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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.03.2006
Aktenzeichen: 6 B 02.1975
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 133 Abs. 3 Satz 1
BauGB § 133 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

6 B 02.1975

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erschließungsbeitrags (Rückerstattung);

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Juni 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Rickelmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Kraft

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. März 2006

am 23. März 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die Klägerin von der Beklagten die Erstattung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage ******** in R****** verlangen kann.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 6. Oktober 1992 verkaufte die Klägerin das Grundstück Fl.Nr. 2201/2 der Gemarkung Seeon an die Firma Dipl. Ing. *. ***** ******* GmbH (im folgenden: Fa. *****). In Ziffer V.2) a) war unter anderem vereinbart worden, dass die Kosten für die vollständige erstmalige Straßenerschließung vom Veräußerer übernommen werden. Der Erwerber erteilte dem Veräußerer Vollmacht, in seinem Namen Rechtsmittel gegen Erschließungskostenbescheide einzulegen. Die Fa. ***** wurde am 22. März 1994 als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. Dezember 1992 zog die Beklagte die Fa. ***** zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 97.226,57 DM heran, die diese am 30. August 1993 bezahlte.

Mit insgesamt 26 Bescheiden vom 30. November 1995 setzte die Beklagte gegenüber der Fa. ***** als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. 2201/2, das in einzelne Wohnungseigentumsanteile aufgeteilt worden war, Erschließungsbeiträge in Höhe von insgesamt 63.368,24 DM fest. Die Differenz zur festgesetzten Vorausleistung in Höhe von 33.858,33 DM wurde mit Herstellungsbeiträgen für die Wasserversorgung und Kanalisation verrechnet.

Die Bevollmächtigten der Klägerin erhoben in deren Namen, diese wiederum handelnd für die Fa. *****, Widerspruch gegen die Erschließungsbeitragsbescheide.

Ab 19. März 1996 gingen die Miteigentumsanteile von der Fa. ***** auf verschiedene andere Wohnungseigentümer über.

Am 12. März 1997 schlossen die Fa. ***** und die Klägerin vor dem Oberlandesgericht ******* einen Vergleich, wonach sich die Klägerin verpflichtete, an die Fa. ***** 54.853,55 DM zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung eventueller Rückerstattungsansprüche der Fa. *****, falls und soweit sich im Rahmen der Anfechtung der streitgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheide eine Ermäßigung unter einen Gesamtbetrag von 54.853,55 DM ergibt.

Die Bevollmächtigten der Fa. ***** setzten die Beklagte vom Inhalt des Vergleichs in Kenntnis. Für eine Abtretung eventueller Rückerstattungsansprüche gelte als Formvorschrift § 46 Abs. 3 AO, wonach zur Wirksamkeit der Abtretung die Anzeige auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck notwendig sei. Da bei der Beklagten ein solcher Vordruck wohl keine Verwendung finde, genüge ihre Bestätigung gemäß der beigefügten Anlage.

Diese hatte folgenden Wortlaut:

" Bestätigung

...

... die Fa. *****... hat uns angezeigt, dass sie gemäß dem Vergleich vom 12.3.1997... etwaige Rückerstattungsansprüche, die sich daraus ergeben, dass die Erschließungsbeitragsbescheide im Widerspruchsverfahren auf unter DM 54.853,55 festgesetzt werden, abgetreten hat. Wir bestätigen, dass wir diese Abtretung beachten werden und Zahlungen an die Fa. TS-******* erfolgen".

Unter dem 22. Mai 1997 sandte die Beklagte die oben genannte Bestätigung unterschrieben an die Bevollmächtigten der Fa. ***** zur Vorlage bei der Klägerin.

Mit Änderungsbescheiden vom 22. September 1997 setzte die Beklagte gegenüber der Fa. ***** Erschließungsbeiträge in Höhe von insgesamt 59.090,43 DM fest. Die Differenz zu den Ausgangsbescheiden vom 30. November 1995 in Höhe von 4.277,81 DM erstattete sie an die Fa. *****.

