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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 07.03.2008
Aktenzeichen: 5 B 06.3062
Rechtsgebiete: NÄG


Vorschriften:

NÄG § 3
Zu den Voraussetzungen für eine Änderung des Familiennamens eines Pflegekindes in den Familiennamen seiner Pflegeeltern.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

5 B 06.3062

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Änderung des Familiennamens;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 25. September 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Hüffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greve-Decker,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Februar 2008

am 7. März 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 25. September 2006 Az. Au 1 K 05.536 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 27. April 2001 geborene Kläger begehrt die Änderung seines Familiennamens in den Familiennamen seiner Pflegeeltern.

Der Kläger wurde während der Ehe seiner Mutter mit Herrn K*** geboren und erhielt als Geburtsnamen den Ehenamen "K***". Nach dem Eintrag im Geburtenbuch ist nicht Herr K*** der Vater des Klägers, sondern Herr W****, der am 10. Mai 2001 die Vaterschaft anerkannt hat. Die Ehe mit Herrn K***, aus der zwei 1995 geborene Kinder stammen, wurde im Oktober 2001 geschieden. Die Mutter des Klägers behielt nach der Scheidung zunächst ihren (Ehe-)Namen bei; seit einer erneuten Eheschließung im Jahr 2005 führt sie den Ehenamen "B********". Sie leidet an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung und befindet sich in ambulant-psychotherapeutischer, wiederholt auch in stationärer Behandlung. Sie ist für den Kläger alleine sorgeberechtigt, sieht sich aber aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage, für ihn zuverlässig und dauerhaft zu sorgen.

Der Kläger lebt seit August 2002 in einer Pflegefamilie, zunächst im Rahmen der Versorgung eines Kindes in Notsituationen, seit dem 1. Dezember 2002 im Rahmen der Vollzeitpflege. Bei Fortschreibung des Hilfeplanes am 5. Oktober 2004 äußerten seine Pflegeeltern, die beigeladenen Eheleute B***, gegenüber dem Jugendamt den Wunsch, dass der Kläger ihren Familiennamen erhalten solle. Damit könne ihm die Zugehörigkeit zu ihrer Familie, zu der auch drei eigene Kinder zählten, erleichtert und Fragen wegen der Namensverschiedenheit vermieden werden. Die Mutter des Klägers stimmte dem zu und erklärte, dass das Kind dauerhaft in der Pflegestelle bleiben solle, eine Adoption für sie aber kein Thema sei. Anschließend trafen die Mutter und die Pflegeeltern am 15. Oktober 2004 eine schriftliche Vereinbarung, wonach erstere versicherte, den Kläger nicht aus der Pflegefamilie herauszuholen und letztere versicherten, dem Kläger bei sich ein Zuhause zu geben, solange er dies brauche. Sie erklärten weiter, dass diese Vereinbarung nur aus triftigen und schwer wiegenden Gründen aufgehoben werden könne.

Die Mutter des Klägers beantragte daraufhin für diesen die Änderung des Familiennamens. Sie verwies zur Begründung insbesondere auf den Hilfeplan und trug vor, dass der Kläger auf Dauer seinen Lebensmittelpunkt in der Pflegefamilie gefunden habe. Bei ihren beiden weiteren Kindern, die sich ebenfalls in einer (anderen) Pflegefamilie befänden, wünsche sie hingegen zu einem späteren Zeitpunkt die Rückkehr, weshalb bei ihnen eine Namensänderung nicht in Frage komme. Sie litten allerdings unter der Namensverschiedenheit zu den Pflegeeltern und müssten diese immer wieder erklären oder rechtfertigen. Das wolle sie dem Kläger ersparen. Sie wolle demnächst ihren Verlobten heiraten und dann dessen Namen annehmen. Dann würde der Kläger mit seinem Namen alleine dastehen und wäre weder mit ihr noch mit seinem leiblichen Vater noch mit den Pflegeeltern namensmäßig verbunden. Zu seinen beiden Halbgeschwistern habe er keinen Kontakt. Diese hätten hingegen immer noch die Namensverbundenheit mit ihrem Vater. Das stelle für den Kläger eine große Belastung dar. Das Jugendamt befürwortete in seiner Stellungnahme vom 3. Januar 2005 die begehrte Namensänderung. Sie sei dem Wohl des Kindes förderlich. Den Kläger habe seinen dauerhaften Lebensmittelpunkt in der Pflegefamilie und es sei zu erwarten, dass dieser Umstand bis zum Erreichen der Volljährigkeit anhalte. Die Pflegeeltern seien für ihn die realen Eltern, ein tragfähiges Eltern-Kind, Verhältnis sei zweifellos entstanden. Die Pflegeeltern und deren leiblichen Kinder erklärten, dass sie mit der Namensänderung einverstanden sein.

