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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.06.2003
Aktenzeichen: 9 B 02.1730
Rechtsgebiete: GG, MOG, ZAV, MGV, VO (EWG) Nr. 3950/92


Vorschriften:

GG Art. 80 Abs. 1 Satz 2
GG Art. 80 Abs. 1 Satz 3
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 8 Abs. 1 Satz 1
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 12 Abs. 2 Satz 1
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 12 Abs. 2 Satz 2
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 13 Abs. 1 Satz 1
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 13 Abs. 1 Satz 2
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 15
MOG i.d.F. der Bekanntmachung v. 20.09.1995 (BGBl I S. 1146), geänd. d. Gesetz v. 02.05.1996 (BGBl I S. 656) § 16
ZAV v. 12.01.2000 (BGBl I S. 27) § 17 Abs. 1 Nr. 2
ZAV v. 12.01.2000 (BGBl I S. 27) § 12 Abs. 3
ZAV v. 12.01.2000 (BGBl I S. 27) § 12 Abs. 4
MGV i.d.F. d. Bekanntmachung v. 21.03.1994 (BGBl I S. 586), zul. geänd. d. die VO v. 25.03.1996 (BGBl I S. 535) § 7 Abs. 2 a
VO (EWG) Nr. 3950/92 des Rates v. 28.12.1992 ü. d. Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Abl Nr. L 405 S. 1) i.d.F. der VO (EG) Nr. 1256/1999 des Rates v. 17.05.1999 (Abl Nr. L 160 S. 73)
Ungeachtet erheblicher Zweifel an einer verfassungskonformen gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Zusatzabgabenverordnung ist diese jedenfalls als befristet fortgeltend anzusehen, weil sonst im Bereich der gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Milchkontingentierung ein weitgehend rechtloser Zustand einträte, der der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde.

Das Recht des Pächters auf Übernahme der Referenzmenge wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die verpachtete Referenzmenge vor Inkrafttreten der Zusatzabgabenverordnung auf einen Dritten übertragen wurde, der sie für die eigene Milcherzeugung benötigt (Anschluss an BVerwG vom 20.3.2003 - 3 C 10.02).

Wird der Antrag des Pächters auf Ausstellung einer Übergangsbescheinigung durch behördlichen Bescheid abgelehnt, dann wird sein Übernahmerecht noch wirksam, wenn der Übernahmepreis innerhalb von 14 Tagen nach Rechtskraft eines den Übernahmeanspruch des Pächters bejahenden Urteils entrichtet wird.

Zur Berechnung des Übernahmepreises.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

9 B 02.1730

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Bescheinigung des Übergangs einer Anlieferungs-Referenzmenge;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Juni 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Plathner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Franz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Juni 2003

am 24. Juni 2003 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Juni 2002, des Bescheids des Amtes für Landwirtschaft und Ernährung P*****-R************* vom 28. August 2000 und des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 6. November 2000 wird der Beklagte verpflichtet, dem Kläger nach Bezahlung des Übernahmepreises gemäß § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens eine Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV darüber auszustellen, dass vom Beigeladenen zu 1 auf ihn am 1. April 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge von 20.857 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,56 % übergegangen ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Dem Kläger waren vom Amt für Landwirtschaft und Ernährung P*****-R************* (im folgenden: Landwirtschaftsamt) am 2. Oktober 1996 und 13. Januar 1998 Bescheinigungen erteilt worden, nach denen mit Wirkung vom 1. April 1996 bis 31. März 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge von 20.857 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,56 % ohne Übergang des entsprechenden Betriebs oder der entsprechenden Flächen vom Beigeladenen zu 1 auf ihn übergegangen ist.

Am 29. Februar 2000 kam eine schriftliche Vereinbarung des Beigeladenen zu 1 mit dem Beigeladenen zu 2 über die dauerhafte Übertragung dieser Referenzmenge ohne Übergang des entsprechenden Betriebs oder der entsprechenden Fläche zu einem Entgelt von 20.961 DM (1,005 DM/kg) zustande. Darin ist unter anderem bestimmt, dass die Vereinbarung zum 1. März 2000 wirksam wird und der Erwerber im Milchwirtschaftjahr 1999/2000 zu einer entsprechenden Milchanlieferung nicht berechtigt ist.

Mit Schreiben vom 3. April 2000 teilte der Kläger dem Beigeladenen zu 1 mit, er nehme das "Übernahmerecht der Milchquote in Anspruch". Der Beigeladene zu 1 erwiderte am 4. April 2000 schriftlich, er lehne das Übernahmerecht ab, denn er habe die Milchquote bereits an einen anderen Landwirt zum 1. März 2000 verkauft.

Unter dem 28. August 2000 bescheinigte das Landwirtschaftsamt dem Kläger, dass auf ihn keine Anlieferungs-Referenzmenge übergeht. Der Verpächter, der Beigeladene zu 1, habe die Anlieferungs-Referenzmenge auf den Beigeladenen zu 2 übertragen; damit sei der Anspruch auf Rückgewähr der Quote an diesen abgetreten worden. Der Beigeladene zu 2 sei in die Verpächterposition eingetreten, habe seinerseits Eigenbedarf an der Referenzmenge geltend gemacht und die Rückübertragung beantragt. Das Übernahmerecht des Pächters gelte nicht, weil der Beigeladene zu 2 aktiver Milcherzeuger sei.

