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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.05.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 124/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2078
BGB § 2081
BGB § 2085
BGB § 2087
Zur Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis.
Gründe:

I.

Der im Alter von 68 Jahren verstorbene Erblasser war ledig und kinderlos. Er lebte viele Jahre zusammen mit seiner Mutter, der nachverstorbenen früheren Beteiligten zu 2, in A. Sein Vater war bereits 1965 vorverstorben.

Mit der Beteiligten zu 1 und deren Ehemann verband den Erblasser eine jahrzehntelange Freundschaft. Nach dem Tod des Ehemanns im Jahre 1998 kam es zu einer noch intensiveren Beziehung zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 1, die wenigstens vorübergehend seine Lebensgefährtin wurde. Seit dem 5.6.2001 wohnte der Erblasser offiziell bei der Beteiligten zu 1 in A. Seine Mutter war zuvor, im Frühjahr 2001, zu ihrer Tochter (Schwester des Erblassers, Beteiligte zu 3), ins Allgäu gezogen. Am 24.7.2001 zog der Erblasser ebenfalls zu seiner Schwester ins Allgäu, blieb aber weiterhin unter der Adresse der Beteiligten zu 1 in A. gemeldet.

Der Bruder des Erblassers ist im Jahr 1999 vorverstorben; dessen einziger Sohn ist der Beteiligte zu 4.

Der Erblasser hinterließ folgende eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Verfügung vom 16.11.2000:

Die Beteiligte zu 1 soll bekommen

1. mein Auto

2. meine Baarschaft

3. einen evtl. vorhandenen Anteil an einer Eigentumswohnung oder Reihenhaus.

Auch soll Sie mich Beerdigen im Familiengrab in A. und meine Grabpflege übernehmen.

4. Meinen Erbteil am Reihenhaus.

Die Beteiligte zu 3 soll bekommen

die Stielmöbel, die Komode und den Rauchtisch.

Mit der Vorgabe alles in Wohnung zu lassen bis zum Ableben der Beteiligten zu 1, die obige Möbel nicht verkaufen darf.

L.

soll bekommen

Mein Miteigentum am Grundstück B.

alles was mit Eisenbahn zu tun hat, und meine vollst. Amateurfunk Anlage.

Ich ordne Vollstreckung an.

Testamentsvollstrecker soll die Beteiligte zu 1 sein.

Den Pkw hatte der Erblasser am 3.11.1999 als Neuwagen zu einem Preis von 30890 DM erworben. Die Beteiligten zu 2 bis 4 haben vorgetragen, dass der Erblasser den Pkw Anfang August 2001 dem Schwiegersohn der Beteiligt en zu 3 geschenkt habe, ohne dass eine Umschreibung in den Kfz-Papieren erfolgt sei.

Kurz vor seinem Tod besaß der Erblasser ein Bankguthaben von ca. 17000 DM. Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 2 bis 4 soll auch dieser Vermögensposten nicht in den Nachlass fallen, da der Erblasser über diesen Betrag am 18.10.2001, einen Tag vor seinem Ableben, durch Banküberweisung zugunsten der Beteiligten zu 3 verfügt habe, um damit unter anderem für ihn verauslagte Beträge abzugelten.

Zu dem vom Erblasser beabsichtigten Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Reihenhauses, auf den Ziff. 3 des Testaments Bezug nimmt, kam es nicht mehr.

Der Erblasser war zu 1/8 an einer Erbengemeinschaft beteiligt, zu deren Nachlass der Hälfteanteil an einem Reihenhaus gehörte. Dieses Haus wurde zwischenzeitlich zu einem Kaufpreis von 390000 DM veräußert; der auf den Erblasser entfallende Anteil beträgt rund 24000 DM.

Die im Testament vom 16.11.2000 erwähnten Stilmöbel, deren Wert die Beteiligten zu 2 bis 4 mit 200000 DM angeben, standen unstreitig nicht im Eigentum des Erblassers; sie gehörten seiner Mutter. Diesbezüglich hatten der Erblasser, die Beteiligten zu 3 und 4, der Vater des Beteiligten zu 4 sowie die Tochter der Beteiligten zu 3 unter dem 23.12.1997 eine maschinenschriftliche, von der Mutter des Erblassers eigenhändig unterschriebene Erklärung mitunterzeichnet, wonach die komplette Wohnungseinrichtung nach dem Tod der Mutter im Besitz des Erblassers verbleiben sollte. Dieser verpflichtete sich, bestimmte Einrichtungsgegenstände an den Beteiligten zu 4 und andere Einrichtungsgegenstände an die Tochter der Beteiligten zu 3 zu vererben.

