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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: 4 ZB 06.707
Rechtsgebiete: VwGO, FAG, BayVwVfG, AGBGB


Vorschriften:

VwGO § 86 Abs. 3
FAG Art. 13 Abs. 1 Satz 4
BayVwVfG Art. 48
AGBGB Art. 71
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

4 ZB 06.707

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Rückforderung von Zuwendungen;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Kraft

ohne mündliche Verhandlung am 27. Februar 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 44.333,59 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die teilweise Rückforderung einer staatlichen Zuwendung für ihre Abwasseranlage (BA 12).

1. In ihrem Zuwendungsantrag vom 27. November 1997 schlüsselte die Klägerin die anrechenbaren zuwendungsfähigen Kosten des Gesamtvorhabens von 1981 - 2006 (Vordruck gemäß RZWas 1991, Anlage 4) dahingehend auf, dass u.a. im Jahr 1982 für die Kläranlage 2.946.554,06 DM sowie für sonstige Abwasseranlagen 588.606,62 DM (insgesamt 3.535.160,68 DM) und im Jahr 1989 für sonstige Abwasseranlagen der Betrag von 434.500,00 DM angegeben wurden.

Daraufhin stellte das Wasserwirtschaftsamt Ansbach mit Bescheid vom 17. Dezember 1997 für den Bauabschnitt 12 Zuwendungen bis zu 529.000,00 DM als Anteilsfinanzierung in Aussicht. Nach Prüfung der Verwendungsnachweise bezifferte es am 21. Oktober 1999 die zuwendungsfähigen Kosten auf 1.041.465,23 DM und bewilligte mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 die letzte noch ausstehende Zuwendung.

2. Das Staatl. Rechnungsprüfungsamt Bayreuth teilte dem Wasserwirtschaftsamt im Juli 2001 mit, dass bei der Klägerin ab dem 1. Januar 1981 (Beginn des 16-jahres-Zeitraums) für 1981 und 1982 tatsächlich nur 520.351,89 DM angefallen und deshalb die anzusetzenden Kosten um 3.014.808,79 DM zu vermindern seien. Der von der Klägerin für das Jahr 1989 angegebene Betrag von 434.500,00 DM sei um darin enthaltene nicht förderfähige Kosten für Erschließungsmaßnahmen zu vermindern.

Das Wasserwirtschaftsamt gab der Gemeinde von den Prüfungsmitteilungen Kenntnis. Die Klägerin entgegnete mit Schreiben vom 4. November 2001, die Zuwendungen für den BA 6 seien endgültig erst mit Schlussbescheid vom 25. Januar 1982 bewilligt worden. Erst in diesem Jahr sei die endgültige finanzielle Abwicklung erfolgt, so dass die Kosten in voller Höhe im Jahr 1982 anzusetzen seien. Der Betrag von 434.500,00 DM (Jahr 1989) betreffe nicht ausschließlich Erschließungsmaßnahmen.

Im Schreiben vom 21. Mai 2002 machte sich das Wasserwirtschaftsamt gegenüber dem Staatl. Rechnungsprüfungsamt die Auffassung der Gemeinde im Wesentlichen zu eigen. Dem trat das Rechnungsprüfungsamt mit Schreiben vom 4. Oktober 2002 entgegen und beharrte für die Bestimmung des 16-Jahres-Zeitraums auf der landesweiten Praxis der Maßgeblichkeit des Jahres des Kostenanfalls.

Nach weiterer Korrespondenz zwischen den Behörden hob das Wasserwirtschaftsamt Ansbach mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 27. August 2003 den Bescheid vom 21. Oktober 1999 auf, setzte die Zuwendung für den BA 12 auf nunmehr 222.049,48 Euro fest und forderte den überzahlten Betrag in Höhe von 44.333,59 Euro zurück. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2003 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Januar 2006 abgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids nicht zu beanstanden sei. Der den Zuwendungsbescheid vom 17. Dezember 1997 ersetzende Schlussbescheid vom 21. Oktober 1999 sei bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses hinsichtlich der Berechnung des Zuwendungssatzes rechtswidrig gewesen. Der Beklagte habe dabei die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt, die - wie von der staatlichen Rechnungsprüfung festgestellt - nicht den Förderrichtlinien entsprochen hätten. Die Gemeinde habe vor dem Jahre 1981 entstandene Kosten in die Berechnung einbezogen, die in den Jahren zuvor in Form von Abschlagszahlungen geleistet worden seien. Zum anderen habe sie sachlich nicht förderfähige Kosten in die Kostenberechnung eingestellt. Angesichts der unrichtigen Angaben der Klägerin habe es keiner weitergehenden Ermessenserwägungen bedurft; die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei gewahrt.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend.

