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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 1Z AR 33/03
Rechtsgebiete: ZPO, GVG


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 260
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 8
GVG § 23 Nr. 1
GVG § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9
GVG § 71 Abs. 1
Ein zuständiges Gericht kann bei einer Klagehäufung von Ansprüchen nicht bestimmt werden, wenn sie teils als Familiensache und teils als Nichtfamiliensache zu behandeln sind.
Gründe:

I.

Der Kläger war der Ehemann der 1998 verstorbenen A., die zuletzt im Amtsgerichtsbezirk Lindau wohnhaft war. Die Verstorbene hat ihren Ehemann von der Erbschaft ausgeschlossen und ihre vier Kinder, einen Enkel und eine Schwiegertochter zu Erben berufen. B., über dessen Vermögen 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Insolvenzverwalter ist der in Memmingen ansässige Beklagte zu 1), sowie die im Amtsgerichtsbezirk Wangen (Baden-Württemberg) wohnhafte Beklagte zu 2 und die im Amtsgerichtsbezirk Lindau wohnhafte Beklagte zu 3 sind jeweils Miterben zu einem Anteil von 15 % geworden. Der Nachlass besteht vor allem aus Grundbesitz, der überwiegend im Amtsgerichtsbezirk Lindau gelegen ist.

Mit der Klage macht der Kläger gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Zugewinnausgleichsansprüche in Höhe von 499653,31 EUR und Pflichtteilsansprüche in Höhe von 188617,94 EUR, insgesamt 688271,25 EUR (1346141,50 DM), geltend. Der Kläger hat gegen B. und die Beklagten zu 2 und 3 einen Mahnbescheid erwirkt, gegen den diese Widerspruch eingelegt haben. Das Mahngericht hat den Rechtsstreit an das Landgericht Kempten abgegeben, das im Mahnbescheidsantrag als für das streitige Verfahren zuständig bezeichnet worden war. Das Landgericht wies die Parteien darauf hin, dass für das Verfahren über den Zugewinnausgleichsanspruch das Familiengericht ausschließlich zuständig sei, während der Pflichtteilsanspruch im allgemeinen Streitverfahren behandelt werden müsse, ohne dass eine Verbindung beider Verfahren in Betracht käme. Daraufhin rügte die Beklagte zu 2 die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Kempten, soweit der Kläger seine Ansprüche auf Zugewinnausgleich geltend macht. Der Kläger berief sich auf den Gerichtsstand der Erbschaft, der beim Landgericht Kempten gegeben sei, und beantragte hilfsweise, das gemeinschaftlich zuständige Gericht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu bestimmen. Das Landgericht legte die Akten dem Oberlandesgericht München zur Zuständigkeitsbestimmung vor, das die Akten an das Bayerische Oberste Landesgericht weiterleitete.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über das Gesuch berufen (§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO), weil die Beklagten zu 1 und 3 ihren allgemeinen Gerichtsstand bei einem bayerischen Gericht haben, während die Beklagte zu 2 ihren allgemeinen Gerichtsstand bei einem Gericht in Baden-Württemberg hat, und das in Bayern gelegene Landgericht Kempten zuerst mit der Sache befasst war.

2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts liegen nicht vor.

Der Kläger verlangt zum einen den sich aus § 1371 Abs. 2, 3 BGB ergebenden Zugewinnausgleich, zum anderen seinen Pflichtteil gemäß § 2303 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 2 Halbsatz 2 BGB. Für den Anspruch auf Zugewinnausgleich ist gemäß § 23b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 GVG, § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO das Amtsgericht als Familiengericht ausschließlich zuständig. Die Zuständigkeit für die Streitigkeit über das Pflichtteilsrecht richtet sich dagegen nach den allgemeinen Bestimmungen über die Zuständigkeit in vermögensrechtlichen Streitigkeiten (§ 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG).

Gemäß § 260 ZPO können mehrere Ansprüche des Klägers, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, nur dann in eine Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Diese Voraussetzungen sind aber im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil von Gesetzes wegen für den in ausschließlicher Zuständigkeit des Familiengerichts geltend zu machenden Zugewinnausgleichsanspruch (§ 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO) eine andere Prozessart vorgesehen ist, als für den im allgemeinen Streitverfahren zu verfolgende Pflichtteilsanspruch (Nichtfamiliensache). Eine Verbindung einer Nichtfamiliensache mit einer Familiensache ist mit Ausnahme der Sonderfälle von § 621a Abs. 2, § 623 ZPO nicht möglich (BGH NJW 1979, 426/427; 1981, 2417/2418; OLG Frankfurt FamRZ 1988, 734/735; Zöller/Philippi § 621 Rn. 59, 100).

Eine auf den Pflichtteilsanspruch bzw. Zugewinnausgleichsanspruch beschränkte Zuständigkeitsbestimmung ist nicht beantragt, sie käme auch im Hinblick auf den gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand der Erbschaft (§ 27 bzw. § 28 ZPO) nicht in Betracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 1987, 757). Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird gemäß § 3 ZPO entsprechend dem Interesse des Klägers, die Beklagten bei demselben Gericht zu verklagen, auf einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache festgesetzt (vgl. BayObLGZ 1995, 301/305); der Senat hält 1/4 des Hauptsachewertes für angemessen (vgl. BayObLG vom 21.3.2002 - 1Z AR 20/02).

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