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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.04.2003
Aktenzeichen: 7 CE 02.10259
Rechtsgebiete: KapVO


Vorschriften:

KapVO
KapVO § 8
KapVO § 9 Abs. 3
KapVO § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
7 CE 02.10256 AN 16 E 02.10113 7 CE 02.10257 AN 16 E 02.10114 7 CE 02.10258 AN 16 E 02.10126 7 CE 02.10259 AN 16 E 02.10111

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In den Verwaltungsstreitsachen

wegen

Zulassung zum Studium der Zahnmedizin WS 2002/03 (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 18. November 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

ohne mündliche Verhandlung am 14. April 2003

folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die vorstehend unter ihren Aktenzeichen aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Die Antragsteller tragen die Kosten der Beschwerdeverfahren.

IV. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird je Antragsteller auf 2.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin im ersten Fachsemester an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (im Folgenden: Universität) zum Wintersemester 2002/2003. Sie sind der Meinung, dass die festgesetzte Zulassungszahl nicht die tatsächlich vorhandene Kapazität der Universität im Studiengang Zahnmedizin ausschöpft.

Mit Beschluss vom 18. November 2002 lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach entsprechende Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen ab. Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage, insbesondere der vom Antragsgegner vorgelegten Kapazitätsberechnung für den Studiengang Zahnmedizin, sei nicht glaubhaft gemacht, dass an der Universität im Fach Zahnmedizin freie Plätze vorhanden seien, die von den Antragstellern in Anspruch genommen werden könnten.

Gegen diese Beschlüsse wenden sich die Antragsteller mit ihren Beschwerden und verfolgen ihr ursprüngliches Begehren weiter.

Der Antragsgegner trat den Beschwerden entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden konnten nicht zum Erfolg führen.

1. Der Senat hat mit Beschluss vom 10. März 2003 in den Verfahren betreffend den Studiengang Humanmedizin an der Universität (Az. 7 CE 02.1086 u.a.; Az. 7 CE 02.10223 u.a.) entschieden, dass die Zulassungszahlsatzung 2002/2003 vom 27. Juni 2002 ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist. Auf die dortigen Ausführungen (S. 6 bis 8 des Beschlusses), die auch den Bevollmächtigten der Antragsteller und dem Antragsgegner im vorliegenden Verfahren bekannt sind, wird Bezug genommen.

2. Soweit sich die Antragsteller gegen die Anerkennung des Wegfalls einer C1-Stelle und einer A15/A13-Stelle in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik durch das Verwaltungsgericht wenden, weisen sie zwar zu Recht darauf hin, dass eine kapazitätsmindernde Stellenentscheidung nur dann dem Kapazitätserschöpfungsgebot entspricht, wenn die Belange der Studienbewerber auf der Grundlage eines fehlerfrei ermittelten Sachverhalts gegen die übrigen in Forschung, Lehre und Studium betroffenen Belange abgewogen worden sind (vgl. BVerwG vom 23.7.1987 DVBl 1988, 393; vom 15.12.1989 DVBl 1990, 526; vgl. auch z.B. VGH BW vom 29.1.2002 DÖV 2002, 533 - LS). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 15.10.2002 Az. 7 CE 02.10018 u.a.). Ist die Stellenverlagerung bzw. -reduzierung nicht mit einer Begründung versehen, die die maßgeblichen Gesichtspunkte deutlich macht, so können diese Begründungslücken oder -fehler den Schluss nahe legen, dass das Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung verletzt wurde. Die Grenzen des Stellendispositionsermessens der Verwaltung sind danach so gezogen, dass die Verwaltung von einer planerischen Abwägung nicht absehen darf, dass willkürfrei auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts abzuwägen ist und dass die Belange der Studienbewerber nicht in einer Weise gewichtet werden dürfen, die den erforderlichen Interessenausgleich zum Nachteil der Studienbewerber verfehlt.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier folgendes: Es kann dahinstehen, ob der ursprünglich gefasste Beschluss des Klinikumsvorstandes vom 3. Juli 2000 zu den beiden Stellenreduzierungen den genannten Anforderungen entspricht. Zwar kommt es bei Ermessensentscheidungen wie der vorliegenden vom Grundsatz her darauf an, dass die Entscheidungsfindung sich unbeeinflusst von Fehlern vollzieht, da sich anders als bei gebundenen Entscheidungen am Entscheidungsergebnis allein die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit regelmäßig nicht feststellen lässt. Die Fehlerfreiheit der Entscheidungsfindung soll die Fehlerfreiheit des Entscheidungsergebnisses gewährleisten, weshalb Fehler bei der Entscheidungsfindung mit Auswirkungen auf das Entscheidungsergebnis grundsätzlich dessen Rechtswidrigkeit zur Folge haben, ohne dass es noch darauf ankäme, ob das Entscheidungsergebnis für sich allein genommen der Rechtsordnung entspricht oder nicht (BVerwG vom 15.12.1989 DVBl 1990, 527/529). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an. Indes geht auch diese davon aus, dass ein der ursprünglichen Entscheidung anhaftender Rechtsmangel nachträglich durch eine rechtsfehlerfreie erneute Entscheidung geheilt werden kann (BVerwG a.a.O., 529 f.). Dies folgt im Übrigen auch aus dem Rechtsgedanken des Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG, wonach die (formelle) Begründung zu einem - hier nicht vorliegenden - Verwaltungsakt sogar bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeschoben werden kann, sowie des § 114 Satz 2 VwGO, der die Ergänzung von Ermessenserwägungen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ermöglicht.

