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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 07.12.2005
Aktenzeichen: 6 B 00.860
Rechtsgebiete: BauGB, BayStrWG


Vorschriften:

BauGB § 128 Abs. 1
BayStrWG Art. 23 Abs. 1 Nr. 2
BayStrWG Art. 26
BayStrWG Art. 31 Abs. 1
BayStrWG Art. 32 Abs. 1
BayStrWG Art. 53 Nr. 1
1. Ist ein Baugebiet für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr ausschließlich über einen Knotenpunkt mit einer Kreisstraße zu erreichen, sind erschließungsbeitragsfähige, durch die neu hinzukommende Straße verursachte Kosten einer Veränderung der Kreisstraße auf alle Beitragspflichtigen des Baugebiets, nicht nur auf die Anlieger der neu hinzukommenden Straße zu verteilen.

2. Ein öffentlicher Feld- und Waldweg verschafft erschließungsbeitragsrechtlich keine anderweitige Anfahrmöglichkeit für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

6 B 00.860

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erschliessungsbeitrags (***********);

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Januar 2000,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Haas, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. November 2005

am 7. Dezember 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. Januar 2000 wird abgeändert. Der Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 22. Oktober 1997 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 19. Januar 1999 und des Widerspruchsbescheids vom 6. September 1999 wird aufgehoben, soweit ein Beitrag von mehr als 53.639,14 DM (= 27.425,26 €) festgesetzt worden ist.

II. Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug trägt die Klägerin 18/25, der Beklagte 7/25. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 14/25, der Beklagte 11/25. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte erhebt Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung des N******wegs im Baugebiet "*** *** *****".

Das Baugebiet liegt nördlich der Kreisstraße ** * und wird vom Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 8 erfasst, der am 5. Juli 1991 in Kraft gesetzt worden ist. Der N******weg, der damals im wesentlichen den westlichen Abschluss des Baugebiets bildete und sich nach Norden als öffentlicher Feld- und Waldweg fortsetzt, ist am Südrand des Baugebiets mit einer neu zu errichtenden Einmündung in die Kreisstraße festgesetzt. Im Planaufstellungsverfahren gab die Tiefbauverwaltung des Landkreises hierzu folgende Äußerung ab: "Wegen der enormen Größe des Baugebietes wird die Anlage einer Linksabbiegespur auf der Kreisstraße von und auf Kosten der Marktgemeinde gefordert. In diesem Zusammenhang ist auch eine Linksabbiegespur für das südlich der Kreisstraße vorhandene Baugebiet mit anzulegen". Der Gemeinderat beschloss, eine Linksabbiegespur zu errichten, änderte jedoch den Bebauungsplan insoweit nicht.

Das südlich der Kreisstraße gelegene Baugebiet ist im Bebauungsplan Nr. 6 "W*******feld" festgesetzt. Die Erschließung des Baugebiets sollte auf Forderung der Tiefbauverwaltung des Landkreises von Südwesten her erfolgen. Planabweichend errichtete der Beklagte jedoch eine direkte Einmündung in die Kreisstraße.

Im Zuge der Herstellung der Erschließungsstraßen im Baugebiet Nr. 8 wurde die zuvor etwa 6,50 m breite Fahrbahn der Kreisstraße um ca. 3,25 m nach Norden aufgeweitet. Auf dem ehemaligen nördlichen Fahrstreifen wurden Linksabbiegespuren in die Baugebiete nördlich und südlich der Kreisstraße markiert.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 zog der Beklagte den Rechtsvorgänger der Klägerin für sein westlich des N******wegs gelegenes Grundstück Fl.Nr. 267/1 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 58.240,55 DM heran. Im Rahmen des Verfahrens über den hiergegen eingelegten Widerspruch modifizierte der Beklagte die Abrechnung in einigen Punkten. Die Kosten der Aufweitung der Kreisstraße für die Abbiegespuren in Höhe von insgesamt 195.011,29 DM stellte er anteilig mit 52.087,52 DM in die Rechnung ein; den restlichen Betrag legte er auf die Anlieger der Erschließungsanlage "*** *** *****" um.