Der Erblasser war neben der Familie L. zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks, das vor ca. 25 Jahren für einen Kaufpreis von insgesamt 4500 DM gekauft worden war und dessen Wert sich nach den Angaben der Beteiligten praktisch nicht erhöht hat.

Der im Testament bedachte L. ist der Enkel der Beteiligten zu 1, deren Sohn - wie der Erblasser - Modelleisenbahnen zusammenbaute. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob sich zum Zeitpunkt des Erbfalls noch eine wertvolle Lok der Firma Märklin aus dem Jahr 1920 im Eigentum des Erblassers befunden hat. Der Wert der Amateurfunkanlage wird von den Beteiligten mit ca. 30000 DM beziffert.

Ferner befand sich im Nachlass ein Immobilienfondsanteil im Wert von 4800 DM. j Die Beteiligte zu 1 betrachtet sich aufgrund des Testaments vom 16.11.2000 als Alleinerbin; sie hat einen entsprechenden Erbschein beantragt. Mit Vorbescheid vom 14.1.2002 kündigte das Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins gemäß Antrag der Beteiligten zu 1 und die Zurückweisung widersprechender Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 2 bis 4 an.

Hiergegen legten die Beteiligten zu 2 bis 4 Beschwerde ein. Nach ihrer Auffassung ist das Testament vom 16.11.2000 unwirksam, weshalb sie gesetzliche Erben zu 1/2 (Beteiligte zu 2) und zu je 1/4 (Beteiligte zu 3 und 4) seien.

Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 12.9.2002 zurück. Daraufhin erteilte das Nachlassgericht am 2.10.2002 einen Erbschein mit dem im Vorbescheid angekündigten Inhalt. Gegen die Entscheidung des Landgerichts haben die Beteiligten zu 2 bis 4 weitere Beschwerde eingelegt. Nach Einlegung des Rechtsmittels ist die Beteiligte zu 2 verstorben; das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auch insoweit von den Beteiligten zu 3 und 4 als Erben der Beteiligten zu 2 fortgeführt.

II.

Die zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Die nicht fristgebundenen und formgerecht eingelegten weiteren Beschwerden sind zulässig (§ 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 und 4, § 20 FGG). Zwar ist das Verfahren, das sich gegen den Vorbescheid vom 14.1.2002 richtete, durch die Erteilung des Erbscheins vom 2.10.2002 zugunsten der Beteiligten zu. 1 als Alleinerbin gegenstandslos geworden. Das Rechtsmittelanliegen kann aber mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins und der Erteilung eines dem eigenen Antrag der Rechtsmittelführer entsprechenden Erbscheins mit der weiteren Beschwerde weiterverfolgt werden (vgl. BGH NJW 2002, 1126; BayObLGZ 1982, 236/239; FamRZ 1991, 618). Die Anträge der Rechtsbeschwerdeführer sind in diesem Sinn auszulegen und mit diesem Inhalt zulässig.

2. Das Landgericht hat das Testament vom 16.11.2000 dahin ausgelegt, dass der Erblasser die Beteiligte zu 1 zur Alleinerbin eingesetzt hat. Einzelne unwirksame Verfügungen im Testament - betreffend die Stilmöbel, die nicht dem Erblasser gehörten, und, wenn man Alleinerbeinsetzung der Beteiligten zu 1 annimmt, deren Bestimmung zur Testamentsvollstreckerin hätten gemäß § 2085 BGB nicht auch die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen (Alleinerbeinsetzung der Beteiligten zu 1, Vermächtnisse zugunsten des L.) zur Folge. Die Auslegung des Testaments als Alleinerbeinsetzung der Beteiligten zu 1 stützt das Landgericht im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Der Erblasser habe über wesentliche Bestandteile seines Vermögens verfügt. Mit "Barschaft" habe der Erblasser auch sein Bankguthaben gemeint. Der nicht erwähnte Immobilienfondsanteil sei von untergeordnetem Wert. Der im Testament an erster Stelle genannten Beteiligten zu 1 würden wesentliche Vermögensgegenstände zugewendet, darunter auch der werthaltige Immobilienanteil. Ihr, zu der der Erblasser ein großes Vertrauensverhältnis gehabt habe, sei auch die Beerdigung und Grabpflege anvertraut, was ebenfalls für eine vom Erblasser gewollte Erbeinsetzung spreche.