Den Widerspruch des Klägers gegen diese Bescheinigung wies die Regierung von Niederbayern mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2000 zurück.

Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 6. Juni 2002 ab. Dem Kläger stehe zwar grundsätzlich ein Übernahmerecht zu und er könne auch den Übernahmepreis noch fristgerecht bezahlen. Sein Übernahmerecht sei aber ausgeschlossen, weil der Beigeladene zu 1 die Referenzmenge wirksam auf den Beigeladenen zu 2 übertragen habe und dieser sie zur Fortsetzung der Milcherzeugung benötige.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung und führt aus: Eine wirksame Übertragung der Anlieferungs-Referenzmenge vom Beigeladenen zu 1 auf den Beigeladenen zu 2 sei mit der schriftlichen Vereinbarung 29. Februar 2000 nicht erfolgt, weil damit nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung begründet, der Anspruch auf Rückgewähr der Referenzmenge aber vor dem 1. April 2000 nicht abgetreten und auch der vereinbarte Preis vor diesem Zeitpunkt nicht bezahlt worden sei. Abgesehen davon sei bisher nicht geklärt, ob das Übernahmerecht des Pächters durch eine Übertragung der Referenzmenge vom Verpächter auf einen Dritten, der sie für die eigene Milcherzeugung benötige, ausgeschlossen werden könne.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Klägerbevollmächtigte, der Kläger habe am 19. Mai 2003 den Übernahmepreis von 10.644,01 Euro an den Beigeladenen zu 1 überwiesen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. Juni 2002 den Bescheid des Amtes für Landwirtschaft und Ernährung P*****-R************* vom 28. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Niederbayern vom 6. November 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV darüber auszustellen, das vom Beigeladenen zu 1 auf ihn am 1. April 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von 20.857 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4.56 % übergegangen ist, hilfsweise, ihm diese Bescheinigung nach Bezahlung des Preises gemäß § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens auszustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend den Ausschluss des Übernahmerechts des Pächters wegen wirksamer Übertragung der Referenzmenge vom Verpächter auf einen Dritten, der die Referenzmenge für die eigene Milcherzeugung benötige, in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. März 2002 angenommen. Richtig habe das Verwaltungsgericht auch entschieden, daß mit der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 29. Februar 2000 auch der Anspruch auf Rückgewähr übertragen worden sei.

Die Beigeladenen äußerten sich im Berufungsverfahren nicht und stellten keinen Antrag.

Mit weiterem Bescheid vom 28. Juni 2002 bescheinigte das Landwirtschaftsamt dem Beigeladenen zu 2 auf dessen Antrag vom 21. Juli 2000 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass vom Kläger auf ihn mit Wirkung vom 1. März 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge von 20.857 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,56 % übergegangen ist und zugunsten der Landesreserve keine Anlieferungs-Referenzmenge eingezogen wird. Ein Übernahmerecht des bisherigen Pächters bestehe nicht, denn der Beigeladene zu 2 sei mit der Vereinbarung vom 29. Februar 2000, die auch eine Abtretung des Rückgewähranspruchs enthalte, in die Rechtsstellung des Verpächters eingetreten und benötige die Referenzmenge für die eigene Milcherzeugung. Weil zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Betriebs und zur Existenzsicherung des Beigeladenen zu 2 auch künftig die gesamte Referenzmenge benötige werde, liege ein besonderer Härtefall vor, bei dem eine Einziehung eines Teils der zurückgewährten Referenzmenge zugunsten der Landesreserve nicht stattfinde. Die Vollziehungsanordnung wurde damit begründet, dem Beigeladenen zu 2 sei nach der für ihn günstigen Hauptsacheentscheidung des Verwaltungsgerichts ein Zuwarten und eine weitere Entrichtung der Superabgabe nicht mehr zuzumuten. Auf den Widerspruch und den Aussetzungsantrag des Klägers vom 7. Juli 2002 erklärte die Regierung von Niederbayern mit Schreiben vom 12. Juli 2002, die angefochtene Bescheinigung sei rechtmäßig. Von einem förmlichen Widerspruchsbescheid werde abgesehen; damit sei die Klagemöglichkeit eröffnet.

Dazu gab der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung an, er habe für den Kläger am 16. Mai 2003 Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids des Landwirtschaftsamtes vom 28. Juni 2002 erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten des Landwirtschaftsamtes und der Regierung von Niederbayern Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene und im übrigen (§ 124 a Abs. 6 VwGO) zulässige Berufung des Klägers ist im wesentlichen begründet.

1. Der Kläger kann zwar die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV darüber, dass vom Beigeladenen zu 1 auf ihn am 1. April 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von 20.857 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,56 % übergegangen ist, nicht beanspruchen, weil er mit der Überweisung von 10.644,01 Euro an den Beigeladenen zu 1 am 19. Mai 2003 noch nicht den vollen Übernahmepreis entrichtet hat. Er hat aber im Sinne des Hilfsantrags Anspruch darauf, ihm diese Bescheinigung nach Bezahlung des noch offenen Betrags auf den Übernahmepreis gemäß § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens auszustellen.

