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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 8 A 06.40015
Rechtsgebiete: FStrG, FStrAbG, GG, Richtlinie 2003/35/EG, UVP-RL


Vorschriften:

FStrG § 16
FStrG § 17
FStrAbG § 1 Abs. 2
FStrAbG § 4
GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1
Richtlinie 2003/35/EG
UVP-RL Art. 10a
1. Die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie (2003/35/EG) gewährt den Gemeinden keinen erweiterten Zugang zu einem Überprüfungsverfahren in Umweltangelegenheiten

2. Für alle im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen als Weiterer Bedarf bezeichneten Straßenbauvorhaben ist die verbindliche Bedarfsfeststellung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG gegeben.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

8 A 06.40015 Verkündet am 19. Juli 2006

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Planfeststellung B ** (Ortsumgehung **************)

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 8. Senat,

durch den Vorsitzenden am Verwaltungsgerichtshof Dr. Allesch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dösing, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung der Regierung von M****** vom 19. Dezember 2003 für den Bau der Ortsumgehung R****** im Zuge der Bundesstraße **, Streckenabschnitt Nürnberg bis Sulzbach-Rosenberg von Str.-km ****** bis Str.-km ****** in den Gemeinden H*******, R****** und O*******.

Die Verlegung der Bundesstraße ** (B **) im Bereich L****H******* einschließlich der Ortsumgehung R****** ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen vom 15. November 1993 als Vordringlicher Bedarf dargestellt. Das Raumordnungsverfahren wurde im Jahr 1989 für eine der Trasse 2 ähnelnde Variante unter Maßgaben mit einer positiven Beurteilung abgeschlossen. Daraus wurde die vom Straßenbauamt im Planfeststellungsverfahren beantragte Trasse 3 entwickelt. Die Linienbestimmung erfolgte mit Schreiben des Bundesministers für Verkehr vom 29. Juli 1993. Die Trasse 3 ist in den Flächennutzungsplänen der Gemeinden R****** und O******* dargestellt.

Die Klägerin macht geltend, die Planrechtfertigung für das Straßenbauvorhaben sei nicht mehr gegeben. Maßgebend sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Das Verkehrsprojekt sei inzwischen vom vordringlichem Bedarf in den weiteren Bedarf ohne Planungsrecht zurückgestuft worden. Die Planfeststellungsbehörde hätte diese Herabstufung zumindest im Rahmen ihrer Abwägung berücksichtigen müssen.

Auf Grund der Nichtumsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie nach der Aarhus-Konvention bis zum 25. Juni 2005 könne die Klägerin sich nunmehr auf die unmittelbare Wirkung der Richtlinie berufen und damit auch die Verletzung von Umweltrecht rügen.

Die Verkehrsprobleme in R****** seien auch durch eine kleinräumige Umgehungsstraße zu lösen, die keine derart negativen Auswirkungen habe. Für die planfestgestellte Trasse würden Grundflächen benötigt, die im Eigentum der Klägerin stünden. Sie sei nicht bereit, Grund für den Bau der Ortsumgehung R****** abzutreten.

Das Straßenbauvorhaben beeinträchtige das in Realisierung befindliche Wohn- und eingeschränkte Gewerbegebiet "W*******" der Klägerin. Auch die im Flächennutzungsplan festgelegte Wohnbaufläche W 2 (nördlich R******er Weg) sowie die nordöstlichen Ortsränder seien in ihrer zukünftigen Entwicklung betroffen. Ferner entstehe bei planmäßiger Ausführung des Vorhabens ein Zustand, der den weiteren vierstreifigen Ausbau der B ** zwischen L*** und R****** unabdingbar mache. Hierdurch würden weitere Belastungen für die Klägerin eintreten, die in der laufenden Planung noch nicht berücksichtigt worden seien.

Die Planung der Gemeinde habe gegenüber der Fachplanung einen zeitlichen Vorsprung. Die Linienbestimmung aus dem Jahr 1993 sei ihr nicht bekannt gewesen. Weder das Straßenbauamt noch die Regierung von M****** hätten im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans "W*******" Einwendungen erhoben.

Die geplante Straßentrasse stelle einen erheblichen Eingriff in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild dar, der nicht ausgleichbar sei. Weder die Abwägung mit anderen Ansprüchen an den Raum noch der Nachweis der ökologischen Verträglichkeit seien in der Planung erfolgt. Die Straßenbaumaßnahme stehe im Widerspruch zu den Vorgaben übergeordneter Planungen.

Von den für die Straße und die Ausgleichsmaßnahmen benötigten Grundstücksflächen entfielen 40% auf das Gemeindegebiet der Klägerin. Damit ergebe sich ein Ungleichgewicht zu ihren Lasten. Die Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der Seitenentnahmestelle O******* stellten einen weiteren Eingriff dar, insbesondere durch die Einwirkungen auf das Wohngebiet "W*******".

Die Straßenplanung regle die zukünftigen Belastungen der Klägerin durch Unterhaltungsmaßnahmen am neu errichteten Wegenetz sowie an den Gewässern dritter Ordnung, in die die Niederschlagswässer eingeleitet würden, nur unzureichend.

Die geplante Maßnahme lasse eine Verlärmung der an den Pegnitzgrund angrenzenden Wohnbereiche erwarten.

