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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.10.2006
Aktenzeichen: 5 S 06.2575
Rechtsgebiete: BDG, VwGO


Vorschriften:

BDG § 46 Abs. 1 Satz 3
BDG § 50 Abs. 1 Nr. 4
VwGO § 24 Abs. 1 Nr. 1
Ein Beamtenbeisitzer ist nicht von seinem Amt zu entbinden, wenn er nicht (mehr) derjenigen Laufbahngruppe angehört, für die er vorgeschlagen und gewählt worden ist.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

5 S 06.2575

In dem Antragsverfahren

wegen Entbindung vom Amt des ehrenamtlichen Richters (Beamtenbeisitzer) für Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte und Zivildienstleistende beim Bayerischen Verwaltungsgericht München;

hier: Entbindungsantrag des Präsidenten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. September 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Hüffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Kraft, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz

ohne mündliche Verhandlung am 12. Oktober 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

Der Antrag, Herrn H****** G********** vom Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden, wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Herr G********** wurde als Beamtenbeisitzer in Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte und Zivildienstleistende am Verwaltungsgericht München auf der Liste für den Verwaltungszweig Finanzverwaltung und die Laufbahngruppe des einfachen Dienstes vorgeschlagen und gewählt. Bereits vor der Wahl - aber nach Einreichung des Vorschlags - war er zum Zollsekretär ernannt worden und damit in die Laufbahngruppe des mittleren Dienstes gewechselt.

Der Präsident des Verwaltungsgerichts beantragt, Herrn G********** von dem Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden, weil das Beamtenverhältnis im einfachen Dienst, für das der Beamte gewählt worden sei, geendet habe.

II.

Dem Antrag auf Entbindung von dem Amt des Beamtenbeisitzers, über den der Verwaltungsgerichtshof entsprechend § 24 Abs. 3 VwGO zu entscheiden hat (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2003 - 5 S 03.156 - juris), kann nicht entsprochen werden.

1. Es liegt kein Entbindungsgrund im Sinne des § 50 Abs. 1 BDG vor, wenn der Beamtenbeisitzer nicht oder nicht mehr derjenigen Laufbahngruppe angehört, für die er vorgeschlagen und gewählt worden ist (vgl. Weiß in GKÖD, BDG M § 50 RdNrn. 13 und 32; Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl. 2003, RdNr. 6 a.E. zu § 50). Die allein in Betracht kommende Nummer 4 dieser Vorschrift setzt voraus, dass "das Beamtenverhältnis endet". Sie betrifft das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Bundesdienst (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BBG) als zwingende Voraussetzung für das Amt des Beamtenbeisitzers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BDG). Demnach führen nur die das Beamtenverhältnis beendenden Tatbestände des Bundesbeamtengesetzes zur Entbindung, namentlich die Entlassung, der Verlust der Beamtenrechte und der Eintritt in den Ruhestand vgl. (§ 6 Abs. 3 und 4 BBG). Ein solcher ist nicht erfüllt; der Aufstieg in eine höhere Laufbahngruppe lässt das Beamtenverhältnis unberührt.

Es besteht auch keine mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses vergleichbare Sachlage, in der der Beamte aus dem Hauptamt - wenn auch nicht statusrechtlich, so doch - tatsächlich auf Dauer ausscheidet und deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Senats in entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 1 Nr. 4 BDG von dem Amt des Beamtenbeisitzers zu entbinden ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2006 - 5 S 06.1857 und B.v. 24.9.2003 - 5 S 03.2520, juris, zum Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell).

Dieses Verständnis des § 50 Abs. 1 Nr. 4 BDG wird durch einen Vergleich mit den Regelungen der Wehrdisziplinarordnung über das Erlöschen des Amtes als ehrenamtlicher Richter bei den Wehrdienstgerichten bestätigt. Denn dort ist das Erlöschen des Richteramtes nicht nur - insoweit inhaltsgleich mit § 50 Abs. 1 Nr. 4 BDG - bei dem Ende des Wehrdienstverhältnis oder der Wehrpflicht vorgesehen (§ 79 Abs. 2 Nr. 5 WDO), sondern ausdrücklich auch für den Fall angeordnet, dass der ehrenamtliche Richter den Dienstgrad einer anderen Dienstgradgruppe erhält (§ 79 Abs. 2 Nr. 4 WDO). Im Bereich des allgemeinen Disziplinarrechts hat der Bundesgesetzgeber demgegenüber durch sein "beredtes Schweigen" bei einem Wechsel der Laufbahngruppe dem Grundsatz der Kontinuität bei der Besetzung der Richterbank den Vorrang eingeräumt.