a) Das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich der Kürzung der zuwendungsfähigen Kosten um den Betrag von 3.014.808,79 DM voll und ganz der Rechtsauffassung des Rechnungsprüfungsamts angeschlossen, ohne eine eigene juristische Wertung vorzunehmen. Eine gerichtliche Bewertung wäre angesichts der unterschiedlichen Auffassungen des Wasserwirtschaftsamts als bewilligender Stelle und des Rechnungsprüfungsamts erforderlich gewesen. Das Wasserwirtschaftsamt habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aufteilung der innerhalb von 25 Jahren angefallenen bzw. anfallenden zuwendungsfähigen Kosten möglichst einfach erfolgen solle und dazu die Kosten gemäß den Verwendungsnachweisen einzubeziehen seien. Die gegenteilige Auffassung des Rechnungsprüfungsamts führe zu willkürlichen Ergebnissen; abzustellen sei auf die Gesamtfälligkeit des Werklohnanspruchs.

Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163/1164). Daran fehlt es.

Die Antragsbegründung verfehlt den zutreffenden Ansatzpunkt bei dem Versuch, die Rechtmäßigkeit der ursprünglich gewährten Förderung zu begründen. Mangels expliziter gesetzlicher Ausgestaltung steht die staatliche Förderung des Ausbaus kommunaler Abwasseranlagen (Art. 13 Abs. 1 Satz 4 FAG) im Ermessen des beklagten Freistaats. Dieser hat seine Ermessensausübung zu den Bewilligungsvoraussetzungen u.a. durch die hier einschlägigen Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 1991, Bek. des Bayer. Staatsministeriums des Inneren vom 19.12.1991, AllMBl. 1992, 18) ausgeformt. Diese ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift gehört nicht zum Außenrecht und unterliegt daher - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht der eigenständigen richterlichen Auslegung wie eine Rechtsnorm. Für die gerichtliche Überprüfung einer Förderung (bzw. ihrer Rücknahme) ist vielmehr entscheidend, wie die Behörden des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV) gebunden sind. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen der Wortlaut einer Verwaltungsvorschrift auslegungsbedürftig erscheint (BVerwG, U.v. 17.1.1996 - 11 C 5.95, DVBl. 1996, 814 m.w.N.; BayVGH, U.v. 21.8.2002 - 4 B 00.1936, BayVBl. 2003, 154; ständ. Rspr.).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem formularmäßigen Bewilligungsantrag (Rückseite des Formblattantrags nach Anlage 4 der RZWas 1991) "Ermittlung der anrechenbaren zuwendungsfähigen Kosten, die innerhalb von 25 Jahren für das Gesamtvorhaben angefallen sind oder anfallen werden ...", dass der Beklagte für die Vergangenheit auf die 16 Jahre vor der staatlichen Finanzierung für das Gesamtvorhaben angefallenen Kosten abstellt. Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass in der nach Jahren aufgeschlüsselten Tabelle nur diejenigen Kosten anzusetzen seien, die in dem jeweiligen, vom 16-Jahres-Zeitraum erfassten Jahr tatsächlich verausgabt worden sind. Der direkt unterhalb der vom Antragsteller auszufüllenden Tabelle abgedruckte Hinweis "Die zuwendungsfähigen Kosten geförderter Vorhaben sind aus den Zuwendungsbescheiden, der abgeschlossenen Verfahren aus den geprüften Verwendungsnachweisen zu übernehmen." steht dazu nicht im Widerspruch; denn er setzt in zeitlicher Hinsicht die Zuwendungsfähigkeit der einzustellenden Kosten bereits voraus und verhält sich nur zur Ermittlung von deren Höhe. Für das Vorliegen einer von diesem nahe liegenden Verständnis der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift abweichenden landesweiten Verwaltungspraxis spricht nicht bereits der Umstand, dass Bedienstete einzelner Ämter die genannten Vorgaben anders verstanden haben. Vielmehr deuten auch die von der Klägerin veranlassten Stellungnahmen des Bayer. Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 21. April und 12. Juli 2004 in aller Deutlichkeit darauf hin, dass die RZWas 1991 in dem dem streitgegenständlichen Rücknahmebescheid zugrunde liegenden Verständnis landesweit vollzogen worden sind.