Dementsprechend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 1999 den auf das Grundstück Fl.Nr. 267/1 entfallenden Beitrag auf 56.732,43 DM herab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6.9.1999).

Mit der am 8. Oktober 1999 erhobenen Klage beantragte die Klagepartei zuletzt, die Beitragsbescheide insoweit aufzuheben, als ein Betrag von 45.700 DM überschritten wird. Die Teilanfechtung beruhte darauf, dass die Kosten der Abbiegespuren teilweise herausgenommen und volle Eckermäßigung gewährt werden sollten.

Mit Urteil vom 11. Januar 2000 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Es führte aus: Zu den umlagefähigen Kosten gehörten auch die Kosten für die Abbiegespuren auf der Kreisstraße. Es handle sich um einmündungsbedingte Aufwendungen, soweit die Abbiegespur für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der Straße, von der die hergestellte Erschließungsanlage abzweige, erforderlich sei und diese Kosten von der Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast der hinzukommenden Straße zu tragen seien. Entsprechend der Stellungnahme des Tiefbauamts des Landkreises sei die Abbiegespur für das Neubaugebiet zwingend erforderlich gewesen. Dies gelte auch für die Abbiegespur ins W*******feld. Denn dieses Baugebiet sei bereits vor der Errichtung der Abbiegespur vollständig erschlossen gewesen. Die Erschließungsmaßnahmen seien abgerechnet worden. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Baugebiets habe eine Abbiegespur nicht errichtet werden müssen. Damit sei fiktiv davon auszugehen, dass die südlich der Kreisstraße gelegene Bebauung nicht bestehe. Mit dem Bau der Abbiegespur für das Neubaugebiet sei eine Aufweitung des östlichen Teils der Kreisstraße notwendig geworden. Die sich ergebende Restfläche werde in der Regel als Sperrfläche markiert, die dann der (einzigen) Abbiegespur zuzuordnen sei. Werde, wie es hier geschehen sei, sinnvollerweise diese Sperrfläche als zusätzliche Abbiegespur genutzt, träten keine zusätzlichen Kosten auf. Dass die Abbiegespuren zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht im Jahr 1998 nicht in einem Bebauungsplan festgesetzt gewesen seien, ziehe keine rechtlichen Folgen nach sich. § 125 BauGB gelte nur für die abzurechnende Erschließungsanlage selbst. Die Abbiegespuren seien jedoch nicht Teil der abgerechneten Anlage.

Zur Begründung ihrer mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 11. September 2001 zugelassenen Berufung machte die Klagepartei geltend: Die neu errichteten Abbiegespuren dienten den beiden Baugebieten. Die ursprüngliche T-Einmündung sei durch die Änderung des Bebauungsplans W*******feld in eine Kreuzung umgewandelt worden, wobei in tatsächlicher Hinsicht das Baugebiet W*******feld von Anfang an über diese Kreuzung erschlossen gewesen sei. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dieses Baugebiet müsse weggedacht werden, sei rechtlich unzutreffend.

