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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.04.2001
Aktenzeichen: 1Z AR 3/01
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 43b
FGG § 46
Wechseln die Beteiligten im Adoptionsverfahren ihren Wohnsitz, kann eine Abgabe des Verfahrens an das Gericht des neuen Wohnorts geboten sein.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Kenklies, Seifried und Zwirlein

am 18. April 2001

in der Vormundschaftssache

pp.

wegen Annahme als Kind,

hier: Abgabe an ein anderes Vormundschaftsgericht,

auf Vorlage des Amtsgerichts Weilheim - Zweigstelle Schongau -

beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht Kaufbeuren hat das Verfahren zu übernehmen.

I.

Der damals 16jährige Beteiligte zu 1 (Kind) und der Beteiligte zu 2 (Annehmender) haben mit notarieller Urkunde vom 30.3.2000 am 3.4.2000 bei dem Amtsgericht Weilheim - Zweigstelle Schongau -, in dessen Bezirk sie damals wohnten, beantragt, auszusprechen, daß der Beteiligte zu 1 von dem Beteiligten zu 2 als Kind im Wege der unvollständigen Annahme an Kindes Statt gemäß Art. 151 ff. des serbischen Ehe- und Familiengesetzes angenommen wird. Am 3.5.2000 zog der Beteiligte zu 2 in den Bezirk des Amtsgerichts Kaufbeuren um. Seit Abschluß des Schuljahres 1999/2000 lebt der Beteiligte zu 1 im Haushalt des Beteiligten zu 2.

Das Amtsgericht Weilheim - Zweigstelle Schongau - hält im Hinblick auf besondere Umstände des Falles die Abgabe der Sache an das für den Wohnsitz des Annehmenden zuständige Amtsgericht Kaufbeuren für geboten. Da sich Hinweise auf mögliche Eignungsdefizite des Beteiligten zu 2 und Schwierigkeiten im Verhältnis der Beteiligten zu 1 und 2 ergeben hätten, seien die häuslichen Verhältnisse am nunmehrigen Wohnort umfassend zu ermitteln und voraussichtlich weitere persönliche Anhörungen vorzunehmen. Im weiteren Verfahren sei das Wohnsitzjugendamt im Bezirk des um Übernahme angegangenen Gerichts zu beteiligen. Zum Bereich von Schongau bestehe kein Bezug mehr.

Das Amt für Jugend und Familie in Schongau, das derzeit zum Vormund des Beteiligten zu 1 bestellt ist und die Vormundschaft im Hinblick auf das bei dem Amtsgericht Weilheim - Zweigstelle Schongau - anhängige Adoptionsverfahren derzeit noch wahrnimmt, hat beantragt, als Vormund entlassen zu werden und das Kreisjugendamt in Marktoberdorf zum neuen Vormund zu bestellen. Eine gutachtliche Äußerung nach § 56d FGG wurde vom Kreisjugendamt Schongau nicht abgegeben unter Hinweis darauf, daß die Beteiligten zu 1 und 2 nicht mehr im Landkreis Weilheim-Schongau wohnten und das Jugendamt Marktoberdorf, das die Familie bereits während eines früheren ständigen Aufenthalts im dortigen Landkreis langjährig betreut habe, mit den Familienverhältnissen intensiv vertraut sei. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben sich dafür ausgesprochen, daß das Verfahren "in Schongau durchgezogen" werden solle.

Das Amtsgericht Kaufbeuren - Zweigstelle Füssen - hat auf Anfrage des Amtsgerichts Weilheim - Zweigstelle Schongau - die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Daraufhin hat das Amtsgericht Weilheim - Zweigstelle Schongau - die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung gemäß § 46 Abs. 2 FGG vorgelegt.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung des Abgabestreits zuständig (§ 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 199 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG), weil die beteiligten Amtsgerichte ihren Sitz in verschiedenen bayerischen Landgerichtsbezirken haben (vgl. BayObLGZ 1989, 1)

2. Die verfahrensmäßigen Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 46 Abs. 2 und 3 FGG liegen vor.

a) Auch die Annahme eines Kindes betreffende Angelegenheiten im Sinne von § 43 b Abs. 1 FGG können unter den in § 46 Abs. 1 FGG aufgeführten Voraussetzungen an ein anderes Vormundschaftsgericht abgegeben werden (BayObLGZ 1983, 210/211).

b) Die beteiligten Amtsgerichte können sich über die Abgabe und Übernahme nicht einigen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 FGG).Das abgebende Gericht hält sich noch im Zeitpunkt der Abgabe für zuständig (vgl. BayObLGZ 1983, 210/213), möchte die Angelegenheit jedoch aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten durch ein anderes Gericht behandelt wissen.

3. Das Amtsgericht Kaufbeuren hat das Verfahren zu übernehmen. Es liegen wichtige Gründe für eine Abgabe vor, da das um Übernahme angegangene Gericht die Sache unter vorrangiger Berücksichtigung des Kindeswohls voraussichtlich leichter und zweckmäßiger führen kann als dies dem abgebenden Gericht möglich ist (vgl. hierzu BayObLGZ 1988, 236/237 und 1993, 7/8).

Der Annehmende hat seinen Wohnsitz seit Mai 2000 im Amtsgerichtsbezirk Kaufbeuren. Dort wohnt seit dem Spätsommer 2000 auch das anzunehmende Kind. Daher können die gebotenen Ermittlungen, ob das Kind und die Familie des Annehmenden für die Annahme geeignet sind, ebenso wie möglicherweise notwendige weitere Anhörungen des Kindes und des Annehmenden leichter durch das Amtsgericht Kaufbeuren durchgeführt werden. Hinzu kommt, daß das für den derzeitigen Wohnsitz zuständige und im Bezirk des um Übernahme angegangenen Amtsgerichts gelegene Jugendamt aufgrund eines früheren ständigen Aufenthalts des Annehmenden und seiner Familie im dortigen Bezirk und der damals aufgetretenen Betreuungsnotwendigkeit mit den Familienverhältnissen bereits über Jahre hinweg vertraut ist. Dagegen liegen Gründe dafür, die Sache beim bisher zuständigen Amtsgericht zu belassen, nicht vor; insbesondere ist nicht ersichtlich, daß noch im Bezirk des abgebenden Amtsgerichts weitere Ermittlungen, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, durchzuführen wären.

Ende der Entscheidung

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