Es fehle die Durchführung eines zeitnahen Raumordnungsverfahrens. Seit Abschluss des Raumordnungsverfahrens vor 15 Jahren hätten sich die Grundlagen der landesplanerischen Beurteilung maßgeblich verändert. Im Landesentwicklungsprogramm (LEP) 2003 sei der Grundsatz der Nachhaltigkeit eingeführt worden.

Die Abschnittsbildung sei fehlerhaft, da der Bauabschnitt I (BA I) und der Bauabschnitt II (BA II) nicht getrennt voneinander gesehen werden könnten. Im vorliegenden Planfeststellungsverfahren sei für den BA II eine höhengleiche, ampelgeregelte Kreuzung angekündigt worden. Kurz nach Durchführung des Erörterungstermins sei dann für den BA II eine Planung mit einer höhenfreien Kreuzung mit der *** ** und der St **** vorgelegt worden. Ferner habe die vorliegende Planung eine Vorwirkung auf den Ausbau des weiteren Abschnitts von Str.-km 0 + 000 bis Str.-km * * *** in Form des weiteren vierstreifigen Ausbaus der B ** zwischen L*** und R******. Ohne entsprechende Fortführung der Entlastungsstraße entstünde wegen der fehlenden Kompatibilität des Ausbauzustands ein Nadelöhr.

Der Trassenvergleich sei nicht sachgerecht erfolgt, insbesondere seien die zu Grunde gelegten Fakten teilweise unrichtig. So sei zu Unrecht von einer höhengleichen Planung des BA II ausgegangen worden. Ferner sei unberücksichtigt geblieben, dass das neue LEP für die überörtliche Planung den Grundsatz der Nachhaltigkeit eingeführt habe. Hinsichtlich der Trasse 5 seien eine Verkürzung der Tunnelstrecke und eine streckenweise Führung in offener Troglage nicht untersucht worden. Dadurch könnten die Querschnittsaufweitungen und größtenteils die kostenträchtigen Sicherheitsausstattungen entfallen. Den Kostenüberlegungen seien die Eingriffe in den Natur- und Wasserhaushalt sowie in das Landschaftsbild gegenüber zu stellen.

Das Straßenbauvorhaben stehe im Widerspruch zu Landschaftsschutzgebietsverordnungen des Landkreises N********* ****. Es habe negative Auswirkungen auf den Wasser- und Naturhaushalt sowie auf das Landschaftsbild. Eine Verträglichkeitsprüfung wäre zwingend erforderlich gewesen, da sich das Pegnitztal im Bereich der planfestgestellten Trasse als potenzielles FFH-Gebiet aufdränge. Das Pegnitztal weise zwischen O******* und H******* den Biotoptyp "Magere Flachland-Mähwiesen" großflächig auf.

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von M****** vom 19. Dezember 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Klägerin sei mit Schreiben der Regierung von M****** vom 23. September 1993 das Ergebnis der Linienbestimmung mitgeteilt worden. Die Fachplanung sei somit bereits vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens verfestigt gewesen.

Zum gemeindlichen Aufgabenkreis gehöre es grundsätzlich nicht, das Landschaftsbild und den Wasserhaushalt zu schützen. Die Klägerin könne auch nicht gleichsam als Stellvertreterin für angrenzende Grundeigentümer deren Rechte auf Lärmschutz geltend machen. Sie könne sich ebenso wenig gegenüber anderen Planungsträgern zum Wächter des Umweltschutzes aufschwingen.

Die Verwaltung habe den Bedarfsplan in der Fassung vom 15. November 1993 anzuwenden. Darin sei die Festlegung des Bedarfs nicht auf den vordringlichen Bedarf beschränkt. Die Planfeststellungsbehörde habe aber die sich abzeichnende weitere Entwicklung nicht übersehen. Sie habe daher im Planfeststellungsbeschluss die Erforderlichkeit des Vorhabens eingehend begründet.

Die Amtstrasse sei im Flächennutzungsplan der Klägerin vom November 1998 eingetragen. Im betroffenen Baugebiet würden die Immissionsgrenzwerte deutlich unterschritten.

Ein neues Raumordnungsverfahren sei nicht erforderlich gewesen. Die höhere Landesplanungsstelle habe festgestellt, dass sich die Grundlagen der Beurteilung nicht maßgeblich geändert hätten.

Bei den angesprochenen aktuellen Planungen des Straßenbauamts handle es sich um Kreuzungsaus- bzw. -umbauplanungen zur Beseitigung von Unfallschwerpunkten. Westlich von R****** sei die B ** im Streckenabschnitt bis zur A * eine Unfallhäufungsstrecke. Vor allem die fünf höhengleichen Knotenpunkte seien Unfallschwerpunkte, die entschärft werden müssten. Gegenwärtig würden verschiedene Varianten zur Umgestaltung der Kreuzungen untersucht und mit den betroffenen Gemeinden sowie den zuständigen Behörden abgestimmt.

Beim Variantenvergleich sei bei allen Varianten von einem höhenfreien Ausbau der B ** zwischen der A * und der Ortsumgehung R****** ausgegangen worden. Auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe bei den Tunnelvarianten verzichtet werden können, da diese bereits in einem frühen Verfahrensstadium ausgeschieden worden seien.