Das Landratsamt ********** stellte mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2000 fest, dass sich der Widerspruch in Höhe eines Teilbetrages von 4.277,81 DM erledigt habe und wies ihn im Übrigen zurück. Zwar sei die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, weil die Beklagte das zum Straßenbau mit verwendete Grundstück Fl.Nr. 2231/2 noch nicht erworben habe. Die angefochtenen Bescheide könnten jedoch als Vorausleistungsbescheide aufrechterhalten werden.

Mit Änderungsbescheid vom 15. Februar 2001 erklärte die Beklagte die Erschließungsbeitragsbescheide vom 30. November 1995 in der Fassung der Änderung vom 22. September 1997 rückwirkend zum 30. November 1995 zu Vorausleistungsbescheiden.

Das Verwaltungsgericht ******* hob mit Urteil vom 10. April 2001 die oben genannten Bescheide der Beklagten und den Widerspruchsbescheid auf. Die Umdeutung von endgültigen Erschließungsbeitragsbescheiden in Vorausleistungsbescheide sei nicht zulässig, ebenso wenig der Erlass von Vorausleistungsbescheiden mit Rückwirkung. Der Änderungsbescheid vom 15. Februar 2001 stelle auch keinen eigenständigen Vorausleistungsbescheid dar, da ihm wesentliche Elemente eines Beitragsbescheides wie Festsetzung eines bestimmten Betrages und Leistungsgebot fehlten. Zwar sei die Beklagte seit Januar 2001 Eigentümerin des Straßengrundstücks Fl.Nr. 2231/2. Jedoch könne die Beitragspflicht gegenüber der Fa. ***** nicht mehr entstehen, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. 2201/2 gewesen sei.

Nach Rechtskraft des Urteils erhob die Klägerin am 3. Januar 2002 Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 54.853,55 DM nebst 0,5 % Zinsen monatlich aus 54.800 DM seit Juli 1997 zu bezahlen.

Die Beklagte schulde den Klagebetrag aus öffentlich-rechtlichem Vertrag (Art. 54 BayVwVfG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 1 Nr. 5 b bb) KAG i.V.m. §§ 37 Abs. 2, 236 AO). In ihrer schriftlichen Erklärung vom 22. Mai 1997 habe sie sich unter Bezugnahme auf den Vergleich vom 12. März 1997 verpflichtet, Zahlung an die Klägerin zu leisten, falls die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide unter 54.853,55 DM festgesetzt werden. In dieser Bestätigung liege ein durch die Aufhebung der Bescheide bedingtes Anerkenntnis, das keiner Annahme bedurft habe (§ 151 BGB). Hilfsweise werde der Anspruch auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 1 Nr. 5 b bb) KAG i.V.m. §§ 37 Abs. 2, 46 Abs. 2, 236, 238 AO i.V.m. § 398 BGB gestützt. Die Fa. ***** habe den ihr aufgrund rechtskräftiger Aufhebung der Erschließungsbeitragsbescheide zustehenden Erstattungsanspruch an die Klägerin abgetreten, so dass diese unmittelbar Zahlung an sich verlangen könne. Die Abtretung umfasse auch den Zinsanspruch ab dem Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Rechtsgrundlage für die geleisteten Erschließungsbeitragszahlungen bilde der Vorausleistungsbescheid vom 28. Dezember 1992. Die Aufhebung der Bescheide vom 30. November 1995 in der Fassung der Änderungen vom 22. September 1997 und 15. Februar 2001 sei ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des bestandskräftigen Vorausleistungsbescheides. Vorausleistungen seien gemäß § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB auch dann mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, wenn der Vorausleistende nicht mehr beitragspflichtig sei. Aus der Erklärung der Beklagten vom 22. Mai 1997 könne die Klägerin ebenfalls keinen Zahlungsanspruch herleiten. Diese stelle kein Anerkenntnis dar. Im Übrigen seien Gegenstand der Erklärung "etwaige Rückerstattungsansprüche". Wirkung könne diese mithin nur entfalten, wenn nach materiellem Recht Rückzahlungsansprüche bestünden, was hier nicht der Fall sei.