Das Landratsamt Oberallgäu lehnte den Antrag auf Namensänderung mit Bescheid vom 9. Mai 2005 ab.

Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. September 2006 als unbegründet zurück. Ein die begehrte Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne von § 3 Abs. 1 NÄG liege nicht vor. Wie in den so genannten Stiefkinder- und Scheidungshalbwaisenfällen reiche es nicht aus, dass die Namensänderung dem Kindeswohl förderlich sei. Sie müsse vielmehr für das Kindeswohl erforderlich sei. An dieser Voraussetzung, die auch durch den Konsens zwischen der allein sorgeberechtigten Mutter und den Pflegeeltern nicht ersetzt werde, fehle es jedenfalls derzeit. Denn das Pflegeverhältnis könne rechtlich jederzeit beendet werden. Weder die Krankheit der Mutter noch die Vereinbarung mit den Pflegeeltern ließen den gesicherten Schluss zu, dass es auf Dauer bestehen werde.

Der Kläger wiederholt mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassenen Berufung sein bisheriges Vorbringen und hebt insbesondere hervor:

An der Betreuungssituation habe sich nichts geändert. Der Kläger befinde sich nach wie vor, also seit nunmehr fünf Jahren, in der Pflegefamilie der Beigeladenen. Seine Mutter sei zwar alleinige Inhaberin des Sorgerechts, beabsichtige aber weiterhin nicht, den Kläger zu sich zu nehmen. Der Kläger trage derzeit einen Familiennamen, der in seinem näheren und weiteren Umfeld nicht mehr vorhanden sei. Zu dem Namensgeber, dem ehemaligen Ehemann der Mutter, bestünden keinerlei rechtliche, tatsächliche oder emotionale Verbindungen. Der Kläger fühle sich in der Pflegefamilie integriert, nehme selbst deren Familiennamen an und lehne den von ihm geführten Namen vehement ab. Sämtliche betroffenen Personen hätten sich für eine Namensänderung ausgesprochen, die auch vom zuständigen Jugendamt befürwortet werde. Vor diesem Hintergrund überwiege das Interesse des Klägers an der begehrten Namensänderung eindeutig etwaige öffentliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens. Da der Verbleib in der Pflegefamilie auf Dauer angelegt sei, könne nicht entgegengehalten werden, der Kläger müsse erst erhebliche Probleme mit seinem jetzigen Familiennamen bekommen, bevor eine Namensänderung vorgenommen werden könne. Das Interesse an einer gemeinsamen Namensführung mit der Pflegefamilie sei umso größer, als diese mit den leiblichen Kindern der Pflegeeltern weitere minderjährige Kinder umfasse, so dass der Kläger das einzige Kind in der (Pflege-)Familie sei, das über einen anderen Familiennamen verfüge. Auf der anderen Seite sei die soziale Ordnungsfunktion des Namens eingeschränkt, weil der Kläger mit seinem Familiennamen keinen Bezug mehr zu einem leiblichen Elternteil oder anderen Personen in seinem sozialen Umfeld habe. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts reiche es für die Annahme eines die Namensänderung rechtfertigenden wichtigen Grundes aus, dass die Namensänderung dem Kindeswohl förderlich sei. Auch habe das Verwaltungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass sämtliche beteiligte Personen in die Namensänderung eingewilligt hätten, so dass grundsätzlich die Vermutung für eine Namensänderung spreche. Schließlich habe es zu hohe Anforderungen an die Dauerhaftigkeit des Pflegeverhältnisses gestellt. Mit Blick auf die Erklärungen der Beteiligten und die Erkrankung der Mutter sei hinreichend sicher, dass der Kläger dauerhaft in der Pflegefamilie verbleiben werde. Der Verbleib des Sorgerechts bei der Mutter habe seinen Grund nicht darin, den Kläger mittelfristig wieder zurückzuholen, sondern solle die letzten noch verbliebenen Einflussmöglichkeiten bewahren.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. September 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes Oberallgäu vom 9. Mai 2005 zu verpflichten, den Familiennamen des Klägers in den Namen "B***" zu ändern.