Dem Erfolg der Klage steht nicht entgegen, dass Zweifel an einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung) vom 12. Januar 2000 (BGBl I S. 27) - ZAV - durch die Bestimmungen des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl I S. 1146), geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 2. Mai 1996 (BGBl I S. 656) - MOG - bestehen (a). Das dem Kläger zustehende Recht auf Übernahme der Referenzmenge wurde gegenüber dem richtigen Adressaten rechtzeitig ausgeübt (b), es ist nicht durch eine Übertragung der Referenzmenge vom Beigeladenen zu 1 auf den Beigeladenen zu 2 ausgeschlossen (c), und das Recht auf Übernahme kann wegen noch rechtzeitig möglicher Zahlung des vollen Übernahmepreises auch noch wirksam werden (d).

a) Obwohl Zweifel an einer verfassungskonformen gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Zusatzabgabenverordnung bestehen, ist diese jedenfalls als befristet fortgeltend anzusehen und deshalb eine geeignete Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Bescheinigung.

aa) Die Zusatzabgabenverordnung genügt dem Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG. Es ist ausreichend, dass in der Präambel der Zusatzabgabenverordnung nur die zum Verordnungserlass ermächtigenden gesetzlichen Bestimmungen des nationalen Rechts, insbesondere die einschlägigen Vorschriften des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen, als Rechtsgrundlage genannt sind. Bei der Umsetzung und Ausfüllung von Gemeinschaftsrecht bedarf es der Bezeichnung der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen nicht. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. vom 20.3.2003 - 3 C 10.02, das den Beteiligten bekannt ist) an.

bb) Für den Erlass von Rechtsverordnungen schreibt weiter Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vor, dass in der gesetzlichen Ermächtigung Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Ob die zum Erlass der Zusatzabgabenverordnung ermächtigenden gesetzlichen Bestimmungen auch dieser Anforderung genügen, wurde - soweit ersichtlich - bisher in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und auch im Zusammenhang mit der Prüfung der Erfordernisse des Zitiergebots nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2003 nicht erörtert und erscheint zweifelhaft.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, RdNr. 11 ff. m. Nachw. zur Rspr. d. BVerfG) obliegt es dem Gesetzgeber,

- zu entscheiden, welche Fragen durch die Rechtsverordnung geregelt werden sollen (Inhalt),

- die Grenzen der Regelung festzusetzen (Ausmaß),

- festzulegen, welchem Ziel die Regelung dienen soll (Zweck),

- ein Programm zu bestimmen, das jedenfalls tendenziell erkennen lässt, welchen Inhalt die Rechtsverordnung haben kann.

Die notwendige Bestimmtheit der gesetzlichen Ermächtigung ist weiter abhängig von der Eingriffsintensität und der Grundrechtsrelevanz der Normierung, der Eigenart Regelungsmaterie und der Häufigkeit einer notwendigen Anpassung an geänderte Verhältnisse. Schließlich kann Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG bei der Umsetzung oder Ausfüllung von Gemeinschaftsrecht wegen der vorrangigen gemeinschaftsrechtlichen Festlegungen geringere Bedeutung zukommen.

Für die vorliegende Fallgestaltung ist festzustellen, dass die in der Einleitung zur Zusatzabgabenverordnung zutreffend zitierten gesetzlichen Ermächtigungen, insbesondere die dort genannten Bestimmungen des Marktorganisationsgesetzes, keine weiteren Vorgaben im Sinne der vorgenannten Begrenzungen für den Verordnungsgeber enthalten:

§ 8 Abs. 1 MOG legt lediglich fest, dass das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (§ 3 Abs. 2 MOG) im Einvernehmen mit zwei weiteren Bundesministerien Vorschriften erlassen kann über das Verfahren bei der Aufteilung, Zuteilung und Änderung von Garantiemengen, Referenzmengen, Quoten und sonstigen Mindest- oder Höchstmengen im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen sowie über die Voraussetzungen und die Höhe solcher Mengenregelungen, soweit sie nach den Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 bestimmt, bestimmbar oder begrenzt sind. Dadurch wird der durch gemeinschaftsrechtliche Vorschriften eröffnete Rahmen für die zur Ausfüllung und zum Vollzug des Gemeinschaftsrechts notwendigen nationalen Vorschriften nicht eingeschränkt; auch aus der Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 ergibt sich keine weitere Beschränkung. Ähnliches gilt für die Ermächtigung in § 12 Abs. 2 MOG. Diese Vorschrift ermächtigt in Satz 1 zum Erlass von Rechtsvorschriften über das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken sowie über die Voraussetzungen und die Höhe dieser Abgaben, enthält aber durch die auch hier enthaltene Verweisung auf die Regelungen in § 1 Abs. 2, die nur das Gemeinschaftsrecht ohne weitere Einschränkungen umschreiben, ebenfalls keine engere Begrenzung. Schließlich ergibt sich aus den Ermächtigungen in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 15 (einschließlich der dort bestimmten entsprechenden Anwendung von § 6 Abs. 4) und § 16 MOG keine weitere Beschränkung innerhalb des vom Gemeinschaftsrecht gesetzten Rahmens für die Umsetzung und Ausfüllung des Gemeinschaftsrechts über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor.