Der nunmehrige Beschluss des Klinikumsvorstandes der Universität vom 12. November 2002 genügt noch den oben genannten Anforderungen, die an die Abwägung für kapazitätsreduzierende Stellenreduzierungen gestellt werden. Dort legt der Klinikumsvorstand aufgrund eines - soweit ersichtlich - fehlerfrei ermittelten Sachverhalts nachvollziehbar dar, dass der Vorstand "den Tatbestand der Zulassungskapazität" dahingehend gewürdigt hat, dass die Stellenreduzierung "im NC-Fach" sich nicht in der Größenordnung von drei bis vier Stelleneinsparungen wie in den Vorjahren orientiere, sondern um ungefähr 50 % unter den bisher im Klinikum üblichen Einsparungen angesiedelt worden sei. Vor dem rechtlichen Hintergrund der wirtschaftlichen Betriebsführung und Leistungsfähigkeit des Klinikums habe sich der Vorstand veranlasst gesehen, auch im Fach Zahnmedizin unter Berücksichtigung der Kapazitätsverordnung eine Budgetreduzierung in Höhe von ca. 240.000 DM in Form des Einzugs von zwei Wissenschaftlerstellen vorzunehmen, was ca. 1,8 % der für Lehre und Forschung sowie weitere Trägeraufgaben zur Verfügung gestellten Ressourcen (Landeszuschuss) entspreche. Nach alledem war dem Klinikumsvorstand - wie er auch ausdrücklich nochmals bestätigt - bewusst, dass eine Minderung der Stellenzahl einen Abbau der Ausbildungskapazität zur Folge haben muss.

Nach alledem erweist sich die Stellenreduzierung jedenfalls derzeit als rechtmäßig.