Die Klägerseite beantragt,

den Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 22. Oktober 1999 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 19. Januar 1999 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts vom 6. September 1999 aufzuheben, soweit sie einen Beitrag von 49.650 DM überschreiten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt seine Abrechnung und das angefochtene Urteil. Die Einfahrtsituation zum Baugebiet Nr. 6 sei durch die später geschaffene Abbiegespur zwar verbessert worden. Dies stelle sich aber lediglich als "Abfallprodukt" der Aufweitung der Fahrbahn dar, die für das Baugebiet Nr. 8 unabdingbar gewesen sei.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2002 erstellte der Beklagte zwei Vergleichsberechnungen, in denen jeweils nur die Hälfte des Aufwands für die Abbiegespuren verteilt wird. Bei einer Umlage des hälftigen Aufwands nur auf die am N******weg gelegenen Grundstücke errechne sich danach für das klägerische Grundstück ein Beitrag in Höhe von 68.826,27 DM. Bei Umlage auf das gesamte Baugebiet ergebe sich ein Beitrag in Höhe von 53.639,14 DM.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie hat jedoch in der Sache nur zum Teil Erfolg. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat sich der Prozessstoff verringert. Einerseits hat die Klagepartei ihr Begehren der Höhe nach auf den Betrag beschränkt, der sich errechnet, wenn die Kosten der östlichen, zum südlich der Kreisstraße gelegenen Baugebiet führenden Abbiegespur aus dem umzulegenden Aufwand herausgerechnet werden. Andererseits hat der Beklagte in seinen nachgereichten Vergleichsberechnungen die Aufwandsverteilung in allen nicht die Abbiegespuren betreffenden Streitpunkten korrigiert, ohne insoweit auf Widerstand der Klägerseite zu stoßen. Damit geht es als umstrittenen Rechnungsposten allein noch um den durch die Einmündung in die Kreisstraße verursachten Kostenanteil. Im Hinblick auf diese Vorgabe kann die Berufung nur für den Fall (teilweise) Erfolg haben, dass die Kosten der Abbiegespuren ohnehin nicht in den nach Erschließungsbeitragsrecht umlegbaren Aufwand eingehen oder ausschließlich die Kosten der zum neuen Baugebiet Nr. 8 führenden Abbiegespur einzurechnen sind, dann aber der durch diese Abbiegespur verursachte Aufwandsanteil nicht allein auf die Anlieger der einmündenden Straße, sondern auf das gesamte neu erschlossene Baugebiet umzulegen ist. Da die erste Voraussetzung zu verneinen ist, die beiden anderen zu bejahen sind, führt das Rechtsmittel zu dem im Tenor bezeichneten Teilerfolg.

1. Der beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine öffentliche Anbaustraße (§ 128 Abs. 1 BauGB) kann auch solche Kosten umfassen, die entstanden sind, weil die Gemeinde den Anschluss der Anbaustraße an das allgemeine Straßennetz in Form einer Einmündung in eine klassifizierte Straße geplant und errichtet und der Träger der Straßenbaulast der klassifizierten Straße berechtigterweise verlangt hat, dass auf seiner Verkehrsanlage Abbiegespuren geschaffen werden. Die Kostenlast trifft die Gemeinde aufgrund gesetzlicher Vorschriften; auch eine vertraglich vereinbarte Kostenerstattung an den anderen Straßenbaulastträger ist also keine freiwillige Leistung, die nicht Eingang in den beitragsfähigen Aufwand finden dürfte. Beim Bau einer neuen Einmündung in eine Kreisstraße wie im vorliegenden Fall hat nach Art. 31 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 32 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BayStrWG der Träger der Straßenbaulast für die neu hinzukommende Straße die Kosten der Einmündung zu tragen, zu denen auch die Kosten für Änderungen der Kreisstraße gehören, die unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung notwendig sind. Eine solche Konstellation ist hier gegeben. Die Tiefbauverwaltung des Landkreises hat im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 8, in dem die Einmündung geplant war, unzweideutig gefordert, dass wegen der Größe des neuen Baugebiets eine Linksabbiegespur auf der Kreisstraße zu errichten sei. Anhaltspunkte dafür, dass das Verlangen nicht von Überlegungen zur Verkehrssicherheit und Straßenbaugestaltung getragen gewesen wäre, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Bei insgesamt mehr als 50 vorgesehenen Bauparzellen ist der Hinweis auf die zu erwartende Menge einmündenden und ausfahrenden Verkehrs ohne weiteres plausibel. Dass es um Aufwendungen für Baumaßnahmen außerhalb der Fläche der neuen Anbaustraße(n) geht, schließt die Umlagefähigkeit nicht aus. Der Straßenraum ist kein geeignetes Kriterium, generell die zum Erreichen der Funktionsfähigkeit einer neuen Erschließungsanlage erforderlichen Kosten von anderweitigen Kosten abzugrenzen (vgl. BVerwG vom 23.2.1990 BVerwGE 85, 1/3 f. zu einer Abbiegespur; vom 29.7.1977 BVerwGE 54, 225/231 zur Straßenentwässerung; vom 7.7.1989 BVerwGE 82, 215/219 f. zu einer Stützmauer).