Damit lassen die gesetzlichen Ermächtigungen des Marktorganisationsgesetzes in der Form einer dynamischen Verweisung auf das jeweils geltende einschlägige Gemeinschaftsrecht eine nationale Regelung zur Ausfüllung und Ausgestaltung durch Rechtsverordnung zu ohne innerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Rahmens festzulegen, von welchen der dort vorgesehenen Möglichkeiten oder in welchem Ausmaß davon Gebrauch gemacht werden darf.

Eine unzulässige allgemeine Ermächtigung, Rechtsverordnungen zur Ausführung von europäischem Gemeinschaftsrecht zu erlassen (vgl. Jarass/Pieroth a.a.O. RdNr. 12 a unter Hinweis auf Streinz, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII S. 845), liegt zwar nicht vor, weil die ermächtigenden gesetzlichen Bestimmungen den möglichen Regelungsbereich der Rechtsverordnung näher umschreiben. Angesichts des weiten Spielraums, den die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Abl Nr. L 405 S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 (Abl Nr. L 160 S. 73) - nachfolgend Verordnung (EG) Nr. 3950/92 - für den nationalen Gesetzgeber lässt, bestehen aber durchaus Zweifel, ob die gesetzliche Ermächtigung noch den Anforderungen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügt. Das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die den Verordnungen des Rates vorangestellten Erwägungsgründe bestimmen zwar schon hinreichend, welchem Ziel die Regelung dienen soll. Auch die inhaltliche Abgrenzung der Normierung durch Rechtsverordnung dürfte sich bereits so konkret aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben, dass es einer weiteren Konkretisierung in dem zum Verordnungserlass ermächtigenden nationalen Gesetz nicht bedarf. Wegen des weiten Spielraums für die Ausgestaltung durch nationales Recht erscheint es dem Senat aber bedenklich, dass im Marktorganisationsgesetz die Grenzen der Regelung und eine zumindest tendenzielle Festlegung des Programms der Rechtsverordnung nicht bestimmt sind. Unter diesem Aspekt dürfte wohl durch das ermächtigende Gesetz festzulegen sein, ob etwa von der Möglichkeit einer linearen Verringerung Gebrauch gemacht werden soll (Art. 5), nach welchen Bedingungen Referenzmengen eines Betriebs (oder Teilen davon) bei Verkauf, Verpachtung oder Vererbung übertragen werden sollen (Art. 7), ob Regionen für die endgültige Übertragung von Referenzmengen bestimmt werden sollen (Art. 8 lit. d), ob und unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Bedingungen und in welchem Verfahren die endgültige Übertragung von Referenzmengen gestattet werden soll (Art. 8 lit. e) und ob, in welchem Ausmaß sowie unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen bei Pachtverträgen die übertragene Referenzmenge der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen werden kann und unter welchen Voraussetzungen die Regelung in Art. 7 Abs. 1 nicht angewendet werden soll (der neu eingefügte Art. 8 a). Der Senat ist sich dessen bewusst, dass etwa die Regelungen der Zusatzabgabenverordnung zu Lasten nicht milchproduzierender Referenzmengeninhaber ungeachtet der finanziellen Bedeutung für diese das Eigentumsgrundrecht nicht tangieren. Dennoch spricht viel dafür, dass das ermächtigende Gesetz wichtige Fragen wie etwa die Übertragungsmodalitäten von Referenzmengen, die Voraussetzungen und Bedingungen des Übernahmerechts des Pächters und die Voraussetzungen wie auch das Ausmaß der Einziehung von Referenzmengen im wesentlichen hätte bestimmen müssen, um den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zu genügen. Die Eigenart der Regelungsmaterie und die durch zahlreiche Änderungen der früheren Milch-Garantiemengen-Verordnung belegte Notwendigkeit häufiger Anpassungen sind wohl kein ausreichender Grund, im ermächtigenden Gesetz die nicht häufig anpassungsbedürftigen wesentlichen Grundstrukturen einer weiteren Normierung durch Rechtsverordnung der nach Gemeinschaftsrecht möglichen Ausfüllung und Ausgestaltung nicht zu regeln.

cc) Mangels Entscheidungserheblichkeit ist jedoch nicht weiter zu prüfen, ob die angesprochenen Zweifel an einer den Anforderungen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Zusatzabgabenverordnung (Ähnliches gilt übrigens für die frühere Milch-Garantiemengen-Verordnung) bei näherer Auseinandersetzung mit den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Literatur entwickelten Rechtsauffassungen letztlich zur Feststellung der Nichtigkeit der Zusatzabgabenverordnung wie auch - auf entsprechende Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG - der ermächtigenden gesetzlichen Bestimmungen führen könnten.

