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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.07.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 140/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2227 Abs. 1
Zur Frage, in welchen Fällen ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegt (Verzögerungen bei Erstellung des Nachlassverzeichnisses, der Erbschaftssteuerklärung und der Ausschüttung von Nachlasserträgnissen; Differenzen mit Miterben bei der Auslegung des Testaments).
Gründe:

I.

Der verwitwete Erblasser E ist 1999 im Alter von 72 Jahren ohne Abkömmlinge verstorben. Die Beteiligten zu 1 sowie zu 3 bis 8 sind Neffen und Nichten des Erblassers bzw. dessen vorverstorbener Ehefrau. Der Beteiligte zu 2, ein Rechtsanwalt, ist der Sohn eines mit dem Erblasser befreundeten Ehepaares; der Erblasser war für ihn ein sogenannter "Nennonkel". Die Beteiligte zu 9 war die Lebensgefährtin des Erblassers.

Am 4.6.1992 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament, in dem er die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 42/70 und die Beteiligten zu 2 bis 8 als Erben zu je 4/70 einsetzte. Der Beteiligten zu 1 wandte der Erblasser zusätzlich in Ziffer 5.2 des Testaments 50000 DM als Vorausvermächtnis zu mit der Auflage, sein Grab auf die Dauer von 30 Jahren sorgfältig zu pflegen und den vermachten Betrag nur für die Grabpflege zu verwenden.

In dem Testament vom 4.6.1992 ordnete der Erblasser Testamentsvollstreckung an und ernannte den Beteiligten zu 2 zum Testamentsvollstrecker. Hierzu ist in Ziffer 6 des Testaments Folgendes bestimmt:

"Verwaltung des Nachlasses

6.1

Der Testamentsvollstrecker hat den gesamten Nachlass, ausgenommen den in Ziffer 5.2 vermachten Geldbetrag, auf eine Dauer von zehn Jahren (Zehn-Jahres-Zeitraum) ab meinem Todestag zu verwalten und während dieses Zeitraums alles zu tun, was zu einer ordnungsmäßen Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses erforderlich ist.

6.2

Während dieses Zehn-Jahres-Zeitraums ist die Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft ausgeschlossen.

6.3

Die Reinerträgnisse aus der Verwaltung des Nachlasses, abzüglich der in Ziffer 6.4 angeordneten Zahlungen an den Testamentsvollstrecker, stehen während des Zehn-Jahres-Zeitraums den Miterben nach dem Verhältnis ihrer Erbanteile zu.

Der Testamentsvollstrecker hat die auszuschüttenden Beträge an die Erben zu verteilen, sobald sie ihm zur Verteilung zur Verfügung stehen.

6.4

Der Testamentsvollstrecker erhält als Vergütung während des Zehn-Jahres-Zeitraums einen Betrag von jährlich 2 % der jährlich an die Erben zur Verteilung zur Verfügung stehenden Reinerträgnisse zuzüglich seiner Auslagen und zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

6.5

Soweit dem Testamentsvollstrecker in diesem Testament selbst Zuwendungen gemacht sind, ist er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit."

In Ziffer 7 des Testaments verfügte der Erblasser, dass die Beteiligte zu 9 als Vermächtnis bis an ihr Lebensende eine mit einer Wertsicherungsklausel versehene Leibrente in Höhe von monatlich 2000 DM erhalten solle.

In Ziffer 8 des Testaments ist unter der Überschrift "Teilung des Nachlasses" bestimmt, dass die Beteiligte zu 1 nach Ablauf des Zehn-Jahres-Zeitraums das Anwesen in München in Anrechnung auf ihr Erbteil zum Alleineigentum übertragen erhalten solle.