Mit Urteil vom 25. Juni 2002 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.

Ein Anspruch auf Rückzahlung aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag bestehe nicht. Ein Schuldanerkenntnisvertrag gemäß § 781 BGB liege nicht vor. Die Erklärung der Beklagten vom 22. Mai 1997 stelle sich schon nach ihrem Wortlaut nicht als Verpflichtungserklärung dar. Es heiße hier "Bestätigung" und "wir bestätigen, dass wir diese Abtretung beachten werden". Im Übrigen beziehe sich die Erklärung ausdrücklich auf etwaige Rückerstattungsansprüche, welche der Fa. ***** gegenüber der Beklagten zustehen würden, falls die Erschließungsbeitragsbescheide im Widerspruchsverfahren auf unter 54.853,55 DM festgesetzt würden. Eine Erstattung von Erschließungsbeiträgen habe somit nur erfolgen sollen, falls ein Rückerstattungsanspruch tatsächlich bestehen würde. In der Erklärung sei weder die Begründung eines neuen Schuldverhältnisses zwischen Beklagter und Klägerin noch die Anerkennung eines schon bestehenden Schuldverhältnisses zu sehen. Vielmehr handle es sich lediglich um die Bestätigung, dass die Beklagte von der Abtretung etwaiger Ansprüche der Fa. ***** gegen sie an die Klägerin Kenntnis erlangt habe, und bei Eintritt der Bedingung - Bestehen der Rückerstattungsansprüche - diese Abtretung beachten werde.

Ein Rückerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten bestehe auch nicht aufgrund der Aufhebung der Beitragsbescheide vom 30. November 1995 in der Fassung der Änderungen vom 22. September 1997 und vom 15. Februar 2001 in Verbindung mit der Abtretung gemäß § 398 BGB. Rechtsgrundlage für die von der Fa. ***** an die Beklagte geleistete Zahlung von 97.226,57 DM sei der Vorausleistungsbescheid vom 28. Dezember 1992. Dieser Bescheid sei unanfechtbar. Die Vorausleistung werde ihrem Wesen entsprechend auf eine später entstehende Erschließungsbeitragspflicht entrichtet, sie sei zur Anrechnung darauf bestimmt. Sie tilge in Höhe des gezahlten Betrages die endgültige Beitragspflicht. Die Tilgungswirkung trete in dem Zeitpunkt ein, in dem die endgültige sachliche Beitragspflicht für das Grundstück entstehe. Bis zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht verbleibe die erbrachte Vorausleistung bei der Beklagten. Dies gelte unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt das Grundstück, für das die Vorausleistung erbracht worden sei, noch im Eigentum des Vorausleistenden stehe (§ 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB).

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. August 2005 zugelassenen Berufung trug die Klägerin im Kern vor: Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 10. April 2001 stehe fest, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, von der Fa. ***** einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Demgemäß sei sie verpflichtet, der Fa. ***** die geleisteten Zahlungen zu erstatten. Dieser Erstattungsanspruch sei an die Klägerin abgetreten. Die Beklagte habe die Abtretung bestätigt und sich verpflichtet, im Fall der Aufhebung der Beitragsfestsetzung die Erstattungszahlung an die Klägerin zu leisten. Vorausleistungen seien nach der Systematik des Abgabenrechts vorläufige Zahlungen. Der Rechtsgrund für ihr Behaltendürfen hänge davon ab, ob die in den Vorausleistungsbescheiden unterstellte zukünftige Beitragsschuld entstehe oder nicht. Stehe endgültig fest, dass die Beitragsschuld nicht entstanden sei, müsse die Vorausleistung erstattet werden. Der Rechtsgrund für die Zahlung sei endgültig entfallen.

