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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.02.2000
Aktenzeichen: 1Z BR 147/99
Rechtsgebiete: HeimG, BGB, FGG, KostO


Vorschriften:

HeimG § 14
HeimG § 4
HeimG § 14 Abs. 1
HeimG § 14 Abs. 5
BGB § 2085
BGB § 2271 Abs. 2 Satz 1
BGB § 2078
BGB § 2081 Abs. 1
BGB § 2229 Abs. 4
FGG § 13a Abs. 1 Satz 2
KostO § 31 Abs. 1 Satz 1
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1Z BR 147/99 LG Augsburg 5 T 3211/97 AG Aichach VI 572/94

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BESCHLUSS

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Gummer sowie der Richter Sprau und Kenklies

am 22. Februar 2000

in der Nachlaßsache

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 22. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die ihr im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf DM 32.295,-- festgesetzt.

Gründe:

I.

Der kurz vor Vollendung des 98. Lebensjahres verstorbene Erblasser war verwitwet und hatte keine Kinder. Seine Ehefrau ist 1983 vorverstorben. Der Beteiligte zu 2 ist ein Neffe des Erblassers.

Der Erblasser, der seit 17.12.1992 in einem Seniorenheim in A. lebte und über erhebliches Wertpapiervermögen verfügte, verfaßte zwischen 1979 und 1994 zahlreiche letztwillige Verfügungen:

Mit privatschriftlichem gemeinschaftlichem Testament vom 7.4.1979 mit Nachtrag vom 26.8.1981 setzten sich der Erblasser und seine Ehefrau ohne Bindung an die Schlußerbeneinsetzung gegenseitig zu Alleinerben, den Beteiligten zu 2 und dessen Ehefrau sowie deren Kinder zu Ersatzerben ein. Zugunsten karitativer Einrichtungen ordnete er Vermächtnisse an.

Nach dem Tod seiner Ehefrau verfaßte er eine Reihe weiterer Testamente, in denen er zumeist den Beteiligten zu 2 zum Erben einsetzte und Zuwendungen an karitative Einrichtungen, aber auch an die Stadt A. zugunsten wohltätiger Zwecke verfügte.

Mit notariellem Testament vom 14.7.1992 setzte der Erblasser den Beteiligten zu 2 als seinen Alleinerben ein und bestimmte dessen Abkömmlinge zu Ersatzerben. Als Vermächtnisnehmer waren die Kinder des Beteiligten zu 2 sowie zwei karitative Einrichtungen vorgesehen.

Am 4.3.1993 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament, in dem er alle früheren Verfügungen von Todes wegen widerrief und die Stadt A. (Beteiligte zu 1) als seine Alleinerbin einsetzte. In Ziff. III der Urkunde heißt es:

Die Erbeinsetzung erfolgt unter der Auflage, daß die Stadt A. den Erlös aus dem Verkauf der zum Nachlaß gehörenden Wertpapiere und sonstiges Barvermögen den in der Stadt A. lebenden Armen zugute kommen läßt. Dabei hat die Stadt A. das Geld nach freiem Ermessen für soziale und caritative Maßnahmen in der Stadt zu verwenden, die vor allem den älteren Bürgern der Stadt zugute kommen.

Beispielsweise werden genannt:

- Verbesserung der Einrichtung und Ausstattung der Altenheime in der Stadt, ohne Rücksicht auf die Trägerschaft.

- Unterstützung älterer bedürftiger Menschen, in Not geratener Familien und caritativer Hilfsdienst.

Ausdrücklich nicht gewünscht wird ein finanzieller Beitrag zu den Kosten des Neubaus des Altersheimes.... Die Entscheidung über die Verwendung des Geldes hat allein der jeweilige Bürgermeister der Stadt A. zu treffen.

Mit notariellem Vertrag vom selben Tag schenkte der Erblasser der Beteiligten zu 1 sein gesamtes Wertpapiervermögen (Kurswert 31.12.1992: DM 373.310,--) mit Ausnahme einer Anleihe in Höhe von DM 80.000,--. Die Schenkung erfolgte unter der Auflage, daß die Beteiligte zu 1 den Wertpapiererlös den in der Stadt A. lebenden Armen) zugute kommen läßt. Die Stadt A. solle mit dem Geld zunächst die Anschaffung einer "automatischen Badewanne" im Seniorenheim finanzieren. Im übrigen sollte die Beteiligte zu 1 das Geld nach freiem Ermessen für soziale und karitative Maßnahmen in der Stadt verwenden, die vor allem den älteren Bürgern der Stadt zugute kommen. Der weitere Text der Auflage entspricht dem in Ziff. III des notariellen Testaments vom selben Tag.