Die Trasse 5 sei als Tunnel- und Trogvariante bereits während des Raumordnungsverfahrens aus Kostengründen verworfen worden. Mittlerweile sei die Bebauung in R****** fortgeschritten und eine Tunnel- und Trogvariante nicht mehr durchführbar. Die Gradiente in dem kurzen unbebauten Abschnitt nördlich der Bahn könne nicht erheblich höher geführt und somit kein Trogbereich mehr errichtet werden. Ferner würde die Trasse 5 auf einer Länge von 500 m durch die engere und weitere Schutzzone der öffentlichen Trinkwasserfassung R****** verlaufen; die hieraus resultierenden Kosten seien noch nicht berücksichtigt worden.

Negative Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter Boden und Wasser seien nicht zu erwarten. Der Hochwasserabfluss sei gesichert.

Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Landschaftsbild und die Erholungsfunktion der Landschaft würden durch die Gestaltungsmaßnahmen sowie die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen weitmöglichst gemindert. Das Pegnitztal in seinem Gesamtumfang könne nicht als potenzielles FFH-Gebiet angesehen werden.

Der Senat hat auf Grund Beweisbeschlusses vom 7. Februar 2006 die örtliche Situation im Bereich der geplanten Ortsumgehung R****** im Zuge der B ** in Augenschein genommen. Auf die diesbezügliche Niederschrift vom 30. März 2006 wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg; der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von M****** vom 19. Dezember 2003 weist im Hinblick auf wehrfähige Rechtspositionen der Klägerin keine Rechtsfehler auf (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Einwendungen, die die Klägerin mit der vorliegenden Klage gegen das geplante Vorhaben erhebt, können überwiegend schon deshalb keinen Erfolg haben, weil einer Gemeinde grundsätzlich kein Anspruch auf eine umfassende objektiv-rechtliche Planprüfung zusteht. Sie kann vielmehr nur eine Verletzung eigener Rechtspositionen rügen, die sich etwa aus ihrem Selbstverwaltungsrecht ergeben können. Eine Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine Vereinbarkeit mit Rechten der Gemeindebürger oder mit Bestimmungen des objektiven Rechts kann sie nicht beanspruchen. Dies gilt selbst dann, wenn ihr Grundeigentum für das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommen wird (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG vom 9.10.2003 - 9 VR 6/03 - juris - unter Hinweis auf die Urteile vom 21.3.1996 NVwZ 1997, 169 und vom 11.1.2001 NVwZ 2001, 1160). Weder aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch aus Art. 11 Abs. 2 BV folgt ein Anspruch auf umfassende gerichtliche Überprüfung eines die Gemeinde betreffenden Planfeststellungsbeschlusses unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten (vgl. BVerwG vom 11.1.2001 a.a.O.; vom 5.11.2002 NVwZ 2003, 207/209; vom 24.6.2004 NVwZ 2004, 1229). Im Unterschied zu einem durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses betroffenen privaten Grundstückseigentümer kann sich eine durch das Fachplanungsrecht berührte Gemeinde auch nicht auf die Schutzwirkung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG oder Art. 103, 158 BV berufen, weil sie nicht Grundrechtsträgerin, sondern - auch soweit sie als Fiskus über Grundstückseigentum verfügt - nur Teil der öffentlichen Gewalt ist (vgl. BVerfG vom 8.7.1982 BVerfGE 61, 82/100 ff.; BVerwG vom 11.1.2001 a.a.O. S. 1161 m.w.N.). Damit ist die Klägerin weder berechtigt, sich durch Anrufung der Verwaltungsgerichte als Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen Behörden zu betätigen, noch befugt, sich zum Sachwalter privater Interessen aufzuschwingen (so ausdrücklich BVerwG vom 15.4.1999 NVwZ-RR 1999, 554). Zu ihren Selbstverwaltungsangelegenheiten gehört es nicht, als Vertreter von Immissionsschutzbelangen ihrer Bürger oder allgemein des Umweltschutzes tätig zu werden (vgl. BVerwG vom 9.2.2005 UPR 2005, 272/274). Ebenso wenig ermächtigt Art. 20a GG eine Gemeinde, Aufgaben des Umweltschutzes losgelöst von ihrem Kompetenzbereich an sich zu ziehen (vgl. BVerwG vom 23.11.2005 NVwZ 2006, 595/597).

2. Eine weitergehende Rügebefugnis ergibt sich für die Klägerin nicht direkt aus der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 vom 25.6.2003 S. 17). Die so genannte Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie soll zur Erfüllung der Pflichten aus der Aarhus-Konvention beitragen, die von der Europäischen Gemeinschaft am 25. Juni 1998 unterzeichnet wurde. Die Mitgliedsstaaten waren verpflichtet, die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie bis zum 25. Juni 2005 in innerstaatliches Recht umzusetzen. Dies ist in Deutschland bislang nicht geschehen; das Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz und das Umwelt-Rechtsbehelfgesetz sind noch nicht in Kraft getreten.

a) Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf eine unmittelbare Wirkung der nicht rechtzeitig in nationales Recht umgesetzten Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie berufen. Die unmittelbare Anwendbarkeit einer EG-Richtlinie setzt voraus, dass ihre Vorgaben unbedingt, klar und präzise sowie ihrem Wesen nach geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten. Die Bestimmungen der Richtlinie müssen aus sich heraus unmittelbar vollzugsfähig sein. Die Unbedingtheit der Vorgaben einer Richtlinie ist insbesondere dann in Zweifel zu ziehen, wenn sie den Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung Gestaltungsspielräume eröffnet (vgl. EuGH vom 19.1.1982 EuGHE 1982 S. 53; vom 8.10.1987 EuGHE 1987 S. 3969). Es steht jedoch der Unbedingtheit nicht entgegen, wenn eine Bestimmung Ausnahmen zulässt, solange ein eindeutiges Regel-Ausnahme-Verhältnis feststellbar ist bzw. Mindestrechte bestimmt werden können (vgl. EuGH vom 14.7.1994 EuGHE 1994 S. 3325; vom 17.10.1996 EuGHE 1996 S. 5063).