Die Klägerin ist seit 30. April 2003 durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Ihre Prozessbevollmächtigten legten eine vom früheren einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer unterzeichnete Vollmacht vom 25. August 2000 vor, die unter anderem zu allen Prozesshandlungen im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit ermächtigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts ******* vom 25. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 28.046,17 € (entspricht 54.853,54 DM) nebst 0,5 % Zinsen monatlich aus 28.000 € für jeden vollen Monat seit Juli 1997 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Grunderwerb sei mit Eintragung der Beklagten im Grundbuch am 23. Januar 2001 abgeschlossen worden. Die letzte Rechnung der Landesjustizkasse vom 5. Februar 2001 sei am 9. Februar 2001 bei der Beklagten eingegangen. Die vollständige Widmung einschließlich des Grundstücks Fl.Nr. 2231/2 sei im Amtsblatt der Beklagten vom 6. April 2001 bekannt gemacht worden. Die mit Urteil vom 10. April 2001 aufgehobenen Beitragsbescheide hätten mit Ausnahme der Rechnung vom 5. Februar 2001 den gesamten beitragsfähigen Aufwand enthalten. Bei Einbeziehung der weiteren Kosten von 46 DM ergebe sich keine Änderung des Beitragssatzes in Höhe von 14,78 DM pro Quadratmeter. Es seien keine Erschließungsbeitragsbescheide gegenüber den neuen Miteigentümern des Grundstücks Fl.Nr. 2201/2 erlassen worden.

In der mündlichen Verhandlung vertiefte die Klägerseite ihr Vorbringen. Bei der Erklärung der Beklagten vom 22. Mai 1997 handle es sich um ein Anerkenntnis dahingehend, dass dann, wenn die Erschließungsbeiträge auf unter 54.853,55 DM herabgesetzt werden, auch erstattet werde, d.h. das Anerkenntnis eines Erstattungsanspruchs, der sich aus dem schlichten Schicksal der Beitragsbescheide ergebe. Die Erstattungspflicht der Beklagten erwachse formal aus der rechtskräftigen Aufhebung der endgültigen Erschließungsbeitragsbescheide durch das Verwaltungsgericht. Der ursprüngliche Vorausleistungsbescheid sei nicht wieder aufgelebt, vielmehr hätte ein neuer Vorausleistungsbescheid erlassen werden müssen. Durch Erlass der endgültigen Beitragsbescheide sei nämlich der Vorausleistungsbescheid aufgehoben worden. Vorausleistungsbescheid und endgültiger Beitragsbescheid könnten nach den gesetzlichen Vorgaben nicht nebeneinander bestehen, da es nur ein Schuldverhältnis gebe.

Die Beklagte widersetzte sich dem. Durch ihre Bestätigung vom 22. Mai 1997 sei nicht konstitutiv eine Zahlungsverpflichtung begründet worden. Die endgültigen Beitragsbescheide einschließlich Widerspruchsbescheid seien vom Verwaltungsgericht mit Wirkung ex tunc aufgehoben worden. Die sachliche Beitragspflicht sei am 6. April 2001 entstanden, so dass bezüglich der gezahlten Vorausleistung "ipso facto" Tilgungswirkung eingetreten sei. Die gesetzliche Vorschrift des § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB dürfe nicht unterlaufen werden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig, auch wenn die Klägerin durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst und im Handelsregister gelöscht worden ist (Eintragung vom 30. 4. 2003). Auch einer gelöschten GmbH ist die Möglichkeit nicht genommen, von ihr in Anspruch genommene Vermögensrechte gerichtlich durchzusetzen. Die Gesellschaft bleibt insoweit beteiligungsfähig im Sinn von § 61 Nr. 1 VwGO (vgl. BGH vom 18. 1. 1994 Az. XI ZR 95.93; BFH vom 22. 7.2002 Az. V R 55.00; BAG vom 25. 9. 2003 Az. AZR 446.02, jeweils in juris). Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Wegfall der Prozessfähigkeit dann ohne Bedeutung ist, wenn dem Prozessbevollmächtigten wirksam Prozessvollmacht erteilt worden ist, weil die Vollmacht nach § 173 VwGO i.V.m. § 86 ZPO weiter wirkt (BGH a.a.O.; BFH vom 31. 5. 2005 BFHE 209, 416; BAG a.a.O.). Dies ist hier der Fall, weil der frühere einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer dem Bevollmächtigten der Klägerin vor deren Löschung unter dem 25. August 2000 eine Vollmacht erteilt hat, die zu allen Prozesshandlungen im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit ermächtigt.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den von ihr geltend gemachten Erstattungsanspruch in Höhe von 28.046,17 € nebst 0,5 % Zinsen für jeden vollen Monat seit Juli 1997.