Dass die durch den Bau von Abbiegespuren an klassifizierten Straßen entstandenen Kosten in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand eingehen können, gilt allerdings nicht für jede Fallgestaltung. In seinem Urteil vom 6. Dezember 2004 Az. 6 B 00.749 u.a. hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn ein Baugebiet nicht nur über den im Zusammenhang mit seiner Erschließung neu errichteten Knotenpunkt an einer klassifizierten Straße, sondern auch von anderer Seite über Gemeindestraßen angefahren werden kann, die von der Gemeinde zu übernehmenden Kosten für die Errichtung des Knotenpunkts nicht zu dem im Sinne von § 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB notwendigen Aufwand "für" die Herstellung der einmündenden oder weiterer Straßen dieses Baugebiets gehören. Er hat dies mit der Überlegung begründet, dass nur bei einer "Insellage" des Neubaugebiets einerseits der Zusammenhang zwischen dem hierdurch ausgelösten Verkehr und dem Erfordernis von Änderungen der höherklassigen Straße belegbar und andererseits der Kreis der Eigentümer abgrenzbar ist, denen ein durch den Beitrag auszugleichender Sondervorteil zuwächst, weil bei deren Grundstück die Anbindung an die klassifizierte Straße "Voraussetzung für die verkehrsmäßige Erschließung" (BVerwG vom 23.2.1990 a.a.O. S. 5) ist. Daran ist festzuhalten. Eine mehrfache Verbindung in diesem Sinn mit dem örtlichen Verkehrsnetz liegt hier jedoch nicht vor. Zwar ist das Baugebiet "** *** *****" nicht ausschließlich über die westliche Abbiegespur auf der Kreisstraße zu erreichen. Die rückwärtige Anfahrmöglichkeit über einen öffentlichen Feld- und Waldweg hebt die isolierte Lage aber nicht auf. Hierzu bedürfte es einer Straße, die ebenso wie die Anbaustraßen des Baugebiets selbst bestimmt und geeignet ist, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr einschließlich Rettungs- und Versorgungsfahrzeugen aufzunehmen, den Erschließungsverkehr also hinzuführen und abzuleiten. Das trifft bei einem öffentlichen Feld- und Waldweg nicht zu, weil er lediglich dafür bestimmt ist, der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken zu dienen (Art. 53 Nr. 1 BayStrWG; vgl. auch BayVGH vom 6.2.1996 Az. 6 B 95.5 AU S. 8).