Vorliegend steht nicht die Frage der Beteiligung der Öffentlichkeit bei bestimmten Plänen, Programmen oder Projekten, sondern die des Zugangs zu den Gerichten oder anderen Stellen bei bestimmten Vorhaben inmitten. Insoweit belässt jedoch die Richtlinie 2003/35/EG den Mitgliedsstaaten einen Gestaltungsspielraum. Nach dem durch die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie in die Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175 vom 5.7.1985 S. 40 UVP-RL) neu eingefügten Art. 10a Abs. 1 stellt der Mitgliedsstaat den Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle sicher. Das Gericht und die andere Stelle werden hierbei als gleichberechtigte Möglichkeiten nebeneinander gestellt, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen überprüfen zu lassen. Ein klares Regel-Ausnahme-Verhältnis oder ein bestimmter Mindeststandard sind nicht erkennbar. Zudem legen die Mitgliedsstaaten nach dem neuen Art. 10a Abs. 2 der UVP-RL fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können. Ohne eine entsprechende Regelung des Mitgliedsstaats zu diesen Punkten ist der Zugang zum Überprüfungsverfahren somit nicht gegeben.

b) Weiterhin kann sich auf die unmittelbare Anwendbarkeit von EG-Richtlinien grundsätzlich nur der einzelne Private berufen (vgl. EuGH vom 7.1.2004 EuGHE 2004 S. 723). Der Staat und andere öffentliche Rechtsträger sind dagegen als Anspruchsteller nicht angesprochen. Das europäische Recht sieht keine unmittelbare vertikale Anwendbarkeit von Richtlinien vor, mit denen dem Bürger Pflichten direkt auferlegt werden sollen. Ebenso wenig gibt es eine unmittelbare horizontale Anwendbarkeit von Richtlinien auf Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern. Die unmittelbare Geltung von Richtlinien im Fall der nicht fristgerechten Umsetzung durch einen Mitgliedsstaat hat hauptsächlich den Zweck, den Schutz von Privatpersonen gegenüber den Handlungen oder Unterlassungen des untätigen Staats zu gewährleisten (vgl. EuGH vom 19.1.1982 a.a.O.; vom 8.10.1987 a.a.O.). Die Klägerin ist jedoch als Gemeinde nicht dem einzelnen Privaten vergleichbar, sondern vielmehr selbst Teil der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfG vom 8.7.1982 a.a.O.; BVerwG vom 11.2.2001 a.a.O.). Somit könnte sich die Klägerin nicht auf eine etwaige unmittelbare Geltung der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie hinsichtlich des Zugangs zu den Gerichten oder anderen Stellen gegenüber dem eigenen Staat berufen.

c) Ferner soll der verbesserte Zugang zu einem Überprüfungsverfahren im Sinne von Art. 10a Abs. 1 UVP-RL nicht der Klägerin als Teil der öffentlichen Gewalt dienen. Dieser verbesserte Zugang soll vielmehr Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit eröffnet werden. Nach Art. 1 Abs. 2 UVP-RL sind unter dem Begriff "Öffentlichkeit" eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen zu verstehen, während der Begriff "betroffene Öffentlichkeit" die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Art. 2 Abs. 2 UVP-RL betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran meint. Im Sinne dieser Begriffsbestimmungen haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, das erforderliche Interesse (vgl. Art. 10a Abs. 3 Satz 2 UVP-RL). Hieraus erhellt, dass zur betroffenen Öffentlichkeit neben den Privatpersonen insbesondere die dem Staat fern stehenden Organisationen gehören sollen. Dies bestätigt der Erwägungsgrund Nr. 4 zur Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie, wonach die Öffentlichkeitsbeteiligung, in die Verbände, Organisationen und Gruppen - insbesondere Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen - einbezogen sind, gefördert werden soll. Dagegen finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinden als Teil des Staates mit Selbstverwaltungsaufgaben nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG in diese Förderung einbezogen werden sollen. Vielmehr kann es gerade ein Projekt einer Gemeinde sein, gegen das das Überprüfungsverfahren im Sinne von Art. 10a Abs. 1 UVP-RL angestrengt werden soll. Von dieser Sichtweise geht auch die Aarhus-Konvention aus, die in ihrer Einleitung auf der einen Seite die einzelnen Bürger, die nichtstaatlichen Organisationen sowie den privaten Sektor und auf der anderen Seite die Behörden sieht. Nach den Begriffsbestimmungen in Art. 2 Nr. 2 der Aarhus-Konvention gehört die Klägerin ohne Zweifel zu den Behörden.