Mit notariellen Testamenten vom 22.7.1993 und 8.10.1993 ergänzte der Erblasser das Testament vom 4.3.1993 und beschwerte die Beteiligte zu 1 durch Aussetzung verschiedener Vermächtnisse. Das Testament vom 22.7.1993 widerrief er.

Schließlich widerrief der Erblasser mit notariellem Testament vom 25.1.1994 auch die im Testament vom 8.10.1993 angeordneten Vermächtnisse und verfügte, daß nur noch das Testament vom 4.3.1993 Gültigkeit habe. Zugleich beschwerte er die Beteiligte zu 1 als Erbin mit einem Vermächtnis, nach dem von seinem Geldvermögen jeweils 1/4 eine Großnichte, das Katholische Pfarramt A. und die Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband... zur freien Verfügung des jeweiligen Heimleiters des Seniorenheimes in A. zugunsten der Heimbewohner erhalten sollten.

Am 11.8.1994 beantragte der Beteiligte zu 2 und mit Schreiben vom 30.8.1994 der Leiter des Seniorenheims die Errichtung einer Betreuung für den Erblasser. Dieser erlitt am 27.8.1994 einen Schlaganfall und mußte zur stationären Behandlung ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dort wurde er von der im Betreuungsverfahren bestellten Gutachterin am 2.9.1994 und vom Vormundschaftsrichter am 26.9.1994 bewußtlos angetroffen. Ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, verstarb der Erblasser am 15.10.1994.

Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines Alleinerbscheins aufgrund der Testamente vom 4.3.1993 und 25.1.1994. Der Beteiligte zu 2 wandte sich dagegen; der Erblasser sei bei Errichtung der Testamente vom 4.3.1993, 22.7.1993, 8.10.1993 sowie 25.1.1994 wegen schwerer Multiinfarktdemenz, fortgeschrittener arteriosklerotischer Demenz sowie seniler Demenz und dadurch bedingter Beeinflußbarkeit durch die Heimleitung und den Bürgermeister der Stadt A. nicht mehr testierfähig gewesen. Darüber hinaus verstoße das Testament vom 25.1.1994 in Verbindung mit dem vom 4.3.1993 ebenso wie der Schenkungsvertrag vom selben Tage gegen § 14 HeimG.

Das Nachlaßgericht hat die Betreuungsakte beigezogen, zur Frage der Testierfähigkeit ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie eingeholt und jeweils in dessen Anwesenheit die den Erblasser behandelnden Ärzte, den Bürgermeister der Stadt A., den Leiter des Heimes in B., den Leiter des Heimes in A., den die Beurkundungen vom 4.3.1993 bis 25.1.1994 vornehmenden Notar, einen Polizeibeamten, zwei Bankangestellte, sieben Beschäftigte des Seniorenheimes in A., zwei Beschäftigte des Seniorenheimes in B., die Ehefrau und den Sohn des Beteiligten zu 2 persönlich angehört. Darüber hinaus gaben eine Nichte des Erblassers eine schriftliche Erklärung sowie der Beteiligte zu 2 und seine Ehefrau umfangreiche schriftliche Stellungnahmen ab. Unter dem 14.11.1996 erstattete der Sachverständige sein nervenärztliches Gutachten. Am 12.6.1997 erließ das Nachlaßgericht einen Vorbescheid, in dem die Erteilung eines Alleinerbscheins zugunsten der Beteiligten zu 1 angekündigt wurde.

Greifbare Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 4.3.1993 lägen nicht vor. Eine etwaige Unwirksamkeit der nachfolgend angeordneten Vermächtnisse führe nicht zur Unwirksamkeit der Erbeinsetzung.

Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 2 Beschwerde ein und beantragte, nach Aufhebung des Vorbescheids das Nachlaßgericht anzuweisen, ihm einen Alleinerbschein aufgrund des Testamentes vom 14.7.1992 zu erteilen. Das Landgericht holte eine schriftliche Stellungnahme der Hausärzte ein und zog die Pflege- und Behandlungsdokumentation (PDL-Kardex) des Seniorenwohnheims A. sowie eine Dokumentenmappe des Erblassers bei. Das Landgericht vernahm durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin den Beteiligten zu 2, seinen Sohn und seine Töchter, eine Bekannte und eine Nichte des Erblassers sowie - im Beisein des Sachverständigen - erneut einen der Hausärzte und den Notar. Die Ehefrau des Beteiligten zu 2 legte eine weitere ausführliche Stellungnahme sowie eine schriftliche Erklärung ihrer Zugehfrau vor. Der Sachverständige erstattete unter dem 3.2.1999 ein Ergänzungsgutachten. Mit Beschluß vom 22.7.1999 wies das Landgericht die Beschwerde des Beteiligten zu 2 zurück.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2 mit der weiteren Beschwerde, der die Beteiligte zu 1 entgegengetreten ist.

II.

Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde ist zulässig (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO); sie ist insbesondere in der erforderlichen Form eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG; Keidel/ Kahl FGG 14. Aufl. § 29 Rn. 15 a.E.). Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2 ergibt sich schon aus der Zurückweisung seiner Beschwerde (§ 29 Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG; Bassenge/Herbst FGG 8. Aufl. § 27 Rn. 7). Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Maßgeblich für die Erbfolge sei das Testament vom 4.3.1993. Dessen Wirksamkeit werde nicht durch das gemeinschaftliche Testament vom 7.4.1979 berührt, weil darin der Erblasser und seine Ehefrau den Überlebenden nicht in seiner Testierfreiheit beschränkt hätten. Das Testament vom 4.3.1993 verstoße auch nicht gegen § 14 HeimG, weil dort weder dem Träger des von ihm bewohnten Heims noch den Beschäftigten des Heims eine Zuwendung gemacht worden sei; vielmehr sei der Beteiligten zu 1 freigestellt worden, ob und welches der beiden Altenheime in A. unterstützt werde. Ob die Testamente vom 8.10.1993 und 25.1.1994 gegen § 14 HeimG verstießen, könne dahinstehen. Jedenfalls bliebe in Anwendung der Auslegungsregel des § 2085 BGB die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 unberührt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Erblasser testierunfähig gewesen sei. Aufgrund der von den zahlreichen Zeugen geschilderten Verhaltensweisen des Erblassers habe dieser nach den Feststellungen des Sachverständigen jedenfalls seit 1991 an einem hirnorganischen Psychosyndrom gelitten, das möglicherweise begünstigt durch vermehrte Hirninfarkte - zu einer organischen Wesensveränderung geführt habe, nicht jedoch zu einer Demenz mit massiven cerebralen Leistungsdefiziten. Aus den zeitweiligen Verfolgungs- und Verwirrtheitszuständen könne nicht geschlossen werden, daß der Erblasser bereits seit 1991 testierunfähig gewesen sei. Die psychische Leistungsfähigkeit des Erblassers im Jahr 1993 und Anfang 1994 sei durch zahlreiche Zeugenaussagen belegt; die Pflegedokumentation weise für die Tage der Testamentserrichtungen vom 4.3.1993, 22.7.1993, 18.10.1993 und 25.1.1994 keine Einträge über psychopathologische Auffälligkeiten auf. Hinweise darauf, daß der Erblasser sich an diesen Tagen kein klares Urteil darüber gebildet hätte, welche Tragweite und Auswirkung seine Anordnungen haben, lägen nicht vor. Vielmehr wiesen die Testamente einen übergreifenden Willen und eine bestimmte Zielrichtung aus.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 FGG, § 550 ZPO).

a) Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß für die Feststellung der Erbfolge das Testament des Erblassers vom 4.3.1993 maßgeblich ist. In diesem Testament hat der Erblasser alle früheren letztwilligen Verfügungen widerrufen (§ 2258 BGB).

aa) Daran war er nicht durch das gemeinschaftliche Testament vom 7.4.1979 gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB gehindert, weil die Ehegatten zulässig bestimmt haben, daß der überlebende Ehegatte ohne Bindung an die Schlußerbeneinsetzung frei nach seinem Belieben letztwillig verfügen könne (vgl. Palandt/ Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2271 Rn. 17, 19).

bb) Die Testamente vom 22.7.1993, 8.10.1993 und 25.1.1994 haben keinen Einfluß auf die Erbfolge, weil sie in Ergänzung des Testaments vom 4.3.1993 lediglich Vermächtnisse anordnen (§ 1939 BGB).