Am 14.10.1997 ordnete der Erblasser mit einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen als "letztwillige Verfügung" bezeichneten Schriftstück Folgendes an:

"Ich ordne für den Fall meines Todes in Ergänzung meines notariellen Testaments zu Gunsten meiner Lebensgefährtin ... (Beteiligte zu 9) vorsorglich das folgende Vermächtnis an:

Sie erhält in meiner Eigentumswohnung in Harlaching ein dingliches Wohnungsrecht auf Lebzeiten, das jedoch mit der Eingehung einer Ehe oder einer eheänlichen Lebensgemeinschaft endet. Für die Verwaltungskosten der Wohnung hat die Erbengemeinschaft aufzukommen. Zusätzlich erhält sie aus meinem Nachlass eine monatliche Rente von 3000 DM, die aus den Mieteinnahmen meiner beiden Mietshäuser durch den Testamentsvollstrecker aufzubringen ist. Die Rente endet in gleicher Weise wie das Wohnungsrecht."

Am 29.12.1998 errichtete der Erblasser während des seinem Tode vorausgehenden stationären Krankenhausaufenthalts in Anwesenheit des Beteiligten zu 2 und der Beteiligten zu 9 vor drei zusätzlichen Zeugen ein Nottestament. Die von den drei Zeugen unterschriebene Niederschrift lautet auszugsweise wie folgt:

"E äußerte den Wunsch, ein Testament errichten zu wollen, er fühle den Tod nahen und sei zum Schreiben körperlich zu schwach, im Krankenzimmer anwesend sind seine Lebensgefährtin u. Rechtsanwalt R, alle Anwesenden sind von der Testierfähigkeit überzeugt, E spricht in zusammenhängenden Sätzen von klarem Sinngehalt. E verfügt folgende Begünstigung für ... (Beteiligte zu 9):

... (Beteiligte zu 9)-erhält aus dem Nachlass, hiervon aus der Bankverbindung zur Hypo-Bank, jetzt Hypo Vereinsbank, den Betrag einer Million DM. Zuwendungen aus Vertrag zugunsten Dritter sind hierauf nicht anzurechnen. Die mündliche Erklärung des letzten Willens u. seine Niederschrift haben in ununterbrochener Anwesenheit aller drei Zeugen stattgefunden."

Nach dem Tod des Erblassers fand am 19.3.1999 eine Versammlung sämtlicher Beteiligter statt. Hierbei wurden unter anderem der Inhalt der drei von dem Erblasser hinterlassenen Testamente sowie Fragen im Zusammenhang mit der Erbschaftssteuer besprochen. Das hierüber gefertigte Protokoll wurde von allen Beteiligten unterschrieben. Dem Protokoll ist unter anderem zu entnehmen, dass der Beteiligte zu 2 als künftiger Testamentsvollstrecker von den weiteren Mitgliedern der Erbengemeinschaft gebeten wurde, für die Beteiligte zu 9 "die beiden Monatsrenten aus dem privatschriftlichen Testament bzw. aus dem Nottestament von zusammen 5000 DM" zu entrichten.

Am 22.3.1999 nahm der Beteiligte zu 2 das Amt des Testamentsvollstreckers an. Am 1.6.1999 wurde ihm ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, ausweislich dessen er den Nachlass bis zum 3.1.2009 zu verwalten und anschließend auseinander zu setzen hat.

In der Folgezeit kam es zwischen der Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 zu Meinungsverschiedenheiten, unter anderem hinsichtlich der Nutzung von zwei zuvor gewerblich genutzten Einheiten im Erdgeschoss des Anwesens in München. In diesem Zusammenhang erhob der Beteiligte zu 2 gegen die Beteiligte zu 1, welche die genannten Einheiten eigenmächtig selbst als Wohnung für sich und eine Bekannte nutzte, mit Schriftsatz seines anwaltschaftlichen Vertreters vom 10.10.2000 eine Räumungsklage, der vom Landgericht München I stattgegeben wurde.

Die Beteiligte zu 1 hat bei dem Nachlassgericht mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 6.12.2000 die Entlassung des Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker beantragt. Diesen Antrag hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 1.3.2001 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluss vom 4.11.2002 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer weiteren Beschwerde.