d) Schließlich stellt Art. 10a Abs. 1 UVP-RL heraus, dass die Mitgliedsstaaten den Zugang zu einem Überprüfungsverfahren im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicherzustellen haben. Zu diesen innerstaatlichen Rechtsvorschriften gehört zweifellos Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG in der Auslegung, die er durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts gefunden hat. Hiernach ist eine Gemeinde als Teil der öffentlichen Gewalt nicht befugt, sich zum Sachwalter des gesamten Umweltschutzes oder privater Interessen aufzuschwingen (vgl. BVerfG vom 8.7.1982 a.a.O.; BVerwG vom 15.4.1999 a.a.O.). In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen eine Fachplanungsentscheidung beschränkt sich ihre Rügebefugnis auf die ihr durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eingeräumten Selbstverwaltungsaufgaben und ihre einfachgesetzlich geschützten Rechte. Dies steht im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention, worin ebenfalls auf den Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften einer Vertragspartei abgestellt wird. Für die Gemeinden vermitteln daher weder die Aarhus-Konvention noch die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie einen erweiterten Zugang zu einem Überprüfungsverfahren in Umweltangelegenheiten.

3. Die Planrechtfertigung ist hier nicht zu bezweifeln. Sie ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist. Enteignungsbetroffene haben einen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG folgenden Anspruch auf effektive gerichtliche Prüfung, ob der konkrete Zugriff auf ihr Eigentum den Anforderungen der Planrechtfertigung genügt (vgl. BVerwG vom 16.3.2006 Az. 4 A 1073/04 Rd. 184 und 1075/04 Rd. 184 - juris). Eine durch ein Fachplanungsvorhaben berührte Gemeinde kann sich jedoch nicht auf die Schutzwirkung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen, weil sie nicht Grundrechtsträgerin ist (vgl. BVerfG vom 8.7.1982 a.a.O.; BVerwG vom 11.1.2001 a.a.O.). Lediglich im Luftverkehrsrecht können lärmbetroffene Gemeinden im Umfeld eines geplanten internationalen Verkehrsflughafens ausnahmsweise den Gesichtspunkt der Planrechtfertigung rügen, wenn sie gegen das planfestgestellte Vorhaben substanziiert einwenden, durch das Vorhaben würden wesentliche Teile des Gemeindegebiets der gemeindeeigenen Planung entzogen, hinreichend gesicherte Planungen der Gemeinde unmöglich gemacht oder die Funktionsfähigkeit gemeindlicher Einrichtungen beeinträchtigt (vgl. BVerwG vom 16.3.2006 Az. 4 A 1001/04 Rd. 194 - juris).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob diese ausnahmsweise Rügebefugnis der Gemeinden hinsichtlich der Planrechtfertigung auch im Fernstraßenrecht gegeben ist. Dagegen spricht, dass die Art der Lärmbelästigung dort eine andere ist. Eine Bundesfernstraße belastet eine Gemeinde nicht weiträumig und flächendeckend mit erheblichen Lärmbelastungen in Form eines "Lärmteppichs". Es braucht hier auch nicht der Frage im Detail nachgegangen zu werden, ob die Klägerin ausreichend substanziiert dargelegt hat, es würden wesentliche Teile des Gemeindegebiets ihrer Planung entzogen, hinreichend gesicherte Planungen der Gemeinde unmöglich gemacht oder die Funktionsfähigkeit gemeindlicher Einrichtungen beeinträchtigt. Denn im Fernstraßenrecht erübrigen sich weitere Ermittlungen und Ausführungen zur Planrechtfertigung, wenn das Planvorhaben im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen enthalten ist, der den Bedarf für die Planfeststellung festlegt (vgl. BVerwG vom 12.12.1996 NVwZ 1997, 908).

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) in der Fassung vom 15. November 1993 (BGBl I S. 1878) entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG ist die Feststellung des Bedarfs für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich. Diese Bindung gilt auch für das gerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG vom 8.6.1995 NVwZ 1996, 381). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Planrechtfertigung ist der der Entscheidung der Planfeststellungsbehörde (vgl. BVerwG vom 19.5.1998 NVwZ 1999, 528). Die Planrechtfertigung entfällt nicht automatisch, wenn nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses Umstände eintreten, die zu einer Neubewertung Anlass geben können. Wie aus § 4 Satz 2 FStrAbG erhellt, ist vielmehr der Bedarfsplan gegebenenfalls durch Gesetz für die Zukunft entsprechend anzupassen. Allenfalls dann, wenn sich die Verhältnisse im Nachhinein so grundlegend gewandelt haben, dass die ursprüngliche Bedarfsentscheidung gänzlich unhaltbar geworden ist, würde die Bedarfsfeststellung keine Verbindlichkeit mehr beanspruchen (vgl. BVerwG vom 18.6.1997 NVwZ-RR 1998, 292; vom 27.10.2000 NVwZ 2001, 673). Davon ist hier nicht auszugehen.