cc) Das Testament vom 4.3.1993 ist auch nicht durch Anfechtung gemäß § 2078 BGB unwirksam geworden. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Erklärung des Beteiligten zu 2, seine Einwendungen gegen die Erbscheinserteilung seien als Anfechtungserklärung gemäß § 2081 Abs. 1 BGB zu verstehen, als unbeachtlich angesehen. Die Einwendungen des Beteiligten zu 2 beziehen sich darauf, daß er den Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung vom 4.3.1993 für testierunfähig hält. Sie erlauben keine Auslegung als Testamentsanfechtung.

dd) Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht offengelassen, ob die Testamente vom 23.7.1993, 8.10.1993 und 25.1.1994 wirksam sind. Nach § 2085 BGB kann sich die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügung auf die übrigen erstrecken. Das gilt aber nicht, wenn die unwirksame Verfügung nicht im selben Testament enthalten ist wie die wirksame, sondern in einem Testament, das einen Zusatz oder Nachtrag enthält; insoweit liegt kein Fall des § 2085 BGB vor (vgl. Palandt/Edenhofer § 2085 Rn. 3). So verhält es sich hier: Die Vermächtnisanordnungen vom 23.7.1993, 8.10.1993 und 25.1.1994 sind in gesonderten Testamenten als lediglich ergänzende Nachträge zum Testament vom 4.3.1993 enthalten. Dessen Gültigkeit bleibt von den Nachträgen unberührt. Nach dem Testament vom 4.3.1993 ist die Beteiligte zu 1 Alleinerbin geworden.

b) Ohne Rechtsfehler sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß das Testament vom 4.3.1993 nicht wegen Testierunfähigkeit des Erblassers (§ 2229 Abs. 4 BGB) unwirksam ist.

aa) Die Testierfähigkeit setzt nach allgemeiner Meinung die Vorstellung des Testierenden voraus, daß er ein Testament errichtet hat und welchen Inhalt die darin enthaltenen letztwilligen Verfügungen aufweisen. Er muß in der Lage sein, sich ein klares Urteil zu bilden, welche Tragweite seine Anordnungen haben, insbesondere welche Wirkungen sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen ausüben. Das schließt auch die Gründe ein, welche für und gegen die Anordnungen sprechen (vgl. BayObLGZ 1999, 205/211). Nach seinem so gebildeten Urteil muß der Testierende grundsätzlich frei von Einflüssen Dritter handeln können (vgl. BayObLG NJWRR 1998, 870; st. Rspr.). Das schließt nicht aus, daß er Anregungen Dritter aufnimmt und sie kraft eigenen Entschlusses in seiner letztwilligen Verfügung umsetzt (vgl. BayObLG FamRZ 1990, 318). Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht ausgegangen.

bb) Die Frage, ob die Voraussetzungen der Testierfähigkeit gegeben sind, ist im wesentlichen tatsächlicher Natur. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Feststellung des Landgerichts, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments vom 4.3.1993 nicht erweislich testierunfähig gewesen, nur daraufhin überprüfen, ob das Landgericht den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht hat (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB), ob die Vorschriften über die Beweisaufnahme verletzt wurden und ob die Beweiswürdigung fehlerhaft ist. Letztere kann nur dahin überprüft werden, ob das Landgericht bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln oder die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ferner ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat. Hierbei ist allerdings in Rechnung zu stellen, daß sich das Beschwerdegericht nicht mit allen möglicherweise in Betracht kommenden Umständen ausdrücklich aueinandersetzen muß; es genügt, wenn es alle wesentlichen, die Entscheidung tragenden Umstände gewürdigt hat und sich daraus ergibt, daß eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (vgl. BayObLGZ 1995, 383/388 m.w.N.).

cc) Das Landgericht hat den maßgeblichen Sachverhalt im erforderlichen Umfang (vgl. dazu BayObLGZ FamRZ 1994, 593) ermittelt.

(1) Die Tatsacheninstanzen haben, wie dies bei konkret begründeten Zweifeln an der Testierfähigkeit geboten ist, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten erholt (vgl. BayObLG FamRZ 1985, 742/743). Bei der Auswahl des Sachverständigen waren sie nicht gehalten, einen Landgerichtsarzt zu bestellen. Die Auswahl ist, nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen (vgl. Keidel/Kayser FGG 14. Aufl. § 12 Rn. 175). Dieses wird nicht dadurch eingeschränkt, daß die Erstattung ärztlicher Gutachten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Bayern auch zu den Dienstaufgaben der Landgerichtsärzte gehört.

