und Dienstleistungen zur Überzeugung des Senats nicht "marktüblich", sondern untrennbar mit den Überzeugungen seiner Mitglieder verbunden sind und bei Wegfall dieser Einbindung für die einzelnen Mitglieder ihren Wert verlieren. Das Gedankengut der Lehre von Scientology - mag es sich um eine Religion handeln oder nicht - bildet den gemeinsamen Überbau der inmitten stehenden Leistungen des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern und macht diese nicht substituierbar.

Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung besteht 90 v.H. seiner Tätigkeit im Auditing und in der Ausbildung von Mitgliedern zu Auditoren. Beim Auditing handelt es sich nach dem Selbstverständnis des Klägers um seelsorgerische Beratung des einzelnen Mitglieds. Mit Hilfe dieses persönlichen Gesprächs und ergänzender Literatur und Kursen soll es dem Einzelnen ermöglicht werden, seine Spiritualität zu verbessern und letztlich durch permanenten Ausbau eine "höhere Daseinsform" möglichst bis hin zur Endstufe "clear" zu erreichen. Diese Leistungen des Klägers werden von seinen Mitgliedern als Bestandteil der scientologischen Lehre verstanden und diese gemeinsame Überzeugung bildet die wesentliche Grundlage für ihren Wert.

In Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht, das von der gemeinsamen Überzeugung der Mitglieder spricht (BVerwGE 105, 313/318) und dem VGH Baden-Württemberg, der zu Recht betont, dass der Vereinswille nicht losgelöst von den Überzeugungen seiner Mitglieder bestimmt werden kann (VGH Baden-Württemberg vom 12.12.2003 NVwZ-RR 2004, 904/906), schließt der Senat dies zum einen aus den im Verfahren vorgelegten "Bekenntnissen" der Vereinsmitglieder (s. Anlage 43 zur Widerspruchsbegründung und Anlage K 162). Die Mitglieder des Klägers sehen im Kern übereinstimmend ihre Zugehörigkeit zu Scientology unter spirituellen, geistigen und religiösen Aspekten. Dies kommt auch im Text des Mitgliedsantrags (Anlage K 49) zum Ausdruck; denn hierin wird ausdrücklich den Zielen der Scientology Kirche und deren Glaubensbekenntnis zugestimmt und den Mitgliedern u.a. das Recht eingeräumt, an geistlicher Beratung und Kursen teilzunehmen oder einen Geistlichen unter Aspekten der allgemeinen Seelsorge oder Ethik in Anspruch zu nehmen. Noch stärker wird dies verdeutlicht in den Informationen, Definitionen und Regeln für Studenten und Preclears (Anlage A 50), von denen jedes Mitglied des Klägers unterschriftlich Kenntnis genommen haben muss, bevor es Auditing und Ausbildung überhaupt in Anspruch nehmen kann. Auditing und Ausbildung, die nach den unbestrittenen Darlegungen des Klägers den Hauptbereich seiner Tätigkeit ausmachen, sind untrennbar mit der Lehre von Scientology verbunden und zielen auf das "Erreichen vollkommener geistiger Freiheit". Diese Feststellung lässt sich entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht mit der Expertise von Küfner/Nedopil/Schöch (Anlage B 55) widerlegen. Hiernach hätten die Probanden unterschiedliche Motive für ihre Zuwendung (u.a.) zu Scientology genannt; eine gemeinsame Überzeugung lasse sich dem nicht entnehmen. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Probandengruppe in Bezug auf die angesprochene Frage nicht als repräsentativ angesehen werden kann (zur Zusammensetzung siehe Expertise S. 76). Aktive Mitglieder von Scientology (siehe dazu Vorwort Absatz 3), insbesondere Mitglieder des Klägers, wurden von den Gutachtern nicht befragt. Aus alledem schließt der Senat, dass Auditing und Ausbildung nicht von der scientologischen Lehre gelöst werden können, ohne ihren Wert für die Mitglieder zu verlieren. Hiernach liegen keine "handelsüblichen" Leistungen vor, so dass bereits deshalb ein wesentliches Element für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs fehlt (so schon die vorläufige Rechtsmeinung des 5. Senats des BayVGH im Verfahren 5 B 85 A.2190, Niederschrift vom 5.6.1985). Der Senat teilt die vom VGH Baden-Württemberg vorgenommene Bewertung, dass - anders als bei Buchclubs oder Konsumvereinen - die Leistungen des Klägers durch die untrennbare Verknüpfung mit der scientologischen Lehre ihren eigentümlichen und unverwechselbaren Charakter für die Mitglieder erhalten (VGH Baden-Württemberg a.a.O. S. 909).