Die Ortsumgehung R****** der B ** war, als der angefochtene Planfeststellungsbeschluss von der Regierung von M****** am 19. Dezember 2003 erlassen wurde, im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG) ohne Einschränkung im Vordringlichen Bedarf enthalten. Seitdem dieser Bedarfsplan aufgestellt wurde, haben sich die verkehrlichen Verhältnisse und Bedürfnisse nicht so grundlegend verändert, dass die Bedarfsentscheidung unhaltbar geworden wäre. Hierfür spricht bereits, dass die Ortsumgehung auch im neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes vom 4.10.2004 - BGBl I S. 2574) noch im Weiteren Bedarf enthalten ist. Auch bei den Vorhaben im Weiteren Bedarf ist die Bedarfsfeststellung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung verbindlich. Wieso die Planrechtfertigung für ein Vorhaben, für das im Zeitpunkt der Planfeststellung und auch gegenwärtig ein Bedarf im Sinne des Gesetzes besteht, zweifelhaft sein sollte, legt die Klägerin nicht substanziiert dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die durch den Bedarfsplan erzeugte Bindungswirkung wird, soweit die Bedarfsfeststellung reicht, nicht deshalb in Frage gestellt, weil der Gesetzgeber Änderungen in Einzelheiten vorgenommen hat.

Hieran ändert der Umstand nichts, dass der Bedarfsplan in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes unter den Vorhaben des Weiteren Bedarfs (WB) auch solche mit Planungsrecht (WB*) kennt, zu denen die Ortsumgehung R****** nicht gehört. Der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1657 S. 21) lässt sich hierzu entnehmen, dass der WB Vorhaben enthält, deren gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit nachgewiesen ist, deren Investitionsvolumen aber den Finanzrahmen bis zum Jahr 2015 überschreitet. Die Projektplanung darf beim WB deshalb nur in begründeten Ausnahmefällen mit Einwilligung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgenommen oder weiter betrieben werden. Bei Vorhaben des WB* kann dagegen in begründeten Fällen die Planung von Projekten auf Grund dieses Gesetzes aufgenommen bzw. weiter betrieben werden. Dies kann auf Grund der netzkonzeptionellen Bedeutung oder wegen des Zusammenhangs mit benachbarten Projekten der Stufe vordringlicher Bedarf erforderlich sein. Unabhängig davon wird aber in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1657 S. 18) allgemein zur Änderung des Bedarfsplans ausgeführt, dass die neue Fassung die Bauvorhaben enthalte, für die die nach § 4 FStrAbG vorgenommene Überprüfung nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand einen Bedarf ergeben habe. Mit den Festsetzungen des Bedarfsplans werde der verkehrliche Bedarf für die bezeichneten Verkehrsverbindungen dargestellt. Dies wird in der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats nochmals hervorgehoben (BT-Drucks. 15/1803 S. 2). Hieraus ist zu ersehen, dass der Unterscheidung zwischen Vorhaben im Weiteren Bedarf und Vorhaben im Weiteren Bedarf mit Planungsrecht in Bezug auf die Bedarfsfeststellung im Bedarfsplan nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG keine Bedeutung zukommt. Insoweit enthält der Bedarfsplan in der Fassung des 5. Änderungsgesetzes keine weitergehende Abstufung. Im Übrigen hat im vorliegenden Fall das Projekt bereits von Inkrafttreten des 5. Änderungsgesetzes am 16. Oktober 2004 durch den Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2003 einen weitgehenden Planungsstand erreicht. Diesem wird durch die Gesetzesänderung nicht nachträglich der Boden entzogen.

4. Der Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2003 verletzt nicht die vom Recht auf kommunale Selbstverwaltung mit umfasste Planungshoheit der Klägerin. Die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG oder auch Art. 11 Abs. 2 BV geschützte Planungshoheit kann einer Gemeinde zwar unter bestimmten Voraussetzungen eine wehrfähige, in die Abwägung einzubeziehende Rechtsposition gegenüber fremden Fachplanungen auf ihrem Hoheitsgebiet vermitteln (vgl. BVerwG vom 13.3.1995 NVwZ 1995, 905/907 m.w.N.; vom 15.4.1999 a.a.O. S. 555). Voraussetzung hierfür wäre, dass eine eigene hinreichend bestimmte Planung der Gemeinde nachhaltig gestört würde, auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten der Gemeinde nicht hinreichend Rücksicht genommen wäre oder das Fachplanungsvorhaben wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren eigenen Planung der Gemeinde entzöge (vgl. BVerwG vom 11.1.2001 NVwZ 2001, 1160/1162; vom 5.11.2002 NVwZ 2003, 207). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

a) Insbesondere steht das von der Klägerin mit Bebauungsplan festgesetzte allgemeine Wohngebiet "W*******" der streitgegenständlichen Planung nicht entgegen. Der Gemeinderat der Klägerin fasste den Aufstellungsbeschluss für diesen Bebauungsplan am 21. April 1995, der Satzungsbeschluss datiert vom 13. November 1996. Die Trasse der geplanten B ** berührt das Baugebiet nicht, sondern hält vielmehr einen Abstand von etwa 400 m dazu ein. Demzufolge sind die Immissionsgrenzwerte für allgemeine Wohngebiete nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV von 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) bei Nacht bei weitem eingehalten. So betragen die Immissionen an der Stelle mit dem geringsten Abstand der Wohnbebauung zur Straßentrasse der B ** neu tagsüber 50 dB(A) und nachts 43 dB(A). Eine nachhaltige Störung der Baugebietsplanung der Klägerin ist damit nicht ersichtlich.