Nach gefestigter verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung (BVerfGE 79, 245 m.w. Nachw.) sind nämlich untergesetzliche Normen, die auf einer verfassungsrechtlich unzulänglichen Ermächtigungsgrundlage beruhen, nicht schon deshalb ohne weiteres als nichtig und damit unanwendbar anzusehen; zur Vermeidung eines rechtlosen Zustandes kann vielmehr eine übergangsweise Fortgeltung notwendig sein. Auch hier wäre die Zusatzabgabenverordnung - soweit sie materiell höherrangigem Recht entspricht - jedenfalls als befristet fortgeltend anzusehen, weil sonst für die durch Gemeinschaftsrecht zwingend vorgeschriebene Milchkontingentierung und insbesondere die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor ein rechtloser Zustand einträte: Bei einer Nichtigkeit der Zusatzabgabenverordnung (wie auch der durch sie abgelösten MGV) wäre nämlich ungewiss, welche Referenzmengen den Milcherzeugern zustehen und abgabefrei beliefert werden können; weiter wäre völlig offen, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Verfahren Referenzmengen befristet oder endgültig übertragen werden können oder übergehen. Diese Ungewissheit wäre für Milcherzeuger unzumutbar, weil sie nicht sicher sein könnten, ob und in welchem Umfang sie durch die Erhebung einer Abgabe um die Früchte ihrer Arbeit gebracht werden können und wie sich die im Zusammenhang mit der Milcherzeugung notwendigen unternehmerischen Entscheidungen auswirken. Andererseits wäre eine Abgabenerhebung selbst und damit die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Regulierung des Milchmarktes allein auf der Grundlage des unmittelbar geltenden Gemeinschaftsrechts wohl für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr nicht möglich. Angesichts dieser bei einer Nichtigkeit der Zusatzabgabenverordnung jedenfalls für einen längeren Zeitraum nicht gewährleisteten nationalen Vollziehung vorrangigen zwingenden Gemeinschaftsrechts und einer weitgehenden Ungewissheit der Milcherzeuger über die möglichen Folgen ihrer unternehmerischen Tätigkeit drängt sich die Beurteilung auf, dass dieser rechtlose Zustand der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als eine befristete Fortgeltung der auf einer unzulänglichen gesetzlichen Ermächtigung beruhenden Zusatzabgabenverordnung.

Weil die Zusatzabgabenverordnung aus diesem Grunde jedenfalls als befristet fortgeltend anzusehen ist, braucht der Senat nicht abschließend zu prüfen und zu entscheiden, ob die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass der Verordnung den Anforderungen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht. Selbst wenn der Senat zu der Rechtsauffassung käme, dass die Zusatzabgabenverordnung und die zu ihrem Erlass ermächtigenden gesetzlichen Bestimmungen nichtig sind, wäre diese rechtliche Beurteilung wegen der gebotenen befristeten Fortgeltung der Zusatzabgabenverordnung nicht entscheidungsrelevant; bei angenommener Nichtigkeit der gesetzlichen Ermächtigung wäre eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach dessen Rechtsprechung (BVerfGE 79, 245) unzulässig, weil der Senat über die Entscheidungsrelevanz einer Nichtigkeit der gesetzlichen Ermächtigung und insbesondere darüber, ob die (untergesetzliche) Zusatzabgabenverordnung im Fall einer unzureichenden gesetzlichen Ermächtigung befristet weiter anzuwenden ist, in eigener Zuständigkeit zu entscheiden hat. Einen Zeitraum für weitere Anwendbarkeit der Zusatzabgabenverordnung in der Form einer Appellentscheidung braucht der Senat schon deshalb nicht zu bestimmen, weil bloße Zweifel an der Vereinbarkeit der Zusatzabgabenverordnung und der zu ihrem Erlass ermächtigenden gesetzlichen Regelung mit höherrangigem Recht dazu keinen Anlass bieten.

Auf diese Weise könnte zwar die Frage einer möglicherweise unzulänglichen gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Zusatzabgabenverordnung selbst dann durch eine die Einzelfallentscheidung tragende Begründung nicht geklärt werden, wenn das Revisionsgericht die einschlägigen Ermächtigungsbestimmungen des Marktorganisationsgesetzes als nicht verfassungskonform ansehen sollte, ebenso wie der Senat aber jedenfalls eine befristete weitere Anwendbarkeit der Zusatzabgabenverordnung bejaht. Diese mögliche Folge einer durch entscheidungstragende Gründe nicht möglichen Klärung der Vereinbarkeit förmlicher Gesetze mit Verfassungsrecht einschließlich der sich daraus ergebenden Einschränkung des Verwerfungsmonopols des Bundesverfassungsgerichts für nachkonstitutionelle formelle Gesetze ergibt sich aber aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst und ist hinzunehmen.

b) Das Recht des Klägers auf Übernahme der Referenzmenge besteht, wurde ordnungsgemäß ausgeübt und ist auch nicht ausgeschlossen.

aa) Der Kläger ist übernahmeberechtigt nach § 12 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz ZAV, denn die Voraussetzungen von Absatz 2 und Absatz 1 der Vorschrift liegen vor: Es handelt sich bei den Vereinbarungen des Beigeladenen zu 1 mit dem Kläger um einen Pachtvertrag, der eine Anlieferungs-Referenzmenge nach § 7 Abs. 2 a der Milch-Garantiemengen-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994 (BGBl I S. 586), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 25. März 1996 (BGBl I S. 535) - MGV - , betrifft, vor dem 1. April 2000 geschlossen und mit Ablauf des 31. März 2000 beendet wurde. Auch der Anforderung von § 7 Abs. 5, Abs. 1 Satz 2 ZAV ist genügt, weil der Kläger Milcherzeuger im Sinne dieser Bestimmung ist. Die weitere Voraussetzung des § 12 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz ZAV liegt ebenfalls vor, denn der Kläger hat den Pachtvertrag nicht gekündigt.