Aus der Eigenart der vom Verein angebotenen Waren und Leistungen und ihrer untrennbaren Einbettung in die Lehre von Scientology folgt, dass in diesem Bereich auch kein Anbieterwettbewerb besteht, der für das Vorliegen eines Marktes wesentlich ist. Bei Leistungsangeboten von Trägern, die "Lebenshilfe" anbieten oder von ehemaligen Scientology Mitgliedern, die die bei Scientology verwendeten Technologien gegen Entgelt anbieten, fehlt es gerade an der Einbindung in die scientologische Lehre (ebenso VGH Baden-Württemberg a.a.O. S. 909). Aus diesem Grund geht auch das Vorbringen der Beklagten ins Leere, andere Organisationen und Feldauditoren (siehe dazu im einzelnen Anlage B 69) würden mit dem Kläger konkurrieren. Der weltanschauliche Überbau ist ein anderer und daher für die Mitglieder des Klägers, die sich gerade mit der Lehre von Scientology identifizieren, ohne Wert (ebenso VGH Baden-Württemberg a.a.O. S. 909 zu den sog. freien Anbietern). Hinzu kommt, dass sich der im Vereinsrecht verwendete Begriff des Marktes nur auf den Austausch von Waren und Dienstleistungen und nicht auf die Konkurrenz missionierender Religionen und Weltanschauungen bezieht (BVerwGE 105, 313/319). Deshalb ist auch kein Raum für die Annahme, der Kläger stehe mit anderen in München ansässigen Scientology Untergliederungen in einem Anbieterwettbewerb. Darüber hinaus wird der Kläger aufgrund der besonderen Zweckbestimmung als Celebrity Center, dem die Betreuung von Künstlern und sonstigen Prominenten obliegt, nicht werbend tätig; vielmehr werden nach seinem unwidersprochenen Vortrag als Celebrities eingestufte Personen von anderen Scientology Organisationen an ihn verwiesen. Allein die gelegentliche Inanspruchnahme von seitens des Klägers nicht angebotenen Leistungen bei anderen Scientology Untergliederungen kann angesichts des einheitlichen weltanschaulichen Überbaus, der Lehre von Scientology, einen Anbieterwettbewerb nicht begründen (ebenso VGH Baden-Württemberg a.a.O. S. 910). Auch bei Inanspruchnahme dieser Leistungen liegt gerade kein(e) "marktübliche(s) Produkt oder Leistung" vor; insoweit kommt es nicht auf die vom Verwaltungsgericht aufgestellte, aber nicht im einzelnen plausibel gemachte Behauptung an, der Kläger sei insoweit besonderen Marktrisiken ausgesetzt.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht daraus herleiten, dass der Kläger seinen Mitgliedern Waren (Bücher, Kassetten, E-Meter etc.) und Dienstleistungen (Auditing, Ausbildung zum Auditor) nur gegen Entgelt erbringt und dass die hierfür zu erbringenden finanziellen Leistungen bis zum Erreichen der Stufe "clear" durchaus erheblich sind. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Entgeltlichkeit der Leistungen für sich allein kein Indiz für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (BGHZ 45, 395/397; 85, 84/93; BVerwGE 105, 313/319 f.). Demzufolge vermag auch die Höhe der eingenommenen Entgelte keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu begründen; zumal wirtschaftliche Schwierigkeiten, die sich aus der Mitgliedschaft für das Einzelmitglied ergeben können, bei der Prüfung, ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, auszublenden sind (BVerwGE 105, 313/320). Ebenso können daher auch die von der Beklagten behaupteten Schwierigkeiten ausgeschiedener Mitglieder, ihre im Voraus erbrachten Entgelte für nicht in Anspruch genommene Leistungen zurückzubekommen (sog. Laufzettelverfahren), die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht begründen.