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Pflegeeltern haben erklärt, dass sie das Namensänderungsbegehren weiterhin nachdrücklich unterstützen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang des Landratsamtes Oberallgäu verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat - im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung - keinen Anspruch auf die beantragte Änderung seines Familiennamens in denjenigen seiner Pflegeeltern.

Als Rechtsgrundlage für die begehrte Namensänderung kommt nur § 3 Abs. 1 Namensänderungsgesetz (NÄG) in Betracht. Danach darf ein Familienname durch Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Die Anwendung des § 3 Abs. 1 NÄG wird nicht durch das zivilrechtliche Kindesnamensrecht ausgeschlossen. Letzteres regelt in den §§ 1616 bis 1618 und §§ 1757, 1765 BGB den Erwerb und die Änderung des Familiennamens eines Kindes in Abhängigkeit vom Namen bzw. Namenswechsel seiner Eltern oder eines Elternteils im Rahmen des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses, das durch die rechtliche Zuordnung des Kindes nach der Abstammung (§§ 1591 ff BGB) oder in Folge einer Adoption (§§ 1741 ff BGB) vorgegeben wird. Die hier in Streit stehende Namensintegration eines Pflegekindes in die Pflegefamilie im Rahmen einer "bloß" faktischen Elternschaft ist im zivilrechtlichen Namensrecht hingegen nicht vorgesehen, ohne dass sie damit aber von vornherein zwingend ausgeschlossen wäre. Mithin ist in Pflegekinderfällen der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 NÄG, dessen Zweck darin besteht, Unzuträglichkeiten des zivilrechtlichen Namensrechts im Einzelfall zu beseitigen, ohne weiteres eröffnet (so auch VG Aachen, U.v. 29.8.2006 - 6 K 1114.06 <juris RdNrn. 34-45>).

Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne von § 3 Abs. 1 NÄG liegt dann vor, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt (BVerwG, U.v. 20.2.2002 - 6 C 18.01 - BVerwGE 116, 28/34 f. m.w.N.). Das setzt im vorliegenden Fall, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, voraus, dass die Namensänderung für das Wohl des Kindes erforderlich ist. Es reicht, weil es an einer rechtlichen Verfestigung des Pflegschaftsverhältnisses fehlt, nicht aus, dass sie dem Kindeswohl lediglich förderlich ist.