Die Beitragsfähigkeit der Kosten für den Bau einer Abbiegespur scheitert im vorliegenden Fall schließlich nicht daran, dass der in Natur errichtete Knotenpunkt der städtebaulichen Planung des Beklagten nicht entspricht. Im Bebauungsplan Nr. 8 hat der Beklagte im wesentlichen den nördlichen Straßenrand der damals bestehenden Kreisstraße als Geltungsbereichsgrenze bestimmt; lediglich ein äußerst schmaler Streifen der Straßenfläche im unmittelbaren Einmündungsbereich des N******wegs ist in das Plangebiet einbezogen. Da man bei Errichtung der Abbiegespuren in der Weise vorging, den Straßenraum um 3,25 m nach Norden aufzuweiten, auf dieser Fläche die nach Westen durchgehende Fahrspur anzulegen, auf der ehemaligen nördlichen Richtungsfahrbahn die Abbiegespuren zu markieren und den seitlichen Grünstreifen nach außen zu verlagern, reicht die Kreisstraße heute ca. 3,25 m in den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 8 hinein. Abgesehen davon, dass dort keine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt ist, werden weitere Festsetzungen betroffen: Die Kreisstraße schneidet eine öffentliche Grünfläche an, verringert die Tiefe des Sichtdreiecks an der Einmündung und verkleinert die Anbauverbotszone nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG, die in den Bebauungsplan durch Vermaßung des Abstands zwischen südlichster Baugrenze und Straßenrand Eingang gefunden hat. Die erste Änderung des Bebauungsplans Nr. 6, die die Einmündung des W*******wegs von Süden legalisierte, hob die mangelnde Übereinstimmung von Kreisstraße und Bebauungsplan Nr. 8 nur teilweise auf, weil ihr Geltungsbereich sich auf das festgesetzte Sichtdreieck beschränkt und auch im Bereich der östlichen Abbiegespur hinter dem Straßenrand zurückbleibt. Welche Rechtsfolgen für die Umlagefähigkeit von Kosten es nach sich ziehen würde, wäre die Kreisstraße in ihrer geänderten Gestalt als rechtswidrig zu beurteilen (vgl. hierzu BVerwG vom 26.8.1993 BVerwGE 94, 100 = NVwZ 1994, 275), bedarf trotz der allgemeinen Bindung an Bebauungspläne als Rechtssätze keiner Vertiefung. Nicht jeder fehlende Einklang von Vorhaben und planerischer Festsetzung führt zur Rechtswidrigkeit des ersteren und begründet einen "Makel" (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 7 RdNr. 47 zu Erschließungsanlagen), der einer Abrechenbarkeit entgegenstehen kann. Nur eine "wahrhaft" festsetzungswidrige Nutzung (vgl. BVerwG vom 2.3.1973 BVerwGE 42, 30/35) schließt der Bebauungsplan aus. Solche Abweichungen liegen hier nicht vor. Sollte der öffentlichen Grünfläche ursprünglich eine selbständige Funktion zugedacht gewesen sein, hat sie diese durch die tatsächliche Entwicklung verloren. Die frühere Trasse des N******wegs blieb als Verkehrsfläche für Fußgänger und Radfahrer erhalten, zum Teil dient sie als Verbindungsstück zum Wegegrundstück Fl.Nr. 267/3. Der Kern der Grünfläche wurde für die Rampe der im Zusammenhang mit der Kreisstraßenerweiterung errichteten Fußgängerunterführung verwendet. Damit verblieben Grünstreifen als Verkehrsflächenzubehör, bei denen es auf die genaue Abgrenzung gegeneinander nicht ankommt. Das Sichtdreieck und die Anbauverbotszone sind aus sich heraus insofern "unscharfe" Festsetzungen, als sie von anderen, veränderlichen Faktoren wie etwa der zulässigen Geschwindigkeit auf den beteiligten Straßen abhängen (vgl. auch die Ausnahmemöglichkeiten des Art. 23 Abs. 2 Satz 1 und die Voraussetzungen des Art. 26 BayStrWG). Da sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten sollen und auf Forderungen des Trägers der Straßenbaulast für die Kreisstraße zurückgehen, die planabweichende Straßenherstellung aber auf einer Vereinbarung mit diesem Straßenbaulastträger beruht, kann nicht angenommen werden, der Zweck der Festsetzung werde unterlaufen.

2. In den umlegbaren Aufwand sind jedoch ausschließlich die Kosten der in das Baugebiet Nr. 8 führenden, westlichen Abbiegespur einzurechnen.