Überdies muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass der Bebauungsplan erst lange nach der Linienbestimmung für die B ** neu gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 FStrG durch das Bundesministerium für Verkehr vom 29. Juli 1993 in Kraft gesetzt worden ist. Das Ergebnis der Linienbestimmung aus dem Jahr 1993 wurde der Klägerin mit Schreiben der Regierung von M****** vom 23. September 1993 mitgeteilt. Im Fall konkurrierender Planungsvorstellungen ist der Prioritätsgrundsatz ein wichtiges Kriterium dafür, welche Planung Rücksicht auf die andere zu nehmen hat (vgl. BVerwG vom 21.3.1996 a.a.O.). Bei einem gestuften Planungsvorgang, wie er bei der Fernstraßenplanung vorgeschrieben ist, kann schon vor der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens eine Verfestigung bestimmter fachplanerischer Ziele eintreten (vgl. BVerwG vom 5.11.2002 a.a.O.). Dies ist hier durch die Linienbestimmung vom 29. Juli 1993 geschehen. Dem Übersichtslageplan zur Linienbestimmung im Maßstab 1:25.000 ist hinreichend genau zu entnehmen, in welchem Bereich die B ** neu geplant werden soll und welchen Abstand eine spätere Bauleitplanung der Klägerin zu ihr einhalten kann.

b) Ebenso muss sich die Klägerin hinsichtlich der im fortgeschriebenen Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen nördlich des R******er Weges sowie anderer noch nicht verfestigter Planungen die zeitliche Priorität der Linienbestimmung für die B ** neu entgegenhalten lassen. Die zweite Fortschreibung des Flächennutzungsplans ist erst seit dem Jahr 1998 betrieben worden und im Jahr 2000 zum Abschluss gekommen. Insoweit können die Empfehlungen der Regionalplanungsstelle aus dem Jahr 1998 in Bezug auf die Linienbestimmung durch das Bundesministerium für Verkehr vom 29. Juli 1993 keine Aussagekraft mehr entfalten. Zudem hat die Klägerin die linienbestimmte Trasse der B ** neu in der zweiten Fortschreibung ihres Flächennutzungsplans gemäß § 5 Abs. 4 BauGB vermerkt.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe Schwierigkeiten bei der Ausweisung von Baugebieten, weil sie von Landschaftsschutzgebieten umgeben sei, hilft dies ihrer Klage ebenso wenig zum Erfolg. Denn nicht das Fachplanungsvorhaben der B ** neu entzieht wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren eigenen Planung der Klägerin, sondern die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten auf Kreisebene schränkt hier ihre Planungshoheit ein. Hiergegen konnte sich die Klägerin im Rahmen ihrer Beteiligung nach Art. 46 Abs. 1 BayNatSchG vor Erlass der entsprechenden Rechtsverordnungen wenden.

d) Die Behauptung der Klägerin, durch die geplante Fortführung des Ausbaus der B ** zwischen R****** und L*** würden zwangsläufig weitere Belastungen auf sie zukommen, ist bereits nicht hinreichend substanziiert. Das fehlende Teilstück würde voraussichtlich auf der bestehenden Trasse der B ** verlaufen (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 33), so dass erhebliche Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin nicht vorhersehbar sind. Einer Weiterführung der Trasse bis nach L*** stehen damit unter dem Gesichtspunkt des Selbstverwaltungsrechts der Klägerin keine unüberwindbaren Hindernisse entgegen. Außerdem kommt dem planfestgestellten Abschnitt der Ortsumgehung R****** ersichtlich eine eigenständige Verkehrsbedeutung zu.

e) Ebenso wenig kann die Klägerin mit der Behauptung durchdringen, von den für die Straße und die Ausgleichsmaßnahmen benötigten Grundstücksflächen entfielen 40 % auf ihr Gemeindegebiet. Nachdem die Ortsumgehung R****** das Gebiet dreier Gemeinden berührt, liegt es auf der Hand, dass eine völlig gleichmäßige Verteilung der Belastungen nicht möglich ist. Dies kann eine überörtliche Straßenplanung, die auf vielerlei Gegebenheiten einzugehen hat, auch nicht leisten. Die Planungshoheit der Klägerin wird dadurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Die Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der Seitenentnahme von O******* fallen in diesem Rahmen ebenfalls nicht ins Gewicht.

5. Die Klägerin als Eigentümerin bzw. Miteigentümerin einiger von der Straßenplanung betroffener Grundstücksflächen kann sich nicht auf die Schutzwirkung des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG oder der Art. 103, 158 BV berufen (vgl. BVerfG vom 8.7.1982 a.a.O.; BVerwG vom 11.1.2001 a.a.O.). Ihr demnach nur einfachgesetzlich geschütztes Grundeigentum nach § 903 BGB kann im Rahmen der Abwägung relativ leicht überwunden werden. Die Planfeststellungsbehörde ist vielmehr sogar gehalten, Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand in Anspruch zu nehmen, bevor sie die Grundflächen privater Eigentümer überplant (vgl. BVerfG vom 16.12.2002 NVwZ 2003, 726; BVerwG vom 20.8.1982 NJW 1983, 296; vom 6.6.2002 NVwZ 2002, 1506). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sich auf den Grundstücken gemeindliche Einrichtungen befänden, die einem öffentlichen Zweck gewidmet wären. Dies ist hier nicht der Fall. Die Planfeststellungsbehörde ist daher ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Eigentumsbelange der Klägerin in der Abwägung zu Gunsten der verkehrlichen Erfordernisse zurückgestellt werden können (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 99).

