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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.10.2009
Aktenzeichen: 9 ZB 08.2163
Rechtsgebiete: BayBO 1997, BayBO 2008, BauNVO


Vorschriften:

BayBO 1997 Art. 82 Satz 1
BayBO 2008 Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1
BayBO 2008 Art. 6 Abs. 2 Satz 2
BayBO 2008 Art. 6 Abs. 2 Satz 3
BauNVO § 23 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

9 ZB 08.2163

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Beseitigungsanordnung und Baugenehmigung

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Juni 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schechinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Krieger

ohne mündliche Verhandlung am 23. Oktober 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 4.100 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 VwGO) ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO liegen nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich aus den dargelegten Gründen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Haßberge vom 23. Oktober 2007, mit dem auf der Grundlage des Art. 82 Satz 1 BayBO 1997 die Beseitigung eines Anbaus an ein Garagen- und Lagergebäude angeordnet worden war, und die Verpflichtungsklage auf die Erteilung einer Baugenehmigung für diesen Anbau zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung nicht besteht und eine Befreiung für die Überschreitung der im Bebauungsplan für das Gewerbegebiet "Gröbera" der Stadt Zeil am Main (genehmigt mit Entschließung der Regierung von Unterfranken vom 3.2.1970) festgesetzten Baugrenzen durch den streitigen Anbau nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht erteilt werden durfte. Auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil, durch eine Befreiung in dem von der Klägerin gewünschten Umfang mit einem Grenzanbau an die benachbarte "öffentliche Freifläche" würden wegen der Vielzahl möglicher Bezugsfälle Grundzüge der Planung berührt, wird verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Der Zulassungsantrag enthält hierzu keine substantiellen Gegenargumente; er beruft sich allein auf die inzwischen aufgegebene frühere Ansicht des Beklagten.

Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis auch insoweit nicht zu beanstanden, als es die Möglichkeit einer Zulassung des klägerischen Vorhabens nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1968 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO 2008 verneint. Allerdings folgt dieses Ergebnis im Gegensatz zur Meinung des Verwaltungsgerichts bereits daraus, dass eine Verknüpfung dieser Vorschriften grundsätzlich ausscheidet. Nach § 23 Abs. 5 BauNVO 1968 (zur Anwendbarkeit der Vorschrift in dieser Fassung vgl. Ziegler in Brügelmann, Baugesetzbuch, Rd.Nr. 140 zu § 23 BauNVO) können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne von § 14 zugelassen werden, wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht im Bauwich oder in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können (§ 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1968). Dass es sich bei dem streitigen Gebäude nicht um eines handelt, welches nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO in den Abstandsflächen eines Gebäudes zulässig wäre, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt und wird auch im Zulassungsantrag nicht bestritten. In der vom Verwaltungsgericht herangezogenen und von Klägerseite für sich beanspruchten Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO werden dagegen keine Gebäude beschrieben, die nach bayerischem Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig wären. Die Vorschrift bestimmt vielmehr, dass Abstandsflächen im Sinn des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO sich ganz oder teilweise auf andere Grundstücke erstrecken dürfen, wenn rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden. Sie lässt damit die Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen unberührt, verlagert diese nur auf benachbarte Grundstücke. Überdies gilt sie unterschiedslos für alle Gebäude, unabhängig von Art und Maß ihrer Nutzung. Damit ist eine vergleichbare Interessenlage wie für jene Gebäude untergeordneter Bedeutung, die Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO nennt und auf welche § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zielt, nämlich solche, welche nach Landesrecht wegen ihres geringeren Gewichts ohne eigene Abstandsflächen errichtet werden dürfen, nicht gegeben. Nicht nur dem Wortlaut nach, sondern auch nach dem Zweck des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1968 ist daher eine Durchbrechung der festgesetzten Baugrenzen für Gebäude, die nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO ihre Abstandsflächen ganz oder teilweise auf das Nachbargrundstück erstrecken dürfen, nicht vorgesehen. Das Gleiche gilt übrigens für die Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO, die die Lage der Abstandsflächen auf angrenzenden Verkehrs-, Grün- und Wasserflächen erlaubt, deren Heranziehung im vorliegenden Fall näher gelegen hätte. Auch hier handelt es sich nicht um die Privilegierung eines bestimmten Typs weniger bedeutsamer Gebäude, für welche Abstandsflächen nicht gelten und daher auch die Bindung an Baugrenzen gelockert werden kann, sondern um eine generelle Regelung der einzuhaltenden Abstandsflächen, welche von der Gemeinde im Bebauungsplan durch Festsetzung von Baugrenzen überlagert werden kann (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, Rd.Nr. 14 zu § 23).

Nach alledem kam eine Entscheidung nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1968 - wie der Beklagte zu Recht im gesamten Verfahren vertreten hat - im vorliegenden Fall von vornherein nicht in Betracht. Damit entfällt gleichzeitig die Grundlage für die von Klägerseite in diesem Zusammenhang behaupteten Ermessensfehler und Aufklärungsmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO; Streitwert: §§ 47, 52, Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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