3. Der Senat sieht nach summarischer Überprüfung im Eilverfahren keinen Anlass, den pauschalen Abzug in Höhe von 30 % für den Personalbedarf für die ambulante Krankenversorgung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c KapVO zu beanstanden (siehe bereits Beschluss des Senats vom 25.2.2003 Az. 7 CE 02.10090 u.a.). Der bis zur 3. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung vom 3. Mai 2002 (GVBl S. 202) geltende Krankenversorgungsabzug in Höhe von 36 % war in der Rechtsprechung wegen der Überschneidungen der Krankenversorgungstätigkeit mit der Fort- und Weiterbildung der wissenschaftlichen Mitarbeiter als unzulässig angesehen und in unterschiedlicher Form korrigiert worden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz vom 10.12.1997 - 1 D 12216/97.OVG; VGH Baden-Württemberg vom 23.2.1999 - NC 9 S 111/98). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese für unwirksam gehaltene Regelung im Wege richterlicher Notkompetenz verfassungskonform so korrigiert, dass das Lehrdeputat der wissenschaftlichen Assistenten/Mitarbeiter von vier auf fünf Semesterwochenstunden erhöht wurde. Mit der 3. Verordnung zur Änderung der Kapazitätsverordnung trug der Verordnungsgeber dieser verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Rechnung. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die nunmehrige Regelung des Abzugs für ambulante Krankenversorgung in Höhe von 30 % dem aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Gebot der Kapazitätsauslastung ebenso wie den Erfordernissen rationaler Abwägung genügt (vgl. dazu BVerfGE 85, 36/56 f.). Insoweit ist vor allem von Bedeutung, dass die "Schnittmenge" zwischen Weiterbildung und Krankenversorgung nicht empirisch ermittelt sondern nur normativ festgelegt werden kann. Eine empirische Erhebung im Bereich der ambulanten Krankenversorgung würde die Möglichkeit einer klaren Abgrenzung zwischen der der Krankenversorgung dienenden ärztlichen Tätigkeit und dem mit ihr "verwobenen" Weiterbildungsanteil voraussetzen. Eine solche Abgrenzung ist von der Sache her weder denkbar noch praktikabel.

Die Antragsteller dringen auch nicht mit dem Einwand durch, dass es beim stationären Krankenversorgungsabzug einen unzulässigen Doppelabzug im Hinblick auf die Fort- und Weiterbildung gebe. Der Personalbedarf für die stationäre Krankenversorgung wird gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KapVO durch Abzug einer Stelle je 7,2 tagesbelegte Betten berücksichtigt. Dieser gegenüber dem früher geltenden Wert von 8 tagesbelegten Betten erhöhte Abzug verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung. Insoweit hat der Senat erst jüngst in seinem Beschluss vom 25. Februar 2003 (Az. 7 CE 02.10090 u.a.) an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten (BayVGH vom 23.4.1993 Az. 7 CE 92.10103 u.a.; BayVGH vom 29.6.1993 Az. 7 CE 93.10030 u.a.; ebenso OVG Berlin vom 17.3.1998 Az. 7 NC 116.97; a. A. VGH Kassel vom 26.11.1999 Az. 8 NC 2746/98). Im Beschluss vom 25. Februar 2003 hat der erkennende Senat entschieden, dass der im Vergleich zur ambulanten Krankenversorgung geringe Personalbedarf für die stationäre Krankenversorgung eine eigene empirische Erhebung und eingehende Auseinandersetzung mit der von den Antragstellern gestellten Frage vernachlässigbar erscheinen lasse. Mangels jeglicher empirischer Feststellungen zum Zeitaufwand im Rahmen der stationären Krankenversorgung lassen sich dazu bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine belastbaren Aussagen treffen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Frage könnte allenfalls in einem Hauptsacheverfahren, ggf. nach entsprechender Beweiserhebung, erfolgen (vgl. im Übrigen Beschluss des Senats vom 25.2.2003 Az. 7 CE 02.10090 u.a., S. 9/10).

4. Zutreffend stellt schließlich das Verwaltungsgericht fest, dass für die gerichtlich zugelassenen Studenten keine gesonderte Schwundquote auszuweisen ist. Wie der Senat ebenfalls im Beschluss vom 25. Februar 2003 (a.a.O.) entschieden hat, wäre die Aufspaltung der Schwundquote in eine solche innerhalb und eine solche außerhalb der Kapazität systemwidrig und praktisch kaum realisierbar. Zwar kann es sein, dass das Schwundverhalten der gerichtlich zugelassenen Studenten sich anders darstellt als das der ZVS-Studenten. Dieses andere Schwundverhalten geht jedoch voll in die Schwundberechnung mit ein und verändert kapazitätserhöhend den Schwundausgleichsfaktor im selben Umfang wie bei den innerkapazitären Studenten (so wohl auch OVG Berlin vom 11.5.1999 OVG 5 NC 201.99). Einer besonderen Schwundquote für gerichtlich zugelassene Studenten bedarf es daher nicht.

Nach alledem waren die Beschwerden jeweils mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.



Ende der Entscheidung

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