6. Soweit die Klägerin rügt, der Planfeststellungsbeschluss regle die zukünftigen Belastungen für sie durch Unterhaltungsmaßnahmen am neu errichteten Wegenetz sowie an den Gewässern dritter Ordnung, in die Niederschlagswasser von der Straße eingeleitet werde, nur unzureichend, verhilft dies ihrer Anfechtungsklage ebenfalls nicht zum Erfolg. Selbst wenn insoweit erhebliche Mängel des Planfeststellungsbeschlusses vorlägen, könnten diese im Wege der Planergänzung nach § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG behoben werden. In diese Richtung zielende Verpflichtungsanträge hat die Klägerin jedoch nicht gestellt. Unabhängig davon trifft den Straßenbaulastträger bereits aus Art. 47 Abs. 4 BayWG die Pflicht, die Mehrkosten der Unterhaltung der Gewässer zu tragen, die durch die Verkehrsanlage verursacht werden. Zum untergeordneten Wegenetz führt die Planfeststellungsbehörde zudem aus, dass weitestgehend auf bestehende Wege zurückgegriffen worden sei. Bei der Anlage neuer Wege seien die kürzesten bzw. wirtschaftlich sinnvollsten Verbindungen gewählt worden (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 99). Dem hat die Klägerin keine substanziierten Einwände entgegengesetzt. Ein Abwägungsfehler der Planfeststellungsbehörde ist nicht zu erkennen.

7. Die Klägerin kann auf Grund ihres beschränkten Rügerechts mit ihrem Vorbringen zu den Belangen ihrer Gemeindebürger, des Umweltschutzes und sonstigen Interessen des Allgemeinwohls nicht gehört werden. So ist sie mit dem Einwand ausgeschlossen, die geplante Straßenbaumaßnahme lasse eine Verlärmung der an den Pegnitzgrund angrenzenden Wohnbereiche erwarten. Ebenso wenig kann sie geltend machen, dass die geplante Straßentrasse einen erheblichen Eingriff in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild darstelle (vgl. BVerwG vom 21.3.1996 a.a.O.; vom 9.2.2005 a.a.O.). Auch die Frage, ob das Vorhaben im Widerspruch zu den Vorgaben übergeordneter Planungen steht, kann eine Gemeinde nicht selbst aufwerfen. Insbesondere kann sie im Planfeststellungsprozess nicht die Verletzung von Zielen der Raumordnung- und Landesplanung rügen, sondern nur die ihrer eigenen Planungshoheit. So ist auch die Frage der zeitnahen Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für das Vorhaben hier ohne Belang.

Ferner kann die Klägerin nicht das Fehlen einer Verträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 (ABl. L 206 vom 22.7.1992 S. 7 FFH-RL) rügen. Ebenso wenig handelt es sich bei der Frage, ob das Straßenbauvorhaben im Widerspruch zu den Landschaftsschutzgebietsverordnungen des Landkreises Nürnberger Land steht, um eine rügefähige Position der Gemeinde. Ohne Bezug zu wehrfähigen Rechtspositionen der Klägerin ist schließlich das Vorbringen zu den Auswirkungen der Planungen auf den Wasserhaushalt. Denn der Schutz vor Eingriffen in den Wasserhaushalt gehört grundsätzlich nicht zum gemeindlichen Aufgabenkreis (vgl. BVerwG vom 15.4.1999 a.a.O.). Im Übrigen hat die Klägerin in keiner Weise dargetan, dass sie gezwungen sei, bestimmte eigene und zusätzliche städtebauliche Maßnahmen zur Abwehr einer Hochwassergefahr zu ergreifen, die von dem Straßenbauvorhaben ausgehe.

Weiterhin kann die Klägerin nicht rügen, die Planfeststellungsbehörde hätte die Herabstufung der B ** neu im neuen Bedarfsplan zumindest im Rahmen ihrer Abwägung berücksichtigen müssen. Unabhängig davon hat sich die Planfeststellungsbehörde mit den Auswirkungen der Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen im Rahmen der Planrechtfertigung befasst, soweit diese absehbar waren (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 36). Sie ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass an dem Vorhaben wegen seiner verkehrlichen Vorteile festzuhalten ist. Die Klägerin kann ebenso wenig rügen, dass der Trassenvergleich fehlerhaft und eine kleinräumige Lösung vorzuziehen sei. Denn sie bezieht sich für ihre Behauptungen auf die Abwägung von Belangen, die von der Planfeststellungsbehörde im allgemeinen öffentlichen Interesse, aber nicht im Interesse der Gemeinde zu berücksichtigen sind. Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, die Abschnittsbildung sei fehlerhaft. Durch die Abschnittsbildung wird ihr Selbstverwaltungsrecht nicht berührt. Abgesehen davon hat die Planfeststellungsbehörde zutreffend ausgeführt, dass der Ortsumgehung R****** eine eigenständige Verkehrsfunktion zukommt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 33). Im Übrigen ist die Fortführung des Ausbaus der B ** zwischen R****** und L*** weder ausgeschlossen noch genau vorherbestimmt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 50.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. i.V.m. Tz. II.33.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom Januar 1996 NVwZ 1996, 563).

Ende der Entscheidung

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