b) Das Vorbringen der Antragsbegründung zur Nichteinhaltung der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG begründet keine ergebnisbezogenen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Die Kammer hat zutreffend auf die Auslegung dieser Vorschrift durch das Bundesverwaltungsgericht abgestellt, derzufolge die Jahresfrist erst zu laufen beginnt, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG, U.v. 24.1.2001 - 8 C 8.00, BVerwGE 112, 360 mit Hinweis auf B.v. 19.12.1984 - Gr.Sen. 1 und 2.84, BVerwGE 70, 356). Die sich von dieser Entscheidung abgrenzende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X (U.v. 27.7.1989 - 11/7 RAr 115/87, NVwZ 1990, 697) ist für die Rücknahme staatlicher Subventionen gemäß Art. 48 BayVwVfG ohne Bedeutung.

Im vorliegenden Fall waren erst mit dem Eingang des Schreibens des Staatl. Rechnungsprüfungsamts Bayreuth vom 4. Oktober 2002 beim Wasserwirtschaftsamt Ansbach als der für die Rücknahmeentscheidung zuständigen Behörde alle tatsächlichen Umstände geklärt, so dass der Rücknahmebescheid vom 27. August 2003 innerhalb der Jahresfrist ergangen ist.

c) Auch die Berufung der Klägerin auf die Erlöschensregelung des Art. 71 AGBGB rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift (in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.9.1982, GVBl. S. 803) erlöschen die auf Geldzahlung gerichteten Ansprüche u.a. des Freistaats Bayern, soweit nichts anderes bestimmt ist, in drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Berechtigte von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Wasserwirtschaftsamt Ansbach sei bereits bei Antragstellung umfassend vom Sachverhalt informiert gewesen. Der Bewilligungsantrag sei im Entwurf von der Gemeinde gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt erstellt worden; daher habe die zuständige Behörde bereits bei der Bewilligung Kenntnis aller anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt. Mit diesem Vorbringen stützt sich die Klägerin der Sache nach auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die rechtliche Bewertung der dem Rückforderungsanspruch zugrunde liegenden Vorgänge gerade nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen i.S. des Art. 71 Abs. 1 AGBGB zählt (BayVGH, B.v. 17.8.2006 - 4 ZB 05.2771 <juris>; U.v. 26.3.1980 - 4 B 1179/79, BayVBl. 1980, 660/661). Weil aber - wie oben bereits ausgeführt - die Interpretation einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift keine Subsumtion unter ein Gesetz darstellt, gehört die dem Wasserwirtschaftsamt erst im Oktober 2002 durch das Staatl. Rechnungsprüfungsamt Bayreuth vermittelte Kenntnis von der abweichenden Verwaltungspraxis im übrigen Freistaat zu den anspruchsbegründenden Tatsachen. Dieser Umstand betrifft keine Bewertung, sondern die Feststellung der Bewilligungspraxis als ermessensrelevante Tatsache.

d) Schließlich sind auch die Ausführungen zur Ausübung des Rücknahmeermessens in der angefochtenen Entscheidung nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage der Rechtsprechung zum intendierten Rücknahmeermessen (BVerwG, U.v. 16.6.1997 - 3 C 22.96, DVBl. 1998, 145) keinen atypischen Ausnahmefall gesehen. Anhaltspunkte dafür zeigt auch die Antragsbegründung nicht auf. Wenn die Klägerseite insoweit mit Blick auf die Regelung des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG auf schutzwürdiges Vertrauen der Gemeinde abstellt, der kein Vorwurf gemacht werden könne, überzeugt das nicht. Diese Variante des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG, in der der Begünstigte den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, stellt gerade nicht auf ein Verschulden des Betroffenen ab, sondern nur auf die objektive Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit seiner Angaben (BVerwG, U.v. 14.8.1986 - 3 C 9.85, BVerwGE 74, 357/363 f.).