1. Es besteht kein Erstattungsanspruch aufgrund der rechtskräftigen Aufhebung der Erschließungsbeitragsbescheide vom 30. November 1995 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. September 1997 und vom 15. Februar 2001 sowie des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2000 i.V.m. der Forderungsabtretung durch die Fa. *****.

Zu berücksichtigen ist, dass der von der Klägerin behauptete Erstattungsanspruch sich auf einen Teil der Zahlung richtet, die die Firma ***** aufgrund des bestandskräftigen Vorausleistungsbescheids vom 28. Dezember 1992 an die Beklagte geleistet hatte. Die o.g. endgültigen Beitragsbescheide der Beklagten haben zunächst allein mit ihrer Wirksamkeit diesen Vorausleistungsbescheid in seinem festsetzenden Teil abgelöst (BayVGH vom 10. 8. 2000 Az. 6 B 96.2367, UA S. 6 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung). Dann jedoch hat das Verwaltungsgericht die endgültigen Beitragsbescheide mit rechtskräftigem Urteil vom 10. April 2001 aufgehoben. Die Aufhebung im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfolgte mit Wirkung ex tunc. Sie hat zur Folge, dass die endgültigen Beitragsbescheide als nicht ergangen zu behandeln sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 113 RdNr. 8; Jörg Schmidt in Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 113 RdNr. 3). Damit kam der bestandskräftige Vorausleistungsbescheid vom 28. Dezember 1992 entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin wieder zum Tragen. Es bedurfte nicht des Erlasses eines neuen Vorausleistungsbescheids.

Dies ergibt sich aus dem Wesen der Vorausleistung und aus ihrem Verhältnis zur endgültigen Beitragspflicht (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Bei der Vorausleistung handelt es sich um eine vorläufige Leistung auf den Erschließungsbeitrag, die mit der später entstehenden Beitragsforderung zu verrechnen ist. Das bedeutet, dass die Vorausleistung dazu bestimmt ist, die spätere Beitragsforderung der Gemeinde in dem Umfang des Vorausleistungsbetrages zu tilgen. Dass ihr Sinn und Zweck hierin liegt, ergibt sich aus der § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB zugrunde liegenden sachlichen Rechtfertigung: Eine Gemeinde darf eine Vorausleistung fordern, um alsbald - schon vor Entstehung der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 2 BauGB - die Geldmittel für den Bau einer Erschließungsanlage zur Verfügung zu erhalten; und sie darf die Vorausleistung nur fordern, um alsbald die ihr hierdurch zufließenden Geldmittel für den Bau der Anlage zu verbrauchen. Die Tilgungswirkung tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Erschließungsbeitragspflicht entsteht. In diesem Zeitpunkt ist die Beitragsforderung der Gemeinde - schon vor Geltendmachung der entsprechenden Abgabenforderung durch Beitragsbescheid - derartig voll als Anspruch ausgestaltet, dass sie das Beitragsschuldverhältnis in Bezug auf das Grundstück und gegenüber dem nach § 134 Abs. 1 BauGB Beitragspflichtigen begründet und z.B. schon den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzt. Sie ist deshalb in diesem Zeitpunkt auch geeignet, durch die Vorausleistung in deren Umfang getilgt zu werden, so dass damit die der Vorausleistung gesetzlich wesenseigene und von vornherein zugedachte Erfüllungswirkung eintritt. Die Tilgung der Beitragsforderung in Höhe der Vorausleistung tritt "ipso facto" zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht ein, ohne dass es hierzu eines Verwaltungsakts bedarf (BVerwG vom 5.9.1975 Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 55; vom 26.1.1996 DVBl 1996, 1046/1048).