d) Auch die Gewerbeanmeldung des Klägers vom 5. April 1995 belegt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des Vereinsrechts, zumal von ihr das Auditing als zentrale Vereinsaktivität nicht erfasst wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der von den §§ 21, 22 und 43 Abs. 2 BGB verfolgte Zweck gegenüber der mit der gewerberechtlichen Einbindung einer Tätigkeit verfolgten Zielsetzung enger: Die Gewerbeanmeldung bezweckt den Schutz der Allgemeinheit oder Einzelner vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen, die erfahrungsgemäß durch bestimmte wirtschaftliche Betätigungen herbeigeführt werden können; demgemäß können wirtschaftliche Tätigkeiten eines Vereins als Gewerbe im Sinne des Gewerberechts angesehen werden, auch wenn sie die zivilrechtliche Qualifikation des Vereins als Idealverein nicht berühren (BVerwGE 105, 313/317f). Dies ist die Folge des gegenüber den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften weiterreichenden Schutzzwecks des Gewerberechts (BVerwG vom 3.7.1998 - 1 B 117.97 <juris> Tz. 8).

e) Schließlich erweisen sich auch die von der Beklagten vorgelegten Entscheidungen des Finanzgerichts Köln vom 24. Oktober 2002 (Anlagen B 53 und B 54) für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers nach vereinsrechtlichem Verständnis als unergiebig. Diese betrafen die Frage, ob eine in den USA als gemeinnützig anerkannte Organisation von Scientology Anspruch darauf hat, nach dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen von der Steuerzahlung in Deutschland für ihren Anteil an in Deutschland angefallenen Lizenzgebühren freigestellt zu werden. Die Beklagte zieht daraus den Schluss, dass auch der Kläger Lizenznehmer sei und durch die Verwertung entsprechender Lizenzen beachtliche Gewinne erziele. Zwar hat auch der Kläger am 13. September 1998 - und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - mit der Church of Scientology Celebrity Center International eine Lizenzvereinbarung getroffen (K 156). Selbst wenn man unterstellt, dass er als Lizenznehmer ebenfalls beachtliche Erträge erwirtschaftet, würde dieser Umstand allein nicht die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des Vereinsrechts begründen können. Denn zu dem Normzweck des § 43 Abs. 2 BGB, der Sicherheit des Rechtsverkehrs und insbesondere dem Gläubigerschutz, steht dieser Umstand in keiner unmittelbaren Beziehung. Deshalb misst der Senat auch den Markenanmeldungen durch die Scientology Bewegung (vgl. Anlage B 70) keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Aus dem gleichen Grund ist auch ein Eingehen auf die Frage, ob die sog. Make Money Richtlinie (HCO Policy Letter OF 9 March 1972 RA ,Issue I, revised 2 February 1991, Anlage K 54) unmittelbar für den Kläger Geltung besitzt oder nur - wie der VGH Baden Württemberg annimmt - an die Finanzverwaltung gerichtet ist und lediglich die Zahlungsfähigkeit der einzelnen Organisationen sicherstellen soll (VGH Baden-Württemberg a.a.O. S. 907) entbehrlich.