Die Bestellung des Sachverständigen ist nicht ermessensfehlerhaft. Dieser ist als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie im Bezirkskrankenhaus und seit vielen Jahren häufig als Gerichtsgutachter tätig und besitzt die für die Beurteilung der Testierunfähigkeit erforderliche besondere Fachkunde. Das Landgericht war auch nicht gehalten, im Beschwerdeverfahren einen anderen bzw. weiteren Gutachter zu bestellen. Die Behauptung des Beteiligten zu 2, der Sachverständige sei ohne Rücksicht auf das Beweisergebnis im Beschwerdeverfahren nur deswegen zur Testierfähigkeit des Erblassers gekommen, weil er sich an sein in erster Instanz abgegebenes Gutachten gebunden gefühlt habe, beruht auf einer von Tatsachen nicht gestützten Vermutung.

(2) Die Tatsacheninstanzen haben die gebotenen Ermittlungen (vgl. BayObLG FamRZ 1994, 593/594) angestellt, um die Grundlagen für den medizinischen Befund zu schaffen und anschließend daraus Schlüsse auf die Testierfähigkeit des Erblassers am 4.3.1993 zu ziehen.

Sie haben eine Vielzahl von Zeugen zum Verhalten des Erblassers vor und im Zeitraum der Testamentserrichtung vom 4.3.1993 vernommen. Das Landgericht hat dabei zu Recht sowohl die vom Nachlaßgericht als auch die von der Berichterstatterin der Beschwerdekammer gemachten Aussagen der Zeugen und des Beteiligten zu 2 verwertet. Die im ersten Rechtszug angestellten Ermittlungen und Beweiserhebungen wirken im Beschwerderechtszug fort; ihre Wiederholung ist nur veranlaßt, wenn das Beschwerdegericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders beurteilen oder den Sinn einer mehrdeutigen Aussage anders verstehen will als der Erstrichter (vgl. BGH NJW 1988, 484; BayObLG FamRZ 1.985, 51.3/514; Jansen FGG 2. Aufl. § 23 Rn. 11). Das Landgericht ist von demselben Aussageinhalt und Verständnis sämtlicher vom Nachlaßgericht einvernommener Zeugen und der behandelnden Ärzte sowie des eingeholten Sachverständigengutachtens ausgegangen. Es hat darüber hinaus neben zusätzlichen Zeugen den Sohn des Beteiligten zu 2 sowie - in Anwesenheit des Sachverständigen - einen der Hausärzte und den Notar erneut einvernommen. Das Landgericht konnte im Rahmen des Freibeweises die Aussagen der vom Nachlaßgericht vernommenen Zeugen ebenso verwerten wie die von der Berichterstatterin der Beschwerdekammer vernommenen Zeugen. Denn die Beschwerdekammer hat bei der Beweiswürdigung nicht auf die Glaubwürdigkeit oder den sonstigen persönlichen Eindruck, den die Zeugen hinterlassen haben, abgestellt, sondern auf den Inhalt der von ihnen bekundeten Tatsachen, wie er in den Vernehmungsniederschriften wiedergegeben ist (vgl. BayObLG NJWRR 1992, 73/74; OLG Frankfurt FamRZ 1998, 1061/ 1063). Aus diesem Grunde war auch eine weitere mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer nicht veranlaßt.