Die Voraussetzung der "Erforderlichkeit" an Stelle einer bloßen "Förderlichkeit" kann allerdings nicht den rechtlichen Wertungen entnommen werden, die der Gesetzgeber in § 1618 BGB bei der so genannten Einbenennung von Stiefkindern zu Grunde gelegt hat. Nach dieser Vorschrift kann der allein sorgeberechtigte Elternteil nach Scheidung und Wiederheirat dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen neuen Ehenamen erteilen. Führt das Kind bisher den Namen des anderen - nicht sorgeberechtigten - Elternteils, so bedarf es dessen Einwilligung, die gemäß § 1618 Satz 4 BGB durch das Familiengericht nur ersetzt werden kann, wenn die Namenserteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Dieser materielle Maßstab der "Erforderlichkeit" beansprucht zwar auch in den zivilrechtlich nicht geregelten Fällen der so genannten Scheidungshalbwaisen Geltung, bei denen die Ehe der Eltern geschieden ist, der allein sorgeberechtigte und nicht erneut verheiratete Elternteil nach § 1355 Abs. 5 Satz 2 BGB wieder seinen Geburtsnamen angenommen hat und das Kind diesen Namen ohne Einwilligung des anderen, namensgebenden und nicht sorgeberechtigten Elternteils erhalten soll (BVerwG, U.v. 20.2.2002, a.a.O. S. 35 ff.); denn auch hier geht es um einen Kollisionsfall, in welchem nach einer Ehescheidung bei dem aus der Ehe hervorgegangenen Kind der Name des einen Elternteils zu Gunsten desjenigen des anderen Elternteils weichen soll. Mit diesen Fallgestaltungen ist die Situation eines Pflegekindes, das die "Einbenennung" in die Pflegefamilie begehrt, indes nicht zu vergleichen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat wegen dieser Unterschiede in seinem Urteil vom 24. April 1987 - 7 C 120.86 (NJW 1988, 85 ff) entschieden, dass der Familienname eines in Dauerpflege aufwachsenden und unter pflegeelterlicher Vormundschaft stehenden - nach damaligem Recht - nichtehelich geborenen Kindes in den Pflegeelternnamen bereits dann geändert werden kann, wenn dies dem Wohl des Kindes förderlich ist. Das entspricht Nr. 42 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV) vom 11. August 1980 (BAnz. Nr. 153a) i.d.F. der Änderungsvorschrift vom 18. April 1986 (BAnz. Nr. 78), wonach dem Antrag eines Pflegekindes auf Änderung seines Familiennamens in den Familiennamen der Pflegeeltern entsprochen werden kann, wenn die Namensänderung dem Wohl des Kindes förderlich ist, das Pflegeverhältnis auf Dauer besteht und eine Annahme als Kind nicht oder noch nicht in Frage kommt. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht hervorgehoben, dass der von der Rechtsordnung anerkannte (vgl. § 1632 Abs. 4 BGB) Daueraufenthalt bei den vormundschaftsbefugten Pflegeeltern dem Pflegekind die zu einer gedeihlichen Entwicklung nötige Geborgenheit einer Familie gebe, in der für die leibliche Mutter des Pflegekindes, praktisch wie bei einer Adoption, kein Platz mehr ist. Die Schwelle zur Namensänderung sei somit in Ermangelung schutzwürdiger mütterlicher Belange niedriger anzusetzen als in den Stiefkinderfällen. An diesen Erwägungen ist auch nach der Neuordnung des zivilrechtlichen Kindesnamensrechts durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) nach Auffassung des Senats festzuhalten.

Die Situation des Klägers unterscheidet sich allerdings in einem wesentlichen Punkt von der Fallgestaltung, die dieser Rechtsprechung zugrunde liegt. Denn der Kläger steht, anders als bei dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall, nicht unter der Vormundschaft der Pflegeeltern. Der Kläger wird von seinen Pflegeeltern "nur" im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) betreut. Seine (leibliche) Mutter ist - nach wie vor - alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge. Sie hat den Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe zugestimmt, hält, soweit dies ihre Krankheit zulässt, regelmäßig Kontakt zum Kläger, den Pflegeeltern wie dem Jugendamt und begleitet auf diese Weise im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Entwicklung des Klägers. Eingriffe in die elterliche Sorge, die der Anordnung durch das Familiengericht bedürften (§1630 Abs. 3, §§ 1666, 1666a BGB), sind nicht erfolgt. Mit der Vormundschaft, die nur vom Familiengericht durch eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung angeordnet werden könnte (§§ 1666, 1666a, 1773 ff. BGB) und eine auf Dauer gerichtete Erziehungs- und Vermögensfürsorge des Vormunds für das minderjährige Kind begründen würde, fehlt es an einer entscheidenden Voraussetzung, die eine Absenkung der Schwelle zur Namensänderung rechtfertigt. Zwar steht nach den Schilderungen der Beteiligten in der Berufungsverhandlung wie auch mit Blick auf die Fortschreibung des Hilfeplans vom 28. November 2007 außer Frage, dass zwischen den Pflegeeltern und dem Kläger ein intensives und seit mehr als fünf Jahren andauerndes tatsächliches Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Der Kläger ist in die Pflegefamilie integriert und hat dort ein Zuhause gefunden. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass das Pflegeverhältnis aus der Sicht der Betroffenen auf Dauer bestehen soll, wie die Vereinbarung zwischen der Mutter und den Pflegeeltern vom 15. Oktober 2004 belegt. Diese Umstände ändern indes nichts daran, dass es sich (nur) um ein tatsächliches Eltern-Kind-Verhältnis ohne rechtliche Verfestigung durch ein Äquivalent zum elterlichen Sorgerecht handelt. Zwar bietet auch eine Vormundschaft keine abschließende Gewissheit, aber doch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Pflegeverhältnis auf Dauer besteht. Ohne die durch sie bewirkte rechtliche Stabilität fehlt es an einem legitimen Grund, das Pflegeverhältnis zwischen dem Kläger und den Beigeladenen durch eine Namensgleichheit zu dokumentieren. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass die zivilrechtliche Namensordnung die begehrte Namensänderung erst als Folge einer Adoption vorsieht (vgl. § 1757 BGB). Das würde, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, unterlaufen, wenn in "normalen" Pflegekindfällen durch die öffentlich-rechtliche Namensänderung bereits unter der - regelmäßig wohl erfüllten - Voraussetzung der "Förderlichkeit" eine Einbenennung in die Pflegefamilie ausgesprochen würde.