Demgegenüber sei die (unwirksame) Zuwendung der Stilmöbel an die Beteiligte zu 3 zugunsten der Beteiligten zu 1 eingeschränkt. Auch die Verfügung zugunsten des L. sei vom Stellenwert her mit der Verfügung zugunsten der Beteiligten zu 1 nicht vergleichbar; die L. zugewendeten Vermögensgegenstände seien ungeachtet ihres tatsächlichen Wertes dem Kapitel "Freizeitbeschäftigung/Hobby" zuzuordnen. Nicht zuletzt zeige die (unwirksame) Bestimmung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin, dass der Erblasser dieser eine im Vergleich zu den beiden anderen genannten Personen herausragende Rolle zuweisen wollte. Auch wenn sich das Verhältnis des Erblassers zur Beteiligten zu 1 kurz vor seinem Tode verschlechtert und zu seiner Familie verbessert haben sollte, so habe der Erblasser einen etwaigen späteren Sinneswandel jedenfalls nicht in beachtlicher Form niedergelegt.

3. Die landgerichtliche Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Zutreffend hat das Landgericht das formwirksam errichtete (§ 2247 BGB) Testament als auslegungsbedürftig angesehen. Die Testamentsauslegung ist Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357/363; BayObLG FamRZ 2002, 269/270; MünchKommBGB/Leipold 3. Aufl. § 2084 Rn. 84).

b) Die Auslegung des Landgerichts wird diesen Kriterien gerecht. Es konnte unter Beachtung des § 2087 BGB zu dem Ergebnis kommen, dass der Erblasser, obgleich er nach dem Wortlaut des Testaments den bedachten Personen jeweils nur bestimmte einzeln aufgeführte Gegenstände und Vermögensgruppen vermacht hat, in Wahrheit über sein gesamtes Vermögen verfügen und seine Rechtsnachfolge durch Einsetzung der Beteiligten zu 1 zur Alleinerbin regeln wollte.

aa) Der Erblasser hat nicht ausdrücklich einen oder mehrere Erben bestimmt. Die im Testament einzeln aufgeführten Gegenstände und Vermögensgruppen umfassen jedoch nahezu sein gesamtes Vermögen. Dabei bleibt die Verfügung über die Stilmöbel zugunsten der Beteiligten zu 3 außer Betracht, da diese Gegenstände zu keinem Zeitpunkt im Vermögen des Erblassers standen; diese Verfügung ist, wie das Landgericht richtig gesehen hat, gegenstandslos und daher unwirksam. Im Übrigen hat der Erblasser alle wesentlichen Vermögenswerte aufgeführt, mit Ausnahme des Immobilienfondsanteils, dessen Wert aber im Verhältnis zum sonstigen Vermögen nicht entscheidend ins Gewicht fällt. Die Auslegung des Landgerichts, dass der Erblasser mit dem Begriff "Barschaft" nicht nur den - geringen - Bargeldbestand im Haus bzw. in der Geldbörse gemeint hat, sondern auch die (leicht verfügbaren) Bankguthaben, liegt nach der Lebenserfahrung keineswegs fern und begegnet hier keinen Bedenken.

bb) Hat der Erblasser somit praktisch über sein gesamtes Vermögen verfügt, so kommt entgegen der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB eine Erbeinsetzung der mit einzelnen Gegenständen oder Vermögensgruppen bedachten Personen in Betracht, weil nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keinen Erben berufen wollte (vgl. BGH DNotZ 1972, 500; BayObLG NJW-RR 1995, 1096). Eine solche testamentarische Aufteilung des Nachlasses kann etwa als mit einer Teilungsanordnung verbundene Erbeinsetzung angesehen werden, wobei sich die jeweilige Erbquote aus dem Verhältnis des Wertes des zugewendeten Vermögensteils zum Wert des Gesamtnachlasses ergibt (vgl. BGH FamRZ 1990, 396/398; BayObLG FamRZ 1992, 862/864). Unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse kann die Auslegung aber auch ergeben, dass nur eine der bedachten Personen zum Erben eingesetzt ist, während den anderen lediglich Vermächtnisse zugewendet sind (vgl. BayObLG NJW-RR 1997, 517/518; FamRZ 1999, 59/60; 1392/1394; BGB-RGRK/Johannsen 12. Aufl. § 2087 Rn. 14; Palandt/Edenhofer BGB 62. Aufl. § 2087 Rn. 3). Auszugehen ist von den Vorstellungen, die der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung hatte (vgl. BayObLG NJW-RR 1995, 1096; MünchKomm/Schlichting 3. Aufl. § 2087 Rn. 9).