Die Vorinstanzen haben die Anknüpfungstatsachen für das Sachverständigengutachten in einer außerordentlich umfangreichen und gründlichen Beweisaufnahme verfahrensfehlerfrei ermittelt. Der Sachverständige hat den Aussagen der Hausärzte, der Heimleiter, der Heimbediensteten, des Bürgermeisters der Stadt A., der Bankangestellten, der Ehefrau und des Sohnes des Beteiligten zu 2 beigewohnt (vgl. BGH ZEV 1997, 384/385; OLG Köln NJW-RR 1994, 396) und im übrigen auch die Niederschriften der Anhörung weiterer Zeugen und des Beteiligten zu 2 sowie die schriftlichen Stellungnahmen der Hausärzte, der Zeugin... und der Ehefrau des Beteiligten zu 2 in seinen Gutachten vom 14.11.1996 und 3.2.1999 verwertet. Der Einholung vorbereitender schriftlicher Gutachten der Hausärzte hat es nicht bedurft. Die Zeugenbefragung hat in Anwesenheit des Beteiligten zu 2 stattgefunden, ohne daß dessen Fragerecht beschnitten worden wäre. Die von ihm gewünschte Zeugenbefragung des Polizeibeamten... hat sich nicht auf ein Verhalten des Erblassers, den der Zeuge überhaupt nicht kannte, sondern auf ein für die Entscheidung unerhebliches Verhalten des Beteiligten zu 2 selbst bezogen. Die vom Beteiligten zu 2 behauptete vorzeitige Beendigung der Befragung der Zeugin... könnte nur dann einen Verfahrensfehler begründen, wenn noch entscheidungserhebliche Fragen an sie zu richten waren; dies kann der Senat nicht feststellen, weil der Beteiligte zu 2 den Inhalt der beabsichtigten Fragen nicht mitgeteilt hat (§ 27 Abs. 1 FGG, § 561 Abs. 1 Satz 2, § 554 Abs. 3 Nr. 3b ZPO).

(3) Das Landgericht hat sich nicht überzeugen können, daß der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 4.3.1993 testierunfähig gewesen ist; seine Beweiswürdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Schlußfolgerungen des Landgerichts sind möglich; ob auch andere Schlußfolgerungen in Betracht kommen, ist unerheblich (vgl. BayObLGZ 1982, 309/:313). Das Vorbringen des Beteiligten zu 2 läuft im wesentlichen auf den Versuch hinaus, die eigene Tatsachenwürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen. Damit kann er im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben (vgl. BayObLGZ 1991, 173/177).

Das Landgericht hat seine Überzeugung vor allem auf die Gutachten des Sachverständigen vom 16.11.1996 und 3.2.1999 gestützt, nach denen keine ausreichenden Hinweise bestehen, daß der Erblasser am 4.3.1993 unter krankhafter Störung der Geistestätigkeit, unter Geistesschwäche oder einer Bewußtseinsstörung gelitten hätte, die ihn außerstande gesetzt hätten, die von ihm abgegebene Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln; diese Fähigkeiten seien durch das beim Erblasser vorliegende organische Psychosyndrom vom Ausprägungsgrad einer Wesensänderung mit zeitweiliger paranoider und depressiver Symptomatik nicht beeinträchtigt worden. Dem ist das Landgericht ohne Rechsfehler gefolgt. Zwar können paranoide Wahnvorstellungen insbesondere dann zur Testierunfähigkeit führen, wenn in deren Mittelpunkt eine als Erbe in Betracht kommende Person steht (vgl. BayObLGZ 1999, 205/210 f.). Der Sachverständige hat aber im vorliegenden Fall eingehend begründet, daß keine Hinweise auf Wahnvorstellungen bei Testamentserrichtung am 4.3.1993 vorgelegen hätten, welche Einsichts- und Entschließungsfähigkeit im Sinn des § 2229 Abs. 4 BGB krankheitsbedingt gestört hätten.

Das Landgericht hat sich mit dem Gutachten des Sachverständigen sachlich auseinandergesetzt (vgl. BayObLGZ 1982, 309/ 314); es hat insbesondere die Aussagen der verschiedenen Zeugen gewürdigt und die Vereinbarkeit des so gewonnenen Ergebnisses mit den tatsächlichen Grundlagen des Sachverständigengutachtens geprüft.

Zutreffend hat das Landgericht dem Sachverständigengutachten bei der Beweiswürdigung maßgebliches Gewicht beigemessen. Die Frage, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war oder nicht, läßt sich in der Regel nur mit Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigen beantworten. Dieser ist aufgrund seiner besonderen Fachkunde befähigt, aus dem Gesamtverhalten und dem Gesamtbild der Persönlichkeit in der fraglichen Zeit unter Einbeziehung der Vorgeschichte und aller äußeren Umstände zu klären, ob der Erblasser die Bedeutung der von ihm abgegebenen Willenserklärung einsehen und nach dieser Einsicht handeln konnte. Unter diesem Gesichtspunkt mußte das Landgericht den Angaben des Hausarztes, einem Facharzt für innere Krankheiten, keine entscheidende Bedeutung beimessen (vgl. BayObLGZ 1995, 383/391 m.w.N.).