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Mit ihrem Vorbringen, die Beteiligte zu 9 gehöre nicht zu den Miterben und sei daher nicht als Beteiligte zu behandeln, kann die Beteiligte zu 1 nicht durchdringen. Im Sinne von § 2227 Abs. 1 BGB beteiligt sind diejenigen Personen, deren Rechte und Pflichten durch die Testamentsvollstreckung unmittelbar betroffen werden können (BGHZ 35, 296/300; BayObLGZ 1997, 1/10; Keidel/Winkler FGG 15. Aufl. § 81 Rn. 5). Als Vermächtnisnehmerin gehört die Beteiligte zu 9 zu diesem Personenkreis (vgl. § 2219 Abs. 1 BGB).

2. Die Entscheidung des Landgerichts, ein Grund für die Entlassung des Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker liege nicht vor, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach § 2227 Abs. 1 BGB kann der Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Gesetz nimmt als Beispiele eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.

Neben den im Gesetz genannten Beispielsfällen kann ein wichtiger Grund ohne Rücksicht auf ein Verschulden auch dann vorliegen, wenn der Testamentsvollstrecker durch sein persönliches Verhalten begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sei oder dass sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der an der Ausführung oder am Nachlass Beteiligten ergeben würde. Auch ein nicht nur auf subjektiven Gefühlsmomenten sondern auf Tatsachen beruhendes Misstrauen eines Beteiligten, zu dem der Testamentsvollstrecker Anlass gegeben hat, kann zur Entlassung des Testamentsvollstreckers führen. Schließlich kann auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker und Erben ein wichtiger Grund zur Entlassung sein (BayObLGZ 1985, 296/302; 1988, 42/48; 1990, 177/181; 1997, 1/12; 2001, 167/170).

Andererseits setzt das Amt des Testamentsvollstreckers kein Vertrauensverhältnis zu den Erben oder den sonstigen durch die Testamentsvollstreckung betroffenen Beteiligten voraus. Der Testamentsvollstrecker muss unabhängig von diesen den Willen des Erblassers ausführen, wenngleich er sich im Rahmen des ihm zustehenden Verwaltungsermessens nicht grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben und anderer Beteiligter hinwegsetzen darf. Daher ist an eine Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen berechtigten Misstrauens ein strenger Maßstab anzulegen; die Beteiligten dürfen nicht in die Lage versetzt werden, einen ihnen möglicherweise lästigen Testamentsvollstrecker durch eigenes feindseliges Verhalten oder aus einem für sich genommen unbedeutenden Anlass aus dem Amt zu drängen (BayObLG FamRZ 19,91, 615/617; BayObLGZ 1997, 1/26 f.; MünchKomm BGB/Brandner 3. Aufl. § 2227 Rn. 11; Palandt BGB 62. Aufl. § 2227 Rn. 5).

b) Von diesen rechtlichen Gegebenheiten ausgehend ist das Landgericht in seiner umfassend begründeten Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass ein wichtiger Grund für die Entlassung des Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker nicht vorliegt.

Ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 2227 Abs. 1 BGB vorliegt, ist Tat- und Rechtsfrage. Tatfrage ist die Feststellung des Sachverhalts, der die Entlassung rechtfertigen soll. Diese obliegt den Tatsacheninstanzen; das Rechtsbeschwerdegericht muss von dem Sachverhalt ausgehen, den das Beschwerdegericht als erwiesen erachtet (,§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO). Dessen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung kann nur auf Rechtsfehler überprüft werden. ob der vom Beschwerdegericht festgestellte Sachverhalt die Merkmale des Rechtsbegriffs "wichtiger Grund" im Sinne von § 2227 , Abs. 1 BGB erfüllt, ist dagegen eine vom Gericht der weiteren Beschwerde ohne Einschränkungen nachprüfbare Rechtsfrage (BayObLGZ 1990, 177/181; FamRZ 2001, 54).