Der Umstand, dass die allein sorgeberechtigte Mutter des Klägers mit der Namensänderung einverstanden ist, kann die fehlende rechtliche Verfestigung der Pflegeelternschaft nicht ersetzen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (AU S. 10 f.) wird Bezug genommen.

Die beantragte Namensänderung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Kläger nach dem zivilrechtlichen Kindesnamensrechts (vgl. §§ 1616, 1617b Abs. 2 BGB) seinen Geburtsnamen - mittelbar - vom Namen des früheren Ehemannes seiner Mutter herleitet, der nicht sein Vater ist, während seine Mutter nach ihrer erneuten Eheschließung inzwischen einen anderen Namen führt. Diese Umstände schwächen das Interesse an der Beibehaltung des Geburtsnamens, wenn der Kläger zur Herstellung der Namenseinheit mit einem Elterteil den jetzigen Namen seiner allein sorgeberechtigten Mutter oder den Namen seines nicht sorgeberechtigten Vaters annehmen wollte. Sie können aber nicht die Hindernisse für eine Einbenennung in die Pflegefamilie überwinden.

Ohne rechtliche Verfestigung des Pflegschaftsverhältnisses kann ein die begehrte Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne von § 3 Abs. 1 NÄG nur dann vorliegen, wenn sie für das Kindeswohl erforderlich ist. Dazu müsste die Namensänderung solche erheblichen Vorteile mit sich bringen oder ohne sie so schwerwiegende Nachteile zu gewärtigen sein, dass die Beibehaltung des Namens verständigerweise nicht zumutbar erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 20.1.2002 - 6 C 18.01 - BVerwGE 116, 28/41 f.). Das ist beim Kläger nicht der Fall. Eine Namensverschiedenheit zwischen Eltern und Kindern oder zwischen zusammen aufwachsenden Kindern ist nichts Ungewöhnliches und zumal für Kinder in Pflegefamilien die Regel, nicht die Ausnahme. Sie kann in einer dem jeweiligen Alter des Kindes angemessenen Weise erklärt werden. Nachfragen, etwa im Kindergarten oder in der Schule, wenn sie überhaupt in nennenswertem Umfang vorkommen sollten, lassen sich mit der dem Kind ohnehin bekannten Situation des Pflegeverhältnisses erklären, der nichts Ehrenrühriges anhaftet. Bloße Unannehmlichkeiten infolge der Namensverschiedenheit zu den Pflegeeltern und Pflegegeschwistern können die gedeihliche Entwicklung des Kindes nicht ernsthaft beeinflussen und vermögen daher die Erforderlichkeit einer Namensänderung nicht zu begründen. Für eine außergewöhnliche oder auch nur über überdurchschnittliche Belastung des Klägers ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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