Dass die östliche Abbiegespur nicht Voraussetzung für die verkehrsmäßige Erschließung dieses (damals) neuen Baugebiets ist, liegt auf der Hand, weil der sie benutzende Verkehrsteilnehmer in ein anderes Baugebiet fahren muss. Der Beklagte hat sein Vorgehen, die auf sie entfallenden Herstellungskosten dennoch in die umstrittene Abrechnung einzubeziehen, mit dem Argument begründet, diese zweite Abbiegespur sei ein "Abfallprodukt" der westlichen, weil die Kreisstraße im selben Umfang hätte aufgeweitet werden müssen, wenn nur letztere errichtet worden wäre; in diesem Fall hätte eine Sperrfläche im Umfang der Abbiegespur markiert werden müssen. Es kann dahinstehen, ob bei der Abrechnung des Erschließungsaufwands derart auf ein in dieser Form gar nicht verwirklichtes Projekt abgestellt werden darf. Nach den Verfahrensakten zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 8 stand dem Beklagten die Alternative nur einer Abbiegespur und damit verbundener Sperrfläche nämlich nicht offen. Wäre es nicht erforderlich gewesen, auch die östliche Abbiegespur herzustellen, hätte es nahe gelegen, dass der Baulastträger der Kreisstraße eine Anregung oder Empfehlung ("sollte") ausspricht, die Gelegenheit der ohnehin notwendigen Straßenaufweitung für eine verkehrstechnisch vorteilhaftere Lösung auszunutzen. Das ist jedoch nicht geschehen. Die Tiefbauverwaltung des Landkreises hat vielmehr strikt gefordert, dass im Zusammenhang mit der westlichen Abbiegespur auch eine Linksabbiegespur "für das südlich der Kreisstraße vorhandene Baugebiet" anzulegen "ist". Diese Äußerung aufzuweichen, verbietet sich. Denn der Begutachtung lag nicht - gewissermaßen isoliert - die im Bebauungsplanentwurf Nr. 8 dargestellte weitere Einmündung von Norden zugrunde. In diesem Fall hätte es keinen Anlass gegeben, auf den Anschluss des südlich der Kreisstraße gelegenen Baugebiets einzugehen. Da der Beklagte die im Bebauungsplan Nr. 6 nicht festgesetzte, von der Genehmigungsbehörde durch Nebenbestimmung zur Plangenehmigung untersagte Einmündung des W*******wegs von Süden rechtswidrig errichtet hatte, musste die fachtechnische Stellungnahme der Tiefbauverwaltung die Weiterentwicklung einer illegalen Einmündung um eine Kreuzung in den Blick nehmen. Bedenkt man diese Vorgabe, ist das Verlangen nach zwei Abbiegespuren ohne weiteres einsichtig, zumal nicht mehr die Verkehrsverhältnisse bei Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 6 den Maßstab bilden konnten, auf die sich der Landkreis in einer nachgeschobenen Äußerung gestützt hat. Dass für die dem W*******weg zuzuordnende Abbiegespur möglicherweise keine Erschließungsbeiträge erhoben werden können, ist rechtlich ohne Belang. Die straßenrechtliche Pflicht der Gemeinde, Kosten einer notwendigen Veränderung der Kreisstraße zu übernehmen, besteht unabhängig davon, ob der Aufwand (teilweise) auf Anlieger abgewälzt werden kann.

3. Der durch die westliche Abbiegespur verursachte Kostenanteil ist nicht nur auf die Anlieger des in die Kreisstraße einmündenden N******wegs, sondern auf die Eigentümer aller Baugrundstücke im Baugebiet Nr. 8 zu verteilen.

Dass es sich im vorliegenden Fall um ein isoliertes Baugebiet handelt, das in der Weise, wie eine städtebaulich geordnete Erschließung es erfordert, ausschließlich über den Knotenpunkt mit der Kreisstraße angefahren werden kann, wurde oben bereits dargestellt. Diese Bewertung zieht nach sich, dass allein der durch das gesamte Neubaugebiet ausgelöste Verkehr die Erforderlichkeit einer Abbiegespur begründet - die Tiefbauverwaltung des Landkreises hat ausdrücklich auf die Größe des Baugebiets abgehoben -, also abweichend von der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 1990 (a.a.O.) zugrundeliegenden Situation ein Anhaltspunkt dafür fehlt, die Anlieger der einmündenden Straße würden die zusätzlichen Kosten verursachen. Sie hat ferner zur Folge, dass für alle Grundstücke an Anbaustraßen des Baugebiets die Abbiegespur Voraussetzung für die verkehrsmäßige Erschließung ist, weil eine anderweitige ausreichende Verbindung mit dem allgemeinen Straßennetz fehlt, sämtlichen Eigentümern also der Sondervorteil der Bebaubarkeitsvoraussetzungen ihrer Grundstücke zuwächst, der durch den Erschließungsbeitrag ausgeglichen werden soll. Dieser Situation ist durch Aufteilung der Kosten Rechnung zu tragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.621,19 € (= 7.082,43 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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