2. Eine Entbindung vom Amt des Beamtenbeisitzers lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 24 Abs. 1 Nr. 1 VwGO rechtfertigen, wonach ein ehrenamtlicher Richter zu entbinden ist, wenn er nach den §§ 20 bis 22 VwGO nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann. Allerdings hat der Senat für den Anwendungsbereich der bis 31. Dezember 2005 geltenden Bayerische Disziplinarordnung in ständiger Spruchpraxis Entbindungen ausgesprochen, wenn der Beamtenbeisitzer nicht oder nicht mehr der Laufbahngruppe angehörte, für die er vorgeschlagen und gewählt worden war (zuletzt B.v. 3.11.2005 - 5 S 05.2833). An dieser Rechtsprechung kann indes für das Bundesdisziplinargesetz (und das diesem nachgebildete Bayerische Disziplinargesetz in der seit 1.1.2006 geltenden Fassung) nicht festgehalten werden.

Auf Beamtenbeisitzer wird § 24 VwGO nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 47 Abs. 2 BDG nicht angewandt. Die Entbindungsgründe sind grundsätzlich abschließend in § 50 BDG geregelt. Eine Ausnahme erfährt dieser Grundsatz entgegen dem insoweit "überschießenden" Wortlaut des § 47 Abs. 2 BDG nur dann, wenn von Anfang an eine zwingende Berufungsvoraussetzung gefehlt hat. So ist der Beamtenbeisitzer von seinem Amt zu entbinden, wenn er bei der Wahl - entgegen § 47 Abs. 1 Satz 1 BDG - keinen dienstlichen Wohnsitz im Gerichtsbezirk hatte (BayVGH, B.v. 21.9.2006 - 5 S 06.2587) oder wenn die - nach § 46 Abs. 4 Satz 1, § 47 Abs. 3 BDG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 AGBDG für einen der beiden zur Mitwirkung berufenen Beamtenbeisitzer zwingend erforderliche - Befähigung zum Richteramt fehlt (BayVGH, B.v. 20.2.2004 - 5 S 04.436 - juris). Bei der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Laufbahngruppe handelt es sich indes nicht um eine zwingende Berufungsvoraussetzung. § 46 Abs. 1 Satz 3 BDG regelt lediglich, dass einer der Beamtenbeisitzer dem Verwaltungszweig und der Laufbahngruppe des Beamten angehören "soll", gegen den sich das Disziplinarverfahren richtet. Diese Maßgabe betrifft mit verminderter Verbindlichkeit (soll, nicht muss) die Besetzung der Richterbank im konkreten Verfahren; sie hat aber keinen Einfluss darauf, ob ein Beamter als solcher Beamtenbeisitzer werden oder bleiben kann (Weiß in GKÖD, BDG M § 46 RdNrn. 52 ff.).

Dem Verbleiben im Amt des Beamtenbeisitzers steht auch nicht entgegen, dass der Beamtenbeisitzer für eine andere Laufbahngruppe vorgeschlagen und vom Wahlausschuss gewählt worden ist, als der er im Zeitpunkt der Wahl angehört hat, und dass er infolgedessen in der Heranziehungsliste von Anfang an fehlerhaft zugeordnet ist. Dieser Verstoß gegen § 47 Abs. 3 BDG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 AGBDG ist nicht von besonderem Gewicht und hat deshalb auf die Wahl keinen Einfluss (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 8 zu § 29 zu den Rechtsfolgen von Wahlfehlern). Weder führt er zur Unwirksamkeit der Wahl, noch erfordert er eine Berichtigung der Heranziehungsliste. Der Beamtenbeisitzer bleibt bis zum Ablauf der Wahlperiode nicht nur im Amt, sondern in der Heranziehungsliste auch derjenigen Laufbahngruppe zugeordnet, für die er vorgeschlagen und gewählt worden ist (vgl. Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl. 2003, RdNr. 6 a.E. zu § 50).

Ende der Entscheidung

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