Im Übrigen erweist sich das Vertrauen der Klägerin nach der in den Zuwendungsbescheid übernommenen Nr. 2.1 ANBest-K auch nicht als schutzwürdig. Nach dieser auflösenden Bedingung ermäßigt sich die Zuwendung, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen. Für den Bedingungseintritt ist es unerheblich, auf welche Weise sich die zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen; es genügt jeder Unterschied zwischen dem bei der Bewilligung angenommenen und dem später festgestellten Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben (so ausdrücklich BayVGH, U.v. 18.12.1990 - 4 B 88.3152, GK 1991 Nr. 72; B.v. 29.12.1999 - 4 B 99.526, BayVBl. 2000, 245/246; U.v. 28.7.2005 - 4 B 01.2536, BayVBl. 2006, 731 entgegen der Auffassung des VG München, U.v. 13.5.2004 - M 4 K 03.2680). Es kann dahinstehen, ob der vom Verwaltungsgericht als Rücknahmebescheid ausgelegte streitgegenständliche Bescheid vom 27. August 2003 nicht als (isolierter) Erstattungsbescheid gemäß Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG anzusehen ist. Diese Frage wird in der Antragsbegründung nicht aufgeworfen und ihre Bejahung könnte sich nicht zugunsten der Klägerin auswirken.

2. Die Zulassung der Berufung kommt auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO in Betracht. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten sind nicht erkennbar, zumal das aufgeworfene Problem des Beginns der in einer Verwaltungsvorschrift vorgesehenen Frist nach dem oben Ausgeführten keine in einem Berufungsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage betrifft. Die Klägerseite verfehlt hinsichtlich dieser Zulassungsgründe bereits die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

3. Die Klägerin rügt als zulassungsbegründenden Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 4 Nr. 5 VwGO), dass das Verwaltungsgericht entgegen der Bitte im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 18. Februar 2005 keinen richterlichen Hinweis gegeben hat, dass es der Rechtsauffassung der Klägerseite zu Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG und Art. 71 AGBGB nicht folgt und es im Sinne des Beklagten entscheiden will.

Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 3 VwGO liegt nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin missversteht die Reichweite der richterlichen Hinweispflicht insbesondere gegenüber durch Rechtsanwälte vertretenen Parteien, wenn er der Vorschrift der Sache nach entnehmen will, dass ein Beteiligter Anspruch darauf hat, vom Gericht zu seinem Prozessziel geleitet zu werden. Durch § 86 Abs. 3 VwGO soll verhindert werden, dass die Durchsetzung von Rechten an der Unerfahrenheit, Unbeholfenheit oder mangelnden Rechtskenntnis eines Beteiligten scheitert. Hinweise sind vor allem dann geboten, wenn ein Beteiligter erkennbar von falschen Tatsachen ausgeht und es deshalb unterlässt, das für seine Rechtsverfolgung Notwendige vorzutragen. Die Hinweispflicht darf indes nicht mit Rechtsberatung verwechselt werden; das gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter anwaltlich vertreten wird. Das Gericht kann grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (BVerwG, B.v. 6.7.2001 - 4 B 50.01 <juris>). An diesem Maßstab gemessen bedurfte es keines richterlichen Hinweises darauf, dass das Verwaltungsgericht die Rücknahme nicht mit Blick auf die von der Klägerseite gerügten Fristenregelungen für rechtswidrig erachtet.

Auch für einen Verstoß gegen § 104 Abs. 1 VwGO ist nichts ersichtlich. Die Pflicht zur Erörterung der Streitsache läuft nicht auf die Verpflichtung des Gerichts hinaus, bereits in der mündlichen Verhandlung seine Rechtsauffassung bekannt zu geben; denn die der Schlussberatung vorbehaltene Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens ist einer Voraberörterung mit den Beteiligten entzogen (BVerwG, B.v. 6.7.2001 - 4 B 50.01 a.a.O.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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