Außerdem ist zu berücksichtigen, ob ein in dieser Weise Bedachter nach den Vorstellungen des Erblassers in die wirtschaftliche Stellung des Verstorbenen eintreten soll (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 1302; BayObLGZ 1965, 457/460).

cc) Diese Gegebenheiten hat das Landgericht beachtet. Für die Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 1 spricht, dass der Erblasser dieser den wesentlichen Teil seines Vermögens zuwenden wollte, nämlich den werthaltigen Immobilienanteil, ferner für den Fall des Erwerbs einer weiteren Immobilie nach Testamentserrichtung auch diese, sowie nach der nicht zu beanstandenden Auslegung des Landgerichts sein wesentliches Geldvermögen und sein Kraftfahrzeug. Ob das Kraftfahrzeug und das Bankguthaben, wie vorgetragen, nicht mehr in den Nachlass fallen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Zutreffend hat das Landgericht auf die Situation zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments abgestellt, zu dem Kraftfahrzeug und Bankguthaben zum Vermögen des Erblassers gehörten. Dabei stellte auch das zu diesem Zeitpunkt erst ein Jahr alte Kraftfahrzeug einen keineswegs nur unbedeutenden Wert dar.

Über die Zuwendung dieser Vermögenswerte hinaus hat der Erblasser die Beteiligte zu 1 mit seiner Beerdigung und Grabpflege beauftragt, was das Landgericht zu Recht als weiteres Indiz für deren Erbeinsetzung gewertet hat (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1392/1394; 2001, 1174/1176). Demgegenüber konnte das Landgericht die dem L. zugewendeten Gegenstände, Modellbau-Eisenbahn und Amateurfunkanlage, auch wenn sie einen nicht unbeträchtlichen Vermögenswert darstellen, als vom Stellenwert her mit der zugunsten der Beteiligten zu 1 getroffenen Verfügung nicht vergleichbar einstufen. Die Zuwendung solcher der Freizeitbeschäftigung dienenden Gegenstände an einen jungen Menschen, hier den Enkel der Lebensgefährtin legen nicht die Annahme nahe, dass der Begünstigte auch in die wirtschaftliche Stellung des Verstorbenen eintreten und als Miterbe für die Abwicklung des Nachlasses zuständig werden sollte. Der dem L. des weiteren zugewendete Immobilienanteil ist von untergeordnetem Wert.

Gegen die Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 1 lässt sich allerdings anführen, dass bei dieser Auslegung die angeordnete Testamentsvollstreckung mit Bestimmung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin gegenstandslos ist; denn der Alleinerbe kann, vom Ausnahmefall des § 2223 BGB abgesehen, nicht alleiniger Testamentsvollstrecker sein. Das Landgericht hat diesen Umstand bedacht, im Ergebnis jedoch nicht als durchgreifendes Argument gegen seine Auslegung gesehen. Das ist im Hinblick auf die für eine Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 1 sprechenden Gesichtspunkte nicht zu beanstanden. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dem Erblasser als juristischem Laien die hier inmitten stehenden rechtlichen Zusammenhänge im Einzelnen bewusst gewesen wären; dem gemäß musste das Landgericht auch nicht - gegen die sonstigen Indizien - von der Einsetzung der Beteiligten zu 1 als alleinige Testamentsvollstreckerin auf einen fehlenden Willen zur Alleinerbeinsetzung schließen. Das Landgericht durfte im Gegenteil aus dieser Klausel ein Argument für die Alleinerbeinsetzung der Beteiligten zu 1 herleiten, weil ihr die alleinige Abwicklung des Nachlasses übertragen sein sollte.