Das Landgericht hat aufgrund des Sachverständigengutachtens und der ihm zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen nicht mit der erforderlichen Gewißheit feststellen können, daß der Erblasser am 4.3.1993 testierunfähig gewesen ist. Es hat dabei den Grundsatz beachtet, daß die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet und ein Erblasser solange als testierfähig anzusehen ist, als nicht die Testierunfähigkeit zur Gewißheit des Gerichts nachgewiesen ist. Bei nicht behebbaren Zweifeln ist von der Testierfähigkeit auszugehen (vgl. BayObLGZ 1982, 309/312; st. Rspr.). Da sich das Landgericht nach Würdigung aller Umstände nicht von der Testierunfähigkeit des Erblassers am 4.3.1993 überzeugt hat, ist es ohne Rechtsfehler von dessen Testierfähigkeit ausgegangen. Die Feststellungslast für verbleibende und nicht aufklärbare Zweifel trägt der Beteiligte zu 2, weil er sich auf die Unwirksamkeit des Testaments vom 4.3.1993 beruft.

c) Wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, verstößt das Testament vom 4.3.1993 auch nicht gegen § 14 HeimG. Diese Vorschrift verbietet dem Heimträger, sich von oder zugunsten von Heimbewohnern über das gemäß § 4 HeimG vereinbarte Entgelt hinaus Geld oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren zu lassen (Abs. 1) sowie dem Leiter, den Beschäftigten und den sonstigen Mitarbeitern eines Heimes, sich von oder zugunsten von Heimbewohnern neben der vom Träger erbrachten Vergütung solche Leistungen für die Erfüllung der Pflichten aus dem Heimvertrag versprechen oder gewähren zu lassen (Abs. 5). Die im Testament vom 4.3.1993 als Alleinerbin eingesetzte Beteiligte zu 1 ist weder Träger des vom Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung bewohnten Heimes noch gehört sie zu dem Heimpersonal.

Die Auflage in Ziff. III des Testamentes vom 4.3.1993 enthält auch keine Umgehung der Verbotsvorschrift des § 14 HeimG. Diese läge vor, wenn durch die gewählte rechtliche Gestaltung der Tatbestand des Verbotsgesetzes selbst nicht erfüllt ist, dennoch der von ihm verbotene Erfolg herbeigeführt wird (vgl. BGH NJW 1991, 1060/1061; h.M.). Das kann der Fall sein, wenn die verbotene Zuwendung nicht an den Verbotsadressaten selbst, sondern an eine ihr nahestehende oder sonst verbundene Person geht und dadurch eine mittelbare bzw. indirekte Begünstigung des Verbotsadressaten erfolgt (vgl. BayObLGZ 2000 Nr. 8; OLG Düsseldorf famRZ 1998, 192/193). Allerdings berührt auch die analoge Anwendung von § 14 Abs. 1, Abs. 5 HeimG auf Umgehungstatbestände die allgemeine Handlungsfreiheit und Privatautonomie der Beteiligten (Art. 2 Abs. 1 GG) und den Grundsatz der Testierfreiheit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG); daher sind ihr - insbesondere bei letztwilligen Verfügungen - enge Grenzen gesetzt (vgl. BayObLGZ 1991, 251/255).

In Fällen mittelbarer Zuwendung kommt die analoge Anwendung von § 14 Abs. 1, Abs. 5 HeimG nur in Betracht, wenn diese - wenn auch über den Umweg über einen Dritten - sich als Zuwendung des Erblassers an einen vom Verbot erfaßten Adressaten darstellt. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Der Erblasser hat nämlich der zur Alleinerbin eingesetzten Beteiligten zu 1 die Entscheidung über die Verwendung des vererbten Vermögens im Rahmen des nur allgemein vorgegebenen Zwecks überlassen. Anders als im Schenkungsvertrag vom selben Tag hat der Erblasser keine bestimmte Zuwendung an den Heimträger verfügt. Das Landgericht hat daher zutreffend verneint, daß er dem Heimträger auf dem Umweg über Dritte eine zusätzliche, über das gemäß § 4 HeimG vereinbarte Entgelt hinausgehende Leistung für die Heimunterbringung gewährt hat.

3. Wer die Gerichtskosten zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG hat der Beteiligte zu 2 der Beteiligten zu 1 die ihr im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

Die Festsetzung des Geschäftswerts erfolgt in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Landgerichts und beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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