f) Der Senat sah auch keine Veranlassung, der Beweisanregung des Vertreters des öffentlichen Interesses zu folgen, die steuerliche Veranlagung des Klägers aufzuklären. Unstreitig erhält der Kläger Entgelte für von ihm erbrachte Leistungen und es ist davon auszugehen, dass er im Hinblick darauf steuerlich veranlagt wird. Die Steuerunterlagen könnten Auskunft über die Höhe der eingenommenen Beträge ergeben, die letztlich auch als Lizenzgebühren in dem oben skizzierten Sinn angesehen werden könnten. Da aber der Umfang der Einnahmen aus den "Spendenbeiträgen" der Mitglieder für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S. des § 43 Abs. 2 BGB nicht erheblich ist, bestand auch insoweit kein Aufklärungsbedarf.

g) Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die wirtschaftliche Betätigung des Klägers gem. § 43 Abs. 2 BGB ergebe sich aus der schwachen Ausgestaltung der Rechte der fördernden Mitglieder. Nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung geltenden Vereinssatzung bestand die Mitgliederversammlung nur aus den ordentlichen Mitgliedern des Vereins (§ 7 Nr. 1 a). Grundsätzlich steht es einem Verein frei, verschiedene Arten von Mitgliedern vorzusehen und deren Mitgliedschaftsrechte unterschiedlich zu gestalten (Reuter a.a.O. RdNr. 6 zu § 38; Palandt/Heinrichs a.a.O. RdNr. 2 zu § 38). Es kann vorliegend dahinstehen, ob die in der Satzung des Klägers festgelegten Rechte der Fördermitglieder den gesetzlichen Mindestanforderungen nach dem BGB entsprechen (vgl. § 40, § 37 Abs. 1 BGB) oder ob der Kläger nach den vom Bundesverfassungsgericht in der so genannten Bahai-Entscheidung aufgestellten Grundsätzen (BVerfGE 83, 341/358) die die innere Organisation betreffenden Mitgliedschaftsrechte abweichend regeln konnte. Selbst bei einem Verstoß der Satzung gegen die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften verlieren die Fördermitglieder nicht ihre Eigenschaft als Vereinsmitglieder. Die vom Kläger angebotenen Leistungen sind für sie wegen der Einbindung in die scientologische Lehre nicht substituierbar. Dementsprechend ist es für den mit § 43 Abs. 2 BGB verfolgten Zweck der Rechtssicherheit und des Gläubigerschutzes unerheblich, wie die Mitgliedschaftsrechte in der Vereinssatzung ausgestaltet sind (ebenso Segna, NVwZ 2004, 1446/1448).

h) Auch angesichts von Geschäften mit Nichtmitgliedern ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb des Klägers zu erkennen. Mit dem Zweck und der Tätigkeit eines Idealvereins ist es nicht unvereinbar, wenn dieser zur Erreichung seiner idealen Ziele unternehmerische Tätigkeit entfaltet, sofern diese dem nicht-wirtschaftlichen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Mittel zu dessen Erreichung ist (BVerwGE 105, 313/316; BGHZ 85, 84/93 m.w.N.). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger die Grenzen dieses privilegierten Nebenzwecks überschritten hat. Auch wenn die von der Beklagten angesprochenen Preislisten ein Indiz für geschäftliche Beziehungen des Klägers mit Nichtmitgliedern darstellen, wurde nicht plausibel dargelegt, dass der Kläger - entgegen seinem Bestreiten - in einem erheblichen Umfang gegenüber Nichtmitgliedern tätig geworden ist und eine solche Tätigkeit nicht durch das Nebenzweckprivileg gedeckt sei. Die Beklagte hat insbesondere nicht dargetan, dass der hilfsweise angebotene Zeuge Z. Auskunft über den Umfang der Tätigkeit gegenüber Nichtmitgliedern hätte geben können. Da keine gerade den Umfang der Tätigkeit betreffenden Tatsachen behauptet worden sind, hat der Senat keine Veranlassung für eine entsprechende Beweiserhebung gesehen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ff ZPO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war wegen der Schwierigkeit der Rechtssache notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.090,34 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 3 GKG a.F.). Dies entspricht 8.000,-- DM (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

Zurück