dd) Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man die unwirksame Verfügung über die Stilmöbel in den Blick nimmt. Die Rechtsbeschwerdeführer ziehen die Unwirksamkeit dieser Verfügung nicht in Zweifel; ihrer Auffassung nach müsse jedoch in einer Gesamtschau berücksichtigt werden, dass der Erblasser - wenn auch unwirksam - nicht der Beteiligten zu 1, sondern der Beteiligten zu 3, seiner Schwester, den wertmäßig höchsten Anteil habe zukommen lassen wollen, weshalb die Beteiligte zu 1 nicht als Alleinerbin angesehen werden könne. Diese Argumentation greift nicht. Das Landgericht geht im Hinblick auf die familiäre Übereinkunft vom 23.12.1997 davon aus, dass dem Erblasser die Zugehörigkeit der Stilmöbel zum Vermögen seiner Mutter bekannt war; das wird von den Rechtsbeschwerdeführern nicht beanstandet und begegnet keinen Bedenken. Der Erblasser hat die Verfügung also offenbar vorsorglich für den Fall getroffen, dass seine Mutter vor ihm versterben und er im Wege des Erbgangs verfügungsberechtigt werden würde. In diesem Fall sollten die seit langem im Familienbesitz befindlichen Stilmöbel seiner Schwester zufallen. Der Fall ist indes nicht eingetreten; es bedarf daher auch keiner Klärung, wie die Rechtslage bei den dann gegebenen Wertverhältnissen zu beurteilen wäre. Dafür, dass der Erblasser der Beteiligten zu 3 auch für den hier eingetretenen Fall, dass die Stilmöbel vor seinem Ableben gar nicht in sein Vermögen gelangen, eine Beteiligung am - ohne Stilmöbel erheblich weniger wertvollen - Nachlass einräumen wollte, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich und von den Rechtsbeschwerdeführern nicht dargetan.

ee) Zu Recht nimmt das Landgericht unter Heranziehung des § 2085 BGB an, dass die Unwirksamkeit der die Stilmöbel betreffenden Verfügung und der Anordnung der Testamentsvollstreckung die Wirksamkeit der übrigen Verfügungen nicht beeinträchtigt, insbesondere also auch nicht die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 unwirksam macht.

(1) Ist eine von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen unwirksam, so bleiben, im Gegensatz zur allgemeinen Auslegungsregel des § 139 BGB, die übrigen Verfügungen in diesem Testament grundsätzlich aufrechterhalten (§ 2085 BGB). Ähnlich wie § 2084 BGB verfolgt § 2085`BGB den Zweck, dem erklärten Willen des Erblassers nach Möglichkeit zum Erfolg zu verhelfen. Es handelt sich um eine Auslegungsregel, die für den Regelfall von der Selbständigkeit der einzelnen in einem Testament getroffenen Verfügungen ausgeht. Sie gründet sich auf die Annahme, dass es typischerweise dem Willen des Erblassers eher entspricht, wenn sein Testament wenigstens teilweise zur Geltung gelangt. Die Vorschrift gehört, wie §§ 2084, 2086 BGB, zu den Vorkehrungen, die das Gesetz trifft, um den Erblasserwillen zur Geltung zu bringen (BayObLG FamRZ 1999, 1386/1387). Nur wenn im Einzelfall ein abweichender Wille des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung feststellbar ist, hat dieser Vorrang. Die Feststellungslast dafür trifft denjenigen, der behauptet, der Erblasser hätte die für sich genommen wirksame Verfügung nicht ohne die unwirksame getroffen (RGZ 116, 148; Staudinger/Otte BGB [1995] § 2085 Rn. 2).

(2) § 2085 BGB ist auch anwendbar, wenn nicht nur - wie der Wortlaut sagt - "eine" von mehreren im Testament enthaltenen Verfügungen unwirksam ist, sondern wenn, wie hier, mehrere selbständige Einzelanordnungen unwirksam sind, sofern neben den unwirksamen mindestens eine an sich wirksame Anordnung steht; denn das gesetzgeberische Motiv und der sachliche Sinngehalt der Vorschrift treffen in diesem Fall genauso zu (vgl. Staudinger/Otte Rn. 6).