Daraus folgt, dass eine aufgrund bestandskräftigen Bescheides vereinnahmte Vorausleistung - abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des § 133 Abs. 3 Satz 3 BauGB - nur dann zurückzuzahlen ist, wenn mit Blick auf die Erschließungsanlage, deren voraussichtliche Kosten Gegenstand der Vorausleistung sind, auszuschließen wäre, dass für das Grundstück des Vorausleistenden eine endgültige Erschließungsbeitragspflicht entstehen wird (BVerwG vom 13. 8. 1993 KStZ 1994, 136/139). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück FlNr. 2201/2 mit der Bekanntmachung der vollständigen Widmung einschließlich des Straßengrundstücks FlNr. 2231/2 im Amtsblatt am 6. April 2001 entstanden. Die endgültige technische Herstellung der Erschließungsanlage ******** war bereits am 17. November 1994 beendet. Zweifel an der Gültigkeit der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten wurden weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich. Die mit Schreiben des Landratsamts ********** vom 24. November 1995 erteilte Zustimmung gemäß § 125 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. bildet die planungsrechtliche Grundlage. Die letzte Rechnung der Landesjustizkasse ******* für die Eintragung des Straßengrundstücks FlNr. 2231/2 im Grundbuch ging am 9. Februar 2001 bei der Beklagten ein.

Für das Grundstück FlNr. 2201/2 ist am 6. April 2001 eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht in Höhe von 30.212,46 € (entspricht 59.090,43 DM) entstanden. In diesem Zeitpunkt ist zugleich die Erschließungsbeitragsforderung der Beklagten aufgrund der zuvor von der Fa. ***** erbrachten Vorausleistung in exakt der gleichen Höhe erloschen. Die Beklagte hatte die die Erschließungsbeitragsforderung überschießenden Beträge zuvor bereits an die Fa. ***** erstattet bzw. mit Herstellungsbeiträgen verrechnet.

Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist die Vorausleistung mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn - wie hier - der Vorausleistende nicht (mehr) beitragspflichtig ist. Damit entfällt ein Rückzahlungsanspruch, wenn ein Eigentumswechsel (hier ab 19.3.1996) vor Entstehen der endgültigen Beitragspflicht, aber nach Inkrafttreten des Baugesetzbuchs (am 1. 7.1987) stattfindet (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage, § 21 RdNr. 44).

Auch wenn am 31. Dezember 2005 Festsetzungsverjährung eingetreten ist und die Beklagte keine Erschließungsbeitragsbescheide gegenüber den neuen Miteigentümern des Grundstücks FlNr. 2201/2 erlassen hat, kann die Vorausleistung nicht zurückverlangt werden. Die (landesrechtliche) Verjährung kann nämlich die Erschließungsbeitragsforderung einer Gemeinde nur insoweit zum Erlöschen bringen, als diese bei Ablauf der Verjährungsfrist noch besteht und nicht schon vorher erloschen ist (BVerwG vom 5. 9. 1975 a.a.O.). Wie oben ausgeführt, ist die Erschließungsbeitragsforderung der Beklagten bereits mit Entstehen der sachlichen Beitragspflicht am 6. April 2001 in voller Höhe aufgrund der Tilgungswirkung der erbrachten Vorausleistung erloschen.

Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Argumente der Klägerin als nicht stichhaltig. Zwar trifft zu, dass Vorausleistungsbescheid und endgültiger Beitragsbescheid nach den gesetzlichen Vorgaben insofern nicht "nebeneinander bestehen" können, als die Gemeinde nicht berechtigt ist, gleichzeitig beide festgesetzten Beträge zu fordern. Daraus den Schluss zu ziehen, mit dem endgültigen Bescheid werde (stillschweigend) der Vorausleistungsbescheid aufgehoben, geht jedoch fehl. Da beide Bescheide dieselbe Beitragsschuld betreffen sowie durch Verrechnungspflicht und Tilgungswirkung miteinander verklammert sind, überlagern die Bestimmungen des endgültigen Beitragsbescheids für die Dauer ihrer Wirksamkeit diejenigen des Vorausleistungsbescheids nach Art eines Änderungsbescheids und nehmen ihnen die regelnde Wirkung. Am Fortbestand des Vorausleistungsbescheids ändert sich hierdurch nichts. Die Auffassung der Klägerin misst dem endgültigen Beitragsbescheid eine konstitutive Bedeutung zu, die er nicht hat. Er zeichnet - tatsächlich oder vermeintlich - nur die Folgen des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht nach, die sich unabhängig von ihm vollziehen.

2. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus öffentlich-rechtlichem Vertrag. Die Erklärung der Beklagten vom 22. Mai 1997 beinhaltete bereits vom Wortlaut her kein Anerkenntnis eines Erstattungsanspruchs. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass sich schon aus den Worten "Bestätigung" und "Wir bestätigen, dass wir diese Abtretung beachten werden......", keine Verpflichtungserklärung ergibt. Auch bezog sich die Bestätigung auf etwaige Rückerstattungsansprüche. Nach dem objektiven Erklärungsinhalt (§§ 133, 157 BGB entsprechend) sollte hierdurch nicht konstitutiv durch Novation eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten begründet werden, vielmehr sollte sich ein eventueller Erstattungsanspruch nach materiellem Recht richten. Es handelt sich lediglich um die Bestätigung, dass die Beklagte von der Abtretung etwaiger Ansprüche der Fa. ***** gegen sie an die Klägerin Kenntnis erlangt hat und im Fall des Bestehens eines derartigen Anspruchs Zahlung an die Klägerin erfolgen wird.

Nichts anderes ergibt sich aus dem vorangegangenen Schriftverkehr mit der Firma *****. Deren Bevollmächtigte haben mit Schreiben vom 12. Mai 1997 die Beklagte vom Inhalt des Vergleichs vom 12. März 1997 zwischen ihr und der Klägerin vor dem Oberlandesgericht ******* in Kenntnis gesetzt und darauf hingewiesen, dass für eine Abtretung eventueller Rückerstattungsansprüche die Formvorschrift des § 46 Abs. 3 AO gelte, wonach zur Wirksamkeit der Abtretung die Anzeige auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck notwendig sei. Da bei der Beklagten ein solcher Vordruck wohl keine Verwendung finde, genüge eine Bestätigung gemäß der beigefügten Anlage. Diese Anlage hat die Beklagte unter dem 22. Mai 1997 unterschrieben an die Bevollmächtigten der Firma ***** zur Vorlage an die Klägerin zurückgesandt. Nach dem Gesamtkontext ging es daher darum, ohne amtlichen Vordruck die Formvorschrift des § 46 Abs. 2, Abs. 3 AO zu wahren.

Selbst wenn man aber der Rechtsauffassung der Klägerin folgen würde, wäre ein Erstattungsanspruch zu verneinen. Die Klägerin sieht in der Bestätigung der Beklagten vom 22. Mai 1997 ein durch die Aufhebung der Erschließungsbeitragsbescheide bedingtes Anerkenntnis, das keiner Annahme bedurft habe. Ein derartiger Anerkenntnisvertrag wäre wegen Gesetzesverstoßes nichtig. Abgesehen davon, dass § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB unterlaufen wird, läge in ihm auch ein unzulässiger Verzicht auf Beitragserhebung. Durch die strikte Bindung an das Schicksal der Bescheide ohne Berücksichtigung des Grundes, aus dem sie ganz oder teilweise aufgehoben werden, wäre etwa in den Fällen, in denen ein Bescheid an formalen Fehlern krankt oder die Gemeinde sich verrechnet hat (vgl. hierzu BVerwG vom 26.1.1996 KStZ 1997, 77 f.), aufgrund der Tilgungswirkung der Vorausleistung eine an sich mögliche Korrektur ausgeschlossen. 3. Mangels Erstattungsanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Verzinsung (vgl. auch BayVGH vom 19. 5. 1994 Az. 6 B 91.102).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 28.046,17 € (= 54.853,54 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

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