bb) Der Kläger hat sein Recht aus § 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV, die zurückzugewährende Anlieferungs-Referenzmenge vom Verpächter innerhalb eines Monats nach Ablauf des Pachtvertrags zu übernehmen, mit Schreiben vom 3. April 2000 an den Beigeladenen zu 1 rechtzeitig und gegenüber dem richtigen Adressaten ausgeübt. Die zunächst bestehenden Zweifel, wem gegenüber der Pächter von seinem Übernahmerecht Gebrauch machen muss, sind inzwischen ausgeräumt, denn das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem oben näher bezeichneten Urteil vom 20. März 2003 geklärt, dass die Übernahmeerklärung (nur) gegenüber dem Verpächter - hier dem Beigeladenen zu 1 - abzugeben ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat an.

c) Das Recht des Klägers auf Übernahme der Referenzmenge ist auch nicht nach § 12 Abs. 4 ZAV ausgeschossen.

Nach Satz 1 dieser Bestimmung kommt ein Ausschluss nicht in Betracht, insbesondere ist der Beigeladene zu 1 - der Verpächter - nicht Milcherzeuger und benötigt die Referenzmenge daher nicht gemäß Nr. 3 der Regelung für die eigene Milcherzeugung.

Auch die Vereinbarung des Beigeladenen zu 1 mit dem Beigeladenen zu 2 vom 29. Februar 2000 über eine Übertragung der fraglichen Referenzmenge auf den Beigeladenen zu 2 konnte einen Ausschluss des Übernahmerechts des Klägers nicht bewirken:

Der Senat hat zwar bei einer vergleichbaren Fallgestaltung angenommen, das Übernahmerecht des Pächters sei bei einer derartigen Übertragung der verpachteten Referenzmenge auf einen milcherzeugenden Dritten nach § 12 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz ZAV ausgeschlossen (Urt. vom 4.3.2002 - 9 B 01.2154, RdL 2002, 193). An dieser Auffassung ist aber nicht festhalten, denn das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem bereits genannten Urteil vom 20. März 2003 auch entschieden, dass diese Vorschrift nur den Abzug zugunsten der Landesreserve regelt und zum Übernahmerecht des Pächters nichts aussagt. Weil im übrigen während der Geltung von § 7 Abs. 2 a MGV eine flächenlose Übertragung verpachteter Referenzmengen nicht möglich gewesen sei, habe der Dritte auch nicht "Verpächter" im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV werden können. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass das Recht des Klägers auf Übernahme der Referenzmenge durch die zwischen den Beigeladenen vereinbarte Referenzmengenübertragung nicht in Frage gestellt sein kann.

d) Das Recht des Klägers auf Übernahme der Referenzmenge kann auch wegen noch rechtzeitig möglicher Zahlung des vollen Übernahmepreises noch wirksam werden.

aa) Dazu bestimmt § 12 Abs. 3 Satz 3 ZAV, dass der Pächter bei der Übernahme der Anlieferungs-Referenzmenge verpflichtet ist, dem Verpächter innerhalb von 14 Tagen nach Ausübung des Übernahmerechts einen Betrag von 67 vom Hundert des Gleichgewichtspreises, der an dem dem Zeitpunkt der Rückgewähr vorangegangenen Übertragungstermin ermittelt worden ist, zu zahlen. Weil es nach Inkrafttreten der Zusatzabgabenverordnung am 1. April 2000 zunächst an einer entsprechenden Ermittlung des Gleichgewichtspreises nach §§ 8 ff. ZAV fehlte, ist in § 12 Abs. 3 Satz 5 ZAV weiter geregelt, dass für Anlieferungs-Referenzmengen, die bis zum 30. Oktober 2000 zurückgewährt worden sind, als Übertragungstermin der 30. Oktober 2000 gilt. Auf die sich daraus möglicherweise weiter ergebenden Rechtsunsicherheiten ist hier nicht weiter einzugehen, weil der Kläger einer Verpflichtung zur Zahlung des Übernahmepreises innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab dem Übertragungstermin 30. Oktober 2000 oder - wohl eher zutreffend (vgl. die ministeriellen Vollzugshinweise vom April 2001, Nr. 2.3.5) - ab Bekanntgabe des Gleichgewichtspreises nach § 10 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 5 Satz 1 ZAV zu diesem Übertragungstermin nicht nachgekommen ist.