aa) Das Landgericht hat festgestellt, das Nachlassverzeichnis sei von dem Beteiligten zu 2 erstellt und allen Miterben übermittelt worden. Bei dem vom Testamentsvollstrecker für die Erstellung benötigten Zeitraum (Nachlassverzeichnis vom 21.12.1999) sei der Umfang des von dem Erblasser hinterlassenen Vermögens (Wert des Nachlasses abzüglich der Verbindlichkeiten ca. 5,5 Millionen DM) zu berücksichtigen. Insbesondere habe die Beteiligte zu 1,selbst dazu beigetragen, dass das Nachlassverzeichnis nicht früher habe erstellt werden können, da sie auf wiederholte Aufforderungen des Beteiligten zu 2, die für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses notwendige Abrechnung über die von ihr vorgenommene Verwertung des Mobiliars des Erblassers in der Wohnung in München zukommen zu lassen, nicht reagiert habe. Anhaltspunkte für inhaltliche Fehler des Nachlassverzeichnisses hätten sich nicht ergeben. Gegenstände, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers im Wege der Schenkung aus dessen Vermögen ausgeschieden waren, seien von dem Beteiligten zu 2 zutreffend nicht in das Nachlassverzeichnis aufgenommen worden.

Ein Verstoß des Testamentsvollstreckers gegen seine Pflicht, dem Erben unverzüglich nach Annahme des Amtes ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der ihm bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen (§ 2215 Abs. 1 BGB) kann eine im Rahmen des § 2227 Abs. 1 BGB relevante Pflichtverletzung darstellen, doch ist nicht jeder Verstoß gegen diese Pflicht ohne weiteres als schuldhafte grobe Pflichtverletzung anzusehen (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 989/990 m. w. N.). Nach den Feststellungen des Landgerichts weist das von dem Beteiligten zu 2 erstellte Nachlassverzeichnis keine inhaltlichen Fehler auf. Bei der Bewertung der Frage, ob in dem Zeitraum von ca. 9 Monaten zwischen Annahme des Testamentsvollstreckeramtes und Übermittlung des Nachlassverzeichnisses an die Erben eine grobe Pflichtverletzung liegen könnte, hat das Landgericht den erheblichen Umfang des nicht einfach zu überschauenden Nachlasses sowie die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft der Beteiligten zu 1 berücksichtigt und zutreffend jedenfalls keine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers angenommen.

bb) Die Feststellung des Landgerichts, ein Verstoß des Beteiligten zu 2 gegen Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten (§ 2218 BGB) liege nicht vor, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Nach dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt geben die vom Testamentsvollstrecker vorgelegten Abrechnungen zu Beanstandungen grundsätzlich keinen Anlass. Soweit die bezüglich des Anwachsens des Festgeldkontos von rund 1,131 Millionen DM auf rund 1,138 Millionen DM erstellte Abrechnung ursprünglich nicht hinreichend detailliert gewesen sei, habe der Beteiligte zu 2 die Angaben im Laufe des Beschwerdeverfahrens ergänzt. Die Behauptung der Beteiligten zu 1, ihr sei anlässlich einer Versammlung der Erbengemeinschaft am 18.2.2000 die Einsicht in die der Jahresabrechnung für 1999 zu Grunde liegenden unterlagen verweigert worden, habe in der Beweisaufnahme und im Rahmen der Anhörung der übrigen Beteiligten keine Bestätigung gefunden. Die in der Jahresabrechnung für das Jahr 2000 von dem Beteiligten zu 2 vorgenommene Bewertung der Nachlassgrundstücke mit dem Verkehrswert an Stelle des fünfzehnfachen Jahresmietwerts sei auf Grund eines entsprechenden Hinweises des Nachlassgerichts vom 20.1.2000 erfolgt.