(3) Das Landgericht hat keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass der Erblasserwille entgegen der Auslegungsregel des § 2085 BGB dahin gegangen wäre, dass die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 (und weitere Verfügungen zugunsten des L.) mit der Wirksamkeit der Verfügung zugunsten der Beteiligten zu 3 und/oder der Wirksamkeit der Testamentsvollstreckungsanordnung "stehen oder fallen" sollte. Das begegnet keinen Bedenken. Der Einwand der weiteren Beschwerde, es könne nicht richtig sein, dass die Beteiligte zu 1, der nach dem Wortlaut des Testaments nur ein Teil der Vermögensgegenstände zugedacht sei, als Alleinerbin bestehen bleibe, während die Beteiligte zu 3 als Schwester des Erblassers, die mit den Stilmöbeln den wertvollsten Teil des Nachlasses habe erhalten sollen, nunmehr leer ausgehe, greift nicht. Nach der rechtsfehlerfreien Auslegung des Landgerichts ging es dem Erblasser nicht darum, die Beteiligte zu 3 unabhängig davon, ob die Stilmöbel in den Nachlass fallen, am Nachlass zu beteiligen. Die Verfügung betrifft die Weitergabe alten Familienbesitzes innerhalb der Familie. Da der Erblasser noch vor seiner Mutter verstarb, konnte ihn die Verantwortung hierfür jedoch nicht mehr treffen. Seine Verfügung ging insoweit ins Leere, ohne dass sich dadurch der Wert des der Beteiligten zu 1 zugewendeten Vermögens erhöht hätte. Ein Erblasserwille dahin, dass der Bestand der Verfügung zugunsten der Beteiligten zu 1 von der Wirksamkeit der Verfügung zugunsten der Beteiligten zu 3 abhängen sollte, lässt sich daraus und aus den Gesamtumständen nicht entnehmen.

c) Das Landgericht hat keinen wirksamen Widerruf der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 feststellen können. Seine Erwägung, dass der Erblasser einen in den letzten Wochen vor seinem Tode etwa eingetretenen Sinneswandel bezüglich seiner Rechtsnachfolge jedenfalls nicht formwirksam zum Ausdruck gebracht hat, ist zutreffend.

d) Das Landgericht hat sich nicht ausdrücklich mit der von den Beteiligten zu 2 bis 4 im landgerichtlichen Anhörungstermin erklärten Anfechtung wegen Irrtums (§ 2078 BGB) auseinandergesetzt. Das ist aber im Ergebnis ohne Auswirkung. Die Anfechtung konnte schon deshalb keine Wirksamkeit entfalten, weil sie nicht gegenüber dem Nachlassgericht erklärt wurde (§ 2081 Abs. 1 BGB); dieses Formerfordernis gilt auch dann, wenn die Nachlasssache bereits in der Beschwerdeinstanz anhängig ist (BayObLGZ 1989, 327; FamRZ 1992, 226). Im Übrigen hätte die Anfechtung, die von den Beteiligten zu 2 bis 4 auf die "Problematik mit den Stilmöbeln" gestützt ist, auch sachlich nicht Erfolg haben können. Die Rechtsbeschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass der Erblasser gewusst hat, dass er nicht Eigentümer der Stilmöbel ist. Wenn somit, wie anzunehmen ist, der Erblasser seine Verfügung zugunsten der Beteiligten zu 3 nur für den Fall getroffen hat, dass seine Mutter vor ihm versterben und er Eigentümer der Stilmöbel werden würde, so ist schon ein diesbezüglicher Irrtum des Erblassers nicht dargetan.

4. Für die Gerichtskosten ergibt sich die Kostenfolge unmittelbar aus dem Gesetz. Die Erstattungsanordnung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Der nach dem Interesse der Rechtsbeschwerdeführer zu bestimmende Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde entspricht demjenigen des Beschwerdeverfahrens, da die Beteiligten zu 3 und 4 das Verfahren der weiteren Beschwerde auch in ihrer Eigenschaft als Erben der früheren Beteiligten zu 2 fortgeführt haben. Soweit die Zugehörigkeit bestimmter Gegenstände zum Nachlass streitig ist, bedarf dies im Rahmen der Geschäftswertfestsetzung keiner abschließenden Klärung. Der Senat schätzt das Interesse der Rechtsbeschwerdeführer auf der Grundlage der Feststellungen des Nachlassgerichts und der Angaben der Beteiligten in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 50000 EUR und setzt den Geschäftswert dementsprechend fest (§ 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO).

Ende der Entscheidung

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