Weil nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ZAV das Übernahmerecht erst mit dem Nachweis rechtzeitiger Zahlung nach Satz 3 und Satz 5 (die zulässige Vereinbarung eines niedrigeren Preises nach Satz 4 kommt hier wohl nicht in Betracht) der Vorschrift wirksam wird, ist damit zugleich eine Vorleistungspflicht des Pächters bestimmt. Fraglich ist aber, ob eine Vorleistungspflicht des Pächters auch dann angenommen werden kann, wenn dessen Übernahmerecht nicht nur vom Verpächter bestritten wird, sondern die Landesstelle einen Anspruch des Pächters auf Übernahme verneint hat (Bescheid vom 28.8.2000) und dem vermeintlichen Erwerber, dem Beigeladenen zu 2, eine Bescheinigung über den Übergang der Anlieferungs-Referenzmenge erteilt hat (Bescheid vom 28.6.2002). Vor allem wegen des Insolvenzrisikos wird für diese Fallgestaltung eine Vorleistungspflicht des Pächters bis zur Bestands- oder Rechtskraft einer Entscheidung über die dem Verpächter erteilte Bescheinigung nicht mehr bejaht (vgl. Nds. OVG vom 23.10.2001 - 10 MB 1937/01 unter Bezugnahme auf VG Oldenburg vom 26.2.2001 - 12 B 35/01, Senatsentsch. vom 4.3.2002 a.a.O.; Düsing/Kauch a.a.O. S. 196 verweisen auf Grundsätze des Annahmeverzugs), während die Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten zum Vollzug der Zusatzabgabenverordnung vom April 2001 unter Nr. 3.2 (ebenso Nr. 5.2 der Neufassung der Vollzugshinweise vom April 2002) ohne ausdrückliche Erörterung dieser Frage vorsehen, die Wirksamkeit einer Rückübertragungsbescheinigung davon abhängig zu machen, dass ein vom Pächter bereits geleisteter Übernahmebetrag zurückgezahlt wird. Auch der Senat kann der Regelung in § 12 Abs. 3 Sätze 2, 3 und 5 ZAV nicht entnehmen, dass eine Vorleistungspflicht des Pächters auch dann bestehen soll, wenn dessen Übernahmerecht ausdrücklich verneint und durch eine dem Verpächter (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgestellte Rückübertragungsbescheinigung gerade nicht anerkannt wird. In entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 1 BGB hält der Senat es für angebracht, dem Pächter für die Dauer des Streits um die Rechtmäßigkeit dieser Bescheinigung ein Zurückbehaltungsrecht zuzugestehen.

Damit hat der Kläger die Möglichkeit, durch Zahlung des innerhalb von 14 Tagen ab Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren die Wirksamkeit seines Übernahmerechts herbeizuführen.

bb) Hier kann der Kläger die mit dem Hauptantrag begehrte Ausstellung der Übergangsbescheinigung noch nicht ohne Einschränkung beanspruchen, weil er mit der nachgewiesenen Überweisung von 10.644,01 Euro an den Beigeladenen zu 1 noch nicht den vollen Übernahmepreis gezahlt hat.

aaa) Nach § 12 Abs. 3 Sätze 3 und 5 ZAV errechnet sich der Übernahmebetrag zunächst wie folgt:

20.857 kg (Referenzmenge) x 1,49 DM/kg (Gleichgewichtspreis Niederbayern für den Übertragungstermin 30.10.2000) x 67 : 100 = 20.821,54 DM. Dieser Betrag entspricht (Umrechnungsfaktor 1,95583) 10.645,89 Euro, einem Betrag der - wenn auch nur sehr geringfügig - über dem vom Kläger an den Beigeladenen zu 1 überwiesenen Betrag liegt.

Eine etwas größere Differenz ergäbe sich zu dem überwiesenen Übernahmebetrag von umgerechnet 10.664,01 Euro, wenn entsprechend den vom Landwirtschaftsamt übermittelten Tabellen zunächst der vom Pächter zu zahlende Übernahmepreis je Kilogramm Referenzmenge ermittelt würde. Diese Berechnung (1,49 DM/kg x 67 : 100 = 0,9983 DM/kg) führt nämlich wegen der notwendigen Aufrundung auf 1,- DM/kg zu einem insgesamt etwas höheren Übernahmebetrag. Der Senat hält es aber für zutreffend, zunächst den Gleichgewichtspreis für die fragliche Referenzmenge zu ermitteln und erst dann den vom Pächter zu zahlenden Übernahmepreis in Höhe von 67 % dieses Betrag zu errechnen. § 12 Abs. 3 Satz 3 ZAV spricht zwar von der Verpflichtung des Pächters "... einen Betrag von 67 vom Hundert des Gleichgewichtspreises ... zu zahlen". Unausgesprochen - weil selbstverständlich - gemeint ist aber "des Gleichgewichtspreises für die fragliche Referenzmenge". Deshalb ist zunächst der maßgebliche Gleichgewichtspreis mit der zu übernehmenden Referenzmenge zu multiplizieren (1,49 DM/kg x 20.857 kg = 31.076,93 DM) und die Notwendigkeit einer (Ab-) Rundung auf einen vollem Pfennigbetrag ergibt sich erst bei der Errechnung von 67 % aus dem vollen Gleichgewichtspreis (31.076,93 DM x 67 : 100 = 20.821,543 DM) auf gerundet 20.821,54 DM.