cc) Auch im Zusammenhang mit den beiden Raumeinheiten im Erdgeschoss des Anwesens in München hat das Landgericht zutreffend kein Verhalten des Beteiligten zu 2 festgestellt, das seine Entlassung als Testamentsvollstrecker rechtfertigen könnte. Die Vermietung der beiden Einheiten wurde zunächst von der Beteiligten zu 1 selbst verhindert, indem sie eigenmächtig in eine der beiden Wohnung einzog und die andere Wohnung einer Freundin überließ, ohne hierfür Miete oder Nutzungsentschädigung zu bezahlen. Angesichts dieses eigenmächtigen Vorgehens der Beteiligten zu 1 in Bezug auf die zum Nachlass gehörenden Räumlichkeiten liegt in der von dem Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker daraufhin erhobenen Räumungsklage und den sonstigen zur Nutzung der Raumeinheiten getroffenen Maßnahmen kein Pflichtverstoß. Schließlich kann im Hinblick darauf, dass der Erblasser die beiden Einheiten ab der Fertigstellung des Hauses mehr als dreißig Jahre lang gewerblich nutzte, dem Beteiligten zu 2 auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er von der Rechtmäßigkeit dieser Nutzung ausging und dementsprechend eine Vermietung der Räume zu Gewerbezwecken anstrebte.

dd) Das Landgericht ist auch dem Vorbringen der Beteiligten zu 1, der Beteiligte zu 2 bevorzuge die Beteiligte zu 9 als Vermächtnisnehmerin in unzulässiger Weise vor den Miterben, umfassend nachgegangen. Die Beweisaufnahme hat insoweit ergeben, dass die Behauptung der Beteiligten zu 1, der Beteiligte zu 2 habe den Erblasser bei der Errichtung des Nottestaments vom 29.12.1998 zu Gunsten der Beteiligten zu 9 beeinflusst, ohne tatsächliche Grundlage ist.

Ein erheblicher Interessengegensatz, der die Entlassung des Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund rechtfertigen könnte, ist auch nicht darin begründet, dass die Beteiligten zu 1 und 2 unterschiedliche Auslegungen zur Höhe der Vermächtnisse vertreten und die von dem Beteiligten zu 2 vertretene Auslegung für die Beteiligte zu 1 und die übrigen Miterben, zu denen auch der Beteiligte zu 2 gehört, nachteilig ist. Differenzen zwischen einem Erben und dem Testamentsvollstrecker bei der Testamentsauslegung begründen nicht von vornherein einen die Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigenden erheblichen Interessengegensatz. Vielmehr können erst die mit einer bestimmten Auslegung verbundenen Auswirkungen auf die Amtsführung des Testamentsvollstreckers einen wichtigen Grund zu Entlassung bilden, etwa weil die Einseitigkeit der vom Testamentsvollstrecker vorgenommenen Auslegung die Besorgnis eigennütziger Amtsführung begründet (vgl. BayObLGZ 1985, 298/302/304), weil der Testamentsvollstrecker durch eine fernliegende oder nicht vertretbare Auslegung ein berechtigtes Misstrauen hervorruft, er befleißige sich nicht der für die Ausübung seines Amtes notwendigen Unparteilichkeit (vgl. BayObLGZ 1997, 1/26), oder weil die vom Testamentsvollstrecker vorgenommene Auslegung die Interessen der Erben nachhaltig gefährdet oder schädigt (BayObLGZ 2001, 167/170). Ob ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegt, kann nur im jeweiligen Einzelfall und nach Abwägung aller Umstände dieses Falles entschieden werden (BayObLGZ aaO).

Hier hat der Beteiligte zu 2 eine Auslegung vertreten, die nach dem Wortlaut des Testaments keineswegs fern liegt. Anders als die Beteiligte zu 1, die meint, die im Testament vom 14.10.1997 festgelegte monatliche Rente von 3000 DM sei an die Stelle der im Testament vom 4.6.1992 festgelegten Rente von 2000 DM getreten, ist der Beteiligte zu 2 der Auffassung, die in dem Testament vom 14.10.1997 der Beteiligten zu 9 im Wege eines Vermächtnisses zugewandte monatliche Rente von 3000 DM habe nach dem Willen des Erblassers die bereits in dem Testament vom 4.6.1992 vermachte Leibrente von 2000 DM nicht ersetzen, sondern zusätzlich neben diese treten sollen. Bei dieser Auslegung kann sich der Beteiligte zu 2 darauf stützen, dass der Erblasser die in dem Testament vom 14.10.1997 getroffenen Verfügungen ausdrücklich "in Ergänzung" des notariellen Testaments vom 4.6.1992 getroffen hat, dass die Zuwendung der Rente von 3000 DM mit dem Wort "zusätzlich" eingeleitet wurde und die Rente ausdrücklich aus den Mieteinnahmen der beiden Mietshäuser aufgebracht werden sollte, während eine derartige Vorgabe bei der mit Testament vom 4.6.1992 zugewendeten Rente von 2000 DM nicht vorhanden war. Auch die Auslegung des Begriffs der "Verwaltungskosten" im Testament vom 14.10.1997 durch den Beteiligten zu 2 in einem weiten Sinne ist nicht fernliegend. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 muss nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass der Erblasser als juristischer Laie diesen Begriff in dem engen Sinne des § 16 Abs. 2 WEG verstanden wissen wollte. Im Übrigen entsprach die von dem Beteiligten zu 2 vertretene Auslegung dem Ergebnis der Erörterungen in der Versammlung der Beteiligten am 19.3.1999.