bbb) Mit einem Betrag von 20.821,54 DM oder umgerechnet 10.645,89 Euro ist aber der Übernahmepreis dann noch nicht zutreffend ermittelt, wenn der Referenzfettgehalt der zu übernehmenden Referenzmenge von dem Standardfettgehalt von 4 vom Hundert abweicht. Mit der Verwendung des Begriffs "Gleichgewichtspreis" in § 12 Abs. 3 Satz 3 ZAV wird nämlich auf dessen Ermittlung nach §§ 9 ff. ZAV Bezug genommen. Deshalb ist gemäß § 9 Abs. 1 letzter Satz, § 10 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz ZAV eine Umrechnung der zu übernehmenden Anlieferungs-Referenzmenge auf einen Standardfettgehalt von 4 vom Hundert vorzunehmen. Der abweichenden Ansicht, bei einem vom Standardfettgehalt von 4 % abweichenden Referenzfettgehalt der vom Pächter zu übernehmenden Referenzmenge sei nicht umzurechnen (so Nr. 2.3.2 der ministeriellen Vollzugshinweise vom April 2001 und April 2002 und Düsing/Kauch, Die Zusatzabgabe im Milchsektor, 1. Aufl. 2001, S. 195) vermag der Senat nicht zu folgen, weil der in der Zusatzabgabenverordnung und auch in § 12 Abs. 3 Satz 3 ZAV verwendete Begriff "Gleichgewichtspreis" stets ein gemäß § 9 ff. ZAV zu errechnender Preis ist und kein Grund ersichtlich ist, die Umrechnung auf einen Standardfettgehalt nicht vorzunehmen.

Die Umrechnung auf eine Referenzmenge zum Standardfettgehalt erfolgt wie bei der Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen über die Verkaufsstelle (§§ 8 ff. ZAV) gemäß dem Merkblatt zu Anhang 2.2 der ministeriellen Vollzugshinweise vom April 2001 und April 2002 nach folgender Formel:

Menge zum Referenzfettgehalt x Referenzfettgehalt : Standardfettgehalt

Eine abweichende Berechnung nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 (heute: Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1392/2001 der Kommission vom 9. Juli 2001) ist nicht möglich, weil diese Regelung nur die Abgabenberechnung für den Fall einer Abweichung des durchschnittlichen Fettgehalts der gelieferten Milch von dem für den Erzeuger ermittelten repräsentativen Fettgehalt betrifft.

Im vorliegenden Fall ist daher von einer Referenzmenge zum Standardfettgehalt von (20.857 kg x 4,56 % : 4 % =) 23.777 kg auszugehen. Der Gleichgewichtspreis für die vom Kläger zu übernehmende Referenzmenge beträgt dann nach der oben bereits erläuterten Berechnungsart (23.777 kg x 1,49 DM/kg x 67 : 100 =) 23.736,58 DM oder umgerechnet 12.136,32 Euro.

ccc) Weil nach der Überweisung des Klägers an den Beigeladenen zu 1 von 10.644,01 Euro demnach noch ein Differenzbetrag von 1.492,31 Euro zum vollem Übernahmepreis von 12.136,32 Euro verbleibt, ist der Klage nur mit dem Hilfsantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Ausstellung der begehrten Bescheinigung nach Bezahlung des (zutreffenden) Übernahmepreises gemäß § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens stattzugeben.

Der Klage könnte zwar auch in der Weise stattgegeben werden, dass ohne weitere Einschränkung zur Ausstellung der begehrten Bescheinigung für den Teil der Referenzmenge verpflichtet wird, der nach der beschriebenen Berechnung dem bereits gezahlten Übernahmepreis entspricht. Über die Berechtigung des Pächters zu einer Teilübernahme der Referenzmenge enthält § 12 Abs. 3 ZAV zwar nichts; aus der in der Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV notwendig anzugebenden Anlieferungs-Referenzmenge ergibt sich aber bei gegebener Teilbarkeit, dass auch eine Teilübernahme möglich ist (vgl. Düsing/Kauch, a.a.O. S. 191). Darauf ist hier aber nicht weiter einzugehen, weil der Kläger auch mit dem Hilfsantrag in erster Linie das Ziel einer Übernahme der vollen, von ihm auch dem Umfang nach bezifferten Referenzmenge anstrebt.

2. Auf die Berufung des Klägers ist der Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Ausstellung der Übernahmebescheinigung gemäß dem Hilfsantrag, der den notwendigen Inhalt der Bescheinigung nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV angibt, zulässigerweise aber den Übernahmepreis nicht betragsmäßig festlegt, unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils und der entgegenstehenden behördlichen Bescheide stattzugeben und nur im übrigen abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 167 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO. Weil der Kläger nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, hält der Senat es für angemessen, dem Beklagten die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO ganz aufzuerlegen.

Es besteht kein Anlass, dem Beklagten aus Billigkeit auch etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zu überbürden, denn diese haben keinen Antrag gestellt und sich deshalb einem Prozesskostenrisiko nicht ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO); mangels anwaltlicher Vertretung sind den Beigeladenen allenfalls geringe außergerichtliche Kosten erwachsen. Abgesehen davon wären sie im Falle einer Verteidigung des für sie günstigen Urteils des Verwaltungsgerichts unterlegen und hätten auch deshalb keinen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Ausspruch über die Befugnis des Beklagten zur Abwendung der Vollstreckung ergibt sich aus § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache im Hinblick auf die Zweifel des Senats an einer verfassungskonformen gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass der Zusatzabgabenverordnung - ungeachtet einer wünschenswerten höchstrichterlichen Klärung - mangels Entscheidungserheblichkeit dieser Frage keine grundsätzliche Bedeutung.

Hinweis: Die Streitwertfestsetzung erfolgt durch gesonderten Beschluss.

Ende der Entscheidung

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