ee) Für die vorerst unterbliebene Ausschüttung von Reinerträgnissen an die Erben ist Ziffer 6.3 des Testaments vom 4.6.1992 von Bedeutung. Danach soll die Ausschüttung und Verteilung erfolgen, sobald die auszuschüttenden Beträge dem Testamentsvollstrecker zur Verteilung zur Verfügung stehen. Hierzu hat das Landgericht nach Anhörung von Beteiligten, die an der Besprechung vom 16.3.1999 teilgenommen haben, festgestellt, in dieser Besprechung sei eine Einigung der Beteiligten dahingehend erzielt worden, dass die Ausschüttung der Reinerträgnisse zurückgestellt werd en sollte, bis die Erbschaftssteuer bezahlt sei. Nach diesen Umständen des Falles ist in Bezug auf die Zurückstellung der Ausschüttung keine die Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigende Pflichtverletzung zu erkennen.

ff) Nach dem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt liegt eine schuldhafte grobe Pflichtverletzung des Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker schließlich auch nicht im Zusammenhang mit der verspäteten Erstellung der Erbschaftssteuererklärung und den daraus sich ergebenden Säumniszuschlägen vor. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, der Beteiligte zu 2 habe den Steuerberater, der für den Erblasser in dessen Steuerangelegenheiten jahrzehntelang tätig gewesen sei, noch im Jahre 1999 mit der Erstellung der Erbschaftssteuererklärung beauftragt. Die eingetretenen Verzögerungen seien auf nachlässige Sachbehandlung bei dem Steuerberater zurückzuführen. Die zögerliche Sachbehandlung des Steuerberaters sei von dem Beteiligten zu 2 zunächst nicht erkannt worden, weil der Steuerberater auf wiederholte Anfragen des Beteiligten zu 2 den Tatsachen nicht entsprechend versichert habe, die Bearbeitungsfristen seien unter Beobachtung, es würden beim Finanzamt rechtzeitig Fristverlängerungsanträge gestellt. Das Mandat sei von dem Beteiligten zu 2 gegenüber dem Steuerberater am 14.5.2002 unverzüglich gekündigt worden, als sich bei unmittelbarem telefonischen Kontakt des Beteiligten zu 2 mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamts herausgestellt habe, dass die Angaben des Steuerberaters zur Behandlung der Erbschaftssteuererklärung unzutreffend gewesen seien. Außerdem habe der Beteiligte zu 2 gegen den Steuerberater die Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen eingeleitet.

Sowohl bei der Behandlung der Erbschaftssteuererklärung als auch insgesamt haben sich somit keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Beteiligte zu 2 erheblich gegen die ihm als Testamentsvollstrecker obliegenden Pflichten verstoßen hat. Soweit dem Beteiligten zu 2 Nachlässigkeiten unterlaufen sein mögen, sind diese weder für sich genommen noch insgesamt betrachtet von solchem Gewicht, dass sie einen wichtigen Grund zur Entlassung ergeben könnten.

3. Für die Gerichtskosten ergibt sich die Kostenfolge unmittelbar aus dem Gesetz. Die Erstattungsanordnung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

4. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird nach § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 275000 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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